[40.1] Worin besteht denn noch eine sogenannte politische Verfassung? Seht, die besteht in nichts anderen, als in dem, dass da niemand zufolge seiner leiblichen Schönheit und Größe auf irgendeine Weise groß von sich reden darf.
[40.2] Damit aber dieses wichtige Gebot allzeit beobachtet wird, so wird solches schon den Kindern also eingeprägt, dass sie sehr klein sind und dass alle diese weltliche Größe vor dem Großen Geist als ein bares Nichts erscheint. Demnach getraut sich auch kein Patriarch oder Ältester und also auch noch viel weniger ein anderes Familienglied irgend etwas Großes von sich zu denken.
[40.3] Was aber da die Schönheit des Leibes betrifft, da sagen sie: „Wir sind samt und sämtlich alle gleich schön als Ebenbild des Großen Geistes. Wer aber da sagen und glauben würde, er sei schön für sich und habe darin einen Vorzug vor jemand anderem, der möchte sich dadurch dem ewigen Urbild sogleich unähnlich gestalten, darum er dann hässlicher würde als das hässlichste Tier auf dem Erdkörper.“
[40.4] Zu diesem Gesetz tun freilich wohl auch die Geister der Verstorbenen so manchen Vorteil. Denn wenn da irgend jemand von einer Eitelkeit möchte befallen werden, so erblickt er gar bald vor sich irgendein so recht scheußlich verzerrtes Gesichtgrinsen. Wer da nun einmal so gestraft worden ist, der lässt sicher auch alsbald alle Eitelkeit sinken; denn solches wissen die Saturnusbewohner gar wohl, dass es mit den Geistern nie halbernstlich zu nehmen ist, sondern wann diese sich auf eine oder die andere Art äußern, so gilt das immer für den barsten Ernst. Seht, das ist ein politisches Gesetz, welches von Groß, Alt und Jung beobachtet wird.
[40.5] Und was da die Größe betrifft, so geht solches sogar für alle ewigen Zeiten bleibend auf den Geist über, dass sie sich für möglichst klein halten. Aus diesem Grund sind die Saturnusgeister auch durchgehend nicht gut reden mit den Geistern dieser Erde, bei denen wieder nichts als ihre vermeintliche Größe vorherrschend ist.
[40.6] Was gibt es denn dann noch ferner für ein häusliches Gesetz? Dieses besteht in der Anempfehlung und Festhaltung der Reinlichkeit. Aus diesem Grund ist es dann auch eine große Seltenheit, irgendeinen schmutzigen Menschen, sei es am Leib oder an dessen Bekleidung, zu treffen.
[40.7] Dessen ungeachtet aber ist dort eine Hauptlehre, auf den Leib ja nichts zu halten, da er sterblich ist, wohl aber alles auf den Geist, der da unsterblich ist.
[40.8] Aus dem Grund scheut der Saturnusbewohner auch alles Tote und will sogar zu seiner Wohnung keine toten Häuser, wie ihr wisst, sondern lebendige. Und noch weniger darf etwas Totes in einem Gott geweihten Tempel vorkommen.
[40.9] Aber reinlich muss darum dennoch alles gehalten werden, und vorzugsweise der Leib, darum er ist eine Wohnung des unsterblichen Geistes. Das ist somit wieder eine politische Hausordnungsregel.
[40.10] Was geschieht denn im Saturnus mit den verstorbenen Leibern der Menschen? Die Leiber werden dort nicht begraben so wie bei euch, auch werden sie nicht verbrannt, wie es in manchen Ländern eurer Erde der Fall ist, sondern die Leiber werden an einen Ort hingebracht, wo da gewöhnlich ein Pyramidenbaumwald sich vorfindet. Allda werden sie, mit dem Gesicht zur Erde gewendet, auf den Boden gelegt und mit Ästen desselben Baumes zugedeckt. Die Leichname der Weiber aber werden gewöhnlich knapp am Stamm des Baumes, bei den Füßen zusammengebunden, an einen Ast des Baumes gehängt, so zwar, dass der Kopf nahe den Boden berührt.
[40.11] Ihr werdet euch hier denken, wenn solche großen Leiber zu faulen und zu verwesen anfangen, so wird sich da auch notwendigerweise ein starker Übelgeruch weit und breit verbreiten müssen. Allein solches ist in diesem Planeten durchaus nicht der Fall, sondern gerade das Gegenteil. Da eben diese Leiber ätherischer und leichter sind als eure auswendigen, groben Schlangenleiber, so verflüchtigen sie sich auch in kurzer Zeit nach dem Hinscheiden, und dieses Verflüchtigen erzeugt in einer solchen Gegend den alleranmutigsten Geruch.
[40.12] Wenn solcher irgend die Nüstern eines Saturnusmenschen berührt, so fällt er voll Dankbarkeit gegen den Großen Geist zur Erde nieder und bittet den Großen Geist, dass Er es zulassen möchte, dass der Geist desjenigen, dessen Leibesduft nun seine Nüstern berührt hatte, zu ihm kommen und mit ihm ein gemeinsames Loblied dem Großen Geist für die Erlösung aus dem Kerker des Fleisches anstimmen möchte. Solches geschieht auch allzeit, besonders wenn es dem Bittenden darum ein ganz vollkommener Ernst ist.
[40.13] Trauern dort die Menschen, wenn jemand dem Leibe nach stirbt? O nein, sondern wenn z. B. der Älteste gestorben ist, so tritt sobald der Nachälteste als sein Nachfolger in seine Ordnung, fordert dann alle Familienglieder auf, dass sie auf die Erde sich niederlegen müssen und fürs Erste danken dem Großen Geist, dass Er dem Patriarchen solche große Gnade erwiesen, darum Er ihn berufen hatte ins ewige Leben.
[40.14] Fürs Zweite aber müssen sie den Großen Geist bitten, dass Er es allergnädigst gestatten möchte, dass der Geist des Verstorbenen dem nun neuen Ältesten sobald erscheinen möchte und ihn führen in des Tempels Heiligtum und allda ihn dann segnen zum erhabensten Amt des Großen Geistes.
[40.15] Solches geschieht dann auch allzeit sichtbar für die ganze Familie. Der Geist kommt sobald in seiner Glorie, heißt mit vernehmlichen Worten den neuen Ältesten ihm folgen in das Heiligtum des Tempels, die ganze andere Familie aber in das Volksteil des Tempels.
[40.16] Allda stellt der Geist vor dem Volk den neuen Ältesten auf den Predigeraltar, segnet ihn da und zeigt es der ganzen Familie an: „Dass es dem Großen Geist wohlgefällig ist, dass dieser übernommen hatte das heilige Amt; darum sie ihm auch zu folgen haben in allem und wohl zu beachten jegliches seiner Worte.“
[40.17] Sodann empfiehlt er den Männern, auf die gewöhnliche Art hinwegzuschaffen seinen verstorbenen Leib, segnet dann noch die ganze Familie, verheißt dann nach dem Willen des Großen Geistes solange ein Lehrer und Führer der ganzen Familie zu verbleiben, so lange es dem Großen Geist gefallen wird, den neu gestellten Patriarchen zu belassen der gesamten Familie zum leitenden Vorstand.
[40.18] Danach verschwindet der Geist, der neue Älteste aber und die Familie fallen sobald zur Erde nieder und danken dem Großen Geist dafür. Ist das Dankgebet vollendet, alsdann stehen alle auf, gehen stillschweigend nach Hause und nehmen sogleich die Hinwegschaffung des Leichnams vor und bringen ihn auf eine schon vorhin beschriebene Stelle.
[40.19] Stirbt aber ein Weib, so wird zwar auch um die Erscheinung ihres Geistes gebeten, aber nach der Erscheinung wird bloß daheim ein Dankgebet verrichtet, sodann wird sogleich ihr Leichnam genommen und an die vorbestimmte Stelle gebracht. Der Leichnam des Weibes aber verflüchtigt sich noch viel schneller als der des Mannes; so schnell zwar bei günstigen Verhältnissen, dass am zehnten Tag oft schon nicht mehr eine Spur zu finden ist, auch nicht einmal die eines Knochens,
[40.20] welche schnelle Verwesung freilich wohl auch naturmäßigerweise dadurch bewerkstelligt wird, weil dieser große Nadelwaldbaum mit seinen Millionen Spitzen den unter ihm befindlichen Leichnam sobald aller Elektrizität beraubt; wie aber diese aus irgendeinem naturmäßigen Körper vollends entweicht, so vergeht auch der naturmäßige Körper so, als wäre er vom Feuer verzehrt worden.
[40.21] Seht, die Beobachtung dieser Regeln ist dann wieder ein solches politisches Gesetz, welches allzeit streng und genau zu beobachten ist.
[40.22] Was haben wir denn noch für ein sehr beachtenswertes Hausgesetz? Das ist das Gesetz der ehelichen Verbindung eines Mannes mit einem Weibe.
[40.23] Durch dieses Gesetz ist jeder Mann, wenn er das gerechte Alter von dreißig bis vierzig Jahren erlangt hat, streng verpflichtet, sich ein Weib nach seiner Wahl und nach seinem Wohlgefallen zu nehmen.
[40.24] Solches darf er jedoch nicht selbst der Gewählten kundtun; sondern nur durch den Ältesten. Dieser beruft dann die Eltern der gewählten Braut und gibt ihnen kund die Not und den Willen des Bräutigams. Solche Kundgebung wird dann auch dankbarst als der Wille des Großen Geistes angesehen; darum dann auch ein solcher Brautwerber nie, so wie bei euch, einen sogenannten, Mir aber über alles verhassten Korb bekommt.
[40.25] Sodann erst nimmt der Älteste den Bräutigam, führt ihn zu der Braut und nimmt ihre rechte Hand und seine Rechte und gibt sie zusammen. Dann müssen sie sich so halten und ihm, dem Ältesten nämlich, folgen in den Tempel vor das Heiligtum, allda sie sich mit den Gesichtern auf den kegelförmig erhabenen Altar anzulehnen haben, während welcher Zeit der Älteste sobald im Heiligtum betend den Geist beruft.
[40.26] Wie dieser bei solcher Gelegenheit mit verhülltem Angesicht erscheint, beheißt der Älteste das Brautpaar sich aufzurichten. Ist solches geschehen, so stellt der Älteste ihnen die ehelichen Pflichten vor in einer guten Rede, welche ihrem Inhalt nach gewöhnlich in der Darstellung aller derjenigen Hausregeln besteht, die wir bis jetzt schon haben kennengelernt und noch einige werden kennenlernen.
[40.27] Ist dann solches geschehen, so geht der Älteste von seinem Predigeraltar herab und macht eine Bewegung, als wollte er die Hände der zwei Brautleute von einander trennen. Allein dafür ist schon eine alte Regel da, dass solches nur eine formelle Andeutung ist, dass sie sich durch nichts je auf der Welt sollen trennen lassen.
[40.28] Nach dieser Zeremonie aber tritt der Älteste zur Seite, der Geist enthüllt sein Angesicht, segnet dann das Brautpaar und geht dann auf sie zu und trennt ihre Hände auseinander. Solches aber bedeutet, dass nur der Tod oder die Scheidung des Geistes vom Leib das Ehepaar gültig zu scheiden vermag.
[40.29] Darauf verschwindet der Geist und die Ehe ist geschlossen.
[40.30] Dem Großen Geist wird nun ein Dank dargebracht. Und Er wird auch wieder gebeten, sie zu segnen mit einer Ihm wohlgefälligen Nachkommenschaft und sie zu leiten nach Seinem allerheiligsten Willen. Ist solches auch geschehen, sodann stehen der Älteste und die Vermählten wieder auf und begeben sich voll Ehrerbietigkeit nach Hause, woselbst dann gewöhnlich ein allgemeines Familienmahl unter Lobpreisung des Großen Geistes gehalten wird.
[40.31] Am nächsten Tag darauf wird es den Neuvermählten freigestellt, ob sie allda verbleiben wollen, oder ob sie sich irgendwo anders eine Wohnung aufsuchen und errichten wollen. Willigen sie ein, bei der allgemeinen Familie zu verbleiben, so wird ihnen sobald ein eigener Ast zur Bewohnung eingeräumt und wird für sie sogleich angefertigt ein neues Wohnhaus und eine neue Küche und Vorratskammer. Wollen sie sich aber manchmal zufolge des geringen Platzes trennen von der Familie, sodann werden sie mit allem möglichen ausgestattet und können dann auch mitnehmen ihre Eltern und noch sonstigen sehr nahen Verwandten.
[40.32] Wie sie’s aber dann machen, wenn sie irgendeine andere Wohnung frei angetroffen haben, ist schon gesagt worden.
[40.33] Seht, das ist nun wieder eine politische Hausordnung. Für heute lassen wir es auch bei der bewendet sein. Nächstens werden wir noch einige durchgehen und uns sodann zur geistigen Religionsverfassung wenden.
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