(Am 16. November 1843 von 4 1/2 – 6 Uhr abends.)
[2.108.1] Es dürfte hier so mancher sagen: Wie ist das wohl einzusehen und zu verstehen, dass irgendeine im höchsten Grad untergeordnete Lebenskraft aus der Sphäre ihres Bewusstseins sich gegen eine unendliche, allervollkommenste Lebenspotenz auflehnen kann, von welcher sie, nämlich die untere Lebenspotenz, doch sicher irgend weiß und innewerden muss, dass sich ein Minimum der Lebenskraft gegen das Unendliche nimmer behaupten kann, und von einem Überwinden ist da ja doch ewig keine Rede!? – Gut, sage ich, solcher Einwurf klingt nicht übel, aber er rührt immer noch von einem bedeutenden Grad des Unverstandes her. Man könnte ihn wohl im außerordentlichen Falle approximativ nennen. Aber da es im reinen Geisterreich keine Hypothesen und somit auch keine Approximationen gibt, sondern nur Wahrheiten, so kann er nicht einer völligen Beantwortung würdig sein.
[2.108.2] Denn eine geistige Antwort ist eine volle Wahrheit. Enthält aber ein Fragesatz diese nicht, so kann ihm auch keine Antwort werden. Der Fragende wird zwar wohl eine Antwort bekommen, aber nie als direkt auf seine Frage passend, sondern nur als eine indirekte Wahrheit. So wird es auch hier sein. Und wenn die Antwort da sein wird, wird sich der fragliche Einwurf von selbst aufheben.
[2.108.3] Ob also eine untere, oder wie hier, höchst untergeordnete Lebenspotenz sich auflehnen kann oder nicht, oder ob sie durch die unendliche völlig zerstörbar ist, sollen sogleich einige kleine Beispiele zeigen.
[2.108.4] Wie schwer ein ganzes Felsengebirge ist, braucht kaum eine nähere Bestimmung für den, der nur einmal mit der Tragung einiger kleiner Steine zu tun gehabt hatte. Woraus besteht denn so ein kleines Felsengebirge? Aus lauter atomistisch kleinen Partikeln, welche durch die wechselseitige Anziehungskraft fest aneinanderkleben. Wenn wir unter das Gebirge hineingraben bis zur Stelle, auf der die höchste Gebirgskuppe, und zwar die schwerste, ruht, so entdecken wie bei dieser Hineingrabung überall ganz wohlerhaltene und überaus feste Steinwände. Aus diesen festen Steinwänden nehmen wir nur ein allerkleinstes Partikelchen, legen es auf eine Platte aus Stahl oder aus einem Stein, drücken dann einen Hammer nur ein wenig auf dieses Partikelchen, und es wird zerstäuben.
[2.108.5] Frage: Wie möglich hat sich denn dieses Partikelchen gegen den Druck des Hammers nicht halten können, während es früher Jahrtausende hindurch einem so unberechenbar mächtigen Druck einer ganzen Gebirgsschwere Widerstand zu leisten vermochte? – Man wird sagen: Unter dem Gebirge war es ein konkreter Teil der ganzen Masse und konnte somit mit Hilfe der anderen Teile dem allgemeinen Druck widerstehen, einzeln aber hatte es keine Nebenhilfe und musste daher schon einem geringen Druck weichen. – Gut, hat aber dieser geringe Druck dieses Partikelchen völlig zerstört? Durchaus nicht, sondern nur zerteilt in noch viel kleinere Partikelchen.
[2.108.6] Könnte man denn keinen solchen Druck irgend anbringen, um diese Partikelchen völlig zu vernichten? Auch das ist weder durch den Druck, noch durch was immer für eine andere Kraftanwendung möglich. Denn auf dem einen Wege kann es nur in die kleinsten Teile zerteilt, auf einem anderen aber in ein einfaches und nachher noch weniger zerstörbares Element verwandelt werden.
[2.108.7] So ruht auch die ganze Schwere der Erde auf ihrem kleinwinzigsten Mittelpunkt. Wie kann dieser wohl einer solchen von allen Seiten auf ihn einwirkenden Schwerkraft widerstehen? Aus dem einfachen Grunde, weil nach der ewigen göttlichen Ordnung in der ganzen unendlichen Schöpfung nichts Vernichtbares vorhanden ist, und das Allerkleinste kann sich gegen das Allergrößte fortwährend behaupten, wenn nicht in einer, so doch wieder in einer anderen Form.
[2.108.8] Unterschieben wir aber nun diesen kleinen Teilchen ein vollkommenes Bewusstsein, demzufolge sie inne sind, dass sie ewig unvernichtbar da sind; frage hier: Welche Kraft kann sie da bändigen und welche vollkommen besiegen? Oder verliert darum ein ganzes Gebirge etwas, wenn sein Minimum der Unterlage unzerstörbar ist? – Sicher nicht, denn wäre ein Atom zerstörbar, müssten es auch die anderen sein, und auf diese Weise wäre es auch mit dem ganzen großen Gebirge geschehen.
[2.108.9] Derselbe Fall wäre es mit der Erde, und mit Gott Selbst würde es am Ende nicht besser gehen, wenn in Seiner ganzen Unendlichkeit irgendetwas Vernichtbares vorhanden wäre.
[2.108.10] Also ist das die feste, ewige göttliche Ordnung, dass da das Allerkleinste neben dem Allergrößten bestehen kann. Wenn aber demnach die kleinste Lebenspotenz in ihrer geistigen Sphäre sich als untötbar und somit unvernichtbar erkennt, so hat sie auch keine Furcht mehr vor der allerhöchsten Lebenspotenz. Und dieses Bewusstsein erhebt dann die unterste Lebenspotenz zu einem Herrschergefühl, in welchem sie also spricht: Ich bin der obersten Lebenspotenz, die sich als die Gottheit ansieht, so notwendig und unentbehrlich zu ihrem Dasein, dass sie ohne mich nicht bestehen kann. Wenn wir mehrere, ja zahllos viele untere Potenzen uns in eins vereinen, so können wir vom Zentrum aus wirken und die vermeintliche oberste Potenz zu der untersten machen. Und diese kann uns dann ebenso gut anbeten, wie sie solches nun von uns verlangt. Wie man möglicherweise einer Welt Innerstes nach außen kehren kann, also kann es auch mit uns Lebenskräften der Fall sein. Vereinen wir untere Potenzen uns und legen nach außen einen Sturm, und die Gottheit liegt als untere Lebenspotenz zu unseren Füßen.
[2.108.11] Seht, das ist die rein höllische Philosophie, und das ist zugleich der eigentliche Grund alles Lasters, und sein Name ist Herrschsucht!
[2.108.12] Und mit diesem Begriff haben wir nun auch das ganze Wesen der untersten Hölle kennengelernt, und dieses Wesen entspricht der äußeren Erscheinlichkeit eines Weltkörpers. Auf der Oberfläche ist der erste Grad der Hölle in der polypenartigen Genusssucht deutlich zu erkennen; denn da ist alles ein Fresser, was ihr nur anseht. In der mehr inneren Rinde der Erde beurkundet sich das Fasten und Magerwerden; es ist nirgends eine Vegetation. Wie im starren und rachebrütenden Tod liegt alles dahin; höchstens hier und da zeigen sich Feuerquellen und andere heiße Wasserquellen als entsprechende Bilder des schon überall durchblickenden Zornes der Geister dieser Hölle.
[2.108.13] Gehen wir in das Inwendige der Erde, da entdecken wir nichts als ein fortwährendes allermächtigstes Durcheinandergedränge. Ein Feuer weckt und erstickt das andere. Jeder Wassertropfen, der da hineingelangt, wird alsobald in den glühenden Dampf verwandelt.
[2.108.14] Je mehr aber hier agiert wird, desto größer stellt sich allzeit die Reaktion über der Oberfläche der Erde dar und dämpft allzeit mit der größten Leichtigkeit alle die inneren Reaktionen. Und so ist es von dem Herrn weisest eingeleitet, dass Ihm alle diese Höllen trotz ihres allerentsetzlichsten Widerwillens zur ewigen Erhaltung der Dinge dienen müssen. Und dieser Dienstmuss, welcher diesen höllischen Geistern wohlbekannt ist, ist dann ihre größte Qual, weil sie da sehen, wie all ihre Aktion trotz ihres Widerwillens im Allgemeinen der göttlichen Ordnung auf ein Haar entsprechen muss.
[2.108.15] Das ist aber auch zugleich die unendliche Liebe und Weisheit des Herrn, und auf diesem alleinigen Wege ist es möglich, diesen allerärgsten Wesen Schranken in ihrer herrschsüchtigen Handlungsweise zu setzen. Denn so sie sehen, dass Sich der Herr ihre bösesten Unternehmungen allzeit vollkommen zugute machen kann, da werden sie erbost und tun gar nichts mehr, – bis sie wieder einen neuen Plan gefasst haben, um ihn gegen den Herrn in Ausführung zu bringen. Welchen der Herr natürlich auch wieder so, wie die früheren, zu benützen weiß. Das ist demnach die Aktion und das Wesen der untersten Hölle, theoretisch betrachtet.
[2.108.16] Wie sich aber alles dieses in der Erscheinlichkeit kundgibt, [dazu] wollen wir in der Folge einige Betrachtungen machen, und das zwar durch alle drei Höllen hindurch!
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