[30.1] Das zarte Tier, das wir betrachten wollen, ist die große, zahme Kuh der Saturnusbewohner, von ihnen Buka genannt. Ihr werdet euch vielleicht mit der Zeit denken: Warum muss denn gerade von der Kuh zuerst die Rede sein und warum nicht zuerst vom Stier? Es ist aber hier nicht eine zoologische Aufzählung des Tierreiches, wo nach der gelehrten Ordnung der sogenannten Zoologen nahe allzeit das Männlein vor dem Weiblein einhergehen muss, sondern hier ist eine Aufzählung der Tiere des Planeten nach dem Rang ihrer Tauglichkeit und sonach auch ihrer Denkwürdigkeit. Da also aber die Kuh in diesem Planeten ein viel tauglicheres Tier ist und also auch viel denkwürdiger, so lassen wir es auch wohlgeordnetermaßen vor dem Männlein, das heißt vor dem Stier einhergehen.
[30.2] Was ist also unsere Buka für ein Tier? Wie sieht es aus, wie groß ist es, und wo ist es überall zu Hause?
[30.3] Die Buka oder die Saturnuskuh ist ein riesenhaft großes Tier, aber bei seiner Riesengröße dennoch ungemein zahm. Und im Verhältnis zu seiner riesenhaften Größe verzehrt es sehr wenig Futter, aber es trinkt um desto mehr Wasser.
[30.4] Dieses Tier ist unter allen Tieren dieses Planeten das allernützlichste und macht mit seiner sehr reichlichen und überaus wohlschmeckenden, etwas gelblich aussehenden Milch den vorzüglichsten Nahrungszweig der Saturnusbewohner aus. Ihr möchtet wissen, wie viel nach eurem Maß eine solche Kuh in einem Tag gibt, d. h. in einem Saturnustag? Nachdem der Saturnustag ohnehin nicht viel unterschieden ist von einem Erdtag, so muss es euch nicht gar zu sehr übermäßig wundernehmen, wenn Ich euch sage, dass diese Kuh bei regelmäßig guter Melke des Tages nicht selten eintausend Eimer Milch nach eurem Maß gibt.
[30.5] (NB! Eine solche Kuh dürfte hier auf eurem Erdkörper manchen wirtschaftlichen Industrierittern nicht unerwünscht sein, vorausgesetzt, dass sie eben nicht viel mehr des Futters bedürfte als eine gewöhnliche Erdkuh, des Wassers aber dazu trinken könnte, so viel sie nur wollte und möchte. Allein nachdem sich solche sehr ökonomische Menschen bei einer solchen Kuh im Geiste allzu sehr verwirtschaften möchten, so lassen wir sie nur im Saturnus – ungeachtet dessen es Uns nicht gerade unmöglich wäre, auch auf der Erde eine Saturnuskuh zu erschaffen.)
[30.6] Wie sieht denn hernach im Saturnus eine solche Kuh aus? Was die Form betrifft, so hat sie eine ziemliche Ähnlichkeit mit der sogenannten Auerkuh. Was aber dann deren Größe betrifft, da ist der Unterschied freilich wohl unvergleichbar groß; ja so groß ist er, dass da eine gewöhnliche Kuh eurer Erde auf dem Rücken einer Saturnkuh sich kaum größer ausnehmen dürfte als eine Fliege auf dem Rücken eurer Kühe. Das Männlein oder der Stier ist nach dem Mud beinahe das größte Tier dieses Planeten. Die Kuh jedoch ist bedeutend kleiner als das Männlein. Wenn eine solche Saturnuskuh hier auf eurer Erde stünde, so würdet ihr von ihrem Rücken aus eine bei weitem größere Aussicht haben, als so ihr euch auf eurem Plabutschberg befindet, obschon die Größe dieser Kühe in diesem Planeten selbst sehr unterschieden ist.
[30.7] Die größte Gattung dieser Kühe befindet sich namentlich in jenem großen Kontinentland, welches gleich anfangs der Enthüllung dieses Planeten angezeigt wurde. In diesem Kontinentland ist demnach eine solche Kuh nicht selten bei vierhundert Klafter hoch und vom Kopf bis zum Schweif doppelt so lang. Ihr Leib aber befindet sich auf vier verhältnismäßig festen Füßen, welche jedoch kürzer sind, zum übrigen Leib verglichen, als die Füße einer Erdkuh bei euch zu ihrem Leib. Zwischen den beiden Hinterfüßen hängt ein außerordentlich großes Euter, welches mit acht verhältnismäßig langen Zitzen versehen ist. Die Zitzen hängen aber dennoch über vierzig Klafter hoch über dem Boden, da eine solche Kuh steht.
[30.8] Wie wird denn dann eine solche Kuh gemolken? Nicht so wie bei euch; sondern eine solche Kuh gibt die Milch von selbst. Denn vermöge ihres Organismus steht das Geben oder das Verhalten der Milch bei dem Instinktwillen dieses Tieres. Wie merken aber die Saturnusbewohner, wenn die Kuh die Milch geben will? Solches merken sie fürs Erste aus der aufgedunsenen Völle des Euters und fürs Zweite wann das Tier sich selbst zur Ruhe gestellt hat, nachdem es zuvor gewöhnlich ein großes Quantum Wasser verzehrte.
[30.9] Wenn eine solche Kuh sich sonach ruhig gestellt hatte, da eilen die Saturnusbewohner sobald mit ihren großen, euch schon bekannten Kürbisgewächsen her und halten deren weite Öffnungen unter die Zitzen der Kuh und fangen dann sorgsam in denselben die Milch auf, welche die Kuh freiwillig von sich gab. Hat sich aber die Kuh einmal ihrer Milch entledigt, so gibt sie das allzeit durch einen donnerartigen Murrer zu verstehen.
[30.10] Nach einem solchen Murrer eilen dann auch die Milchsammler mit ihren vollen Gefäßen sogleich unter dem Bauch der Kuh hinweg, damit, wenn die Kuh sich wieder zu bewegen anfängt, da niemand zertreten werden möchte durch den überaus riesigen und schweren Fuß unserer Buka. Bei einer mehrere Jahre alten Kuh ist zwar dergleichen nie zu befürchten; diese setzt solange keinen Fuß von der Stelle, so lange sich nur ein Mensch noch unter ihrem Bauch befindet. Aber bei einer jungen Kuh, die natürlicherweise viel lebhafter ist, muss da viel vorsichtiger zu Werke gegangen werden.
[30.11] Wie genießen denn die Saturnusbewohner die äußerst wohlschmeckende Milch dieser Kuh? Nahe geradeso, wie ihr die Milch eurer Kühe genießt. Nur zu keinem Kaffee gebrauchen sie dieselbe, denn dergleichen extra närrische Speisen kennen die Saturnusbewohner nicht. Sie kochen zwar wohl auch einige ihrer Speisen, aber den Saft einer verkohlten Frucht fliehen sie wie die Pest, weil sie es wohl wissen, dass die Speisen samt und sämtlich also am gesündesten und nahrhaftesten sind, wie Ich sie in der Natur zubereitet und am reinen Feuer meiner Sonne gekocht habe.
[30.12] Sonst aber machen diese Saturnusbewohner ebenfalls Butter und Schmalz und Käse aus dieser Milch, welches alles sie vorzugsweise gerne genießen, besonders aber die Käse mit der Butter und mit dem Honig bestrichen, welcher Honig aber in diesem Planeten nicht von einer Art Bienen herrührt, sondern von einer Art großkelchiger, überaus wohlriechender Blumen, welche nahe über die Hälfte ihrer ziemlich weiten Kelche mit dem Honig gefüllt sind.
[30.13] Also wüssten wir auch in aller Kürze, wie die Saturnusbewohner ihre Milch genießen. Demnach bleibt uns nichts mehr übrig, als allein nur noch, was diese Kuh für eine Farbe hat. Der Leib dieser Kuh ist bis zur unteren Bauchgegend, welche vollkommen weiß ist, blaugrau. Die Füße aber, da sie den Leib verlassen, gehen nach und nach ins Dunkelblaue über, sowohl die vorderen als auch die hinteren. Der Schweif dieses Tieres ist ebenfalls dunkler als der Leib und ist an seinem Ende mit einem überaus starken, zinnoberroten Mähnenbusch verziert. Der Hals ist im Verhältnis zu dem Tier mehr schlank als massiv und ist, vom Kopf angefangen bis zu den Vorderfüßen, nach jeder Seite hin mit so starken und langen, ebenfalls zinnoberroten Mähnen behangen, dass davon ein Haar nicht selten bei fünfhundert Klafter lang ist. Also ist auch der Kopf im Verhältnis zu dem übrigen Leib des Tieres mehr klein – und hornlos. Das Männlein aber hat wohl zwei aufrechtstehende kleine Hörner, die nach rückwärts gebogen sind wie bei einer Gämse bei euch.
[30.14] Etwas Ausgezeichnetes am Kopf der Kuh sind ihre Ohren, davon ein jedes nicht selten eine Länge von dreißig bis vierzig Klaftern eures Maßes hat, und ungefähr ein Drittel der Breite des Ohrlöffels von dem Maß der Länge des Ohres. Die Ohren aber sind ganz von blendendweißer Farbe. Die Stirn dieses Tieres ist lichtgraublau, um die Gegend der verhältnismäßig großen Augen aber etwas dunkler. Die Schnauze dieses Tieres ist geradeso gebaut, wie die Schnauze einer Kuh bei euch. Sie ist ebenfalls nackt und von dunkelgrauer Farbe. Alles Übrige ist vollkommen ebenmäßig und ähnlich einer schon benannten Auerkuh auf eurer Erde.
[30.15] Wird diese Kuh etwa auch in einem Stall gehalten? O nein; dieses Tier ist zu groß, als dass man über ihm einen zweckmäßigen Stall bauen könnte. Wohl aber wird sie in einem lebendigen Garten gehalten. Bei den Saturnusbewohnern aber ist dies nichts anderes als wie die Umzäunung einer bedeutend großen Wiesenfläche mit dem sogenannten Wandbaum, über welchen dann unsere Kuh trotz ihrer Größe dennoch nicht kommen kann, da sie, wie ihr es schon wisst, im Verhältnis zu ihrem Leib nur fürs Erste kurze Füße hat und fürs Zweite diese Füße bei ihrem Fortschreiten nie höher als nur fünf Klafter eures Maßes vom Boden des Saturnuserdreichs erheben kann. Das ist somit der Stall für eine solche Kuh. Freilich wohl ist eine solche umzäunte Wiese nicht selten so groß wie der dreifache Flächenraum eures Vaterlandes.
[30.16] Wie viele Kühe hat denn hernach ein Saturnusbewohner? Ich sage euch, der Inhaber von zehn solchen Kühen und zwei Stieren daneben wird allda schon für den allerreichsten gehalten; sonst aber bleibt es gewöhnlich bei der Einfachheit.
[30.17] Das ist nun alles, was ihr von diesem Tier als denkwürdig zu betrachten habt. Und somit wollen wir uns auch wieder von diesem Tier zu einem anderen, ebenfalls sehr nützlichen Haustier wenden, und das zwar zur sogenannten Blauen Hausziege, welche wir bei der nächsten Gelegenheit erst näher betrachten wollen.
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