(Am 26. Mai 1843 von 4 1/2 – 6 3/4 Uhr nachmittags.)
[2.17.1] Unser Bewerber um die Kindschaft hat nun alles gelesen, was in der Flamme geschrieben stand, und richtet seine Blicke nun wieder an den Ältesten. Seine Frage ist sehr leicht zu erraten; ihr habt sie schon in euch. Daher braucht ihr sie nur herauszuholen, und wir werden sogleich unseren Bewerber um die Kindschaft also reden hören, wie ihr es in euch zuvor empfunden habt.
[2.17.2] Die Bedingungen sind schwer, und unser Kindschaftsbewerber erschauert vor ihnen; daher fragt er denn auch den Ältesten und spricht: Ich habe gelesen die Forderungen Gottes in der Flamme Seines Eifers. Ich sehe daraus den Vorteil dieses Lebens und den großen Nachteil eines höheren, darum meine ich, es wird klüger sein zu bleiben, was man ist auf dieser unteren Stufe, als sich aufzuschwingen zu dem nahe Unerreichbaren.
[2.17.3] Es mag freilich wohl für unsereinen etwas Undenkliches sein, sich als einen Gott in einem Kind Gottes zu fühlen; ja etwas unbegreiflich Erhabenes muss es sein, mit einem Blick in die unendlichen Tiefen der göttlichen Macht und Weisheit zu dringen. Ja etwas ganz unaussprechlich Seliges muss es sein, mit dem ewigen allmächtigen Schöpfer aller Ewigkeit und Unendlichkeit in einem stets sichtbaren allerliebfreundlichsten Verhältnis zu stehen und in Gott dem Herrn ein Mitherr zu sein aller Unendlichkeit. Aber die Bedingungen, solche Größe zu erreichen, sind zu schauderhaft schwer und sind also gestellt, dass da sicher unter gar vielen Tausenden kaum einer den hohen Zweck seiner Unternehmung erreichen dürfte.
[2.17.4] Daher habe ich mich wohl besonnen und werde vollkommen Verzicht leisten auf diese Unternehmung. Wer aber an meiner statt solches wagen will, dem werde ich nicht in den Weg treten; aber ich werde ihm kundgeben, was ich gelesen habe in der Flamme.
[2.17.5] Der ehemalige Bewerber um die Kindschaft hat seine Fragrede beendet und der Älteste holt soeben die Antwort aus uns, das heißt, er wird das sprechen, was in uns schon gesprochen ist.
[2.17.6] Ihr könnt solches freilich wohl noch nicht klar vernehmen in euch; aber in der Ordnung des Herrn ist es schon einmal also eingerichtet, dass die Rede eines Menschen ein Produkt ist alles dessen, was da verborgen liegt in der Tiefe seines Lebens. Und wenn ein Mensch spricht, so wird er dazu gewisserart genötigt durch die innere Anregung, welche hervorgeht aus allem dem Entsprechenden, was da verborgen liegt in der Tiefe seines Lebens.
[2.17.7] Da wir solches nun aus uns geholt haben, so wollen wir denn nun auch vernehmen, was der Älteste spricht. Hört, solche Laute entströmen seinem Munde, und solches ist ihr Sinn:
[2.17.8] Mein Sohn! Du hast gelesen die große Wahrheit in der Flamme des göttlichen Eifers. Wahr ist alles bis auf ein Häkchen, und kein Zeichen kam umsonst in der wallenden Flamme zum Vorschein; aber ein Zeichen, das da in der Mitte der Flamme über der inwendigen Glut verborgen lag, hast du nicht gesehen.
[2.17.9] Siehe, wenn du dieses Zeichen zu all dem Gelesenen hinzufügst, so wird dir alles in einem anderen Licht gezeigt werden.
[2.17.10] Siehe, dieses aber war das Zeichen, das du übersehen hattest: In der Mitte der Glut, von allen Seiten mit der lebendigen Flamme umfasst, stak ein Herz, und das Herz flammte, und dieses Flammen aus diesem Herzen bildete eben diejenigen Zeichen, die du gelesen hast. Liest du diese Zeichen für sich, da sind sie schauerlich, überschauerlich; liest du sie aber aus diesem Herzen, so sind sie gefüllt voll der seligsten Hoffnungen. Für sich allein sind sie ein Gericht, aus dem nirgends mehr ein freier Ausweg in ein besseres Leben zu erschauen ist; aus dem Herzen aber sind sie eine Erbarmung Gottes, in welcher niemand ewig je verlorengehen kann, wer sich einmal in dem Herzen befindet.
[2.17.11] Siehe, mein Sohn, es kommt alles darauf an, ob du Gott lieben kannst oder nicht. Kannst du Gott lieben in aller Demut deines Herzens, so bist du in diesem Herzen; kannst du aber Gott nicht lieben, dann bist du nicht im Herzen, sondern im Gericht. Und da ist es dann wohl besser, du bleibst hier im kleinen Gericht selig, als dass du dich begeben möchtest zur Erstrebung der Kindschaft Gottes, aber dadurch dann gelangen in das große Gericht, von dem nach den Zeichen in der Flamme schwerlich je ein Ausweg zu finden sein wird.
[2.17.12] Das sind die Verhältnisse in der Fülle der Wahrheit. Fürwahr, wir wissen es aus dem Munde der Engel Gottes, dass eben Gott keiner Welt so viel Gnade, Erbarmung und Liebe bezeigt und bezeigt hat, als eben derjenigen, allda Er für Sich zeugt und erzieht Seine Kinder. Denn Er Selbst hat alldort die Ordnung also eingerichtet, dass Er ihnen gleich ward zu einem Menschen und trug für Seine Kinder alle möglichen Beschwerden und wollte für sie aus unendlich großer Vaterliebe sogar Seinem Menschlich-Leiblichen nach getötet werden auf eine kurze Zeit durch die Hände Seiner eigenen Kinder!
[2.17.13] Siehe, mein Sohn, solches alles ist uns wohlbekannt und ist richtig. Aber richtig ist es auch, dass der Herr unser Gott allda am meisten verlangen wird von Seinen Geschöpfen, zu handeln in Seiner Ordnung, allda Er für sie auch am allermeisten aus Seiner göttlichen Fülle gearbeitet hat. Nun weißt du alles, was da nottut, um einzugehen in das Reich der Kindschaft Gottes.
[2.17.14] Daher magst du nun tun, was dir gut dünkt. Willst du die Bedingungen eingehen, so musst du sie im Herzen eingehen, und du wirst nicht verloren sein. Denn solches wissen wir auch, dass der Herr eher eine ganze Schöpfung zerstören würde, ehe Er ein Kind als vollkommen verloren gäbe!
[2.17.15] Wenn du demnach im Herzen bist, so wird der Herr sorgen für dich als ein allerwahrhaftigster Vater. Willst du aber ohne das Herz die Bedingungen über dich nehmen, so wirst du nicht bestehen unter der Last der großen Prüfungen Gottes; denn für die, welche in Seinem Herzen sind, hat Er kein Gesetz gegeben, denn allein das, dass sie Ihn lieben stets mehr und mehr.
[2.17.16] Welche aber außerhalb des Herzens sind, diese sind aber auch von Gesetzen über Gesetzen umlagert, welche schwer zu halten sind; und die Übertretung eines einzigen zieht schon im Augenblick der Übertretung ein tödliches Gericht nach sich, in welchem es dann fortwährend schwerer und schwerer wird, die andere große Masse von Gesetzen zu halten. Aus diesem kannst du nun mit voller Gewissheit beurteilen, was da erforderlich ist zur Erlangung der Kindschaft Gottes. Danach handle denn auch; denn du bist frei!
[2.17.17] Nun wollen wir denn wieder unseren Bewerber betrachten. Seht, er bedenkt sich die Sache ganz ernstlich und spricht abermals zum Ältesten: Höre, du Vater dieses Hauses! Mir ist nun ein Gedanke gekommen, und der Gedanke lautet also: Wenn ich hier den ernstlichen Entschluss fasse, nicht ein Kind des Herrn zu werden, sondern nur ein unterster Diener der geringsten Seiner Kinder, bloß aus dem Grunde, um auf diese Weise ganz geheim liebend dem allmächtigen Herrn einmal in eine Ihn sichtbare Nähe zu gelangen, so meine ich, solches dürfte denn doch nicht gefehlt sein. Wird aber der Herr meines Grundsatzes eingedenk sein und mich in solche Verhältnisse stellen, in welchen ich diesen meinen Grundzweck erreichen könnte? Wenn das der Fall ist, so will ich meine Hand auf den Altar legen.
[2.17.18] Der Alte spricht: Des kannst du vollends versichert sein; denn aus welchem Grunde da jemand zur Kindschaft des Herrn gelangen will, aus eben diesem Grunde wird der Herr ihn auch werden lassen in jener Welt das, durch was er erreichen kann, was da liegt im Grund seines Lebens. Willst du der Geringste sein, da wird dich der Herr tragen auf Seinen Händen. Wer aber der Größte sein will, der wird den Herrn nicht zum Führer haben, sondern der Herr wird hinter ihm einhergehen und wird belauschen seine Schritte und Tritte, und wenn der Großseinwollende gelangen wird zu einem Abgrund und wird nicht frei umkehren, so wird ihn der Herr weder rufen, noch ziehen zurück vom Abgrund, sondern ihm überlassen, entweder frei umzukehren oder sich frei hinabzustürzen in den ewigen Abgrund.
[2.17.19] Du aber hast in dir den demütigsten Grund gefasst; dieser Grund wird dein Leben und die Erbarmung vom Herrn unwiderruflich erwirken, – und so denn kannst du getrost deine Hand auf den Altar legen!
[2.17.20] Seht nun, der Bewerber spricht: Herr, Du Allmächtiger in Deiner Liebe, Gnade und Erbarmung! Aus keinem anderen Grunde, denn aus der reinen Liebe nur will ich zu Dir; daher verlass mich nicht in der Zeit meiner Schwäche, und sei du allein all meine Kraft und Stärke! In welcher Gestalt immer ich in der neuen Welt auftreten werde, sei Deine Liebe mir das alleinige, ewige, mächtige Vorbild meines Lebens, nach welchem ich trachten will aus all meiner von Dir mir verliehenen eigenen Lebenskraft. Verhülle mir ganz, was ich hier war und hier hatte, damit ich desto leichter erstrebe alle Niedrigkeit in meiner großen Liebe zu Dir; aber den Grund lass allzeit auftauchen in mir, auf dass ich kräftiger werde stets in der Liebe zu Dir! Und so denn übergebe ich mich, o Herr, Deiner unendlichen Liebe, Erbarmung und Gnade!
[2.17.21] Seht, hier legt der Bewerber seine Hand auf den Altar. Die mächtige Flamme ergreift ihn und im Augenblick ist er nicht mehr unter den Bewohnern dieses Hauses.
[2.17.22] Wo ist er denn aber nun hin? Seht, in dem Augenblick ist er schon in die Seele einer leiblichen Mutter gelegt, die da empfangen hatte, und wird ausgeboren zu einem männlichen Kind. Solches nimmt euch wohl ein wenig wunder; ich aber sage euch: Ist es denn weniger wunderbar, dass die Geister eurer Sonne sichtbar vor euren Augen ausgeboren werden von den Pflanzen eures Erdkörpers, wie in den nachfolgenden Tiergattungen mannigfachster Art? Solches seht ihr doch täglich und wundert euch wenig darüber, und doch ist dieser Prozess viel verwickelter, größer und langwieriger, denn dieser der Übersiedlung eines Geistes. Denn bei der Übertragung der Sonnengeister handelt es sich um die Entwicklung eures Leibes und eurer Seele, welches alles wie ein tausendmal tausendfach Zusammengesetztes erscheint; hier aber, d. h. von dieser Sonnenwelt, die eine Zentralsonnenwelt ist, handelt es sich um die fertige Übersiedlung eines Geistes, welcher in dem neuen Leib seines Grundes zufolge nichts anderes zu tun hat, als in seiner Liebe eins zu werden mit der lebendigen Seele in der Liebe zum Herrn.
[2.17.23] Und diese Einung ist die erlangte Kindschaft des Herrn, aus welcher hervorgeht ein neues Geschöpf, erstaunlich allen Himmeln; denn es ist ein Geschöpf aus der Ehe der Himmel und ein Geschöpf der Erlösung des Herrn, und dieses Geschöpf ist groß vor dem Herrn, und ist ein Kind des ewigen heiligen Vaters! Seht, das ist das nun enthüllte große Geheimnis auf der Erde. Daher seid auch ihr. Aber nicht alle Menschen der Erde haben von da her ihren geistigen Ursprung, denn es gibt noch gar viele solche Geistersonnen im endlosen Schöpfungsraum. Wir wollen aber noch eher uns in dieser näher umsehen, bevor wir in eine andere übergehen werden.
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