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14. Die Stangenschnecke. Die Pyramidenschnecke. Die Scheibenschnecke. Letztere liefert Mantel, Salbe und Gartenschmuck der Patriarchen

[14.1] Nach dieser eben beschriebenen und erklärten Riesenmuschel kommen dann, wie schon gesagt worden ist, die Schnecken, vorzugsweise fürs Erste diejenigen, welche in den Gewässern vorkommen, und dann erst diejenigen mehr ausgebildet dem eigentlichen Leibeswesen nach, die da vorkommen auf dem Land.

[14.2] Es gibt aber wieder in den Wässern alldort tausend Gattungen der Schnecken, wo immer die Gattungen so ineinander geordnet sind, dass da nach eurem Kunstausdruck in metaphysischer Hinsicht eine aus der anderen hervorgeht. Besser wäre der Ausdruck, so ihr sagen möchtet: in der lebensvermehrenden Hinsicht.

[14.3] Was die früheren Gattungen der Schnecken betrifft, so sind diese fürs Erste für euer schaulustiges Auge zu wenig von einigem bedeutenden Interesse, obschon sich über jede unerschöpfliche Bände von Büchern schreiben ließen; und fürs Zweite würdet ihr auch nur bei einiger auseinandersetzenden Beschreibung mit der Menge nicht fertig. Daher wollen wir auch von diesen Schaltieren nur diejenigen letzten Gattungen hervorheben, die für euch von besonders ausgezeichnetem Interesse sein können. Und so sind für euch bloß die letzten fünf Gattungen näher zu bestimmen und zu erörtern, des wunderbaren Interesses wegen, notwendig.

[14.4] Die erste dieser fünf letzten Gattungen ist die sogenannte Stangenschnecke, und [sie ist] darum besonders merkwürdig, weil das Gewinde dieser Schnecke sich gleich einer langgedehnten Schraube verähnlicht, welches so aussieht, als wenn ihr eine zehn Klafter lange Stange zu einer Schraube umwandeln ließet, oder, noch besser bezeichnet, als wenn ihr um diese Stange ein langes Seil so umgewunden hättet, dass da ein Gewinde sich an das andere von unten an bis oben fest anschließen möchte. Nur müsst ihr euch die Stange nicht etwa allzu dünn vorstellen, sondern so, dass sie zuunterst an der dicksten Seite einen Durchmesser von fünf Fuß hat und also dann gespitzt zuläuft, und auch die Gewinde in diesem Verhältnis immer dünner werden. Auf eurer Erde könntet ihr eine solche Schnecke eher eine Art gewundenen Obelisken nennen. Allein die Benennung Stangenschnecke ist hier darum gegeben, weil dieses Tier von den Saturnusbewohnern so benannt wird.

[14.5] Ihre Außenfarbe ist von der wahrhaft wunderbarsten Schönheit; denn an der dicksten Seite ist sie ganz vollkommen so rosenrot, als wenn ihr fein poliertes Silber mit eben dieser Farbe überziehen möchtet. Gegen die Spitze aber wird sie immer dunkler rot, mit demselben metallischen Schimmer, so dass sie alle Rosenfärbungen vom blassesten bis zum dunkelsten Rot durchmacht. Aber nicht nur allein diese Farbe ist die alleinige Pracht dieser Schnecke, sondern die Verzierung des Gewindes. Denn der langgewundene Bauchgürtel dieser Schnecke ist durchgehends so geziert, als wenn ihr denselben in der schönsten Ordnung mit immer größeren und größeren Perlen verziert hättet. Und der Graben zwischen den Bauchgewinden aber ist geziert mit einem goldenen Band, welches an und für sich noch die schönsten Arabesken-Figurationen (nach eurem Ausdruck) enthält. Also alsdann ist das Haus dieser Schnecke beschaffen.

[14.6] Das innewohnende Tier ist weniger interessant, denn es besteht bloß in einem polypenartigen Wurm, versehen mit vier Fress- oder Saugrüsseln. Seine Nahrung sind kleine Schnecken wie auch kleinere Muscheln, welche dieses Tier mit dem untersten seiner Saugrüssel erhascht, dann zerdrückt und sodann solche zerquetschte Speise in den sogenannten Fressrüssel steckt. Mit den anderen zwei Rüsseln aber laviert dieses Tier bloß um sich herum, ob es nicht irgendetwas zu fressen gibt und ob sich nicht auch etwa zugleich ihm einige feindselig gesinnte Nachbarn nähern. Wenn solches der Fall ist, da zieht sich dieses Tier alsbald in sein schönes Haus zurück und verschließt den Ausgang alsbald mit einer weißlichen Kruste. Jedoch häufig nützt ihm diese Vorsicht nichts; denn seine Feinde bestehen in einer später zu beschreibenden Art Schwertkrebsen, welche diese Kruste bald durchstoßen, und dann als Räuber in das Haus dieses Tieres dringen und das arme Tier nach und nach bis auf den letzten Tropfen aufzehren, welche Krebse aber dann doch wieder selbst ein Raub von einer anderen, größeren Schnecke werden, von der bald die Rede sein wird.

[14.7] Die Bewohner des Saturnus sammeln die Schalen dieser Stangenschnecken und verzieren nicht selten damit ihre Gärten. Manchesmal aber benutzen sie solche Schnecken zu Wasserleitungen. Wo das Wasser auf irgendeiner bedeutenden Höhe entspringt, da fangen sie mit der Mündung der Schnecke das Wasser auf, schlagen auf dem dünnen Teil die Spitze ab, und so strömt hier das Wasser natürlicherweise mit bedeutender Heftigkeit heraus. Unter dieser Mündung setzen sie wieder eine zweite Schnecke mit der breiten Mündung und so fort, dass sie auf diese Weise dann nicht selten das Wasser viele Meilen nach Belieben irgendwohin bergabwärts leiten. Dass eine solche Wasserleitung nicht uninteressant anzusehen ist, mögt ihr euch wohl vorstellen.

[14.8] Die nächste Gattung Schnecken ist die sogenannte Pyramidenschnecke. Ihre Farbe ist ganz einförmig grasgoldgrün, und der Bauchgürtel ist mit verhältnismäßig großen, schneeweißen, eiförmigen Flächen geziert, deren Rand so verbrämt ist, als so ihr eine solche alabasterne Tafel möchtet in einen verhältnismäßig blank polierten, goldenen Rahmen fassen. Die Schnecke ist sehr groß, und wenn ihr sie auf der breiten Seite hier auf der Erde irgendwo aufstellen möchtet, so dürfte sie mit ihrer Höhe wohl um ein Bedeutendes euren Stadtschloßberg beschämen. Dieses in diesem Hause inwohnende Tier sieht der Farbe nach ganz dunkelgrau aus und hat gleich einem ungeheuer großen Elefanten einen weit um sich greifenden, überaus starken Rüssel, zu dessen beiden Seiten zwei andere, schwächere Rüssel hinausgeschoben werden, auf deren äußersten Enden ein scharfsehendes Auge sitzt. Zuunterst hängt im Falle einer Bereisung der Meeresfläche diese Schnecke auch ein Paar weißliche und starke Ruder hinaus, vermöge welcher sie dann auf der Oberfläche des Meeres eine ziemlich schnelle Bewegung zu machen imstande ist. Wenn sie so auf dem Meer fährt, hat sie ihr Haus nach oben gekehrt, dass da eine solche fahrende Schnecke in einiger Entfernung sich ausnimmt wie eine auf der Oberfläche des Meeres schwimmende Pyramide.

[14.9] Diese Schnecke ist ziemlich bösartiger Natur und fällt auch Menschen an, die sie da mit ihrem Rüssel umwindet, erdrückt und alsbald in ihren weiten Rachen steckt. Allein die Saturnusbewohner kennen ihre Art gar wohl und sind daher schon allzeit gerüstet, wenn sie auf ihren Fang ausgehen. Denn da haben sie eine lange Schlinge und warten mit derselben auf die ziemlich schnell herbeieilende Schnecke, werfen dann die Schlinge um ihren weit hervorstehenden Rüssel, ziehen solche schnell zusammen und die Schnecke ist dann schon so gut wie für alle Zeiten gefangen. Denn da diese Schnecke alldort schon ein atmendes Tier ist und den Atem durch den Rüssel einzieht, so erstirbt sie auch sehr bald, wenn sie nicht mehr zu atmen vermag. Die Bewohner merken ihren vollkommenen Tod dadurch, so sie aus ihrem Rachen anfängt einen weißlichen Saft zu lassen; denn solcher Saft ist dann schon ein Zeichen der inneren, alsbald begonnenen Verwesung.

[14.10] Die Bewohner des Saturnus sammeln solchen Saft sehr emsig auf, seines außerordentlichen Wohlgeruches wegen, welcher ums Unvergleichliche eure Ambra übertrifft. Hat nun dann eine solche Schnecke aufgehört ihren Saft von sich zu lassen, alsdann lassen sie die ganze Schnecke wieder aus, und alsbald findet sich eine Menge Meeresungeziefer, welches eine solche Schnecke in wenigen Tagen rein verzehrt, d. h. bis auf die harte Schale, welche bei dieser Schnecke sehr fest und massiv ist, so zwar, dass an der breiten Ausmündung die Schale nicht selten vier bis fünf Klafter dick ist. Wenn nun auf diese Weise die Schale geräumt ist, so wird diese von den Saturnusbewohnern aus dem Meer herausgeholt, und zwar zur Zeit der Ebbe, der Meeresniederung, und wird dann auf dieselbe Weise wie die große Muschel an Ort und Stelle geschafft.

[14.11] Diese Schnecke nährt sich vorzüglich von der schon früher erwähnten Art der Schwertkrebse, deren es eine Menge von den verschiedensten Größen gibt. Jedoch größer ist keiner als der sogenannte Meerkrebs bei euch. Aber kleiner wird dieses Tier häufig angetroffen, und oft so klein wie bei euch ungefähr eine Heuschrecke. Wann macht aber diese zweite oder Pyramidenschnecke einen solchen Haupt-Schwertkrebsen-Fang? Solcher Fang geschieht, wenn diese Krebse oft gerade am sorgfältigsten beschäftigt sind, um eine schon früher bekanntgemachte Stangenschnecke aufzuzehren. Wenn da die Pyramidenschnecke ein mit solchen Krebsen gefülltes Stangenschneckenhaus antrifft, umwindet sie dasselbe mit ihrem Rüssel und begibt sich damit an ein Ufer, legt dann das Stangenschneckenhaus mit der breiten Seite aus dem Wasser. Wenn so die Krebse sich außer Wasser befinden, da fängt dann einer nach dem anderen an, aus der Schnecke zu kriechen, bei welcher Gelegenheit auch einer nach dem anderen unfehlbar aufgezehrt wird. Und so sind diese Krebse gewisserart eine Mittel-Leben-sammelnde-Tierklasse, vermöge welcher dann das Leben einer Schnecke potenziert in das Leben einer anderen übergeht. Und so gibt es zwischen einer jeden größeren Tiergattung eine kleinere, welche gegen eine frühere große Gattung sich feindselig verhält, aber von einer nachfolgenden größeren Gattung alsbald wieder als eine wohlschmeckende Speise verzehrt wird.

[14.12] Die dritte Gattung der hier vorkommenden Meeres-Schnecken ist die sogenannte Scheibenschnecke. Diese Schnecke hat viel Ähnlichkeit mit eurer sogenannten Nautilusschnecke; nur ist natürlicherweise eure Nautilusschnecke fürs Erste ums Unvergleichliche kleiner und fürs Zweite ist sie im Verhältnis zu ihrer beiderseitigen Plattform viel dicker als diese Scheibenschnecke auf unserem Planeten Saturnus zu ihrer Plattform. Die Scheibe dieser Schnecke hat nicht selten einen Durchmesser von hundert bis hundertundzwanzig Klaftern. Diese Schnecke befindet sich besonders zur Zeit der Flut im Grund des Meeres, zur Zeit der Ebbe aber schwimmt sie allzeit auf der Oberfläche desselben.

[14.13] Wenn sie im Grund des Meeres liegt, da schiebt sie einen langen Rüssel weit über die Oberfläche des Wassers hinaus, um Atem zu holen; und es wird dadurch sehr leicht ihr Stand ausgemittelt, bei welcher Gelegenheit sie dann auch gewöhnlich gefangen wird – es versteht sich von selbst nur in einer mittleren Flutzeit; denn in einer Sturmflut wagt sich kein Saturnusbewohner auf das Meer. Ihr möchtet vielleicht denken, warum diese Schnecke nicht vielmehr zur Zeit der Ebbe, da sie auf der Oberfläche des Meeres schwimmt, gefangengenommen wird. Allein da ist dieses Tier durchaus nicht zu fangen, fürs Erste, weil es außerordentlich schnell über die Oberfläche des Meeres dahinfährt und somit nicht leichtlich eingeholt werden kann, fürs Zweite aber, wenn sie auch eingeholt werden könnte, so kann niemand diese Scheibe ergreifen, dieweil diese an und für sich sanfte Schnecke bei der leisesten Berührung alle ihre Extremitäten sogleich einzieht und sich vermöge eines ins Wasser hineingehenden Ruders so schnell zu drehen anfängt, dass da auch niemand wagt, dieses große, schnelldrehende Rad anzugreifen.

[14.14] Wie sieht denn eigentlich diese für euch gewiss überaus merkwürdige Schnecke aus? Fürwahr sage Ich euch: Ihr mögt euch in alle möglichen noch so wunderbare Phantasien versenken, so wird es euch dessen ungeachtet zur reinsten Unmöglichkeit, sich nur irgendein allerleisestes Bild von der Schönheit dieser Schnecke zu machen, aus welchem Grund die Saturnusbewohner auch nicht selten, mit vielen Gefahren kämpfend, sich einer solchen Wunderschnecke zu bemächtigen suchen.

[14.15] Diese Schnecke bildet, was ihr Haus betrifft, einen ganz vollkommenen Kreis; denn die Mündung ist so länglich verloren an die flachen Vorgewinde angebracht, dass sie ungefähr ein Drittel des ganzen Kreises einnimmt. Und die Öffnung, bei welcher diese Scheibenschnecke mit ihrem Leib und ihren wunderbaren Extremitäten nach Willkür hinausragt, ist kaum etwas über eine halbe Klafter weit. Und der trichterförmige Rand dieser länglichen Mündung ist überall so gut und fein eingerundet, dass er dem ganzen Haus nicht nur kein zerrüttetes oder unvollständiges, sondern ein überaus prachterhöhendes Aussehen gibt.

[14.16] Wie sieht denn nun dieses Haus aus? Seht und erstaunt auch in eurem Inneren! Dieses Haus hat dem Äußeren nach das wunderbare Aussehen, als hätte dasselbe der allerkunstfertigste Juwelier überaus mannigfaltig wohlgeordnet mit den verschiedensten Sorten der edelsten Steine besetzt. Und da läuft eine Reihe herum, als wären es lauter Diamanten von einem Gewicht auf eines zu einem Pfund. Eine an diese sich anschließende Reihe besteht also wieder aus lauter Rubinen, von gleichem Gewicht. Eine andere wieder aus lauter Smaragden, und so weiter durch alle zwölf Stufen der Hauptedelsteine durch. Zwischen einer jeden solchen Stein-Bordüre ist ein freier Raum, der da aussieht wie ein breites, goldenes Band. In diesem Band sind in ganz erhabener Form die wunderschönsten Zeichnungen angebracht, welche gewisserart bildlich die ganze vorhergehende Summe der Tiergattungen getreulich abbilden, all deren Leben in dieser Schnecke vereinigt ist.

[14.17] Das Ende des Schneckenhauses schließt eine aufrechtstehende, aus klafterhohen kleinen Goldsäulen bestehende Galerie, welche so aussieht, als hätte um ein solches Rad oder um einen solchen Rundgrund ein geschickter Bildhauer ein solches Geländer angefertigt, dessen Stäbe künstlich verfertigte kleine Stangenschnecken wären, welche zuoberst mit lauter fein gewundenen Bögen verbunden wären. Die Stäbe sind nach der Art goldgefärbt, wie die Stangenschnecke selbst. Die gewundenen Bögen aber sind so gut und, Ich sage hier, besser als blankes, überaus fein poliertes Gold. Über einem jeden Bogen ist noch künstlich angebracht die Form in kleiner Gestalt von einer Pyramidenschnecke mit der ihr ureigentümlichen Farbe. Das Geländer wird nur an der Stelle der Ausmündung der Schnecke sukzessiv niederer und hört an der Stelle, da dieses Tier seine Hauptextremitäten von sich hinauszuschieben pflegt, ungefähr eine Stelle von fünf Klaftern lang unterbrochen, ganz auf.

[14.18] So sieht einmal die obere Fläche dieser Schnecke aus. Die Seitenwand, die da etwa, wie schon bemerkt wurde, bei drei Klafter dick, breit oder hoch ist, sieht geradeso aus wie eine rundgeführte Kolonnade von Säulen zu zwei Klaftern Länge. Die Säulen sind durchgehend blendend weiß und haben nicht etwa Postamente und Kapitäler, sondern sie gehen gerade von der unteren, vorspringenden Fläche zu der oberen empor. Der Hintergrund aber hinter den weißen Säulen ist also hell gefärbt und gleicht vollkommen einem Regenbogen. Der längliche Kanal oder vielmehr die längliche Mündung der Schnecke ist so vollkommen rot, wie bei euch manchesmal die Wolken im Abendrot, und hat auch zugleich ein eigenes phosphorisches Leuchten, welches besonders zur Nachtzeit sich nicht minder hell ausnimmt wie ein von der späten Sonne beleuchtetes Wölkchen.

[14.19] Wie sehen denn die Extremitäten aus? Diese Schnecke spannt da, einem schönen Pfauenfedern-Rad gleich, eine Art rundes Segel aus, welches ihr dann dazu dient, entweder, wenn da auf der Meeresfläche Winde wehen, dass sich diese darin wie in einem Segeltuch fangen und dann die Schnecke außerordentlich schnell über die Oberfläche des Wassers hintreiben. Ist aber Windstille, so fächert sie mit diesem großen Radsegeltuch so behände die Luft, dass sie sich dann auf diese Art ebenfalls sehr schnell über die Oberfläche des Meeres bewegen kann, welche Bewegung durch Hilfe der unteren, ins Wasser hinabreichenden Extremitäten außerordentlich beschleunigt wird.

[14.20] Dieses ausgespannte Rad sieht gar wunderbar schön aus. Seine Farbe ist blassviolett. Seine Verbrämung herum ist ganz glänzendrot wie also selbstleuchtend, wie Wölkchen in der Abendröte. Das ganze Rad ist regelmäßig in Fächer abgeteilt, davon ein jeder Fächer mit einer überaus wohlgelungenen Zeichnung einer Stangenschnecke geschmückt ist, jedoch mit der Spitze nach unten. Auf der rückwärtigen Seite aber ist dieser Fächer ganz ordnungsmäßig vom kleinsten bis zum größten gezeichnet mit den schon früher erwähnten Schwertkrebsen, welche da allesamt in der schönsten Goldkarminfarbe aufgetragen sind. Jeder Fächer am Rand bildet einen eigenen Bogen. Dieser Bogen ist nach vorne geziert mit einer getreuen Abzeichnung dieser Scheibenschnecke selbst und nach rückwärts auf einem hellblauen Grund mit der Pyramidenschnecke. Der äußere Rand nach rückwärts ist glänzendweiß und hat ebenfalls ein eigenes Leuchten, so wie der nach vorne, abendwölkchenrot eben mit einem eigenen Leuchten.

[14.21] Der lange Rüssel zum Atemholen ist eben auch vollkommen weiß, jedoch umwunden mit einem roten Band, in dessen Mitte kleine, blassgrüngoldene Sterne angebracht sind. Dieser Rüssel dient auch dieser Schnecke als ein Arm zum Fang ihrer Nahrung. Sie lebt von einer Art Meergras, welches sehr häufig nahe an den Ufern in dem Meer vorkommt. Auf diesem Gras kleben auch eine Menge kleiner Goldwürmchen, welche dieser Schnecke dann auch zu einer Mitnahrung dienen. Und durch solche Nahrung eignet sie sich dann schon auf eine mehr übernatürliche Weise das Leben aller vorhergehenden Tiergattungen an.

[14.22] Diese Schnecke hat auch dazu schon einen eigenen, starken Instinkt, aus welchem nicht selten so viel Klugheit heraussieht, dass es schon auf manchen anderen Ländern geschehen ist, dass ihr einige Menschen göttliche Verehrung erwiesen – was besonders daher zu rühren scheint, weil eben diese Schnecke, wenn sie nicht gereizt oder verfolgt wird, zufällig ins Meer gefallene Gegenstände, seien es Tiere oder Menschen oder was immer, vor dem Untergang rettet. Was sie da findet hilflos auf der Oberfläche des Wassers, ergreift sie sobald mit ihrem starken Rüssel, setzt es auf seine schöne und geräumige Scheibenfläche, segelt somit sobald an irgendein Ufer und setzt es alldort mit ihrem Rüssel ans trockene Land, aus welchem Grund dieses überaus schöne Wassertier von den Saturnusbewohnern in den verschiedenen Ländern auch ebenso verschiedene Namen hat. Einige nennen es den Meereskehrer, dieweil es nichts Schwimmendes auf der Meeresoberfläche vertragen kann, andere nennen es wieder den Lebensretter, andere wieder die Meeresleuchte, andere wieder das lebendige Schiff, andere wieder das Wunderrad – und so weiter hat dieses Tier noch eine Menge verschiedenartiger Benennungen.

[14.23] Dieses Tier hat außer dem Menschen beinahe keine Feinde und stirbt von selbst, wenn es sein gehöriges Alter erreicht hat. Allein wenn es stirbt, verliert das schöne Haus dann viel an seiner Pracht. Daher suchen es die Saturnusbewohner denn auch lebendig zu fangen, damit dadurch das schöne Haus von seiner Pracht nichts verlieren soll. Wenn das Tier dann getötet ist, so schwimmt es dann alsbald auf der Oberfläche des Meeres, und die Bewohner fliegen dann auch auf ihren Schiffen damit schnell nach irgendeinem Fluss ihrer Heimat zu. Wenn sie da angelangt sind, wird das Fleisch der Schnecke auf eine geschickte Art behutsam herausgezogen, so dass der Fächer nicht beschädigt wird. Diesen spannen sie dann, nachdem sie ihn vorher behutsam von dem anderen Körper der Schnecke abgelöst haben, sorgfältig aus. Und wenn er gehörig ausgetrocknet ist, wird er mit überaus wohlriechenden Ölen eingerieben, da er denn wieder dadurch sehr sanft und biegsam wird.

[14.24] Aus einem solchen Schneckenfächer machen sie dann eine Art Mantel – welche Mäntel aber jedoch nur jene Menschen auf diesem Planeten zu tragen pflegen, und vorzugsweise in diesem Land, welche ein gewisses patriarchalisches und familienväterliches Ansehen genießen. Ein solcher Fächer behält zwar alle seine Farben und Zeichnungen lebendig, nur das Selbstleuchten geht zugrunde.

[14.25] Das übrige Fleisch dieser Schnecke aber wird, da es beinahe aus lauter Fett besteht, ganz ausgesotten. Das Fett wird dann mit wohlriechenden Kräutern vermengt, woraus diese Saturnusmenschen dann eine außerordentlich köstliche Salbe bereiten, mit welcher sich nur der Patriarch zu salben pflegt.

[14.26] Was geschieht denn aber mit dem schönen Haus? Dieses Haus wird von den Saturnusbewohnern sehr behutsam ans Land gebracht und allda auf einem eigens dazu aufgeworfenen Erdwall nach der Fläche, oder wie ihr zu sagen pflegt, horizontal angefestigt, vorzugsweise in einem Garten eines oder des anderen Familienvaters, wo dann die Menschen sehr gerne darauf schauen oder manchesmal bei außerordentlichen Gelegenheiten sogar auf demselben herumgehen. Das Zweite jedoch geschieht, wie schon gesagt, zu äußerst seltenen Zeiten; denn ein solcher Patriarch hält da große Stücke auf eine solche Verzierung seines Gartens; indem hier der allfällige Reichtum nach nichts als der Pracht des Gartens bestimmt wird. Um diese Pracht aber zu erhöhen, wird gewöhnlich auf einer Seite dieser Scheibenschnecke die schon früher beschriebene Pyramidenschnecke aufgestellt. Und es geschieht da nicht selten, dass ein solcher Stammvater in seinem Garten in einer geraden Linie bei hundert von solchen Verzierungen aufzuweisen hat, d. h. von beiderlei Gattungen gleich viel.

[14.27] Hierzu brauche Ich hernach euch nichts weiteres mehr zu sagen als: Auch hier erweckt wieder ein wenig eure innere Phantasie und macht einen kleinen Spaziergang in einen solchen Garten, und ihr könnt sicher überzeugt sein, dass nicht nur ein Kaiser oder König auf eurer Erde, sondern alle zusammen, wie sie sind, nicht imstande wären, einen solchen Garten so prachtvoll zu verzieren und auszuschmücken. Denn da dürfte doch eine Diamantenreihe, mit welcher die Oberfläche dieses Schneckenhauses geziert sein soll, höher zu stehen kommen als bei euch ganze Kaisertümer; die anderen Edelsteine und das viele blanke Gold gar nicht gerechnet, wie auch noch die anderen vielen Herrlichkeiten dieser Gärten der Patriarchen im Saturnus.

[14.28] Die noch zwei übrigen Schnecken für das nächste Mal. Und daher für heute Amen.

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