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148. Fortsetzung der kritischen Weisheitsrede der drei Sonnentöchter

[148.1] [Die drei Sonnentöchter:] „Wir nahmen wohl wahr, dass besonders dieser Bruder, den ihr ‚Martin‘ nennt, einige sehr beachtenswerte Fünklein mystischer Weisheit besitzt, ähnlich der unserer Hochgebirgsweisen, die uns auch manchmal mit Dingen kommen, die, so wie ihre Wohnungen, über unserem Gesichts- und Erkenntniskreis liegen. Aber was nützt ihm und euch solch eine hohe Mystik, wenn euch die ersten Prinzipien der praktischen Lebensweisheit gänzlich ermangeln!?

[148.2] Diese aber bestehen in der gerechten Nachgiebigkeit gegen Schwache. Denn wo der Starke gegen den Schwachen stark sein will und ein Sieger über ihn, da ist alle Ordnung der Weisheit verloren. Denn jede Kraft muss den Sieg in ihrem klaren Bewusstsein finden und nie in der schmählichen Unterjochung dessen, der schon von weitem als der bei weitem Schwächere erscheint.

[148.3] Und so handelten auch wir, als wir euch als die bei weitem Schwächeren auf unserem Boden erschauten: wir taten, was ihr wolltet, um euch desto tiefer erforschen zu können. Wir haben ja auch nun genau erforscht und erkannt, dass ihr sehr bedauerliche Wesen seid. Daher laden wir euch, trotzdem ihr Geister seid, denn auch ein, bei uns zu verbleiben, um hier die rechte Weisheit zu erlernen, die euch vor allem nottut, wollt ihr mit der Zeit bessere Gedanken und Begriffe von dem allerhöchsten Geist bekommen!

[148.4] Wohl haben uns unsere reinen Geister aus den schwebenden Lichtgewässern verkündet, dass wir uns euch nicht widersetzen sollen, da in eurer Mitte sich der Erschrecklichste befinde; aber wir begriffen diesen Zuruf damals nicht ganz! Nun aber ist es uns schon klar, dass sie darunter niemanden als dich verstanden; und dieses Erschrecklichste besteht sicher darinnen, dass du in einer wundersam törichten Einbildung es wohl am weitesten gebracht hast, da du dich, wie wir sehen, im Ernst für den allerersten Sohn des Allerhöchsten hältst, und auch deine Brüder in solch einem Wahn bestärkst und zu erhalten suchst. Und das eben ist das Erschrecklichste bei uns, so es sich jemand beifallen lässt, seine schwächeren Brüder zu täuschen!

[148.5] Wer stark ist, der verberge seine Stärke nicht, aber er mache sie auch nicht geltend an dem Schwachen! Wer aber schwach ist, der scheine nicht, als wäre er stark, sondern schwach! So wird die Kraft des Starken und die Schwäche des Schwachen zu einer Stärke im Starken!

[148.6] Beherzigt diese Worte wohl! Sie kommen euch nur aus dem Mund der nahe unmündigen Kinder dieser herrlichen Welt entgegen; kommt aber in unsere gastfreisten Wohnungen unserer Alten, dort soll euch ein viel kräftigeres Licht angezündet werden. Es hindere euch nicht, dass ihr euch schon als vollkommen wähnt und meint, es würde uns schaden, so wir eure Brüste anrührten! Oh, des seid ganz unbesorgt!

[148.7] Denn seht, wir sind ja eben durch die rechte Weisheit schon jetzt als Kinder in unseren diesirdischen Leibern um sehr vieles reingeistiger, als ihr es je werdet. Denn das Geistige liegt doch sicher nicht im Leib, sondern im eigentlichen Geiste, der doch stets derselbe ist und bleibt, ob in einem gröberen oder feineren ätherischen Leib.

[148.8] Auch müsst ihr unsere Leiber nicht nach denen bemessen, die ihr auf eurem sogenannten heiligen Planeten getragen habt, die gröber, schwerer, finsterer und plumper waren als die gröbsten Steine dieser Welt. Denn ihr seht es ja doch leicht selbst, dass da unsere Leiber schon bei weitem ätherischer und dem Licht verwandter sind als eure Geister, wie sie hier zu sehen sind, und die bei weitem größere Reinheit und rechte Ordnung in sich vereinen, weil sie von dem ihnen innewohnenden Geist allzeit durchwirkt werden.

[148.9] Daher zieht nur voll ganz guter Dinge mit uns! In unseren Wohnungen sollt ihr sicher lauterer werden, als ihr es nun seid. Aber alles dessen ungeachtet geschehe eurer Schwäche nicht der allerleiseste Zwang durch die überwiegende Stärke, die wir nicht also prunkend ausstecken wie du, Freund Martin, es ehedem getan hast, als du stark lächerlicherweise von einer Kraft – trotzdem du der Schwächste wärest – an dir sprachst, mit der du unsere große Welt so etwa wie die zarte Knospe einer ätherischen Lichtstaubblume zwischen dem Daumen und Zeigefinger ganz leicht zerreiben könntest!

[148.10] Findest du nun nicht selbst, dass du deine Kraft denn doch ein wenig zu hoch angeschlagen hast?! Aber es werde dir darum kein Vorwurf, denn du sprachst es in deinem blinden Eifer und kanntest uns nicht. Nun du uns aber hoffentlich besser kennst, da wirst du auch so was nimmer von uns denken, geschweige laut aussprechen.

[148.11] Wir aber gehen nun voraus, und so ihr wollt, da folgt uns, und seid versichert, dass ihr bei uns über alle Maßen freundlich aufgenommen werdet in unseren festen Häusern, die nicht wie dein himmlisches in einer fixierten Einbildung, sondern in der festesten Wirklichkeit bestehen, gebaut mit unserem Willen und mit unseren Händen!

[148.12] Auf dass du, Martin, aber siehst, dass unsere Weisheit denn doch ein wenig weiter reicht und wir dich besser kennen und euch alle, als du es meinst, so sollst du in der Wohnung unserer Alten ein Schauspiel finden, in dem du dich vom Uranfang bis zu diesem deinem Augenblick ganz wiederfinden wirst!

[148.13] Du wähnst nun wohl, schon recht weit außer deinem hochhimmlischen Haus zu sein, und siehe, wir sind in diesem Augenblick in selbem und sehen alles genau, wie es in ihm zugeht, wie wir auch Zeuge waren, als du dem verkappten Drachen einen feurigsten Kuss verabreichen wolltest! Aber denke nun nicht über solche unsere Gesichtsstärke nach, denn zur rechten Zeit wirst du in der wahren Weisheit den Grund von alledem finden, so du uns folgen willst. Dein und euer aller freier Wille geleite euch! Wir gehen nun voraus!“

[148.14] Auf diese längere Rede entfernten sich die drei.

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