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99. Die Liebe Gottes entspricht der allbelebenden Wärme

(Am 31. Oktober 1843 von 4 1/4 – 5 1/4 Uhr abends.)

[2.99.1] Die Liebe Gottes ist der Urgrundstoff aller Geschöpfe, denn ohne diese hätte ewig nie etwas erschaffen werden können. Diese Liebe entspricht der allbelebenden und zeugenden Wärme, und nur durch die Wärme seht ihr die Erde unter euren Füßen grünen.

[2.99.2] Durch die Wärme wird der starre Baum belaubt, blühend, und die Wärme ist es in ihrem Wesen, die die Frucht am Baum reift. Es gibt überhaupt auf der ganzen Erdoberfläche nirgends ein Wesen oder ein Ding, das da seinen Ursprung im gänzlichen Wärmemangel nehmen könnte.

[2.99.3] Man wird hier etwa sagen und einwenden: Das Eis ermangelt doch sicher aller Wärme, und besonders das Polareis. Mit dem wird die Wärme doch nicht gar zu viel zu schaffen haben, denn bei nahe vierzig Grad Kälte möchte man wohl dasjenige Wärmemessungsinstrument kennen, das dort noch irgendeine Wärme heraustüpfeln könnte. – Ich aber sage hierzu nichts anderes, als dass die Gelehrten dieser Erde noch dasjenige Instrument nicht erfunden haben, wodurch sie den eigentlichen Wärmestoff vom eigentlichen Kaltstoff wohl ausmesslich aussondern und gewissenhaft bestimmen könnten. Bei uns, die wir im inwendigen reinen Wissen sind, ist ein ganz anderes Maß eingeführt und gebräuchlich.

[2.99.4] Die Gelehrten der Erde fangen da mit der Messung der Kälte an, wo das Wasser gefriert. Wenn beim Gefrierpunkt schon die eigentliche Kälte anfängt, da möchte ich denn doch den Grund wissen, nach welchen Gesetzen oder auf welche Art und Weise dann die Kälte zunehmen kann? Warum empfindet man bei euch eine Temperatur von etwa vier bis fünf Graden unter dem sogenannten Eispunkt noch ganz leidlich erträglich? Wenn aber das Thermometer bis auf achtzehn Grade hinabgesunken ist, da wird ein jeder die Kälte schon sehr schmerzlich empfinden. Kann man hier nicht sagen, und das mit vollem Recht: Achtzehn Grad Kälte sind darum empfindlicher als vier Grade, weil bei vier Graden offenbar noch mehr Wärme als bei achtzehn Graden vorherrschend ist? Kann man nun achtzehn Grade schon als komplette Kälte annehmen? O nein, denn man hat schon dreißig Grad Kälte erlebt. Diese war noch viel schmerzlicher als die mit achtzehn Graden. Warum denn? Weil sie wieder bei weitem weniger Wärme in sich enthielt als die mit achtzehn Graden. Aber vierzig Grade werden noch schmerzlicher sein als dreißig. Ist man aber darum schon berechtigt, die vierzig Grade als komplett vollkommen wärmelos zu erklären?

[2.99.5] Ich aber will euch sagen, dass das nichts als Übergänge von der Wärme zur Kälte und also auch umgekehrt sind. Daher kann man diesen viel richtigeren Maßstab annehmen:

[2.99.6] Jedes Ding, jeder Körper, der noch erwärmungsfähig ist, kann nicht völlig kalt genannt werden, sondern er hat ebenso viel Wärme in sich, als wie groß und dicht er ist. Ein Eisklumpen vom höchsten Norden kann am Feuer geschmolzen und das Wasser dann bis zum Sieden gebracht werden. Hätte dieses Eis nicht gebundene Wärme in sich, nimmer könnte es erwärmt werden.

[2.99.7] Kälte ist demnach diejenige Eigenschaft eines Wesens, in der durchaus keine Erwärmungsfähigkeit mehr vorhanden ist. Und so kann man mit Recht selbst die Bildung des Eises am Nordpol nur einzig und allein der Reaktion der Wärme zuschreiben, wo sie von der Kälte bedroht ihre Körper ergreift, zusammenzieht und festet, damit sie der eigentlichen Kälte den festesten Widerstand leisten können.

[2.99.8] Die Wärme ist demnach gleich der Liebe, die eigentliche Kälte aber gleich der eigentlichsten höllischen Liebelosigkeit. Wo diese herrschend auftreten will, da bewaffnet sich ihr gegenüber die alles belebende und erhaltende Liebe, und die eigentliche alles ertötende Kälte vermag der so bewaffneten Liebe keinen Sieg abzugewinnen.

[2.99.9] Was heißt denn hernach: „Liebe Gott über alles“? – Natürlicherweise betrachtet kann es unmöglich etwas anderes heißen als:

[2.99.10] Verbinde deine dir von Gott gegebene Lebenswärme mit der dich erschaffenden und erhaltenden Urwärme deines Schöpfers, so wirst du das Leben ewig nimmer verlieren.

[2.99.11] Wirst du aber deine Liebe oder deine Lebenswärme freiwillig von der göttlichen Urlebenswärme trennen und gewisserart als ein selbständig herrschendes Wesen da sein wollen, so wird deine Wärme keine Nahrung mehr haben.

[2.99.12] Du wirst dadurch in einen stets größeren Kältegrad übergehen. Und je tiefer du hinabsinken wirst in die stets mächtiger kaltwerdenden Grade, desto schwerer wird es halten, dich wieder zu erwärmen. Bist du aber in die vollkommene Kälte übergegangen, dann bist du ganz dem Satan anheimgefallen, allwo du als rein kalt keiner Erwärmung mehr fähig bist!

[2.99.13] Was da mit dir weiter, davon weiß kein Engel des Himmels eine Silbe dir zu sagen.

[2.99.14] In Gott sind freilich wohl unendliche Tiefen. Wer aber wird diese ergründen und dabei das Leben erhalten?

[2.99.15] Ich meine, aus dieser kurzen Vorerwähnung wird man schon so ziemlich klar sich einen Begriff zu machen anfangen können, warum dieses Gebot, dieses eine Wort des Herrn, der Inbegriff, ja eine Sonne aller Sonnen und ein Wort aller Worte ist. In der Folge wollen wir mehreres davon sprechen.

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