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34. Einzelheiten des Hauptgebäudes und deren Entsprechung

(Am 1. Juli 1843 von 4 1/2 – 6 Uhr nachmittags.)

[2.34.1] Seht, da sind wir schon in der Galerie des ersten Stockwerkes. Ihr seht da wieder Säulenrondeaus teils einzelner großer Säulen aufgestellt, und in der Mitte dieser Säulenrondeaus seht ihr hier wie Altäre aufgerichtet, welche demjenigen Altar eben nicht unähnlich sind, den wir auf der Wanderung hierher in der Allee zuerst angetroffen haben, und die innere Rundung des Säulenkreises ist abermals, wie ihr seht, allenthalben mit einer unaussprechlich prachtvollen Treppe versehen.

[2.34.2] Wozu denn aber diese Altäre in der Mitte dieser Säulenrondeaus? Einesteils dienen sie zur offenen Zierde eines solchen Säulenrondeaus, andernteils aber bezeichnen sie den ersten Grad der Erkenntnis Gottes, während die Säulenrondeaus zu ebener Erde ganz leer sind und bezeichnen das Menschliche im gänzlichen Naturzustand.

[2.34.3] Aber beseht die Pracht dieser Säulen; die sind nicht mehr glatt, sondern gewunden. In der Höhlung der Windung ist eine Verzierung von herrlichstem Laubwerk, und der Bauch der Windung ist besetzt mit den allerwunderherrlichsten selbstleuchtenden Edelsteinen, welche wie Halbkugeln hineingefügt sind. Die Farbe der Säulen selbst ist bläulich-grün, das Laubwerk ist wie flammendes Gold, der Boden des Rondeaus ist wie ein überaus stark funkelnder Rubin, und die Treppe ist hier von weiß flammendem Silber angefertigt.

[2.34.4] Seht aber den Boden der Galerie. Dieser ist aus lauter allerfeinstem Hyazinth, das prachtvollste Geländer nach außen hinaus von Porphyr, und die innere Wand des Hauptgebäudes besteht aus Onyx, welcher ist ein gar herrlicher Edelstein, und das bogenartige Gewölbe zwischen den Säulen und der kontinuierlichen Wand aber besteht aus dem allerherrlichsten Opal, in welchem allerlei farbige, selbstleuchtende Steine in der allerherrlichsten Ordnung eingelegt sind.

[2.34.5] Und da seht hin, zwischen einem jeden Säulenrondeau ist in der festen Wand des Hauptgebäudes ein hohes und breites Tor angebracht. Dieses Tor hat, wie ihr bemerken könnt, zwei Flügel, welche an einer in der Mitte des Tores angebrachten viereckigen Säule eingehängt sind und sich somit nicht in der Mitte, sondern zu beiden Seiten öffnen. Die viereckige Säule ist ein flammendes Diamantstück, und die Torflügel bestehen aus flammendem Gold, welches noch herrlicher ist als das durchsichtige; dergleichen freilich wohl auf der Erde nicht vorkommt.

[2.34.6] Ein durchsichtiges Gold könnte auf der Erde wohl erzeugt werden; wie aber? Durch Verglasung; denn ihr wisst, dass alle Metalle, wenn sie den höchsten Hitzegrad ausgestanden haben, gewisserart in eben diesem Hitzegrad verbrennen. Nach dem Verbrennen bleibt aber nichts als wie eine Art Schlacke übrig. Wenn nun diese Schlacke wieder zermalmt wird und gemengt mit einem dieselbe auflösenden Salz, so kommt sie in den Fluss, und wenn sie dann abgekühlt wird, so ist diese durch das Salz und natürlicherweise große Hitze flüssig gewordene Masse zum durchsichtigen Glas geworden. Wenn also aus der freilich auf dem Erdkörper sehr teuer zu stehen kommenden Goldschlacke auf oben gezeigte Weise ein Glas verfertigt würde, so würde so ein Glas von gelb-rötlicher Farbe das allerfeinste durchsichtige Gold geben.

[2.34.7] Aber ein flammendes Gold auf der Erde darzustellen, wäre wohl die reinste Unmöglichkeit. Nicht einmal auf den Planetarsonnen geht solches an, sondern allein nur auf den Zentralsonnen, allwo das Licht in für euch allerunermessbarster Intensität zu Hause ist. Allda ist demnach jeder durchsichtige Körper der beständigen Durchflammung fähig, weil er das in sich aufgenommene Licht zufolge des ihn umgebenden Lichtes nimmer verzehren kann. Und so geschieht durch solch einen beständigen Konflikt zwischen Licht und Licht ein solches Flammen, welches den Anschein hat, als wäre die Materie im fortwährend brennenden Zustand. Rührt man aber so eine Materie an, so ist sie vollkommen fest und nicht im Geringsten irgend erhitzt, sondern gerade im Gegenteil, je flammender etwas ist, desto kühler ist es,

[2.34.8] und steht eben darum in einer nicht geringen Entsprechung mit denjenigen Menschen auf eurer Erde, die da nach außen hin sehr feurig sind und über alles eifern; rührt man aber ihr Herz an, so erstaunt man über die Kälte desselben! So könnt ihr Menschen antreffen, die sich für die Unterstützung der Armen aus lauter Feuereifer die Zunge wund reden können; wenn ihnen aber heimlich ein Armer begegnet, da sind sie kälter als das tausendjährige Eis eines Gletschers, welches der gewöhnliche Sonnenstrahl nicht zu schmelzen vermag, wohl aber hier und da in kleinen Portionen ein wohlgenährter Blitz.

[2.34.9] Also sieht es auch zuallermeist mit den berühmten Kanzelpredigern aus. Sie zünden mit ihrem übermäßigen Feuer eine Hölle an, in welcher es kein auch dem allermächtigsten Feuer verwandtes Wesen nur eine Sekunde lang aushalten könnte; fragt ihr sie hernach, was ihr Herz zu einem so außerordentlich hohen höllischen Hitzegrad sagt, so wird euch die Antwort werden: Ich befinde mich recht wohl dabei. Ein guter Braten und ein wohlgenährtes Glas Wein auf so eine hitzige Predigt bringt bei ihm alles wieder ins Gleichgewicht.

[2.34.10] Das wäre demnach eine Entsprechung unseres flammenden Goldes; aber diese ist eben nicht die empfehlenswerte. Es gibt aber auch eine anempfehlenswerte, d. i. eine geistig gute, und diese lautet also:

[2.34.11] Menschen, die voll Liebe sind in ihrem Herzen, gegen diese ist auch die Liebe des Herrn mächtig wirkend. Dadurch geschieht ein Konflikt zwischen Liebe und Liebe, und diese Liebe wirkt dann wohltätig nach außen. Sie erleuchtet und erwärmt, was sie umgibt; aber in sich selbst bleibt sie kühl. Warum denn? Weil sie keine Eigenliebe ist. Solches bezeigt auch das flammende Gold. Nun wüssten wir diese Entsprechung; und so können wir die Torflügel schon ein wenig in den Augenschein nehmen.

[2.34.12] Da seht nur her, welche Erhabenheiten plastisch in diese Torflügel eingearbeitet sind! Sieht die Sache nicht beinahe aus wie eine Bilderschrift, welche aus der Mitte der Masse, aus welcher die Flügel angefertigt sind, in den wunderbarsten Farben durchstrahlt? Und da seht durch eine glatte Fläche des Torflügels in das Innere des Gebäudes! Ihr fahrt zurück; was lauter habt ihr denn da gesehen? Ich lese es schon an euren Gesichtern; ihr habt Menschen entdeckt, und das von nie geahnter Schönheit! Ja, ja, so ist es.

[2.34.13] Diesen Menschen dürfen wir uns für jetzt noch nicht nahen, sondern wir müssen früher von der stets steigenden Pracht dieses Gebäudes gehörig abgestumpft werden, sonst könnten wir samt und sämtlich einen kleinen Schaden an unserer geistigen Gesundheit erleiden. Denn so vollkommen ist nie ein Geist selbst des höchsten Himmels, dass er unvorbereitetermaßen alle Schönheit der Schöpfungen des Herrn anschauen möchte, ohne dabei eine zeitweise Beschädigung zu überkommen.

[2.34.14] Damit wir aber hier nicht zu sehr angefochten werden, so begeben wir uns nur ganz hurtig in ein solches Säulenrondeau und über die Treppe in das zweite Stockwerk, oder nach der Zahl der Galerie gewisserart in das dritte, allda uns wieder ganz andere Dinge erwarten.

[2.34.15] Ich merke zwar noch einen zweifelhaften Punkt in euch, und dieser besteht schon wieder in einem etwas zweifelhaften Zahlenverhältnis, und zwar darin, dass wir alle von der Entfernung her dieses ganze Hauptgebäude aus zwölf Stockwerken bestehend erschauten, in dieser Nähe aber nur aus zehn. Lassen wir die Sachen nur gut sein, wenn wir uns am zehnten Stockwerk befinden werden, so wird sich die Sache schon aufklären. Für jetzt aber gehen wir nur in unser zweites Stockwerk oder in die dritte Galerie.

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