[45.1] Versteht ihr jetzt schon ein wenig besser, was da ist der geistige Religionskultus bei den Saturnusbewohnern und wie gar wohl er sich unterscheidet von dem zeremoniellen?
[45.2] Seht, so ist hinter der geistigen Zeremonie gar wohl verborgen der Dienst des Geistes, der da ist ein unausgesetzter, während die Zeremonie nur in gewissen Zeiträumen aufeinander folgt.
[45.3] Da aber eben dieser Teil des Religionskultus unserer Saturnusbewohner für euch selbst von der größten Wichtigkeit ist, so will Ich euch noch ein anschauliches Beispiel geben, durch welches ihr diese beiden Religionsarten recht klar voneinander unterscheiden werdet können.
[45.4] Nehmt ihr z. B. einen Schüler, der da sich eigen machen möchte eine oder die andere Kunstfertigkeit. Nehmen wir z. B. an, er möchte in der Tonkunst ein vollkommener Virtuose werden. Was werdet ihr mit ihm sobald anfangen, wenn er zu euch käme? Ihr werdet seine Fähigkeiten prüfen, werdet ihn dann an eine wohlgeordnete Schule verweisen und ihm dabei die Bedingungen vorschreiben und sagen: „Wenn du diese Bedingungen vollkommen erfüllst, so wirst du ohne Zweifel ein Virtuose werden!“
[45.5] Was wird nun der Schüler, dem es um die Virtuosität ernst ist, tun? Er wird sogleich allen äußerlichen Fleiß in Verbindung seines inneren Wollens anwenden, wird sich tagtäglich seine vorgeschriebenen fünf, sechs oder sieben Stunden üben, und wird die Schule von A bis Z durchmachen und wird keine anderen Übungen vornehmen als diejenigen nur, welche ihr ihm zur Erreichung seines Zweckes vorgeschrieben habt. Wenn der Schüler auf diese Art sich nun durch mehrere Jahre zu einem vollkommenen Künstler ausgebildet hat, so werdet ihr ihm auch das erfreuliche Zeugnis geben, dass er nun dasteht als ein ganz vollkommener Künstler, nachdem er sich auf seinem Instrument mechanisch und geistig vollkommen in jedem Grad der Fertigkeit bewegen kann.
[45.6] Seht, jetzt haben wir schon, das wir brauchen. Was war die vorgeschriebene Übung zur Erreichung der technischen Fertigkeit? Das war nichts anderes als der wohlgeordnete zeremonielle Teil seines Kunstkultus. Hat er sich aber unausgesetzt Tag und Nacht geübt? O nein, sondern nur die vorgeschriebene bedingte Zeit hindurch!
[45.7] Wie war aber dabei sein Streben und sein Wille beschaffen? War dieser auch periodisch eingeteilt? O mitnichten! Sondern dieser war ohne Unterlass gleich einer guten Triebfeder in seinem geistigen und naturmäßigen Organismus vorhanden. Und dieser Trieb ist ja eben der geistige Kunstkultus unseres Tonschülers, durch welchen er erst ganz eigentlich das wird, was zu werden er sich zum Ziel gemacht hat.
[45.8] Wenn er nun geworden ist ein vollkommener Künstler, was lebt er dann für ein Leben? Das des Schülers sicher nicht, sondern das des freien Meisters! Wird er aber darum ein Feind seines früheren Schülerlebens? O nein, sondern er macht als großer Meister noch immer – nur mit wahrem, großem Vergnügen – das mit, was er als Schüler gemacht hat. Er spielt noch immer recht fleißig die Tonleiter und wiederholt sich alle anderen Übungen, die er als Schüler durchgemacht hat. Aber mit welchem Unterschied! Was er mühsam, schwerfällig und mit bedeutendem Kraftaufwand als Schüler getan hat, das tut er jetzt mit großer Leichtigkeit, Ungezwungenheit, Bestimmtheit und voll der inneren geistigen Bedeutung.
[45.9] Als Schüler spielte er die Skala, wusste aber nicht, was er damit gespielt hat; als Meister erschaut er nun in derselben Skala zahllose neue Formen, von denen er ehedem keine Ahnung hatte. Und so übt er zwar als wiedergeborener Meister ebenfalls den zeremoniellen Kunstkultus aus; aber dieser Kultus ist bei ihm ein ganz anderes Hören, Schauen, Fühlen, Empfinden, Denken und Wollen. Und das ist der spiritus rectificatissimus [Spiritus] und ist der alles materiell Schwerfällige und Sinnliche auflösende Brennpunkt der Strahlen seines Geistes – und ist somit für sich selbst genommen ein rein geistiger Kultus.
[45.10] Übertragt nun dieses auf das eigentliche Leben des Menschen, sei er jetzt ein Bewohner der Erde, des Saturnus, des Jupiter oder der Sonne – so gibt es für ihn allzeit und überall diesen zweifachen Gottesdienst, welcher sich so verhält wie der Weg und das Ziel des Weges.
[45.11] Wer den Weg beharrlich fortgewandelt ist, der hat auch das Ziel erreicht. So er aber ist am Ziel, so wird der Weg, den er gemacht hat, nicht aus seinem Gedächtnis und aus seiner allzeitigen Erinnerung entschwinden, sondern er wird eben am Ziel erst alle die Wendungen und Beziehungen des Weges vollkommen überschauen in seinem Geist.
[45.12] Ihr wisst, was unsere Saturnusbewohner zum Hauptziel ihres Weges vorgesteckt haben, nämlich nichts anderes als den Großen Geist Selbst, auf dass sie vollkommen eins werden möchten mit Seinem Willen.
[45.13] Haben sie nun dieses Ziel durch ihre fleißige Übung erreicht, so ist dann auch der geistige Religionskultus vollendet, von welchem Zeitpunkt dann der eigentliche Trieb, denselben zu erreichen, aufhört. An dessen Stelle aber tritt das große, unerschütterliche Verlangen, demselben treu zu verbleiben allzeit wie ewig.
[45.14] Und dieser überaus bestimmte und allerfesteste Wunsch ist dann fortwährend der allerinnerste Gottesdienst von der allervollkommenst geistigen Art eines jeden wiedergeborenen Saturnusbewohners. Diesen Zustand können alldort Menschen jeden Geschlechtes und jeden Alters erreichen. Und das ist auch zugleich alles über den geistigen Teil der Religion der Saturnusbewohner.
[45.15] Da wir sonach auf diese Art alles Notwendige und Denkwürdige auf den Bergen mitgemacht haben, so wollen wir uns nun auch in aller Kürze ein wenig in der Tiefe umsehen, sodann einige Blicke auf dieses Planeten Polargegenden wie auf dessen Ring und dessen sieben Monde richten. Und somit gut für heute!
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