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50. Garbiels Erkenntnis

Am 17. März 1842

[2.50.1] Nach dieser Einladung ermannte sich erst der sehr darüber erstaunte Garbiel, darum er nicht begreifen konnte, wie dieser fremde Mann solches also bis auf ein Haar wissen mochte, und begann darum folgende Worte an den Fremden zu richten, sagend nämlich:

[2.50.2] „Höre, du über alles schätzbarster Freund, – du bist mir ein überaus rätselhafter Mann! Wie magst du also Verborgenstes in unserem Herzen lesen, wie schauen bis auf ein Haar, was darinnen vorgeht?

[2.50.3] Nein, sage ich, nein, das ist zu viel für einen Menschen von meinem Schlag!

[2.50.4] Siehe, du mein über alles nun schätzbarster Freund, ich glaube nun schon fest, dass es da mit dir nicht ganz natürlich zugeht!

[2.50.5] Denn fürs Erste ist das außergewöhnliche Gefühl, das ich zuvor an deiner Brust empfand, und fürs Zweite aber nun noch mehr dein durchdringendster Blick, vor dem nicht einmal irgendein allerverborgenster Winkel unseres Herzens sicher ist, ein allersprechendster Beweis dafür.

[2.50.6] Ich will es zwar nicht in Abrede stellen, dass es durch die Zulassung von oben sehr scharfsehende Menschen geben kann, wie also zum Beispiel den Henoch, Kenan, Jared, Enos und Seth, welche wirklich auch schon so manches Wunderbare bewirkt haben, als wie den heutigen Blitz – vorausgesetzt, dass etwa nicht du solches bewirkt hast! – und die schnelle Wiederherstellung der Grotte Adams – das heißt, wenn etwa auch nicht du da deine Hände ans Werk gelegt hast! – und die plötzliche Stillung des gestrigen Sturmes – wo nicht etwa auch du dich desselben angenommen hast!

[2.50.7] Ja, wie ich sage, es ist durchaus nicht zu leugnen, dass sehr gottergebene Menschen durch Seine gnädige Zulassung so manches vermögen.

[2.50.8] Aber so viel ist auch gewiss und vollends wahr, mein Herz ist bis zu diesem Zeitpunkt dennoch ganz verschont geblieben, und es hat nicht einmal der erhabenste Erzvater vermocht, je in diese innerste Falte des Lebens zu blicken!

[2.50.9] Wie demnach du solches vermagst, weiß ich mir wahrlich nicht zu entziffern!

[2.50.10] Da du aber solches vermagst, wer kann da neben dir bestehen?

[2.50.11] Ich bin durch und durch nun mit einer großen Furcht erfüllt vor dir und bitte dich darum, uns allen deine allergütigste Einladung zu erlassen, dass wir dir folgen möchten auf die Höhe und sicher da unwürdigst genießen die im höchsten Grad unverdiente Kost aus der Schüssel Adams.

[2.50.12] Denn was den ärgerlichen Sinn unserer geheimen Absicht betrifft, so sind wir darüber ja schon im Reinen; was aber deiner Absicht Sinn betrifft, so glaube ich, du hast ihn uns schon gegeben dadurch, da du uns allen gezeigt hast, inwieweit wir alle wahrhafte arge Schurken waren, aber in aller Zukunft nicht mehr sein und noch weniger je wieder werden werden, – des kannst du vollends versichert sein! Da du aber schon der Mächtigste der Höhe nun zu sein scheinst, darum der erhabenste Erzvater Adam dir selbst über die Maßen zugetan zu sein scheint, so gebe du uns den gütigen Bescheid darüber, darum wir hierhergekommen sind, damit wir noch, ehe denn sich die Strahlen der Abenddämmerung gänzlich verlieren, den Unsrigen die erwünschte Nachricht zu bringen vermöchten!

[2.50.13] Allerliebster Freund, nur nehme diese meine Äußerung etwa nicht als eine unbedingte Forderung unseres Willens an den deinen und also auch an den des erhabensten Erzvaters Adam, sondern allein nur als eine ganz vom Herzen aus demütigste und also pflichtmäßigst bescheidene Bitte; denn so mein Verlangen etwa dir zuwider sein sollte, da wollen wir dir alle eher bis ans Ende der Welt folgen, als dir nur im Allergeringsten in irgendetwas je mehr zu widerstreben! Daher werde von uns allen dein sicher äußerst mächtiger Wille ganz vollkommen respektiert!“

[2.50.14] Und der Abedam sagte darauf zu dem sehr gesprächigen Garbiel: „Höre, Ich sage dir, deine Zunge ist ein wahrhaftes Meisterstück; denn du redest dich damit selbst blind und überhörst die lauten Forderungen deines Herzens, das da im Ernst keinen schlechten Grund hat! Siehe, alles, was du jetzt geredet hast, hat weder einen Kopf, noch einen Fuß, noch eine Hand, und noch auch irgendeinen Leib!

[2.50.15] Denn das du nun geredet hast, ist lediglich nichts anderes als ein leerer Wind, mit welchem du dir deine Furcht hast aus deinem Leibe reden wollen.

[2.50.16] Du sagtest: Wer kann da neben Mir bestehen, da Ich die Kunst verstehe, in des Lebens innerste Falten zu blicken!

[2.50.17] Darum dich dann eine große Furcht anwandelt; siehe, das allein kam aus dem Herzen! Ich sage dir aber: Stecke du deine Zunge zwischen die Zähne und halte sie fest, auf dass sie nicht noch einmal dir dein eigenes Herz betrüge und dir glauben mache, als hättest du schon den Sinn Meiner Absicht mit euch allen erkannt!

[2.50.18] Siehe, solches ist gar sehr eitel; denn gar bald wirst es du samt deinen Brüdern erkennen, dass den vollen Sinn Meiner Absicht mit euch allen auch der allerhöchste und vollkommenste Engelsgeist des obersten Himmels ewig nie erfassen und begreifen wird!

[2.50.19] Was aber deine Botenfrage betrifft, so wissen alle nun schon ganz vollkommen, dass sie heute, morgen und übermorgen, also bis zum Streittag, allhier zu verweilen haben.

[2.50.20] Und so hast du damit keinen entschuldigenden Grund mehr, auszubleiben und nicht zu folgen Meiner Einladung!

[2.50.21] Da nun deine Furcht ersichtlich eitel ist und all die Deinen schon lange gehörig versorgt sind, so wirst du Mir ja doch folgen können?“

[2.50.22] Und der Garbiel erwiderte unter Freudentränen: „Ja, wahrlich ja, jetzt folge ich Dir, wohin Du willst!

[2.50.23] Denn mir geht nun eine große Ahnung auf, darum Du sagtest, wie unerforschlich der Sinn Deiner Absicht ist!

[2.50.24] Ich wage es mit der Zunge zwar noch nicht auszusprechen, – aber dafür spricht es sich in meinem Herzen desto lauter aus durch eine vorher noch nie empfundene Liebe, dass Du ein Vater bist!

[2.50.25] Und darum will ich Dir folgen ewig, wohin Du willst, ja ewig! Amen.“

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