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15. Die Siebenschnecke. Verwendung ihres Gehäuses. Gewichtsverhältnisse auf dem Saturnus

[15.1] Was die vierte Schnecke anbelangt, so steht sie in der Pracht der schon bekannten Scheibenschnecke nach. Jedoch was ihre Größe und Art betrifft, ist sie natürlicherweise der Scheibenschnecke um vieles voraus. Von den Bewohnern dieses Landes wird sie gewöhnlich die große Siebenschnecke genannt – nicht etwa, als wenn in diesem Gehäuse sich sieben einzelne Schnecken aufhalten möchten, sondern weil das Gehäuse dieser Schnecke nach aufwärts gerichtet aus sieben turmhohen Spitzen besteht, welche von einem eirunden Gehäuse als Auswüchse auslaufen. Das Hauptgehäuse der Schnecke ist vollkommen rund, also wie ein Ei; davon die spitzigere Seite allzeit nach unten ins Wasser gekehrt ist, die stumpfere nach oben. Das Gewinde dieser Schnecke ist nicht sichtbar und ist nur im Inwendigen des Gehäuses vorhanden. Jedoch bei jedem Gewinde, wenn dasselbe den Kreis vollendet hat, ist ein solcher Turmauswuchs, dass demnach der obere Teil des Gehäuses mit diesen Türmen so bestellt ist, dass aus der Mitte der höchste emporsteigt und die anderen dann in abnehmender Ordnung um denselben herum. Ein jeder dieser Auswüchse gleicht einer großen, euch schon bekannten Stangenschnecke, natürlich nur mit dem Unterschied, dass er um vieles länger und zuunterst an der Schale auch um vieles dicker im Durchmesser ist.

[15.2] Die Mündung dieser Schnecke ist vollkommen rund und steht in gutem Verhältnis mit der ganzen anderen riesenhaften Größe dieses Schaltieres. Der andere Leib füllt natürlicherweise das andere große Gehäuse so aus, dass die Auswüchse nach Belieben können ausgefüllt werden. Denn will die Schnecke sich ins Wasser versenken, so füllt sie diese Auswüchse aus, und will sie sich über dem Wasser erhalten, dann zieht sie sich aus ihren Auswüchsen ins Zentrum zusammen und dadurch erhebt sie sich wieder über die Fläche des Wassers. Ihr Leib, den sie auf der Oberfläche des Wassers aus der Mündung hinausschiebt, ist ganz weiß und sieht übrigens einer Schnecke bei euch nicht unähnlich aus, nur dass auch diese Schnecke vorne zwischen ihren großen vier Fühlarmen ebenfalls mit einem großen und langen Rüssel versehen ist, den sie zum Fang ihrer Nahrung äußerst behände gebrauchen kann.

[15.3] Ihre Nahrung besteht in allerlei Seekräutern, aber auch mitunter in den großen Seepolypen, welche sie hie und da aus dem Grund des Meeres gewaltsam losreißt und dann in ihren Rachen steckt. An den oberen zwei Fühlarmen hat sie auch eben zwei scharfsehende Augen und kann dieselben nach Belieben bald da, bald dorthin richten. Wenn sie nun irgendeinen Raub entdeckt, so fährt sie pfeilschnell an den Ort hin und fängt ihren Raub, sei es nun ein Seekraut oder irgendein Polyp. Damit sie aber ihre Reise machen kann, hat sie zuunterst der Mündung zwei starke Ruderarme, vermöge welcher sie das Wasser fängt und sich somit vorwärtsbewegt.

[15.4] Nun, wie groß ist denn diese Schnecke? Sie hat einen Durchmesser von fünfhundert Klaftern nach eurem Maß; also ist auch der mittlere Auswuchs höher als bei euch der höchste Turm und hat zuunterst nicht selten einen Durchmesser von zwanzig bis dreißig Klaftern und läuft zuoberst pyramidenartig in eine Spitze zusammen. Die Farbe der Schale ist also ein Mittelding zwischen grün und blau, über welche von dem Mittelauswuchs ganz weißlichblaue Streifen laufen, so dass sie auf diese Art ein großartig tigerhaftes Aussehen hat. Weiter hat sie durchaus keine Verzierungen. Was aber die Auswüchse anbelangt, so sehen sie, wie schon anfangs bemerkt wurde, geradeso aus wie eine Stangenschnecke, nur die Mündungen der Schnecke sind purpurrot.

[15.5] Auch diese Schnecke wird von den Einwohnern als ein guter Fang betrachtet. Denn wenn das Fleisch aus dieser Schnecke gebracht ist, wird das Gehäuse, wie schon bei den anderen Schnecken erwähnt wurde, auf dem Wasser landeinwärts gebracht und allda der spitzigere Teil der Schale in trockenes Erdreich versenkt, woselbst dann ein solches Gefäß zu einer Art Magazin für Samenfrüchte verwendet wird.

[15.6] Manchesmal aber werden in einem solchen Schneckenhaus auch an allen Seiten Öffnungen angebracht und wird im Innern des Gehäuses ein Boden gelegt, und auf diese Art manchmal auch ein solches Schneckenhaus als eine Prachtwohnung für Kinder verwendet, und zwar besonders darum, weil ein solches Wohnhaus vermöge seiner inneren außerordentlichen Glätte am reinlichsten erhalten werden kann. Der Boden besteht bloß in einer Art Aussandung. Es wird nämlich vollkommen trockener Sand bis nahe an die Mündung hineingeschüttet. Über den Sand aber werden dann erst in diesem Land häufig vorkommende weiße Flachsteine gelegt, und zwar allzeit in der schönsten Ordnung. Wenn der Boden dann gelegt ist, so ist’s Gebäude auch fertig und sieht dann einer weitläufigen gewölbten Halle gleich, über welche sich die bekannten Türme erheben, deren Spitzen abgesägt werden, damit durch dieselben dann fürs Erste auch Licht hineinfällt, fürs Zweite aber auch, damit die im Innern eines solchen Hauses sich sammelnden Dünste und Feuerrauch emporsteigen können.

[15.7] Jedoch diese Gattung Schnecken werden alldort nicht gar häufig angetroffen. Daher haben solche Häuser auch gewöhnlich nur die Patriarchen, die da in den Ebenen wohnen; und das zwar noch aus diesem Grund, weil eine solche Schneckenschale selbst für die riesenhaft starken Saturnusbewohner wegen ihrer Größe und außergewöhnlichen Massivität zu schwer wird, um sie so weit ins Land hinein überbringen zu können. Denn was die Massivität anbelangt, so sind die Wände fast allenthalben vier bis fünf Klafter dick. Wenn ihr das beachtet, so könnt ihr euch schon von der Schwere dieser Schnecke einen Begriff machen.

[15.8] Wären auf diesem Planeten die Gravitationsverhältnisse also wie auf der Erde, da wäre die Überbringung einer solchen Schnecke wohl eine reine Unmöglichkeit selbst für noch bedeutendere Kräfte als die der Saturnusbewohner. Allein was bei euch einen Zentner wiegt, hat alldort unter dem Ring oft kaum ein Gewicht von einem Pfund; und es kann selbst ein solches Gewicht noch verringert werden durch die inneren, von den Saturnusbewohnern weislich veranstalteten Luftverdünnungen, was besonders bei Übertragung dieser Schnecke der Fall ist, wo sie dürre Äste vom sogenannten euch schon bekannten harzreichen Pyramidenbaum anzünden und bei der Mündung dieser Schnecke brennend hineinschieben, durch welches Verbrennen dann die Luft in einem solchen leeren Gehäuse so verdünnt wird, dass es dann mit bedeutender Leichtigkeit kann weitergeschafft werden. Denn was die Aerostatik anbelangt, sind eben die Saturnusbewohner die vorzüglichsten Meister – was alles noch zu seiner Zeit näher erwähnt wird.

[15.9] Seht, das ist nun alles von dieser Siebenschnecke. Erweckt auch hier wieder ein wenig eure innere Phantasie und ihr werdet mit großer Verwunderung dieses Tier selbst betrachten, wie auch die Anwendung dessen Hauses vonseiten der Bewohner, und werdet auch darüber umso mehr erstaunen, so Ich euch noch hinzusetze, dass ein solches Gebäude von unzerstörbarer Festigkeit ist, und es werden darunter schon einige angetroffen, die älter sind, als bei euch die Erde bevölkert ist; denn ein solches Gebäude wird je älter, desto fester, und es werden darum auch die ältesten in besonderen Ehren gehalten. So ihr euch aber schon darüber wundert, so bedenkt aber doch bei eurer Verwunderung, dass selbst diese riesenhaften Tiergestalten dieses Planeten nur kleine Miniatur-Arbeiten sind gegen manche andere Tiergattungen, welche sowohl in diesem Planeten, größere aber noch im Jupiter und unvergleichlich größere in der Sonne vorkommen. Betrachtet dieses heute Gesagte und erwartet fürs Nächste das Nachkommende. Und darum für heute Amen.

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