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40. Über die Trennung von Christen und Heiden. Die Läuterungsschule zum ewigen Leben

(Am 20. Januar 1843 von 4 1/2 – 6 1/2 Uhr abends.)

[1.40.1] Dass es in der euch jetzt schon überaus gut bekannten abendlichen Nachtgegend noch eine Menge, ja eine zahllose Menge von ähnlichen Szenen gibt, wie wir sie bis jetzt haben kennen gelernt, braucht kaum noch einmal erwähnt zu werden.

[1.40.2] So da jemand fragen möchte: Wo sind denn die Ankömmlinge aus dem Heidentum? so sage ich euch, dass dieselben zwar auch in dieser Gegend zuallermeist anlangen; dessen ungeachtet aber sind hier solche Anlandungsplätze voneinander schroff unterschieden, und es kann in diesem Zustand sich ein Heide nicht nahen demjenigen Teil, in welchem von was immer für einer Sekte Christgläubige anlangen.

[1.40.3] Solche Unterscheidungen finden sogar in der Hölle statt, und es ist nirgends, wie ihr glaubt, alles wie Kraut und Rüben untereinandergeworfen; denn solche Unterscheidungen sind im höchsten Grade nötig. Würden solche Geister zusammengelassen werden, so würden sie sich zufolge ihrer innersten Bosheit so sehr verderben, dass ihnen da auf keinem Weg, außer auf dem der gänzlichen Vernichtung, beizukommen wäre.

[1.40.4] Denn ihr müsst euch die Sache völlig so vorstellen, wie es da gibt auf der Erde verschiedene Elemente, die fortwährend sich zerstörend feindlich gegeneinander verhalten, so gibt es auch in der geistigen Sphäre ebenfalls solche Grundelemente, die sich nicht berühren dürfen. Denn würden sie miteinander in Berührung kommen, so würden in der geistigen Sphäre ähnliche Effekte zum Vorschein kommen, als wenn ihr auf der Welt Feuer und dürres Stroh zusammentätet oder Feuer und euer Schießpulver, oder wenn ihr möchtet Wasser kommen lassen über ein aus Ton aufgeführtes Gebäude. Darum also sind in der Geisterwelt, da keinem Geist mehr ein Hinterhalt möglich, solche Unterschiede allerstrengst notwendig.

[1.40.5] So aber jemand fragen möchte: Wie sieht es denn dessen ungeachtet auf dem Auslandungsplatz heidnischer Geister aus? so sei ihm darauf gesagt, dass es nicht geheuer ist für einen christlichen Geist, solche Plätze zu brauchen mit was immer für einem Geiste.

[1.40.6] Es müsste nur der Herr jemanden unmittelbar Selbst führen und leiten; sonst aber würde es für jeden mehr gefährlich als ersprießlich sein, solche Plätze zu besuchen.

[1.40.7] Wir aber wollen uns dafür, bevor wir uns noch in den Mittag begeben, noch zu unserem geretteten Mann begeben und sehen, was er da tut und wie es mit seiner gegenwärtigen Anstellung aussieht. Und seht, unsere Wand steht schon wieder offen, und so wollen wir sogleich diese Gelegenheit benutzen und uns durch die Spalte sogleich an die äußerste Grenze des Kinderreiches verfügen. Seht, hier sind wir schon; die Wand hat sich hinter uns wieder geschlossen, und wir wollen uns sogleich jetzt in das sehr enge Tal, das da neben der Wand gegen Mittag steht, verfügen. Also geht nur recht hurtig mit mir!

[1.40.8] Seht dort im tiefen Hintergrund einen moorigen und feuchten Winkel und ganz im Hintergrund dieses Winkels eine ganz gemeine Art hölzerner Hütte, um welche es in diesem, von hohen Felsen eingeschlossenen Winkel ziemlich dunkel ist. Dahin wollen wir uns verfügen; denn dort ist unser Mann platziert.

[1.40.9] Ihr fragt zwar: Warum denn in solch einer gar einsichtigen Einöde und dazu noch in einem so moorigen und feuchten Winkel? – Meine lieben Freunde, mit solchen mühevoll aus der Hölle geretteten Geistern kann es anfangs unmöglich besser gehalten werden, weil solche Menschen in der Hölle doch stets mehr oder weniger eben von der Hölle etwas in sich aufgenommen haben, welches da gleichlautend ist dem Feuer der Hölle, und dieses spricht sich stets mehr oder weniger aus in einer notgedrungenen selbstsüchtigen Begierlichkeit, denn solches hat ja bekanntlich jede Not in sich eigentümlich, dass sie selbst mehr oder weniger die Selbstsucht zur steten Begleiterin hat. Wer in der Gefahr ist, der vergisst gewöhnlich auf alles und ist nur auf seine eigene Rettung bedacht. Der Arme bettelt nur für sich, und der Kranke sucht für sich ein heilendes Mittel. Wer ins Wasser fällt, der sucht sich zu retten; und über dessen Haupt die Flammen schon zusammenschlagen, der ergreift gewöhnlich nur sich selbst und sucht dem verheerenden Element zu entfliehen. Erst wenn er selbst in Sicherheit ist, gedenkt er anderer, die mit ihm ein gleiches Los hatten.

[1.40.10] Also ist dieser Ort ja ganz zweckmäßig für unseren Mann. Der feuchte Boden wird dazu taugen, um sein selbstsüchtiges Feuer zu dämpfen, und die ziemlich große Dunkelheit wird seinen an die dichteste Finsternis gewöhnten Augen eben auch sehr heilsam sein; denn ein plötzliches starkes Licht würde ebenso verderblich auf ihn einwirken, als wenn man die Augen eines jüngst geborenen Kindes alsbald den grellen Sonnenstrahlen aussetzen würde. Überdies aber geht diese seine Habseligkeit auch genau mit der Zinsrechnung zusammen, und zwar von dem Kapital, welches er als Christ aus Glauben und Liebe zum Herrn den eigentlichen Armen hat zukommen lassen. Ihr müsst darunter nicht etwa die euch schon bekannten Legate verstehen, welche er bei seinem Übertritt aus der Welt ins Geistige angeordnet hatte, sondern diejenigen Spenden nur, welche er ganz geheim für sich aus eigenem Mitleidsgefühl und als gläubiger Christ an die Armen verabfolgt hat. Solches Kapital aber dürfte sich in summa summarum kaum auf etwas über zweihundert Gulden Silbermünze belaufen haben. Wenn ihr dieses Kapital, welches er eigentlich aus Liebe zum Herrn den Armen gegeben hatte, vergleicht mit dem großen Kapital, welches er den Seinigen hinterließ, so werdet ihr auch den mathematisch richtigen Vergleich finden zwischen seiner Eigenliebe und der Liebe zum Herrn.

[1.40.11] Auch solche verpflegliche Sorge für die Kinder ist Eigenliebe; denn wer den Herrn mehr lieben würde, als sich selbst in seinen Kindern, der würde auch gleichen Maßes den Herrn mehr bedacht haben als sich selbst in seinen Kindern. Ihr fragt: Warum denn? – Weil ihm der Herr dadurch die innere Erkenntnis verleihen würde, derzufolge er sonnenklar eingesehen hätte, dass der Herr für seine Kinder ums Unendlichfache besser sorgen kann und sie auch besser versorgen würde, als er sich in seinen Kindern eigenliebig selbst und seine Kinder versorgt hat. Denn der Herr hat nicht gesagt: Was ihr euren Leibeskindern tun werdet, das habt ihr Mir getan, sondern Er hat da der Armen, Nackten, Hungrigen, Durstigen und Gefangenen nur gedacht und sagte dann: Was ihr diesen getan habt, das habt ihr Mir getan.

[1.40.12] Er hat auch nicht gesagt: Wenn ihr eure eigenen Kinder in Meinem Namen aufnehmt, so habt ihr Mich aufgenommen, sondern Er hat solches nur bei einer Gelegenheit gesagt, da viele Arme ihre noch ärmeren Kinder zu Ihm gebracht haben: „Wahrlich, wer ein solches armes Kind in Meinem Namen aufgenommen hat, der hat Mich aufgenommen.“

[1.40.13] Und noch ferner spricht der Herr: „Wer da seinen Vater, seine Mutter, sein Weib, seinen Bruder, seine Kinder mehr liebt denn Mich, der ist Meiner nicht wert.“

[1.40.14] Es möchte hier wohl so mancher sagen: Solches alles hat ja nur einen tiefen, geistigen Sinn; – o ja, sage ich, sicher den allertiefsten, weil es ein allerreinstes und unmittelbares Wort Gottes ist. Ich frage aber dabei: Warum sucht ihr das Gold nicht auf der Oberfläche der Erde, sondern grabt tiefe Schächte und weitlaufende Stollen? – Ihr sagt: Wie ist solches zu verstehen? – Ich sage euch: Nichts leichter als das; wer zum Gold gelangen will, muss die äußere Erde nicht unbeachtet lassen, sondern muss dieselbe durchbrechen, und erst durch eben diese äußere Erdkruste zu der inneren Goldlagerung gelangen. Also muss auch des göttlichen Wortes Buchstabensinn zuvor vollkommen beachtet werden, bevor man den geistigen überkommen kann, freilich wohl im rechten und zweckmäßigen Verstand.

[1.40.15] Wenn ihr aber nun unseren Mann betrachtet, so werdet ihr finden, dass er nahe über eine Million Eigenliebe und nur um etwas über zweihundert Gulden Liebe zum Herrn mitgebracht hat. Dies ist wohl ein klägliches Verhältnis. Nun aber hat er um die Zinsen dieses Kapitals genau ausgemessen, wie ihr seht, seine Behausung hier. Es wird sich demnach zeigen, wie er dieses Kapital verwenden wird. Es wird nicht fehlen, dass ihn von der entgegengesetzten Seite gar armselige Wesen besuchen und um Unterstützung anflehen werden. Wird er nach seinen Kräften alles aufbieten, um solche arme Brüder so viel, als es ihm nur immer möglich ist, notdürftigst zu versorgen, so wird sein kleines Kapital sich bald ums Zehnfache, ja ums Hundertfache vergrößern, und er wird dadurch auf bessere Orte gestellt werden, aber nicht eher leichtlich auf dem geordneten Weg zum Herrn gelangen, als bis sein hier erworbenes Kapital ums Zehnfache größer wird, als das er seinen Kindern oder seiner Eigenliebe hinterlassen hat. Dessen ungeachtet aber sind auch hier außerordentliche Fälle möglich; diese müssen also geartet sein, wie ihr gleich anfangs ein Beispiel gesehen habt; – d. h. wenn einer alles hergibt, was er hat, und dabei noch mit all seiner Kraft sorgt für die Unterstützung seiner Brüder, so ist bei einer solchen Gelegenheit auch eine sehr baldige und gänzliche Erlösung aus diesem Ort möglich. Denn in diesem Fall gleicht dann ein solcher Menschengeist demjenigen Weib, welches in dem Tempel opferte, während auch andere opferten. Das Weib gab zwar das geringste Opfer im Vergleich mit den anderen; der Herr aber fragte, wer da unter all den Opfernden am meisten geopfert habe. Und man sagte: Siehe, dieser und jener. Er aber entgegnete: Dieses Weib hat das größte Opfer dargebracht; denn sie gab alles, was sie hatte.

[1.40.16] Seht, also ist hier eine vollkommen gerechte und von der großen Liebe und Erbarmung des Herrn abgeleitete Läuterungsschule zum ewigen Leben.

[1.40.17] Da wir nun solches alles haben kennengelernt, welches von jedermann wohl zu beachten ist, so können wir nun füglichermaßen diese Gegend verlassen und uns gegen Mittag begeben. Ihr fragt zwar um den Weg; ich aber sage euch: Sorgt euch dessen nicht; wir wollen bei diesem Übergang nicht so viel Säumens machen, als wir solches hierher getan haben, sondern wir werden uns wahrhaft geistigen Weges machen und daher auch auf eins dort sein, wo wir sein wollen. Es wären zwar wohl auf dem Weg dahin noch so manche Abstufungen zu berücksichtigen; da sie aber denen völlig gleichen, die wir schon passiert haben, so dürft ihr euch nur alles dessen, was ihr bisher geschaut habt, recht wohl erinnern, so werdet ihr alle diese Übergänge, die von dieser Gegend in den Mittag führen, leicht beschaulich erraten können.

[1.40.18] Das große Gewässer bildet eine Hauptzwischenlinie, welche auf gewöhnlichem Wege nicht überschritten werden kann; denn dieses große Gewässer bezeichnet den großen Grad der Weisheit, welche dazu erforderlich ist, um in den Mittag zu gelangen. Daher müssen die in den Mittag Übergehenden in dem Feuer der Liebe überaus stark werden, damit ihnen ein ähnlicher Grad der Weisheit wird, wie solches das große Gewässer bezeichnet. Da wir nun auch dieses wissen, so wollen wir uns fürs nächste Mal, wie schon gesagt, ohne weiteren Rückblick auf eins in den glänzenden Mittag begeben. Und somit gut für heute!

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