(Am 23. März 1843 von 4 1/2 – 5 3/4 Uhr abends.)
[1.80.1] Ihr sagt: Solches sehen wir jetzt wohl ein, wie sich die Menschen dieses Himmels haben vergrößern und verwandeln können, aber so ganz klar ist es uns daneben dennoch nicht, wie sie auch ihren Himmel mit sich selbst vergrößert haben, da er doch, unserer Erscheinlichkeit nach, sich ganz außer ihnen befindet, und sie auf demselben und in demselben herumgehen als wie auf einer natürlichen Unterlage.
[1.80.2] Hört, liebe Freunde und Brüder, dieses ist ebensoleicht zu verstehen und zu fassen wie das andere, denn der ganze Himmel ist nichts als eine irrige Vorstellungsweise dieser Geister, und wächst dann, in derselben Form mit ihnen selbst, zu solch einer Ausdehnung, wann immer sie sich selbst aufblähen. Damit ihr aber auch solches ganz gründlich versteht, so will ich euch ein ganz begreifliches irdisches Beispiel geben.
[1.80.3] Es befindet sich ein Mensch in irgendeiner Gesellschaft, in der ein bestimmter Gegenstand erörtert wird. Dieser Mensch hat zwar von diesem Gegenstand nicht die leiseste Idee, damit er aber dennoch nicht wie ein Ignorant dastehe, so kombiniert er sich einen ganz grundfalschen Satz, der auf alles eher passt, als auf den zu erörternden Gegenstand. Es kommt an ihn die Reihe, sich darüber auszusprechen. Er spricht sich wirklich aus; aber für seinen Ausspruch wird er mit einer allgemeinen Lache seines Irrtums überwiesen. Was geschieht aber dadurch?
[1.80.4] Ehedem hat dieser Mann selbst seinem Satz kein großes Zutrauen geschenkt, denn er sagte ganz heimlich bei sich selbst: Der zu erörternde Gegenstand ist mir zwar so fremd wie der Mittelpunkt der Erde; was die anderen darüber gesagt haben, scheint ebenso unverständlich zu sein wie meine Unwissenheit selbst; demnach kann ich ja auch irgendeinen Satz aufstellen, bloß nur darum, damit ich doch auch etwas gesagt habe.
[1.80.5] Seht, bis jetzt ist unser Mann ganz bescheiden und gar wohl erträglich; aber die Lache der anderen hat sein Ehrgefühl beleidigt, und nun fängt er erst an, über seinen aufgestellten Satz nachzudenken, findet ihn in seinem Selbstgefühl immer richtiger, vielbedeutender und treffender. Bei solcher Auffindung der in dem Satz zugrunde liegenden Vortrefflichkeit, die er zwar freilich wohl im Ernst nicht verbürgen kann, wird er erbost, fängt an, seine Idee immer höher und höher zu stellen und sucht am Ende, sich an der ganzen ihn vorher belachenden Gesellschaft zu rächen. Er fängt ihnen an zu beweisen, dass solche Hohlköpfe ihn gar nicht verstanden haben, ja, er stellt es ihnen pomphaft kräftig dar, dass sie kaum in hundert Jahren dahin gelangen werden, um nur einen kleinen Teil von dem gründlich aufzufassen, was er nun nur so ganz leicht hingeworfen habe.
[1.80.6] Es nähert sich ihm aber einer und spricht zu ihm: Höre Freund, dein Termin von hundert Jahren ist viel zu kurz; denn ich habe nach einigem tieferen Nachdenken die außerordentliche Tiefe deines Satzes, freilich wohl nur wie durch einen Schleier, ahnend erschaut, und daher meine ich, dergleichen Tiefsinn wird erst in tausend Jahren ans Licht treten können.
[1.80.7] Eine ähnliche Eloge macht ihm insgeheim auch noch ein zweiter. Nun aber ist es auch aus, denn unser Mann fängt jetzt erst selbst an, über seine unendliche Weisheit zu staunen, bläht sich nun ganz entsetzlich auf und sieht die anderen Gäste und deren Sätze als pure Mücklein gegen den seinigen an, und erhebt sich am Ende so hoch, dass er zu ihnen spricht: Mit Köpfen, die noch wenigstens um tausend Jahre zurück sind, kann sich unsereiner über einen Gegenstand doch unmöglich mehr in eine weitere Erörterung einlassen, indem er nun gar wohl voraussetzen kann, dass dieser eine von ihm aufgestellte Satz von ihnen in tausend Jahren nicht begriffen wird.
[1.80.8] Seht, dieses Beispiel ist ganz klar und ist sozusagen aus eurem tagtäglichen Leben gegriffen, und zeigt ganz unverkennbar, wie ein Unsinn samt dem Unsinnsinhaber sich aufblähen und vergrößern kann, und wenn die Sache von Seiten der Gegenpartei, freilich wohl etwas arglistiger Weise, gut gehandhabt wird, so wird solch ein Unsinn am Ende zu einer fixen Idee und sonach zu einer wirklichen geistig begründeten falschen Ausgeburt. Wie aber solches also auf der Erde schon der Fall ist, so ist das noch ersichtlicher und lebendiger hier im Reich der Geister. Diese Himmelsbewohner hier haben vor unserer Erscheinung auf ihren Himmel eben keinen gar zu großen Wert gelegt. Wären sie nicht von Seiten des Paradieses gehörig gefüttert worden, so hätten sie diesen Himmel schon lange über den Haufen geworfen. Da wir aber gekommen sind und haben sie samt ihrem Himmel zu verdächtigen angefangen, da haben sie sich zwar anfangs zurückgeschreckt, weil sie gesehen haben, dass wir uns mit ihrer Dummheit nicht sogleich haben abspeisen lassen wollen. Da sie aber dadurch sich in ihnen selbst haben beschämt empfunden, da fing denn auch gar bald in einem jeden gleichen Maßes der Ehrgeizkitzel an zu wachsen und ihre himmlische Vorstellung oder dieser ihr Himmel wuchs dann mit ihnen.
[1.80.9] Nun erst ersahen sie selbst das Außerordentliche ihrer Vorstellung, und daher haben sie auch schon zwei Podien- und ein Fress-Manöver gegen uns aufgeführt, um uns dadurch die Großartigkeit ihres Himmels zu zeigen. Da wir uns aber bis jetzt gewisserart gutmütig nicht haben abschrecken lassen und behaupten noch fortwährend unseren Platz, so sinnen diese Himmelsbewohner nun auf eine wirkliche, tatsächliche Rache. Auch dieses Manöver müssen wir sie ausführen lassen, dann erst werden sie für ein Wort von mir aufnahmefähig werden.
[1.80.10] Ihr aber werdet daraus das gar überaus Wichtige ersehen, wie die Schule für allerlei falschbegründete Geister beschaffen sein muss, um sie nach und nach auf den rechten Weg des Lebens zu bringen. Der Grundsatz lautet also: Kein Geist kann zufolge seiner Freiheit eher gefangen werden, als bis er sich selbst gefangen hat. Darum müssen aber auch diesen Geistern hier alle jene Gelegenheiten zugelassen werden, durch welche sie, ihrer Freiheit unbeschadet, dennoch, gewisserart aus sich selbst, genötigt werden, in ihr eigenes Garn zu rennen. Wenn sie da allzeit sicherermaßen keinen Ausweg mehr sehen, so müssen sie sich ergeben, welches gerade so viel heißt als: So auf der Erde einem Gelehrten ein irriger Grundsatz von allen Seiten her mathematisch richtig widerlegt wird, so muss er endlich seine Waffen strecken und seines Geistes Kind einer besseren Erziehung anvertrauen.
[1.80.11] Wie aber solches im buchstäblichen Sinne vor sich geht, und das hier im absoluten Reich der Geister, werdet ihr nach dem bevorstehenden Rachemanöver so gut wie sonnenhell erschauen. Ja, meine lieben Freunde und Brüder, in dem endlos großen Reich der Geister gibt es Szenen, von denen sich keine menschliche Vorstellung nur den allerleisesten Begriff machen kann. Wenn ihr, so es dem Herrn genehm wäre, erst zu einer Totalanschauung gelangen könntet und da sehen, wie die vielerlei Menschen von der Erde, und dann erst die Menschen von den zahllosen anderen Weltkörpern, auf den Weg der Wahrheit geleitet werden und somit alle die groß Milliarden Mal Milliarden Szenen erschauen, – ihr würdet darob das Leben verlieren, denn ich sage euch:
[1.80.12] Großartiger, weiser und wunderbarer zeigt sich der Herr nirgends als in dieser unendlich höchst verschiedenen Führung des geistigen Lebens, und dennoch hat Seine Weisheit allenthalben die untrüglichsten Wege, alle diese endlosen Verschiedenheiten, wie ihr zu sagen pflegt, unter ein Dach zu bringen. Doch harren wir auf unsere Szene, da werden wir noch so manches kennenlernen.
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