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52. Vom Segen des Lichtes Swedenborgs. Lüsternheit und Hochmut in Martin regen sich wieder. Weise Lehre der Merukianerin und scharfe Mahnung Borems

[52.1] Nach diesen Worten verlasse Ich sichtlich den Bischof Martin sehr plötzlich und an Meiner Stelle steht schon ein anderer Engelsgeist, und zwar der des uns schon bekannten Buchhändlers, der unterdessen an der Seite Petri große Fortschritte gemacht hat, wozu ihm freilich die Bekanntschaft mit den geoffenbarten Schriften Swedenborgs einen großen Vorschub geleistet hat.

[52.2] Als unser Bischof Martin an Meiner Stelle den ihm wohlerkennbaren Buchhändler erblickt, da verwundert er sich groß und spricht sogleich, wie da folgt, also eben zum Buchhändler: „Oho, oho, oho! Wieso denn!? Bist etwa gar du mein künftiger Führer? Nein, da hätte ich mir auch eher den Tod im Himmel hier eingebildet, als dass du mein Führer werden würdest! Ah, ah, das ist denn doch ein wenig zu stark! Zuvor der Herr Selbst – und nun du? Das wird sich etwa doch so reimen, als früher die Sonne und nachher der Hintern!

[52.3] Hahaha, das ist ja doch rein zum Lachen! Du, ein Buchhändler, mein Führer! Hahaha, das ist denn doch ein wenig zu stark! Ein elender Buchhändler soll einem einstmaligen Bischof, einem Gottesgelehrten, den Wegweiser durch alle Himmel machen? Nein, nein, das geht auf keinen Fall! Mein Freund, gehe, wie du gekommen bist; denn dir werde ich in gar keinem Fall irgendwohin folgen!

[52.4] Ich hätte mir nichts daraus gemacht, so der Herr mir auch den nächsten besten Gassenjungen zum Gesellschafter und Führer gesandt hätte. Aber dich, und gerade dich, der du in alle meine Lumpereien eingeweiht bist – das kann ich auf keinen Fall dulden! Entweder gehst du oder ich, was mir ziemlich einerlei ist. Ich überlasse dir recht gerne dieses Gedankenhaus, das sicher keine Beständigkeit hat, weil mir dessen ganze Einrichtung überaus verdächtig vorkommt.

[52.5] Was dieser Saal enthält, das siehst du – wenn du überhaupt das sehen kannst, was ich sehe. Denn so weit habe ich es in dieser chimärischen Welt schon gebracht, dass da zwei Menschen nebeneinander ein und dasselbe Ding ganz anders aussehend erschauen können. Wo der eine einen Esel sieht, da sieht sein Kamerad entweder einen Ochsen oder gar einen Weisen. Oder wo der eine Licht erschaut, da erschaut sein Gefährte Finsternis.

[52.6] Daraus aber kann ein gescheiter Kampel [Kerl], wie ich einer zu sein die Ehre habe, für allzeit den Schluss ziehen, dass diese himmlische Welt, wie ich sie nun erkenne, eine sehr dumme und gar nichts sagende und nichts heißende Welt ist. Sie ist ein pures traumähnliches Sinnentrugwerk, an dem nicht die leiseste Konsistenz haftet!

[52.7] Darum werde ich auch gehn, wohin es geht! Du weiser Bücherstaubschlucker aber kannst an meiner statt bei allen diesen zwölf Türen hinaus die höhere Astronomie studieren und dich dabei in eine schöne Merkurianerin verlieben oder gar in eine schönste Sonnenbewohnerin – vorausgesetzt, dass du mit deinen Augen auch das erschauen kannst, was da ich erschaut habe! Lebe wohl und tue, was du willst. Ich aber gehe und werde mir einen Ort suchen, der mehr Konsistenz hat als dieser astronomische Saal!“

[52.8] Nach diesen Worten will der Bischof Martin gehen. Aber der Buchhändler hindert ihn daran durch folgende gute Rede: „Bruder, Freund! Aber sehe, sehe, wie läppisch und überaus närrisch du bist! Waren wir denn auf der Erde nicht stets die intimsten und vertrautesten Freunde? Wusste ich dort nicht um alle deine Stückel und Stückelchen? Wann aber habe ich dich je gegen jemanden verraten? Habe ich’s dort nicht getan, um wie viel weniger werde ich es hier im Himmelreich tun, wo der Herr dich ohnehin Millionen Mal besser kennt, als ich dich je kennen werde! Was hältst du dich aber darum auf und bist voll Ärger, als hätte der Meister der Ewigkeit mich dir zu einem Führer gegeben?

[52.9] Siehe, da bist du in einer großen Irre! Ich kam zu dir nur, dir Gesellschaft zu leisten und dir ein Diener und Knecht in allem zu sein. Wie aber einst du das wie gerade und krumm untereinander? Ich will nur von dir, der du nun an der Seite des Herrn schon sicher die größten Erfahrungen wirst gemacht haben, etwas lernen; nicht aber, dass du von mir etwas annehmen sollst. Wenn sich die Sache aber ganz bestimmt so verhält, wie kannst du nun so auffahren bei meinem Erscheinen an deiner Seite?!

[52.10] Bleibe du nur ganz ruhig in diesem deinem Besitz, der sicher konsistenter ist, als es du wähnst, und betrachte mich als das, als was ich zu dir komme, und nicht als etwas, das du – gegen den Herrn im höchsten Grad undankbar – von mir dir selbst vorfaselst, so werden wir beide uns hoffentlich sehr wohl und freundlichst vertragen können!“

[52.11] Bischof Martin ist nun ganz stumm und weiß nicht, was er darauf dem Buchhändler erwidern soll. Er geht darum zur Merkurtür und sucht sich da zu sammeln und zu fassen.

[52.12] Als er bei der Merkurtür ankommt, erschaut er sogleich eine Menge Menschen beiderlei Geschlechts als Bewohner ebendieses Planeten, und unter ihnen jene ihm noch wohlbekannte Schöne, die ihm schon beim ersten Besuch dieses Planeten stark in die Augen und ins Herz gefallen ist. Als er diese erschaut, vergisst er sogleich seinen Gesellschafter, den wir nun ‚Borem‘ nennen wollen, und geht durch die Tür sogleich ihr zu [entgegen].

[52.13] Als er in ihre Sphäre tritt, da wird auch sie seiner ansichtig und spricht zu ihm: „Ich kenne dich und liebe dich, wie dich auch wir alle lieben als unseren Gebieter. Aber dennoch entdecke ich etwas in dir, das mir und uns allen nicht gefällt, und dieses Etwas ist fleischliche Gier in dir. Diese musst du aus dir schaffen, ansonsten du dich mir wie uns allen nimmer nähern dürftest.

[52.14] Solches sage ich dir aber, weil ich dich liebe und weil ich glaube, dass auch du mich liebst und uns alle, die wir alle durch dich glücklich zu werden hoffen, so du wirst, wie du sein sollst. Wirst du aber das nicht, da freilich werden wir dir genommen und einem Würdigeren gegeben werden.

[52.15] Lasse dich darum nicht verblenden durch meine Reize und wandle der Ordnung jenes allerhöchsten Geistes Gottes gemäß, dessen ewig endlose Weisheit dich und mich so schön gestaltet hat.

[52.16] Siehe, auch du bist für mich unbegreiflich schön. Es leuchtet aus dir eine Majestät des allerhöchsten Gottgeistes. Aber dennoch muss ich mich bezähmen und muss dich fliehen, sobald ich merke, dass mein Abbild in dir zu erglühen anfängt.

[52.17] Tue du desgleichen, solange du nicht die volle göttliche Festigkeit hast. Wenn du aber diese haben wirst, dann auch wirst du mich und uns alle haben können in der Fülle aller göttlich-himmlischen Lust.

[52.18] Überhaupt aber merke dir: Das, was du hier haben möchtest, das fliehe, so wirst du es erhalten. So du es aber fliehst, da fliehe es aus Liebe und nicht aus Abscheu! Denn also fliehe auch ich dich, weil ich dich übermäßig liebe.

[52.19] Gehe und tue also, und du sollst dafür in dieser für dich hoch aufwallenden Brust einen ewigen süßesten Dank finden; ach, einen Dank, dessen Süße dir jetzt noch völlig fremd ist!“

[52.20] Nach diesen Worten tritt die schöne Merkurianerin zurück und entfaltet so erst recht sichtlich ihre rein himmlische Anmut und Schönheit, die unseren Bischof Martin ganz zusammensinken macht.

[52.21] Lange hockt er da am Boden ganz stumm und nahe auch ganz gedankenlos und erhebt sich erst wieder, als Borem zu ihm kommt, ihm auf die Achsel klopft und spricht:

[52.22] [Borem:] „Aber, Bruder Martin, was ist dir denn widerfahren? Hat dich etwa gar jene holde Merkurianerin so sehr verzaubert, dass du darum nun ganz schwach und förmlich ohnmächtig bist? Oder ist dir sonst was zugestoßen?“

[52.23] Spricht Bischof Martin ganz ärgerlich: „Eh – hol dich, wer dich will! Hab’ ich dich denn gerufen? Was kommst du denn, so du mein Knecht bist und ich dein Herr, wenn ich dich nicht rufe! Für künftig hin merke dir das und komme erst, wenn du gerufen wirst; sonst kannst du gehen, von wannen du gekommen bist!“

[52.24] Spricht wieder der Borem: „Höre, Freund, so darfst du mit mir nicht handeln, sonst könnte es noch sehr leicht geschehen, dass der Herr, der mit dir eine namenlose Geduld hat, dir noch zeigen würde, wie dem Seine Schärfe schmeckt, der Seine Milde, wie du nun, gerade mit Füßen zu treten anfängt! Erhebe dich darum und folge mir im Namen des Herrn und auch im Namen dieser weisen himmlischen Jungfrau, die dir soeben eine sehr weise Lehre gegeben hat, sonst dürfte es dich bald sehr zu gereuen anfangen!

[52.25] Bedenke, welche namenlosesten Gnaden dir der Herr bisher seit deiner letzten Weltstunde hat angedeihen lassen, welche weisesten Lehren du von allen Seiten schon erlangt hast und wie wenig sie in dir noch irgendeine himmlische Frucht bewirkt haben, und werde endlich einmal ein anderes Wesen! Sonst, wie gesagt, sollst du empfinden, wie da dem Hartnäckigen schmeckt die Schärfe des Herrn, der Seine Milde mit Füßen zu treten anfängt! Denn wisse, der Herr lässt mit Sich eben gar zu lange nicht spaßen! Darum erhebe dich und folge mir in den Saal zurück!“

[52.26] Der Bischof Martin richtet sich nun auf und spricht voll Ärger: „Aha, aha, aha! Nun kommt es schon heraus, was du für ein Gesellschafter und was für ein Knecht du mir bist! Bedanke mich für so einen Gesellschafter, für solch einen Knecht! Du bist mir ja nur zu einem Zuchtmeister und nicht zu einem Gesellschafter und Knecht gegeben worden – und dafür bedanke ich mich! Bleibe du daher hier und tue, was du willst; ich aber werde auch gehen und sehen, ob ich ohne deine Einsprache nicht auch Gutes zu tun vermag!

[52.27] Das ist ja doch ärgerlich, überärgerlich: Ich, ein Bischof, also ein Apostel Jesu Christi, soll mich von einem lausigen Lumpen von einem Buchmakler hofmeistern und führen lassen!? Nein, das ist zu arg! Gehe, gehe mir aus den Augen, sonst zwingst du mich, dass ich mich an dir vergreife! Ich habe dich zwar leider aus den Flammen gerettet und war dir gut; aber nun reut es mich gewaltig, dass ich dir je was Gutes erwies! Kurz und gut, du bist mir nun ein Dorn in meinen Augen, darum du nun schon besser bist als ich und bist mir darum zu einem Hof- und Zuchtmeister nun gegeben!

[52.28] Man hört hier nichts als von der himmlischen Freiheit! Das ist mir eine schöne Freiheit, wo man nicht einmal zur Tür seines Hauses hinausblicken darf, ohne einen Zuchtmeister an der Seite zu haben! Geh und schau, dass dir diese himmlische Freiheit nicht gestohlen wird! Drohen auch noch dazu! Das geht ja vortrefflich, charmant, charmant! Also kann man auch noch im Himmel gezüchtigt werden! Nicht übel, nicht übel, das macht sich!

[52.29] Hast schon etwa gar so einen himmlischen Zuchttremel [Zuchtrute] unter deiner himmlischen Toga bei dir versteckt, um im nächsten Augenblick auf mich loszudreschen anzufangen?! Kannst ja dein Glück versuchen! Wirst wohl sehen, wie viel sich in einen Bischof hinein- oder herausdreschen lässt!

[52.30] Meinst du Esel von einem Himmelsbewohner denn, ich fürchte mich vor irgendeiner Strafe? Versuche es nur einmal, und du wirst dich gleich überzeugen, welch einen geringen Respekt sie mir einflößen wird! Will der Herr mich aber durch Strafe besser machen als ich bin, so soll Er tun, wie es Ihm beliebt. Ich aber werde auch sein, wie ich werde wollen, solange ich wollen kann, was ich will! Ich kenne wohl, was das heißt, dem Herrn Trotz bieten, und kenne Seine Macht. Aber ich kann auch die Größe eines solchen Geistes nicht genug anstaunen, der den Mut hat, dem Herrn Trotz zu bieten!“

[52.31] Spricht Borem: „Freund, ich kam im Auftrag des Herrn zu dir, so sanft wie ein Lamm, habe dir nie nur im Geringsten etwas zuleide getan, weder in der Welt und noch viel weniger hier; und du empfingst mich aber gleich auf eine Weise, wie auf der Welt kein Herrscher den geringsten seiner Sklaven empfängt! Sage, ist das weise oder ist das liebreich, wie es im Himmel sein soll? So der Herr aber für gut fand, mich zu dir zu bescheiden – bist du denn nun besser und weiser als der Herr, der allein mich zu dir beschieden hat?!

[52.32] Siehe, der Herr sieht deine fleischliche Gier in dir und hinter derselben einen großen Hochmut gegen jedermann, der dir in deiner ekelhaftesten Brunst begegnen möchte! Daher hat Er mich zu dir gesandt, auf dass dein Hochmut endlich einmal herauskäme und mit ihm deine stets steigende fleischliche Weibergier. Du aber empfängst mich wie ein barster Höllenbewohner und scheinst dich wenig zu kümmern um den Herrn, der dich so überselig machen will! Wahrlich, so du dabei beharren wirst, so wirst du für solche Güte des Herrn bald desto mehr Gericht empfangen, je hartnäckiger du Ihm entgegenkommen wirst!

[52.33] Ich aber verlasse dich nun, da ich sehe, dass du mich hasst, ohne dass ich dir dazu nur den geringsten Anlass gegeben habe. Der Herr aber tue dir nach Seiner Liebe, Erbarmung und Gerechtigkeit!“

[52.34] Als Borem gehen will, da ergreift ihn Bischof Martin freundlich und bittet ihn, zu bleiben, da er mit ihm sich wieder aussöhnen möchte und dann reden mit ihm über große Dinge; und Borem bleibt nach dem Wunsch des Bischof Martin.

[52.35] Borem harrt eine Weile auf eine weitere Äußerung des Bischof Martin. Aber dieser studiert aus allen seinen Lebenswinkeln zusammen, wie er nun dem Borem ganz unwiderlegbar begegnen könnte und ihn dann für sich gewinnen, und das wegen obbesagter Schlichtung großer Dinge, deren er dem Borem schon früher erwähnt habe.

[52.36] Borem aber durchschaut ihn und fängt folgendermaßen mit ihm das Wort zu führen an, sagend: „Freund Martin, ich sage dir im Namen des Herrn Jesu Christi, der da ist der einige Herr Himmels und aller anderen Schöpfung in der ganzen Unendlichkeit, mache dir keine vergebliche Mühe; denn siehe, ich durchschaue dich haarklein!

[52.37] Siehe, so wie du jetzt dir’s zusammendenkst, so denken alle rein höllischen Geister, die wir allesamt ‚Teufel‘ nennen! Wahrlich, mit derlei großen Dingen – die aber bei mir ganz ungeheuer scheußlich klein sind – komme mir ja nicht, sonst könnte dir dein Plan sehr übel zustattenkommen!

[52.38] Sage mir, auf wie lange hast du dir denn vorgenommen, dem Herrn zu widerstreben in deinem Herzen? Sage mir das ganz unverhohlen, damit ich mich danach richten kann! Denn glaube es mir: So sehr ewig konsistent auch das alles ist, was du hier siehst, so aber kannst du dennoch plötzlich dich auf einem Ort befinden, der dir eben nicht so angenehm wie dieser hier vorkommen dürfte. Denn ich habe vom Herrn den bestimmten Auftrag, mit dir von nun an keine Schonung mehr zu haben, indem in dir das Feuer der Unzucht und der Herrschsucht aufgetaucht ist!

[52.39] Rede nun also aus dir frei heraus ohne Hinterhalt, was du nun tun willst! Rede aber die volle Wahrheit! Denn ich sage dir im Namen des Herrn: Jeder lügenhafte Gedanke in dir wird von mir schnellst erkannt werden und wird mit meiner Entfernung von dir bestraft werden, und zwar durch die plötzliche Abnahme alles dessen, was du jetzt noch dein nennen darfst! Bedenke dieses und rede dann wahr, was du nun tun willst; willst du mir folgen oder nicht folgen?“

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