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85. Betrügerisches Wesen der Ohrenbeichte. Heidnisches Wesen der katholischen Kirche. Das Wort des Herrn ist der Richter

(Am 30. März 1864 von 4 3/4 – 6 1/4 Uhr abends.)

[1.85.1] Was den Jakobus betrifft, so sagt er mitnichten, dass die Gemeinde sollte ihre allfälligen Sünden einem Ältesten der Gemeinde beichten, sondern er will dadurch nur das sagen, dass da kein Bruder in der Gemeinde vor dem anderen etwas insgeheim haben soll und soll nicht wollen von der ganzen Gemeinde für besser gehalten werden, als er im Grunde wirklich ist. Und das ist der Grund, warum der Jakobus anempfiehlt, aber durchaus nicht bestimmt gebietet, dass man sich gegenseitig die Sünden oder Fehler bekennen soll.

[1.85.2] Wenn aber alles dieses unwiderlegbar der Fall ist, was ist demnach die Ohrenbeichte in der katholischen Kirche? Ich sage dir, sie ist nichts anderes als eine zinstragende Sünden-Bank, wo die Menschen ihre Lebensobligationen und Schuldscheine versetzen, und durch dieses Versetzen sie auch durch den kirchlichen Wucher doppelt zinserträglich machen, einmal ein jeder für sich, der durch die Beichte sich zwar den Augen seiner Brüder und Nebenmenschen entzieht, auf dass sie ja nicht wissen sollen, wer er so ganz eigentlich seinem Inwendigen nach ist und ihn somit wenigstens nach der Beichte sogleich wieder für einen grundehrlichen Menschen ansehen sollen, während er doch nach der Beichte auf ein Haar derselbe Mensch bleibt, wie er vor der Beichte war.

[1.85.3] Also werden alle gebeichteten Sünden auf diese Art nur aufbewahrt, und jeglicher Eigentümer bekommt sie hier insoweit gut verzinst zurück, da er auf diese Weise erstens sich selbst und dann alle seine Nebenmenschen betrog! Sich selbst, weil er sich nun nach einer jeden Beichte für einen vollkommen der göttlichen Gnade würdigen Menschen ansah und zu dem Behuf auch allzeit ein gewissenerleichterndes Wohlgefallen an sich selbst hatte. Seine Nebenmenschen aber betrog er dadurch, dass diese nie wussten, wie sie so ganz eigentlich mit ihm daran sind und ihn daher auch notgedrungen für viel besser ansehen mussten, als er es von jeher war.

[1.85.4] Das sind also die Zinsen, und sie heißen: doppelter Betrug! Und dieser Betrug wird noch zu einem Hauptbetrug, welcher darin besteht, dass der also Beichtende in den Wahn gerät, sich vor dem Herrn vollkommen gerechtfertigt zu haben.

[1.85.5] Ich kann dich versichern, wenn Judas, der Verräter, eine christliche Gemeinde gestiftet hätte, sie wäre sicher besser ausgefallen als diese, welche nicht aus dem Christentum, sondern nur aus dem Heidentum dadurch hervorgegangen ist, dass man das Heidentum mit dem Christentum nur ein wenig gesalzen hat. Denn wie bei einer Speise das Salz den kleinsten Teil ausmacht, so macht auch in diesem Heidentum das Christentum den allerkleinsten Teil aus. Das wäre zwar noch zu passieren, wenn es nur gut wäre. Aber es ist das Salz selbst schal, wie soll es demnach das reine Heidentum zu einem Christentum würzen?

[1.85.6] Das Heidentum hatte viele Götter, darum mochte es auch mit der neuen Würze nicht bei dem einen Gott verbleiben, sondern machte vollkommen drei aus Ihm. Und nach diesem dreigeteilten Gott vergöttlichte es dann aber auch die Menschen, welche auf der Erde gelebt haben, um dadurch einen Ersatz für seine abgenützten Halbgötter und Hauslaren zu bekommen. Das alte Heidentum war den Priestern überaus einträglich, das reine Christentum aber war solcher Gewinnsucht schnurgerade entgegen, nachdem es doch ausdrücklich heißt: „Umsonst habt ihr es empfangen, umsonst sollt ihr es auch wieder weitergeben.“

[1.85.7] Solches konnte das Heidentum nicht brauchen, daher machte es lieber ein Sündenregister. Und weil nach dem Mosaischen Gesetz zu wenig gesündigt ward, so gab es noch eigenmächtige, schwer zu haltende Gesetze hinzu, konstruierte dann zu dem Sündenregister und dem sehr zahlreichen Gesetzbuch die sündenvergebende Beichte und leitete durch diese Beichte die Menschheit auf allerlei einträgliche Bußwerke hin, durch welche dann das alleinseligmachende Pontifikat mit Hilfe noch anderer einträglicher gottesdienstlicher Zeremonien sich zu einem solchen Weltglanz emporgearbeitet hat, vor welchem alle Könige bebten!

[1.85.8] Damit aber dieses alleinseligmachende Pontifikat sich noch unabhängiger und also auch unumschränkter wirkend aufstellen konnte, so wusste es durch ein vortreffliches Mittel sich ein stehendes mächtiges Heer, über eine Million stark, zu bilden, welches allerorts die Burgen, Festungen, Städte und Länder der Kaiser, Könige und Fürsten unüberwindlich besetzte und somit alle Reiche sich botmäßig und zinspflichtig machte. Das Heer sind alle die Priester und Mönche, und das Mittel ist der Zölibat. Auf diese Weise war die heidnische Kirchenmacht unüberwindbar begründet. Da aber doch jeder Herrscher, so er wissen will, wie es mit seinen Untertanen stehe, geheime Kundschafter haben muss, so waren solche geheime Kundschafter auch dem Pontifikat überaus notwendig. Wer sind aber diese Kundschafter? Siehe, das gesamte Priestertum.

[1.85.9] Und wie heißt das Mittel, durch welches alle die geheimen Gesinnungen ausgekundschaftet wurden und noch werden? Es ist kein anderes als die Beichte. Und siehe, das ist auch der zweite Gewinn, und das für die Beichtiger, also für das gesamte finstere Priestervolk.

[1.85.10] Und worin besteht dieser Gewinn? Ich sage dir, er besteht in nichts anderem, als dass für die Kirche alle die Beichtenden ganz als eigentümlich zugute geschrieben werden, zugleich aber auch noch in dem damit notwendig verbundenen eigennützigen Menschenbetrug, durch welchen sie in den Wahn gebracht werden, so oft vor Gott gerechtfertigt zu sein, als wie oft sie nur immer gebeichtet haben.

[1.85.11] Und mit eben solchem Gewinn ausgerüstet steht nun ihr hier, und es lässt sich nun abermals eine neue Frage setzen, welche also lauten soll: Was werdet ihr nun zur Verringerung oder wohl gar zur gänzlichen Tilgung solch eines allerbarsten Höllengewinnes vorbringen? Denn das muss ich euch sogleich hinzubemerken, dass durch ein pures unvermitteltes Erbarmen von Seiten des Herrn ewig niemand zum Leben eingehen kann; denn wer nicht hat, dem wird noch genommen werden, was er hat.

[1.85.12] Seht, das ist die wichtige Frage, welche ihr noch zu erörtern habt. Ich gebe euch dazu ebenfalls eine Frist. Könnt ihr etwas hervorbringen, das hier im Reich der nackten Wahrheit und völligen Untrüglichkeit angenommen werden kann, so ist es wohl und gut, könnt ihr aber solches nicht, so habt ihr schon in euch, was euch richten wird. Glaubt es mir, nicht der Herr und nicht ich werden euch richten, sondern das Wort, das der Herr geredet, wird euch in euch selbst richten, da ihr doch, wie ihr nun aus dieser meiner Erklärung gar deutlich habt entnehmen können, demselben allzeit schnurgerade entgegengehandelt habt, daher denn auch dasselbe in keinem Punkt für euch, sondern nur eben schnurgerade wider euch sein muss.

[1.85.13] Der Prior spricht: Ja, also ist es. Nun ist das Urteil für die Hölle schon so gut wie fertig; denn was sollte ich für meinen Vorteil nun hervorbringen? Ich kann nichts anderes sagen als: Herr, sei uns armen, blinden Toren und allergröbsten Sündern gnädig und barmherzig! Ich sehe nichts als nur die überschwängliche Fülle meiner Schuld vor mir, und dazu bedarf es wirklich keiner Frist. Und es kommt am Ende auf nichts anderes als auf das nur hinaus, dass wir länger in der peinlichen Lage verbleiben müssen, zu erwarten das schreckliche Urteil, welche Erwartung mir und sicher uns allen schon jetzt peinlicher vorkommt, als da das Feuer der Hölle selbst sein muss. Daher bitte ich dich auch, halte uns nicht länger mehr hin, sondern gib uns dahin den Stoß, wohin wir gehören.

[1.85.14] Ich spreche: Hier waltet nicht meine Willkür, sondern die göttliche Ordnung! Daher hast du dich auch derselben zu fügen, willst du nicht eigenmächtig für ewig zugrunde gehen. Darum sage ich dir noch einmal, dass du reden sollst in dem dir gegebenen Punkt. Denn ich sehe in dir noch ein Vorwort für die Beichte, und solange diese nicht aus dir ist, kannst du diese Stelle nicht verlassen; daher beachte die Frist und rede dann! Amen.

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