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41. Die Herrlichkeiten des Mars. Martins geistige Ermattung und törichter Wunsch. Die Rüge des Herrn

[41.1] Ich rede weiter und sage: „Wir sind nun schon am offenen Eingang der 4. Tür. Was siehst du hier und wie gefällt es dir?“

[41.2] Spricht Bischof Martin etwas kleinlaut: „Herr, ich habe weder Mut noch Zunge genug, diese erhöhte Pracht in ihrer Größe, Tiefe und anmutigsten Majestät gebührend würdigst zu schildern. Was ich dabei jedoch nach meinem Gefühl zu bemerken habe, ist: Dass hier in allem Ernst für mich nun des Guten zu viel ist! Ich werde nun schon förmlich stumpf ob des steten Wachstums dieser nahe mehr als himmlischen Schönheiten – besonders jener, die hier in sichtbar weibmenschlich-himmlischer Gestaltung in einer wahren Unzahl vorkommen!

[41.3] Wie viele Millionen sind denn wohl in einem solchen Seitenkabinett, das eigentlich eine ganze Welt ist, beisammen? Es wimmelt ja alles von diesen Wesen, wohin und wie weit das Auge nur immer reichen kann. Dazu kommen noch die tausend und abermaltausend der allerzierlichsten Hütten und Tempel und Gärten und Haine und eine Menge von kleinen Berglein, die wie mit den schönsten grünen Samtteppichen bedeckt zu sein scheinen.

[41.4] Siehe, Herr, es ist zu viel; ich fasse es nimmer und werde es auch ewig nimmer vollends erfassen können! Daher lasse ab, o Herr, mir die weiteren, noch größeren Herrlichkeiten zu zeigen; denn wahrlich, mir sind schon die bisher geschauten für die Ewigkeit zu viel!

[41.5] Was brauche ich auch alles das? So ich Dich habe und noch einen sonstigen Freund, der bei mir unter einem Dach wohnt und bleibt, so Du manchmal verziehst, da habe ich für die ganze Ewigkeit genug. Es mögen jene an solchen Erhabenheiten Freude haben, denen ihr Gewissen sagt, dass sie rein sind und darum würdig und auch fähig, solche Himmelsgüter zu besitzen. Ich aber, der ich nur noch zu gut weiß, was mir gebührt, bin zufrieden mit der einfachsten Strohhütte und mit der Erlaubnis, Dich, o Herr, in Deinem Haus besuchen zu dürfen und manchmal auch ein Stückchen Brot und ein Schlückchen Wein von Dir, Du bester Vater, zu bekommen!

[41.6] Dieses Prachthaus aber gib ohne weiteres wem andern, der fähiger und würdiger ist, es zu besitzen, als ich; denn mit mir ist da nichts. Tue, Herr, was Du willst! Ich gehe, wenn ich frei wollen darf, zu keiner Tür mehr weiter.

[41.7] Oh, wenn ich mich erst aller dieser Wesen bedienen soll, wo käme ich da hin mit meiner Dummheit! Daher bitte ich Dich, o Herr, lasse ab, mich hierin weiter zu führen! Gib mir einen Schweinestall, wie er auf Erden besteht, und ich werde mich glücklicher fühlen!“

[41.8] Rede Ich: „Höre, Mein lieber Martin, so du es besser verstehst, wie jemand zu gehen hat, um ein vollkommener Himmelsbürger zu werden, so kannst es ja haben, wie du es wünschst. Aber da sei auch versichert, dass du ewig nimmer weiterkommen wirst. Setzt du aber auf Mich mehr Vertrauen als auf deine Blindheit, da tue, was Ich will – und nicht, was du willst!

[41.9] Meinst du denn, Ich habe Meine Kinder bloß nur fürs Hüttenhocken und fürs Brotessen und Weintrinken erschaffen? O sieh, da irrst du dich gewaltigst! Hast du denn nicht gelesen, wie es geschrieben steht und also lautet: ‚Werdet vollkommen, wie euer Vater im Himmel vollkommen ist!‘ Meinst du wohl, dass sich die erforderliche Vollkommenheit Meiner Kinder in einem Schweinestall erreichen lässt?

[41.10] Oder hast du auf Erden nie erlebt, wie die Kinder der irdischen Eltern auch lieber müßig wären und sich mit ihren losen Spielereien beschäftigten, als dass sie sich an das Erlernen ihrer einstigen Berufskenntnisse wenden müssen? Oder hast du auf der Welt nicht stets eine Menge solcher Menschen gesehen, denen der Müßiggang über alles ist?

[41.11] Siehe, zu dieser Gattung gehörst auch du und hast nun eine Scheu vor dem Vielen, was deiner hier harrt. Und zum Teil aber möchtest du Mir auch so ganz höflich ein wenig trotzen, darum Ich dir vorher den Aberwitz deiner eitlen Frage verwies.

[41.12] Allein das alles taugt nicht für den, dem Ich schon so viel Gnade, Liebe und Erbarmung erwies und nun noch fort erweise. Siehe, was vielen Millionen nicht geschieht, das geschieht dir. Millionen sind glücklich bloß in der Anwartschaft, Mich einmal zu erschauen und werden geführt von ganz geringen Schutzgeistern zu dem seligsten Behuf. Dich aber führe Ich Selbst – Ich, der ewige Gott und Vater aller Unendlichkeit! Und dir wäre ein freigewählter Schweinestall lieber, als was Ich dir geben will und dich befähigen für die größte Seligkeit? Sage Mir, wie gefällt dir nun ein solch löblicher Wunsch?“

[41.13] Spricht der Bischof Martin ganz verdutzt: „O Herr, o Du ewig heiligster, bester Vater, habe Geduld mit mir! Ich bin ja ein Vieh, ein wahrer dümmster Saukerl, der nicht des kleinsten Strahles Deiner Gnade wert ist! Oh, nun führe mich Du allein, guter Vater, wohin Du willst, und ich werde Dir folgen, wenn auch dumm wie ein Fisch. Aber folgen werde ich Dir ewig ohne alles eselhafte Bedenken!“

[41.14] Sage Ich: „Nun denn, so folge Mir von dieser Marstür zur Jupitertür Nr. 5! Es sei, und es geschehe!“

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