(Am 24. Mai 1843 von 4 3/4 – 6 3/4 Uhr nachmittags.)
[2.16.1] Wir wollen nun einen weiteren Versuch [machen] und dadurch uns auch diese menschlichen Wesen hier ein wenig näher vertraut machen, um daraus zu entnehmen, wessen Geistes Kinder sie sind, und auf welcher Stufe innerer Geistesverwandtschaft wir mit ihnen stehen. Seht die Formen dieser Menschen ein wenig näher an, und ihr werdet gar bald daraus ersehen, dass eben diese Menschen ihrer Form nach mit euch eine sehr bedeutende Ähnlichkeit haben. Solche Beobachtung gibt uns einen bedeutenden Wink, dass sie dem geistigen Vermögen nach auch so ziemlich ähnlich sein müssen, weil ihre äußeren Formen solches, wenn schon etwas oberflächlich, kundgeben.
[2.16.2] Wie aber ihre innere geistige Beschaffenheit, als da ist ihre Liebe und ihre Begierde wie auch ihr Verständnis, näher und klarer beschaulich aussieht, wollen wir aus ihren Gesprächen abnehmen; denn wovon das Herz voll ist, davon geht der Mund über. Und der Herr hat in eines jeden Menschen Herz den Trieb gelegt, demzufolge er nie mit dem so ganz zufrieden ist, was er hat, sondern fortwährend nach etwas Höherem trachtet. Dieser Trieb hat, wie alles, zwei Seiten, eine Licht- und eine Schattenseite. In der Schattenseite ist der Mensch blind, und das Höhere, was er verlangt, ist niedriger, als was er hat. Aber in der Lichtseite dieses Triebes verabscheut der Mensch alles Gegebene und will durchaus nur das Allerhöchste, nämlich nichts mehr und nichts weniger als den Herrn Selbst!
[2.16.3] Und so denn werden wir auch sogleich vernehmen, wie diese Menschen hier durchaus nicht zufrieden sind mit dem, was ihrer ist. Die unbeschreibliche Pracht ihrer Wohnung, dieses Gartens wie auch dieser ganzen Welt, um deren Besitz eure Erdenkönige tausend Jahre Krieg führen würden, sehen diese Menschen mit keinen anderen Augen an, als mit welchen ihr da anseht auf eurer Erde eine allergemeinste Keuschlerhütte, und haben daher fortwährend größeres Verlangen nach etwas Erhabenerem, Großartigerem und bei weitem Würdigerem. Wir aber wollen sie doch selbst ein wenig behorchen, um daraus zu entnehmen, was für Triebe in ihrem Geist walten.
[2.16.4] Seht, da vor uns befindet sich ein alter ehrwürdiger Greis, der soeben bei der Gelegenheit, da das Opferholz auf dem Altar von selbst ist brennend geworden, eine Rede an die Bewohner dieses Palastes halten wird; denn eine solche Erscheinung gilt den Bewohnern dieser Welt als ein heimliches Wahrzeichen, aus welchem sie entnehmen, dass der Herr ihren Wünschen nachkommen will. Und so hört denn! Er spricht:
[2.16.5] Ihr alle, die ihr dieses mein Stammhaus bewohnt, seid Zeugen, dass auf unser Rufen eine heilige Flamme über den Altar gekommen ist, um zu verzehren das wohlduftende Opfer. Gar viele, die auf dieser Welt leben, beachten solches nicht und halten es nur für Trug und Täuschung der Sinne. Wir unseres Hauses aber sind der alten Offenbarung getreu, in welcher gesagt wird, dass Gott, unser Herr, ein einiger Gott ist, der da gemacht hat diese Welt für uns zur Bewohnung und hat uns gegeben den freien Willen entweder selig zu verbleiben auf dieser Welt im Geiste fürder und fürder oder sich zu erheben von dieser Welt in irgendeine andere, allda Er ewig zu Hause ist unter Seinen Kindern.
[2.16.6] Wer aus euch demnach die große Lust und Sehnsucht hat, den Weg dahin anzutreten, der mag sich nun an den Herrn wenden, da Er Sein Ohr zu uns gewendet hat, damit der Herr ihn umwandle und ihn setze auf die Welt, da Er Selbst unter Seinen Kindern zu Hause ist.
[2.16.7] Ihr wisst, dass der Herr, unser einiger Gott, zweierlei Wesen gestaltet hat, die sich selbst frei bestimmen können. Die erste Art sind wir Geschöpfe, begabt mit freiem Willen und einem verständigen Gemüt, auf dass wir selbsttätig sein möchten zu unserer Freude und zu unserer großen Wohlfahrt. Aber diesen Seinen Geschöpfen hat der Herr nur diese Welt leiblich wie geistig zur Wohnung eingeräumt für bleibend.
[2.16.8] Dieses angenehme Los zu erreichen ist überaus leicht, denn wer da glaubt, dass der Herr ist ein einiger Gott Himmels und aller Welt, die wir betreten mit unseren Füßen, und gibt aus diesem Gedanken heraus dem Herrn der Herrlichkeit die Ehre durch Opfer und Anbetung auf die Art, wie desgleichen üblich ist auf dieser ganzen Welt, insoweit wir sie kennen, der hat sich, wie ihr alle wisst, dieses angenehmen Loses würdig gemacht. Und die Umwandlung wird geschehen, wie uns allen bekannt ist, auf die höchst angenehme und wohltuende Art, auf welche überaus sich zu freuen ein jeder Bewohner dieser Welt das vollste Recht hat.
[2.16.9] Wenn wir aber die zweite Art der Geschöpfe betrachten, deren freilich wohl viel weniger sein dürften, so finden wir an ihnen laut der Offenbarung, dass sie nicht nur Geschöpfe wie wir, sondern wahrhaftige Kinder des einigen Gottes sind. Diese Kinder sind in aller Machtvollkommenheit Gottes, und ihre Seligkeit ist gleich der Seligkeit Gottes; denn sie haben alles, was Gott hat, sie tun alles, was Gott tut, und Gott tut, was sie tun!
[2.16.10] Ihnen ist Gott nicht mehr ein Gott also, wie Er uns ist ein ewig unzugänglicher, den nie ein Auge schauen kann, das da ist ein Auge dieser Welt; sondern ihnen ist Er ein wahrhaftiger Vater, der allzeit unter ihnen ist, sie führt und leitet und spricht mit ihnen wie ich mit euch und sorgt für sie, baut für sie und kocht für sie, dass sie ewig keine Sorge haben dürfen, und sie sind in ihrer Vollendung dann vollkommene Herren wie ihr allmächtiger Vater über die ganze Unendlichkeit und freuen sich ihrer unendlichen Machtvollkommenheit, die ihnen ist aus ihrem Vater!
[2.16.11] Solch ein Los ist freilich wohl ganz etwas anderes als das unsrige; ja es ist gegen das unsrige unter gar keinem Verhältnis mehr aussprechlich.
[2.16.12] Sind wir Geschöpfe dieser Welt aber für ewig ausgeschlossen, auch zu erlangen dieses unaussprechliche Los? Was spricht darüber die Offenbarung, die wir haben bekommen dereinst in der Urzeit der Zeiten von einem mächtigen Geist für alle Zeiten dieser Welt?
[2.16.13] Also lautet sie mit kurzen Worten: Einen Altar erbaut euch in eurer Wohnung, und dieser Altar sei allzeit belegt mit wohlduftendem Holz übers Kreuz und über die Quere. So jemand den einen Gott erkannt hat in seinem Glauben, der frage sein Herz, ob es entzündbar ist, so wird die Flamme des Herzens das Holz am Altar ergreifen und es verzehren unter hellen Flammen. In diesen Flammen wird der im Herzen Entzündete lesen die großen, heiligen, aber überschweren Bedingungen, durch welche er werden kann zu einem Kind Gottes.
[2.16.14] Nun frage ich euch: Welcher aus euch, meinen Hausgenossen und Kindern, mag die Bedingungen lesen in der Flamme, der trete herbei und lese! Hat jemand die überschweren Bedingungen genehm gefunden, der lege – nach der Offenbarung – seine Hand an den Altar, und Gott der Allmächtige wird seinen Geist nehmen, ihn führen auf jene Welt, da Er wohnt, und wird gestalten den Geist zu einem neuen Menschen, der zwar nur auf eine kurze Zeit einen sterblichen, schmerzhaften Leib wird herumschleppen müssen und wird sich müssen in diesem Leib bis zum Tod demütigen. Und wenn er schon wird durch und durch gedemütigt sein, dann erst wird er sich müssen schmerzhaft völlig töten lassen, um aus dem Tod erst dann zu erstehen zu einem wahren Kind Gottes!
[2.16.15] Nun seht, es tritt ein Mann aus der Mitte der ganzen bedeutenden Menge und liest aus der Flamme folgende Bedingung: Unzufriedener mit deinem seligen Los! Was willst du? Du kennst bis jetzt keine Leiden, und nie hat ein Schmerz dein Wesen berührt. Der Tod ist dir fremd, und noch nie hat eine schwere Bürde deinen Nacken berührt. Bleibst du auf dieser Welt nach der ewigen Ordnung Gottes, so kannst du ewig nie fallen, verdorben werden und zugrunde gehen. Was dein Herz wünscht und fühlt, hast du und wirst es allzeit haben.
[2.16.16] Bist du aber mit dem nicht zufrieden und willst dahin ziehen, da die Kinder Gottes gezeugt werden, so wisse, dass dich Gott, dein Herr, mächtig durch allerlei große Leiden, Schmerzen und Trübsale wird bis auf den letzten Lebenstropfen durchprüfen lassen, bevor du durch den Tod umgewandelt wirst zu einem Kind! Wehe dir aber, wenn du die Prüfung nicht bestanden hast; da wirst du für die Eitelkeit dieser deiner Bestrebung ewig im Zornfeuer der Gottheit büßen müssen, und es wird mit dir nimmer besser, sondern stets ärger und qualvoller dein ewiger Zustand!
[2.16.17] Du wirst aber auf dieser Welt, da die Kinder Gottes gezeugt werden, mit der vollkommensten Blindheit geschlagen sein, und nichts wird dir von allem dem, was du nun hier erfährst, zum Behuf deiner ferneren Führung im Bewusstsein übrigbleiben; denn du wirst da genötigt sein, ein ganz neues, mühevolles und beschwerliches Leben zu beginnen. Nichts wird dir somit bleiben als allein für deine größte Gefahr die Begierde des Lebens dieser Welt.
[2.16.18] Du wirst dich nach allen ähnlichen Vollkommenheiten und Herrlichkeiten sehnen, große Anlagen und Fähigkeiten des Geistes wirst du klar gewahren müssen; aber in deinem schweren, mühseligen Leib wirst du keine ausführen können. Und wenn du aber dennoch alldort Mittel finden wirst, so manches, wenn schon unvollkommenst, ins weltliche Werk zu setzen, danach dein Geist seinem übriggebliebenen Trieb nach sich sehnen wird, so wirst du dich dadurch schon versündigen vor Gott; und wirst du davon nicht abstehen, so wird eine ewige Verdammnis ins ewige Zornfeuer Gottes dein Los sein!
[2.16.19] Hier ist dein von Gott aus, was du hast; dort auf jener Welt wirst du dir nicht einen Grashalm zueignen dürfen. Reichtum und große Pracht gehört hier zur Tugend, dort aber wird sie dir zum tödlichen Laster gerechnet werden. Hier darfst du wollen, und der Erdboden gehorcht deinem Wink; dort aber wirst du dir die Nahrung im schmerzlichen Schweiße des Angesichtes mühsamst selbst suchen und bereiten müssen.
[2.16.20] Das sind die Bedingungen, die zu erfüllen deiner harren, so du dich zu einem Kind Gottes aufschwingen willst. Es ist nicht unmöglich, dass du Gnade und Erbarmung bei Gott finden wirst, so du Ihn wirst lieben über alles und wirst sein wollen der Nichtigste und Geringste und wirst ertragen alle Leiden und Schmerzen mit großer Geduld und völligster Hingebung in den Willen Gottes; aber es ist viel leichter möglich, dass du fällst, als dass du erstehst. Daher besinne dich und lege dann deine Hand auf den Altar, auf dass dir werde nach deinem Wollen!
[2.16.21] Nun seht, so verhält es sich mit der Sache. Wir wollen uns aber damit noch nicht begnügen, sondern diese Verhandlung noch ein wenig beobachten. Und euch wird daraus gar bald in euch selbst ein gewaltiges Licht aufgehen, und ihr werdet das Wo, Woher und Wohin sehr klar zu begreifen anfangen.
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