(Am 14. Februar 1843 von 4 1/4 – 6 Uhr abends.)
[1.59.1] Ihr fragt hier wohl, ob wir uns diesem Zug noch weiter anschließen sollen. Ich sage euch, auch dieses ist notwendig, und ihr müsst dieses ebenfalls vom Anfang bis zum Ende sehen. Denn jetzt ist unsere Gesellschaft zu überaus selig überrascht und ist von der Liebe des Herrn zu sehr gefangengenommen. Erst am rechten Ort und an rechter Stelle wird diese erste Aufsprudlung des Liebegefühls geordnet werden, und da wird auch noch unser Hauptredner sich bei der besten Quelle um so manches erkundigen.
[1.59.2] Denn solches ist namentlich allen besseren römischen Katholiken eigen, dass sie aus dem Grunde überaus lichtdurstig im Reich der Geister und somit auch jetzt in dem wahren Himmel anlangen; daher auch tausend Fragen für eine haben, um sich in all ihren Winkeln Licht zu verschaffen, welche bei ihrem Leibesleben stets in großer Finsternis gehalten worden sind.
[1.59.3] Seht, wir sind dem rechten Platz schon ziemlich nahe. Unser wohlbekanntes Kleinhügelland lächelt uns schon wieder entgegen, und die Sonne des Himmels steht hier gar nieder und leuchtet ein wunderherrliches rötliches Licht, auch unsere Gesellschaft bemerkt solches und verwundert sich über die Einfachheit dieser vor ihnen stehenden Gegend.
[1.59.4] Nun seht, da ist ja das uns schon bekannte Häuschen, und auch seine Bewohner sind uns schon bekannt. Seht, wie sie überaus liebefreundlichst und voll der höchsten Wonne dem Vater und der ganzen Ihm folgenden Gesellschaft entgegeneilen.
[1.59.5] Der Vater empfängt sie ebenfalls mit offenen Armen und spricht zu ihnen: Seht her, um wie vieles Ich schon wieder reicher geworden bin! Jeder Arbeiter ist seines Lohnes wert; seht, also habe auch Ich gearbeitet und bringe Meinen Lohn mit Mir. Neue Brüder und neue Schwestern bringe Ich hierher, und sie sollen so wie ihr um Mich sein, damit Mein Wort erfüllt werde ewig, welches lautet: „Wo Ich bin, da sollen auch Meine Diener sein; und die Mich lieben, sollen bei Mir wohnen!“
[1.59.6] Hier wendet Sich der Herr zu unserem früheren Hauptredner und sagt zu ihm: Nun, Mein geliebter Freund, Bruder und Sohn! Siehe, hier ist so Mein Plätzchen; wie gefällt es dir? – Unser Hauptredner fasst sich und spricht: O Herr! Wie kannst Du mich um so etwas fragen? Da könnte wohl ich eher fragen, wie es Dir hier gefällt? Denn was mich betrifft, so wird es mir dort wohl ewig unendlich am allerbesten gefallen, wo Du bist und wohnst, und wo es Dir am allerbesten gefällt.
[1.59.7] Wahrlich, hier sieht es ja nahe ganz also aus, wie es bei uns armen Landleuten auf der Erde einmal ausgesehen hat. Und nur was für eine herrliche Aussicht man da genießt! Da unten diese endlos weit gedehnte Ebene, mit welcher unaussprechlichen Pracht ist sie geziert! Städte und ungeheuer prachtvolle Paläste gibt es ja in einer ganz entsetzlichen Unzahl; und dieses herrliche Hügelland mit den niedlichen kleinen Wohnhäusern scheint dort nach vorwärts hin auch ewig kein Ende nehmen zu wollen.
[1.59.8] Wie kommt es aber, dass diese Ebene da unten dennoch so unaussprechlich prachtvoller erscheint als dieses Hügelland? Aber ich bin noch ein armseliger Tropf; ich merke erst jetzt, dass ich mich schon wieder in tausend Fragen verloren habe, daher vergebe mir!
[1.59.9] Der Vater nimmt unseren Hauptredner bei der Hand und spricht zu ihm: Siehe, in dieser Gegend da unten wohnen gewöhnlich Menschen, welche durch den alleinigen Glauben an Mich ein vollkommen gerechtes Leben geführt haben. Darunter sind zuallermeist die sogenannten Protestanten und noch andere christliche Sekten. In dem weiteren Hintergrund aber wohnen Heiden, die auf der Welt ihrem Glauben zufolge ein gerechtes Leben geführt und erst hier den Glauben an Mich angenommen haben. Dort, mehr in jenem Hintergrundsteil, der sich so zwischen Mittag und Abend hinzieht, ist die Wohnung derjenigen katholischen Christgläubigen, welche sich teils römische, teils aber griechische Katholiken nennen, sich aber hier nicht völlig ohne Beschädigung ihres Lebens und ihrer Freiheit haben von ihren Irrtümern zu reinigen vermocht. Diese sind darum nicht etwa unselig, sondern sie genießen auch eine große Seligkeit, auch sind sie nicht wie etwa an ihre Gegend gebannt, sondern können nach einer tieferen Innewerdung des eigentlichen Grundwahren auch weiter vorwärts gelangen.
[1.59.10] Du möchtest wohl wissen, worin solch ein Irrtum besteht? Siehe, ein solcher Irrtum besteht darin, wenn entweder jemand aus Gottesfurcht den Glauben wie genötigt annimmt und dann diesem Glauben getreu lebt, kann aber Gott nimmer so recht liebend erfassen, weil er Ihn zu sehr fürchtet. Diese übertriebene Gottesfurcht ist sonach der kleine Irrtum, und dieser ist unbeschädigtermaßen des Lebens und der Freiheit nicht zu leicht hinauszubringen. Du denkst dir freilich: Wie kann der Allmächtige solches sprechen? – Siehe, wo es sich um die völlige Freiheit eines Wesens handelt, da muss Ich Selbst mit Meiner Allmacht hübsch daheimbleiben. Denn würde Ich diese gebrauchen, so wäre es mit einem solchen augenblicklich gar, und Ich würde dann statt frei lebender, denkender, wirkender und handelnder Kinder lauter gerichtete Maschinen haben, die sich stets unerbittlich gezwungen, aber nimmer freiwillig nach Meinem Willen bewegen würden. Ich kann daher nur da von Meiner Allmacht Gebrauch machen, wo sie fürs Erste im höchsten Grad notwendig ist und dabei aber fürs Zweite dennoch nie den freien Geist in seinem Erkennen und Wollen beschränkt.
[1.59.11] So will Ich dir gleich ein Beispiel geben, auf welche Weise Ich von Meiner Allmacht Gebrauch mache.
[1.59.12] Was die naturmäßige Welt betrifft und was überhaupt die Gestaltung aller Geschöpfe anbelangt, so sind sie Werke Meiner Allmacht. Wenn dann die freien Geister zufolge Meines Wortes und des danach geführten Lebenswandels das Leben aus Mir in sich aufgenommen haben, so wirkt Meine Allmacht, dass alles das, was die frei gewordenen lebendigen Geister als nutzbringend Gutes und Wahres in sich erkennen, sie sogleich reell [zu] ihrem freiwilligen Gebrauch im reichlichsten Maße augenblicklich erschauen und davon eben sogleich den freien Gebrauch machen können.
[1.59.13] Diese untere Gegend ist zumeist ein solches Werk Meiner Allmacht und entspricht in allem dem Glaubenswahren und daraus hervorgehenden Nutzwirkenden, wie solches sich im Inwendigsten dieser seligen Geister vorfindet. Und also ist es der Fall allenthalben, wo du deine Augen nur immer hinwenden willst, entweder über den ganzen endlosen Mittag oder über den ganzen Abend hin.
[1.59.14] Du fragst hier in deinem Gedanken: Ist denn solches nicht auch der Fall mit diesem ewigen Morgen? – Nein, dieser steht unter einem ganz anderen Verhältnis und ist in all seinen Teilen vollkommen unveränderlich fest also, wie eine jede naturmäßige Welt fest ist. Und die unerschütterliche Festigkeit des Morgens steht als inwendige ewige Grundfeste gegenüber der äußeren naturmäßigen Festigkeit. Der Grund davon aber liegt darin, weil fürs Erste Ich Selbst in Meinem Wollen ewig unveränderlich bin; und was Ich einmal bestimmt gestaltet habe, das bleibt auch ewig also unveränderlich und bestimmt, wie unveränderlich und bestimmt Ich Selbst in Meinem ewigen Wollen bin.
[1.59.15] Fürs Zweite aber ist diese Gegend darum eine unveränderlich feste, weil Meine Kinder, die hierher zu Mir kommen, zufolge ihrer großen Liebe zu Mir in ihrem Wollen und in ihrem Erkennen vollkommen eins sind mit Mir, oder, mit anderen Worten gesagt, weil sie sich völlig bis auf den letzten Tropfen gedemütigt und zufolge ihrer Liebe zu Mir ihren Willen völlig hintangegeben und an dessen Stelle Meinen ewig lebendigen in sich aufgenommen haben.
[1.59.16] Daher auch wollen sie hier nichts anderes, als was Ich will. Mein Wille aber ist eine allerklarste, ewig festbestimmte Darstellung des Guten und Wahren. Daher ist denn auch diese Gegend, in der Ich mit den Meinen wohne, eine vollkommen unveränderlich feste und ist in ihr nirgends eine Täuschung. Was du hier ansiehst, das ist auch vollkommen so wie von innen, also von außen. Alle die Pflanzen, die Bäume, die Früchte, die Getreidefelder sind hier nicht bloß erscheinliche Entsprechungen, sondern sie sind vollkommene bestimmte Realitäten. Wenn du hier von einem Ort zum anderen gehst, so kannst du deine Schritte zählen, und du wirst hin und her dieselbe Entfernung finden.
[1.59.17] Du fragst Mich wohl, ob diese Festigkeit mit der Festigkeit der Welt etwas gemein hat? Die Festigkeit dieser Himmelswelt hat mit der Festigkeit der materiellen Welt durchaus nichts gemein, denn die Festigkeit der Welt ist ebenfalls nur eine scheinbare, und dauert für einen betreffenden Geist nur so lange, als derselbe ein Bewohner der Materie ist, hat er aber die Materie verlassen, dann vergeht für ihn auch derselben Festigkeit. Aber nicht also ist es hier; denn diese Festigkeit ist eine wahre Festigkeit und ist unveränderlich und unzerstörbar für alle Ewigkeiten der Ewigkeiten, weil sie ist ein vollkommener Ausdruck Meiner ewigen Vaterliebe!
[1.59.18] Du fragst, wie weit diese Gegend wohl geht? Mein lieber Freund, Bruder und Sohn! Diese Gegend, wie du sie gegen den Morgen hin erschaust, hat fürder ewig nimmer ein Ende und ist sonach so groß, dass, wenn auf allen unendlich vielen Weltkörpern ewighin Menschen geboren werden und alle kommen möchten in diese Gegend, so würden sie nach dem Verlauf von tausend Ewigkeiten im Verhältnis zu der Größe dieser Gegend noch nicht mehr betragen, als ein Sandkörnchen beträgt im Verhältnis zu der Unendlichkeit des ewigen Raumes.
[1.59.19] Du fragst Mich nun wohl, wie Ich solches alles übersehen kann, und ob diejenigen, so von hier endlos weit gegen den tieferen Morgen hin wohnen, Mich wohl je zu sehen bekommen? Mein lieber Freund, Bruder und Sohn! Auch solches will Ich dir sagen; denn Meinen Kindern soll nichts vorenthalten sein!
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