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65. Erklärungen zum Wesen von Sphären und geistigen Vereinen

(Am 25. August 1843 von 5 1/4 – 6 3/4 nachmittags.)

[2.65.1] Seht, wir sind bereits an der geistigen Oberfläche eurer Sonne angelangt. Wie gefällt es euch hier? Soviel ich merke, so macht ihr ganz wunderliche Gesichter und sagt: Fürwahr, auch hier ist es unbegreiflich herrlich und anmutig zu sein. Es ist zwar von jener nahe schaudererregenden Glanzpracht der früheren Sonnenwelt keine Spur zu entdecken; aber dessen ungeachtet sind hier die gar lieblichen Gärten und überaus herrlichen blumigen Auen, unterspickt mit kleinen niedlichen Häuschen, auch überaus wonnig anzusehen. Was aber hier den wonnigen Anblick noch mehr erhöht, ist, dass wir hier in den Gärten und in den Auen und ganz besonders um die Häuschen eine Menge Kinderchen erschauen und auch größere Menschengeister, welche sich mit diesen Kinderchen gar freundlich abgeben.

[2.65.2] Aber nur eines kommt uns hier etwas stark sonderbar vor. Siehe, lieber Freund, es hat uns der Herr Selbst nach der Beschauung der naturmäßigen Sonne eben auch auf die geistige Sonne gesetzt. Da aber haben wir von alledem nicht das Allergeringste gesehen, was wir jetzt sehen, sondern wir sahen bloß nur eine endlos weitgedehnte Fläche, welche wohl mit einer Art Gras und hier und da auch mit kleinen Bäumchen allenthalben gleich verziert war. Und dann sahen wir auch über dieser unermesslich weiten Oberfläche Geister hin und her und auf und ab ziehen, nahe wie die Ephemeriden auf der Erde beim Sonnenauf- oder nahen Niedergang. Das war aber auch alles. Wollten wir mehr sehen, da war uns die Sphäre eines Geistes vonnöten.

[2.65.3] Daraus aber gehen für uns nun drei wichtige Fragepunkte hervor. Der erste lautet also: War diejenige geistige Sonne, die wir in der Gegenwart des Herrn so ganz einfach erschauten, identisch mit dieser, die wir jetzt sehen? Der zweite Punkt lautet: Wenn diese Sonne identisch ist mit der ersten von uns betretenen, so fragt es sich, ob auf ihrer Oberfläche das eine ganz andere Stelle ist, als da war diejenige, die wir zuerst gesehen haben? Der dritte Fragepunkt aber lautet also: Falls dies diejenige Sonne ist und wir auf ihrer Oberfläche das nicht erschauen, was wir in der Gegenwart des Herrn beim ersten Erschauen der geistigen Sonne gesehen haben, ob wir solches dann deiner Sphäre zu verdanken haben?

[2.65.4] Du hast uns freilich gleich anfangs kundgegeben, dass wir nicht in deiner, sondern du dich nur in der unsrigen Sphäre befindest. Es kann freilich leicht für uns unbewusstermaßen ein Sphärentausch vor sich gegangen sein; darum aber fragten wir dich denn nun auch, wie sich diese Sache verhält.

[2.65.5] Meine lieben Freunde und Brüder! Ich muss euch hier schon sogleich im Voraus melden, dass euch hier auf alle sämtlichen drei Fragepunkte keine passende Antwort wird gegeben werden können; und das einfach aus dem Grunde, weil ihr um das nicht gefragt habt, welches beantwortlich das Verhältnis dieser gegenwärtigen Erscheinung enthielte.

[2.65.6] Als ihr in der Gegenwart des Herrn die Oberfläche der geistigen Sonne betreten habt, da habt ihr die Oberfläche der Sonne nicht speziell, sondern in der unendlichen Sphäre des Herrn allerhöchst allgemein betreten, denn in der Sphäre des Herrn ist nimmer ein endlich spezieller Anblick allein für sich denkbar. Denn in Seiner Sphäre enthält jedes speziell Scheinbare sogleich an und für sich Unbegrenztes, Unendliches, und der einfache Boden, den ihr damals betreten habt, war ein Boden der unendlichen geistigen Sonne des Herrn, in welcher alle unendlichen Sphären begriffen sind.

[2.65.7] Die Geister, die ihr da hin und her wandeln saht, sind nicht etwa einzelne Geister, sondern ein jeder solcher einzelne Geist, den ihr da auf derjenigen Oberfläche geschaut habt, ist ein ganzer Verein von zahllosen Geistern, in dem an und für sich wieder noch zahllose kleinere Vereine vorhanden sind, die da ebenfalls bestehen aus seligen Geistern spezieller Art also, wie wir jetzt da beisammen sind. Aus dem aber könnt ihr solches gar leicht als vollkommen überzeugend erschauen, indem ihr erst in der Sphäre eines solchen allgemeinen Großgeistes zu der spezielleren Anschauung der geistigen und himmlischen Dinge gelangt seid.

[2.65.8] Ihr macht hier freilich ein ganz verdutztes Gesicht und sagt: Aber höre, lieber Freund, wie geht denn das? Fürwahr, diese deine Aussage kommt uns ein wenig unsinnig vor, denn der Herr hat uns ja die Namen der einzelnen sich uns genahten Geister kundgegeben, darunter auch sogar einige uns irdisch nahe Anverwandte sich befanden, diese aber können doch an und für sich einen solchen allgemeinen Himmelvereinsengel nicht darstellen. Zudem haben wir sie auch nach dem Eintritt in ihre Sphäre ebenso gesehen wie zuvor, und sie haben mit uns geredet wie du und haben uns geführt; wie wäre demnach solches zu verstehen?

[2.65.9] Ich sage euch, meine lieben Brüder und Freunde, es wird wohl ziemlich schwer halten, dass ihr die Verhältnisse der Himmel so ganz klar durchblicken möchtet. Was ich aber zu eurer geistigen Berichtigung tun kann, will ich ja tun und will euch wieder allerlei Stößchen versetzen, durch welche ihr wenigstens der großen Wahrheit näher auf die Spur gelangen könnt, und so hört denn! Was sprach der Herr, als Er einmal ein Zeugnis gab über Johannes den Täufer? Seine Worte lauteten: „Von allen, die bisher aus den Weibern geboren wurden, war keiner größer als er; der Kleinste aber im Reich Gottes ist größer als er!“ – Was will denn das sagen? Nichts anderes als: Von allen speziellen Menschen ist keiner an und für sich größer denn Johannes; aber die da nach der Lehre des Herrn in das neue Reich der Himmel aufgenommen werden zu reinen Kindern Gottes, da werden die Geringsten schon größer sein als der größte spezielle Mensch an und für sich es ist.

[2.65.10] Warum denn? Weil sie nicht nur an und für sich durch ihre Liebe zum Herrn groß werden, sondern da ihre Liebe zum Herrn Unendliches erfasst, so werden sie zu Vorstehern der himmlischen Vereine, und im Angesicht des Herrn dehnt sich da die Liebessphäre eines solchen seligen Geistes wie zu einem zweiten großen Menschen aus. Und diese Sphäre ist an und für sich so ganz eigentlich ein solcher Himmelsverein, in welchen alle diejenigen guten Geister aufgenommen werden, die mit dem Vorsteher des Vereins, und somit auch Schöpfer desselben, in gleicher Liebe zum Herrn sind.

[2.65.11] Ähnliche Beispiele sind ja auch schon auf der Erde vorhanden. Die Staatenvereine sind schon ein äußeres Bild davon, und ein jeder Bürger des Staates trägt gewisserart den Namen des obersten Staatsvorstehers, welcher da entweder ist ein Kaiser, König, Herzog, Fürst usw. Engere Vereine sind Städte, Märkte, Dörfer und Gemeinden, da ein jeder Einwohner gewisserart auch den Namen seines Vereines trägt und man sagt: das ist ein Pariser, das ist ein Londoner, das wieder ein Wiener usw. Unsere Sache aber näher bezeichnend sind die Religionsvereine, die man freilich wohl unpassend genug Sekten nennt. Nehmen wir aber die Sekte an, so werden wir finden, dass da eine jede ihren Hauptgründer hat. Was ist da ein solcher Hauptgründer zu der von ihm gegründeten Sekte? Er ist der Vorsteher einer solchen Sekte oder eines solchen Vereines, welcher da geistig genommen sich zu einer allgemeinen Form ausbildet, welche vollkommen ähnlich ist der speziellen des Gründers.

[2.65.12] Wer demnach z. B. den lutherischen Glauben völlig angenommen hat, der wohnt geistig genommen schon in der allgemeinen geistigen Form des Luther oder er ist ein Bewohner des lutherischen Vereins. Solch ein Verein ist schon ein großer, der in sich schon wieder eine Menge kleinerer Vereine hat, welche allesamt und sämtlich ihre Vorsteher haben, welche man Gemeinden nennen kann; und eine jede solche Gemeinde hat ihren allzeitigen Vorsteher und Leiter, welcher da gewisserart ein allgemeiner geistiger Leib oder ein zu bewohnender kleinerer Verein für alle diejenigen ist, die da seines Glaubens und seiner Liebe sind.

[2.65.13] Also verhält es sich auch mit den ersten Ausbreitern der Lehre des Herrn wie auch mit Swedenborg, den ihr auch habt kennengelernt. Eure Weltlich-Anverwandten aber sind einesteils freilich wohl nur Bewohner eines solchen Vereines. Da sie aber doch durch die Werke ihrer Liebe so gar manche Menschen ihren Herzen nähergezogen haben, so haben sie sich dadurch auch einen Verein gebildet und sind daher auch in ihrer Art kleine Vorsteher ihrer Vereine, aus dem Grunde ihr sie auch auf dem Gemeinplatz in der Sphäre des Herrn als einzelne Vereinsgeister erschauen mochtet.

[2.65.14] Ich meine, durch dieses Stößchen dürftet ihr schon so ziemlich ins Klare gekommen sein. Dass sich aber solches richtig also verhält, könnt ihr auch daraus klar entnehmen, wie der Herr zu den Aposteln sagte, da sie Ihn fragten, was sie dafür wohl dereinst empfangen werden, dass sie Seinetwegen alles verlassen haben. „Ihr werdet auf zwölf Stühlen sitzen und richten die zwölf Geschlechter Israels!“ – Welches ebenso viel sagen will als: Aus dem Wort, das ihr in Meinem und aus Meinem Geiste predigen werdet allen Völkern, werden errichtet werden nach eurer Anzahl ebenso viele Hauptvereine, darinnen ihr nach eurer Art werdet die Hauptleiter und Vorsteher sein. – Ich meine, solches ist nahe mit den Händen zu greifen. Damit euch aber die Sache dennoch klarer wird, wollen wir nächstens noch zu einigen Stößchen unsere Zuflucht nehmen.

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