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126. Wie man von der äußeren Erscheinlichkeit auf den inneren Grund schließen kann. Ein Baum als Beispiel für das geistige Reich

(Am 14. Dezember 1843 von 4 1/4 – 6 Uhr abends.)

[2.126.1] Im Verlaufe der ganzen Mitteilung aus dem Gebiet des geistigen Sonnenreichs ist wohl in dieser Hinsicht jedes einzelne kleinlichste Verhältnis gezeigt worden, wie die Geisterwelt mit der naturmäßigen zusammenhängt; und man könnte darum hier füglich sagen: Um aus den Erscheinlichkeiten auf den Grund schließen zu können, – darüber ist es nahe unnötig, hier noch etwas Weiteres zu sagen, indem eben dieser Gegenstand im Verlaufe der ganzen Mitteilung in all seinen Zweigen auf das Hinreichendste beleuchtet worden ist.

[2.126.2] Ich aber sage: Des Guten hat der Mensch nie zu viel; wohl aber am Schlechten. Denn viel Gutes mag oft das Schlechte nicht bessern; aber ein wenig Schlechtes kann oft viel Gutes verderben!

[2.126.3] Und so wollen wir auch noch durch so manche anschauliche Beispiele unseren vorliegenden Gegenstand so klar als möglich beleuchten.

[2.126.4] Seht an einen Baum. Sein Wesen, wie es da ist, stellt euch das ganze Wesen der Geisterwelt in ihrem Verhältnis zur naturmäßigen Welt in entsprechender Erscheinlichkeit dar.

[2.126.5] Das Inwendigste des Baumes, der Kern also, ist das Himmlische, der Stamm, die Äste und die Zweige sind das eigentliche Geisterreich, das sein Leben hat vom inwendigen Kern. Über dem Holz des Stammes werdet ihr die Rinde erblicken, welche das Außenerscheinliche des Baumes ist. Diese Rinde an und für sich ist völlig tot; aber unter der äußeren völlig toten Rinde befindet sich noch eine andere Rinde, die ihr die lebendige nennt. Diese ist gleich demjenigen Verbindungszustand, wo das Geistige in das Materielle übergeht.

[2.126.6] Betrachten wir die Wirkung dieser Rinde. Aus ihr geht zuerst die äußere tote Rinde hervor, und wieder geht aus dieser lebendigen Rinde all das vergängliche Blätterwerk, wie auch die äußere Form der Blüte und endlich selbst die äußere Rinde der Frucht hervor.

[2.126.7] Alle diese Produkte aber sind nicht bleibend; sie fallen ab nach der Zeit, wenn sie ihre Dienste geleistet haben.

[2.126.8] Seht, so ist es mit der Welt und allem dem, was ihr angehört. Alles das gleicht der äußeren Rinde, den Blättern und Blüten, aber auch endlich den Früchten eines Baumes. Diese fallen ab. Aber der Baum besteht und trägt in seinem inneren Leben zahllosfältig das Außenbild des Erscheinlichen und Vergänglichen. Wie kann man aber nun aus dem Erscheinlichen auf den inneren wahren Grund schließen? Ich sage: Auf die leichteste Weise von der Welt. Ihr dürft nur das Erscheinliche euch verunendlichfältigt und zugleich gesamtwirkend zweckdienlich vorstellen, so habt ihr den Grund des Geistigen schon vor euch.

[2.126.9] Der Hauptgrund aber ist dadurch ersichtlich zu finden, so ihr die ganze vieljährige vegetative Aktion eines Baumes betrachtet. Er besteht in lediglich nichts anderem, als in der steten Mehrung und fortwährend sich steigernden Kräftigung des Lebens.

[2.126.10] Ganz einfach wird dieses in einem einzelnen kleinen Samenkorn in die Erde gesetzt. Welche Lebenskraft ursprünglich in diesem Samenkorn ist, z. B. in einer Eichelnuss, kann ein jeder Mensch erproben, wenn er eine solche Nuss in seine Hände nimmt und damit herumspielen kann als wie mit einer Federflaume.

[2.126.11] Wenn aber eben diese sehr unbedeutende Eichelnuss in die Erde gesetzt wird, so fängt sich in ihr das vegetative Leben an zu kräftigen. Ein junger Eichbaum mit höchstens zwei Blättern wird zuerst ersichtlich. In diesem ersten Stadium ist das vegetative Leben des werdenden Eichbaumes noch schwach. Es übertrifft in seinem Gewicht vielleicht kaum um das Zehnfache das Gewicht der vorigen glatten Eichnuss. Aber betrachten wir es nur um dreißig Jahre später. Da hat es sich schon eine so mächtige vegetative Lebenskraft angeeignet, dass ihr an seinem Stamm mehrere hundert Pferde anbinden könnt, und sie werden ihn mit all ihrer riesigen Kraft nimmer dem Boden zu entreißen vermögen. Betrachtet es aber in einem Alter von hundert Jahren. Welch ein riesiger, majestätischer Baum, und welche allen Stürmen trotzende Kraft in ihm! Wie viel tausendfältig hat diese hundertjährige Eiche in den gleichen Eichelnüssen ihr ursprüngliches kleines vegetatives Leben reproduziert! Und wie mächtig hat sie durch ihre Abfälle und dadurch gewisserart mit dem Überfluss ihrer vegetativen Lebenskraft den Boden um sich herum gedüngt und ihn zur steten Vermehrung der eigenen Lebenskraft belebt!

[2.126.12] Kurz, ein solcher Baum ist zu einer Welt voll Lebens geworden. Und das alles kam von einer einzelnen unbedeutenden Eichelnuss.

[2.126.13] Seht, also geht ursprünglich von Mir aus nur ein Fünklein der Lebenskraft, mit dem Vermögen ausgerüstet, sich als eine Lebenskraft bis ins Unendliche zu stärken und zu kräftigen. Und dazu dient eben diese Erscheinlichkeit am Baum zu jedermanns klarster Evidenz.

[2.126.14] Wir sagten ehedem: Aus der lebendigen Rinde geht das erscheinliche Blätterwerk hervor, und die äußere Blüte und selbst die Rinde der Frucht. In der Frucht selbst bekommt der Keim des Kernes nur ein überaus kleinstes Fünklein aus dem allgemeinen Leben des Baumkernes. Der Kern wird samt der Frucht reif und stellt den Menschen in seiner Welterscheinlichkeit dar. Höchst einfach und wenig sagend ist seine außenerscheinliche Form und gering seine Kraft. Aber er ist gleich einer Eichelnuss. Wenn er in das gute Erdreich Meines Willens gesetzt wird, da geht sein innerer Keim auf, und dieser wird endlich selbst zum mächtigen Baum, dessen Kraft die Kraft zahlloser ehemaliger Eichelnüsse übertrifft.

[2.126.15] Und seht, so hat ein jeder Mensch den Keim seines geistigen Zustandes, der die eigentliche Geisterwelt ist, schon in sich. Er ist auf dieser Welt ein Lebensfünklein, das sich kräftigen soll zu einer Lebenssonne. Aus seinem atomgroßen Lebenskeim soll ein riesiger mächtiger Lebensbaum werden. Und also ist es.

[2.126.16] Wie die Eichelnuss zahllose Wälder voll der riesigsten Bäume in sich trägt, die sich alle sicher aus dem einzelnen Kern entwickeln können, so trägt auch der Mensch in seinem klein scheinenden Leben auf dieser Welt eine unendliche Kräftigung und Potenzierung desselben in sich.

[2.126.17] Es heißt aber im Evangelium, wo der spricht, der sein Talent vergraben hatte: „Ich weiß, dass du ein strenger Mann bist und willst ernten, da du nicht gesät hast. Wo du eins setzt, da willst du tausend gewinnen; darum vergrub ich das Talent, auf dass ich es dir gebe, wie du es mir gegeben hast.“

[2.126.18] Darauf aber spricht der Herr des Talentes: „Ei, du schalkhafter Knecht! Wusstest du, dass ich ein ungerechter Mann bin und will ernten, da ich nicht gesät habe, warum trugst du denn nicht das Talent zu einem Wechsler, der mir darum Wucherprozente gegeben hätte?“

[2.126.19] Seht, aus dieser Stelle, welche also lauten sollte, erscheint ganz klar, dass Ich das Leben in den möglichst kleinsten Partien aus Mir hinausstreue in die endlosen Gebiete Meines allwaltenden Seins, um aus einer jeglichen dieser kleinsten Lebenspartien eine übermäßig potenzierte Lebensmasse zurückzubekommen.

[2.126.20] Seht, das ist der wahre innerste Grund alles geistigen Lebens: Aber bin Ich da wirklich ein harter, eigennütziger, ungerechter Lebenswucherer? O nein! Denn außer Mir gibt es ja nirgends ein Leben, und das aus dem einfachen Grunde, weil es ewig nirgends ein „außer Mir“ gibt! Ich bin die Nährquelle ewig für alles Leben!

[2.126.21] Was würde wohl mit dem Leben werden in den Zeiten der Zeiten, so diese Urgrundquelle alles Lebens versiegen möchte? Seht, da würde sich am Ende alles Leben ins Unendliche verflüchtigen, und nichts bliebe dann am Ende übrig als eine ewig leere, finstere, tote Unendlichkeit!

[2.126.22] So aber Ich als die Urgrundnährquelle für alles Leben Mich Selbst in jedem Augenblick, unendlich in Mich Selbst wiederkehrend, stets endlos kräftige und stärke, so wird dadurch auch alles partielle Leben, welches sich in euch geschaffenen Menschen ausspricht, ja auch ins gleichmäßig Unendliche potenziert, genährt und gestärkt.

[2.126.23] Je stärker der Vater, desto stärker auch die Kinder. Aus der Ameise gehen wohl Ephemeriden, aber keine Adler und Löwen hervor. Überall erzeugt das Schwache wieder Schwaches und das Starke Starkes. Wie aber das Schwache nie Starkes erzeugt, so erzeugt auch das Starke nie Schwaches. Ein Adler ist nie der Erzeuger einer furchtsamen Taube und ein Hase kann sich nicht rühmen, als wäre der Löwe sein Erzeuger.

[2.126.24] So ihr aber Kinder eines allmächtigen Vaters seid und tragt den Lebenskeim des Vaters in euch, so kräftigt diesen Keim im guten Erdreich Meines Willens und macht stark den Vater in euch, so werdet auch ihr dadurch gleichen Maßes im Vater stark werden. Denn der Vater verlangt nicht eure Stärke für Sich, sondern für euch selbst verlangt Er sie, damit auch ihr also vollkommen werden sollt, wie Er Selbst in Sich oder im Himmel vollkommen ist.

[2.126.25] Seht, das ist ein Bild, wie ihr von der äußeren Erscheinlichkeit auf den inneren Grund des Lebens schließen könnt. Nächstens ein anderes Bild zu demselben Zweck!

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