[170.1] Schnell eilen auf das sogleich erfolgte Geheiß des Weisen nach allen Richtungen Boten hinaus, um zu rufen Tausende und abermals Tausende, dass sie hierher kommen sollen zu der großen Verkündung einer neuen Lehre, welche auf dieser Welt noch bisher niemals ist gehört worden.
[170.2] Wie die Sturmwinde fliehen und die Wolken vor sich hertreiben, so fliehen die Boten in der großen Gemeinde umher und rufen wie atemlos die Bewohner mit ihnen willigst zu ziehen hin in die Wohnung, in die da stets bei großen Gelegenheiten der Weise Uhron pflegt zu kommen, um den Menschen aus der Höhe der Höhen neue Wege der Weisheit zu verkünden.
[170.3] Die Völker der Gemeinde, solchen Ruf vernehmend, eilen den mächtigsten Stürmen gleich, dem bezeichneten Wohnhaus zu. Denn jeden trägt die zu große Gierde wie auf Adlers Fittichen förmlich durch die Lüfte, und es ist ein Strömen und ein Wogen hin, wo das Höchste ihrer harrt.
[170.4] Martin vernimmt wie ein großes Sausen und Brausen, und wie ein Rollen des Donners schon um das Haus, und fragt Mich: „Herr, Vater, woher dies Getöse? Es kommt näher und näher und wird heftiger von Augenblick zu Augenblick!“
[170.5] Antworte Ich: „Weißt du denn noch nicht, dass dort die Anziehung am stärksten wirkt, wo der Grundmagnet sich befindet? Siehe, dies Getöse kommt vom schnellen Herannahen der Menschen dieser großen Erde her, weil sie alle es ahnen, was ihnen hier zuteilwird. Schon umlagern sie dies Haus, und siehe durch die vier Tore hinaus, welch unabsehbare Massen sich herzudrängen! Alle, alle kommen, zu vernehmen die Worte des Herrn des Lebens und des Todes.
[170.6] Siehe, da wird unsere Arbeit schon etwas stärker werden, als du sie irgend bis hierher verkostet hast! Aber mache dir nichts draus; denn ist die Arbeit auch groß, so haben wir aber ja auch mehr als hinreichend Kraft und Macht dazu! Oder meinst du etwa, wir werden da mit unserer Kraft nicht auslangen, weil du so ängstlich die heranziehenden Massen betrachtest?“
[170.7] Spricht Martin: „O Herr, das wäre wohl eine höchst blinde Meinung von meiner Seite, aber ich denke nur, wie uns alle diese zahllosen Wesen vernehmen werden? Hier im Haus – ob es auch schon sehr mächtig groß ist – werden sie ja doch unmöglich können untergebracht werden. Denn ich sehe wie auf der Erde ja viele Meilen weit hinaus, und siehe, der ganze weite Umkreis ist gedrängt voll! Gehen wir aber aus dem Haus ins Freie, da werden uns auch nur die nächsten wenigen vernehmen, und alle anderen werden unser nicht einmal ansichtig werden. Wahrlich, diese schauderhafte Masse zu belehren, das wird eine schöne Arbeit abgeben!“
[170.8] Rede Ich: „Nicht also, Mein lieber Martin; die Sache geht hier ganz anders! Wir werden hier nur mit den Nächsten, und zwar hauptsächlich mit dem Uhron verhandeln, und dieser wird es durch eigene Zeichen im Augenblick allen anderen wie durch einen sogenannten Telegraphen kundgeben.
[170.9] Aber es kommt hier wieder zuerst an dich! Du wirst die erste Predigt halten, dann Petrus und Johannes, und endlich Ich Selbst. Aber Ich sage dir, jetzt nehme dich zusammen, denn es wird hier viel Wetters geben, sehe, dass du nicht gestört werdest! Aber nun gedulde dich noch ein wenig; so Ich dir ein Zeichen geben werde, da beginne deine Predigt! Also sei es!“
[170.10] Spricht der Martin wie bei sich: „Ja, ja, o Herr, Du hast leicht zu sagen: ‚Es sei!‘ Aber ich, ich, ich, ich – das ist ganz etwas anderes! Ich soll jetzt diesen Millionen Menschen, die sicher ebenso weise, wo nicht weiser als ich sind, eine Predigt halten? Und das im Angesicht des Herrn, des Petrus und des ungeheuer tiefsinnigen Johannes! Das wird sich machen, und das unter allerlei Stürmen und Wettern, das wird sich noch besser machen! Dabei werde ich einen Bock um den anderen machen, das wird sich gar besonders gut machen! Dann werde ich weidlich ausgelacht und ausgemacht werden – oh, das wird sich dann ganz verzweifelt überaus gut machen!
[170.11] Zwar habe ich wohl schon öfter allerlei dumme, und manchmal wohl auch etwas gescheitere Reden gehalten in Gegenwart des Herrn sowohl wie in Gegenwart des Petrus und Johannes. Aber da waren nicht Millionen oder gar Trillionen Zuhörer, die sämtlich weiser sind als ich. Aber hier, hier, wo es nur wimmelt und wimmelt, da hat die Sache ein ganz anderes Gesicht.
[170.12] Das ganze Haus ist schon gesteckt voll. Man kennt sich gar nicht mehr aus, was da Männchen oder Weibchen ist. Tausend unbegreiflich schönste Wesen glotzen mich mit ihren großen feurigen Augen an und scheinen in der höchsten Spannung zu sein, über das, was ich vortragen werde. Oh, das wird sich machen; das wird sich sehr machen! Mir ist noch keine Silbe bekannt, was ich zu ihnen reden soll, und sie reißen schon alle Augen, Ohren und Mund auf, soweit sie nur können, um meine Weisheit – oder was – zu vernehmen! Oh, die werden staunen über meine Weisheit!
[170.13] Wenn der Herr mich jetzt sitzen lässt und mir nicht jedes Wort in den Mund legt, so werde ich nun in eine Soße kommen, wie ich mich bis jetzt noch in keiner befunden habe! Ich passe schon immer auf das Zeichen vom Herrn, aber Ihm allein sei Dank, dass bisher noch keines erfolgt ist. Vielleicht wird es etwa doch noch unterwegs verbleiben? Oh, wenn es nur für mich ganz ewig bliebe! Aber es wird sicher nicht! Der Herr macht schon eine Miene, als ob Er sagen wollte: ‚Martin, nun mache dich gefasst!‘
[170.14] Aber horch, horch – ich höre ja wie ferne Harmonien. Ich höre Gesang, gar wunderherrlichsten Gesang! Das tönt wie Orgeltöne und wie Stimmen reinster Sängerkehlen! Ach, das, das, das ist wunderherrlich, das ist rein himmlisch! O du reine Musik, du göttliche Musik, du erfreust und erbaust nicht nur auf Erden das Gemüt der Seele – auch im Himmel bist du eine große Labung der seligen Geister! Stets kräftigere Akkorde wechseln in erhaben gehaltenen Tönen!
[170.15] Ach, das ist übermajestätisch! Dieser kräftige Bass, dieser wohlklingende Diskant und nur diese reinste Stimmung! O Herr, diese Musik ist herrlicher noch als alle sonstigen Herrlichkeiten dieser Welt! Ja, ja, diese Musik belebt mich ganz durch und durch, und ich fühle nun, dass ich doch etwas zuwege bringen werde, so ich werde müssen zu predigen anfangen! Wahrlich, das ist wohl das herrlichste Predigtlied, das je irgendeines Geistes Ohr, wie ich einer bin, vernommen hatte!
[170.16] O herrlich, o herrlich, herrlich! O Herr, ich danke Dir für diesen endlos herrlichsten Genuss! Er gilt wohl nur Dir ganz allein, aber ich bin dennoch ganz überselig und habe nun auch mehr Mut als ehedem. Ja, Du hast wohl zahllose Mittel, ein schüchternes Gemüt aufzurichten und dem Zaghaften Mut einzuflößen, und kennst eines jeden Sinn. So will ich aber nun auch wie ein rechter Herold Dich verkünden und ihnen zeigen Deine verborgene Größe, Liebe, Macht, Kraft und Heiligkeit! Ewig gelobt und gepriesen werde Dein alleinheiligster Name!“
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