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96. Des Herrn Wink zum vorsichtigen Handeln bei Unreifen. Chanchahs Liebe zum Herrn im Konflikt mit Chanchahs Liebe zum Lama

[96.1] Rede Ich: „Redet nur nicht zu andeutend! Wir drei hier wissen es, was wir sind und wer! Aber diese alle sind nun noch viel zu schwach, unsere Wirklichkeit zu ertragen. Daher müsst ihr bei euch recht sehr behutsam sein, so ihr mit Mir redet. Versteht es, liebe Brüder, wir sind gleich! Ich habe das euch nun in der Stille gesagt, dass diese von allem nichts vernommen haben; aber so wir drei vor allen laut reden, da sind wir alle gleich und sind eines. Versteht wohl, ihr wisst es schon, warum!“

[96.2] Spricht der Martin: „O Bruder, Du – Du – Du allergeliebtester Bruder, wir kapieren die Sache schon! Oh, ich werde da ja so aufpassen wie die Katze auf eine Maus, dass ich mich ja nicht irgendwo verrede. Nur musst Du schon noch ein bisschen Geduld mit mir haben, so mir manchmal etwas Dummes herausrutscht. Ich komme mir manchmal wohl schon recht weise vor; aber weißt Du, wenn Du da bist, da kommt mir meine Weisheit aber schon so dumm vor, dass ich mich gerade selbst aus vollem Halse auslachen könnte. Aber mich freut es dennoch, dass ich es – freilich mit Deiner alleinigen Hilfe nur – so weit gebracht habe, wenigstens manchmal etwas Weises hervorzubringen.“

[96.3] Rede Ich: „Ganz gut, lieber Bruder Martin, bleibe du nur, wie du bist, denn gerade so bist du Mir am angenehmsten. Denn siehe, ein rechter Humor des Herzens darf auch in allen Himmeln nicht fehlen; aber nun müssen wir schon unserer Chanchah wieder unsere Aufmerksamkeit widmen. Martin und Borem, hebt sie auf vor Meinen Füßen, denn Ich darf sie mit Meinen Händen noch nicht berühren!“

[96.4] Die beiden tun nun behände, was Ich ihnen geboten, und die Chanchah steht nun noch ganz liebetrunken in unserer Mitte und kann sich kaum fassen, um ihre Gefühle in Worte umzugestalten.

[96.5] Der Martin spricht dabei: „Aber wie sie in dieser wahrsten Liebetrunkenheit schön ist! Wahrlich, sapperment, wenn eine solche auf der Erde zu sehen wäre, ich glaube, die Menschen würden geradewegs rasend ob dem Anblick solcher Fülle weiblicher Reize!

[96.6] Über mich aber wundere ich mich nun sehr, dass ich eine so außerordentliche Schönheit zwar wohl mit dem größten Wohlgefallen, aber ohne alle sinnliche Begierde ansehen kann, was bei mir – wie Figura der Merkurianerin und der noch früheren Lämmerherde hinreichend bewiesen hat – ehedem nicht der Fall war.

[96.7] Es hat zwar die Berührung dieses weichsten und rundesten Armes mir überaus wohlgetan; aber nichtsdestoweniger habe ich dabei irgend von einer sinnlichen Regung etwas verspürt. Dafür kann ich nur, Du weißt es schon wem, über alle Maßen ewig danken und Ihn preisen ohne Ende!

[96.8] (Sich zu Chanchah wendend:) Wie ist dir nun, du allerholdeste Einwohnerin dieses meines vom großen, heiligen, liebevollsten Lama für ewig mir gegebenen Hauses? O rede, rede wieder! Siehe, wir alle haben dich ja überaus sehr lieb und deine schönsten Worte erfreuen ungemein unser aller Herz!“

[96.9] Spricht die Chanchah: „Ach, mir ist unendlich wohl! O ihr lieben himmlischen Freunde, ihr Diener Lamas, des Heiligen! Wem solle es in eurer Mitte nicht endlos wohlgehen? Ist ja doch die Liebe des menschlichen Herzens höchstes Gut. So aber ein Herz Liebe, wie diese hier gefunden, und wie ich sie hier fand, was solle da wohl noch übrig sein zu wünschen, und welch höhere Seligkeit als die, welche die Liebe gibt? O Freund, mir ist hier endlos wohl!

[96.10] Aber nicht wahr, ihr liebsten Freunde, ich werde euch doch wohl etwa nimmer verlassen dürfen? Freilich fühle ich es wohl, dass ich euer nicht wert bin, da ich wohl noch eine Menge Makel an mir entdecke trotz dieses herrlichsten Kleides. Aber mein Herz liebt euch und – ich gestehe ja alles gerne – besonders dich, der du mir deinen Namen nicht sagen wolltest. Und ihr werdet ja dies Herz nicht verstoßen, darum es euch, und besonders dich Namenlosen, so unaussprechlich liebt!“

[96.11] Rede Ich: „O ewig nimmer wirst du von uns entfernt werden! Denn siehe, aller Himmel Grund ist die Liebe, und die Liebe ist auch der Himmel aller Himmel selbst. Wer diese, wie du, in solch großem Vollmaß hat, wie solle der aus dem verbannt werden können, das da ist sein eigen Wesen? Solche Liebe aber wie da ist die deinige zu uns nun, tilgt auch alle Makel der Seele augenblicklich, dass sie dann so rein ist, als wäre sie soeben dem Hauch Lamas entsprossen!

[96.12] Daher kümmere dich fürder nimmer, ob du wohl hier wirst verbleiben dürfen, sondern denke, dass wir dich ewig als ein besonderes Gärtchen unserer Liebe behalten werden, wohin wir auch zeitweilig nach den zahllosfältig verschiedenen Bedürfnissen dieses Reiches zögen. Ob wir gerade schon für ewig hier in diesem Haus verbleiben werden, das freilich wohl musst du nicht als eine ausgemachte Sache betrachten. Denn in des großen Lama Reich gibt es wohl noch gar sehr viele Wohnungen! Aber wohin wir auch zögen, wirst du stets so wie jetzt unter uns sein!

[96.13] Denn siehe, wir lieben dich nun ja auch so sehr, als wärst du das einzige Wesen in der ganzen Unendlichkeit, das mit allem Recht auf unsere vollste Liebe den entschiedensten Anspruch machen kann. Da wir dich, und verstehst du, holdeste Chanchah, ganz besonders Ich, dich so sehr lieben, wie möglich könnten wir dich von uns lassen? Du bist nun Mein Liebchen für ewig; das sei dir sicherer und gewisser denn dein eigen Leben!“

[96.14] Spricht die Chanchah: „O Lama, Lama, wie heilig gut musst Du sein, da Deine Diener schon so unendlich gut und lieb sind!? Aber, ach, du lieber Freund du, weißt du, wenn ich dich so recht betrachte, so – ach, es will doch nicht heraus! – ja, ach, ach, so kommt es mir vor, als wenn der Lama unmöglich besser sein könnte, als wie du es bist! Es wird das wohl vielleicht der einzige Fehler sein, den die Liebe hat, dass sie das, was sie einmal über alles liebt, auch für das Beste und Vollkommenste hält? Also halte ich auch dich, wohlgemerkt, wenigstens für so gut wie den großen Lama Selbst! Lama wird der armen Chanchah wohl vergeben, wenn sie solches denkt und fühlt?! Denn ich kann ja nicht darum, dass ich dich so unbegrenzt lieben muss!“

[96.15] Rede Ich: „O Chanchah, Lama hat dir schon längst alles vergeben, des sei du vollends gewiss. Denn Lama liebt ja auch Seine Diener so unbegrenzt, dass es Ihm wohl Selbst die größte Freude und Seligkeit macht, wenn sich Seine Kinder, die Seine eigentlichen Diener sind, untereinander ganz ohne Maß und Ziel lieben. Daher fürchte du dich ja nicht, als könntest du dich mit deiner Liebe zu Mir beim Lama versündigen. Dafür stehe ich dir mit allen Schätzen der Himmel gut!“

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Bischof Martin

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