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68. Lehrt und handelt die römisch-katholische Kirche gemäß dem hl. Geist?

(Am 1. März 1843 von 4 3/4 – 7 3/4 Uhr abends.)

[1.68.1] Nun spreche ich: Höre, mein lieber Freund, dein außerordentlich unbarmherziger Exorzismus hat sicher keine kirchliche Gewalt; denn wie du siehst, so stehen wir alle, deine drei untersthöllischen Teufel, noch ganz unversehrt und vollkommen schussfest vor dir. Du kannst auch im Voraus versichert sein, dass wir auch vor deinem ganzen Konvent, vor tausend Kruzifixen und vor hundert Eimern geweihten Wassers nicht fliehen werden. Denn solange wir von deiner Seite aus nicht den wahren Grund erfahren, und das aus der Schrift belegt, dass deine alleinseligmachende Kirche von Petro gestiftet ist, so lange weichen wir auch nicht um ein Haar von hier. Im Gegenteil sind wir nun sehr stark geneigt, noch tiefer in dein Kloster vorzudringen und uns durch keine exorzistische Gewalt davon abhalten zu lassen. Zu diesem Behuf fordere ich dich sogar auf, uns Dienst zu erweisen und uns zu führen in die Gemächer deiner ebenso unsinnigen Brüder, wie du selbst einer aus ihrer Mitte bist.

[1.68.2] Der Mönch spricht, indem er zuvor drei Kreuze über sich macht: Gott stehe mir bei! Ich habe oft gehört, dass die Anfechtungen des Teufels in der geistigen Welt noch ums Tausendfache ärger sind denn in der natürlichen, und dass man in der geistigen Welt wirklich erst von der großen Gewalttätigkeit des Teufels einen wahren Begriff bekommt. Und was ich darüber in den heiligen Büchern, welche verschiedene fromme und gottesfürchtige Menschen geschrieben, gelesen habe, das steht nun buchstäblich vor mir! Ich sage dir aber, du ewig abscheulicher Teufel, du fortwährender Betrüger Gottes und alles menschlichen Geschlechts, meinst du, Gott lässt Sich betrügen? Da irrst du dich! So wenig sich aber Gott betrügen lässt, so wenig lasse ich mich als ein allzeit getreuer Diener Gottes von dir betrügen, und ehe ich dir nachgeben werde, eher will ich mit der Hilfe Gottes und mit der Hilfe der allerseligsten Jungfrau Maria dir so lange Widerstand leisten, bis dich alle Geduld, mit mir noch länger zu kämpfen, verlassen wird. Daher kannst du tun, was du willst; mich wirst du nicht meiner Kirche abtrünnig machen.

[1.68.3] Hast du denn nicht gehört, was die Kirche verlangt zufolge der ihr von Christo erteilten Gewalt, nämlich dass man ihr unbedingt alles glauben müsse, was sie zu glauben vorstellt, ohne zu fragen, ob solches irgend geschrieben oder nicht geschrieben steht, welches auch eine ganz allerbilligste Forderung von der Kirche ist? Denn wenn die Kirche im Besitz des hl. Geistes ist und der aus der Kirche spricht, wer sollte dem nicht glauben, wenn er übrigens ein aufrichtiger und wahrer Christ ist? Wenn man aber so fragen wollte, wie du fragst, bei jeglichem Ausspruch der Kirche, da müsste man ja auch fragen: Wo stand denn das ehedem geschrieben, was Moses und die Propheten von Gott ausgesagt haben? Siehe, du schmutziger Teufel, was diese ausgesagt haben, ging aus vom hl. Geist, und darum blieb und bleibt es eine ewige Wahrheit.

[1.68.4] Also aber hat ja auch die Kirche den hl. Geist. Dieser aber ist nicht beschränkt auf das nur, was schon vorher geschrieben ist; sondern Er kann allzeit frei reden und lehren, und die Kinder der Kirche haben solches als eine allzeit unwiderlegbare Wahrheit anzuerkennen.

[1.68.5] Wenn demnach die Kirche geschichtlich kundtut, dass Petrus wirklich in Rom gelehrt, daselbst seinen Stuhl aufgerichtet hat und dort auch des Kreuztodes gestorben ist, so ist solches ja eine verbürgte Wahrheit, weil es die Kirche im Vollbesitz des hl. Geistes kundgibt. Da hast du nun deinen verlangten Beweis, und [nun] entferne dich, deinem eigenen Ausspruch nach! Ich wäre zwar nicht schuldig gewesen, dir diese Belehrung zu erteilen, ich habe es aber dennoch getan, um dir dadurch eine größere Verdammnis zu bereiten.

[1.68.6] Nun spreche ich: Gut, mein Freund, und im Ernst trübseligst finsterer Bruder! Ich frage dich, da du mir den kirchlichen hl. Geist so evident darstelltest, wie es denn möglich ist, dass sich der hl. Geist hinsichtlich dieser petrinischen Angabe bei den verschiedenen kirchlichen Geschichtspropheten, die doch sicher samt und sämtlich deiner Aussage zufolge aus dem hl. Geist gesprochen und geschrieben haben, in eben dieser geschichtlichen Aussage über das Dasein Petri in Rom so gewaltig hat irren können? Denn du hast zuvor Petri Anwesenheit in Rom auf drei Jahre lang festgesetzt. Ich kann dich aber versichern, dass mir in dieser Hinsicht kein geschichtlicher Buchstabe, der über Petrus geschrieben wurde, unbekannt ist.

[1.68.7] Wenn du übrigens in dieser Kirchengeschichte nur einigermaßen bewandert bist, so wirst du die Varianten von vierundzwanzig Jahren bis hinab zu deinen drei Jahren doch sicher entdeckt haben. Also wird auch das Sterbejahr dieses Apostels zu Rom höchst verschieden angegeben, und man muss von Glück sprechen, wenn man in dieser Angabe nur eine Variante von einem Jahr entdeckt. Dass diese meine Aussage richtig ist, kannst du aus den verschiedenen Geschichtsschreibern ersehen, denn eure Bibliothek ist zum größten Glück im Besitz aller dieser Aussagen. Nun aber sage mir, welcher schenkst du denn vollkommen deinen Glauben?

[1.68.8] Der Mönch spricht: Das ist schon wieder eine verteufelt fanglustige Frage. Was soll ich dir darauf für eine Antwort geben? Ich sage dir: Der wahre, gehorsame Christ glaubt alles und fragt nicht nach den geschichtlich unrichtigen Daten. Der Grübler aber, der ein Ketzer ist, der grübelt über alles. Finden sich doch auch in der Heiligen Schrift ähnliche Widersprüche vor! Sollten wir sie darum nicht glauben? Wenn du aber schon nicht weißt, wie der hl. Geist spricht, so sage ich dir, dass dieser allzeit nach der inneren Weisheit spricht und solche Aussagen einen ganz anderen Sinn haben, welchen freilich kein Teufel versteht; aber wir Gottesgelehrten kennen diesen Sinn und wissen, was wir glauben. Also habe ich dir auch diese Frage beantwortet, damit dir auch darob desto mehr Verdammnis werde!

[1.68.9] Nun spreche ich: Gut, mein Freund, wenn solches richtig ist, so sehe ich aber durchaus nicht ein, aus welchem Grunde es dem hl. Geist gefallen hat, vom Apostel Paulus Kunde in der Apostelgeschichte als getreu geschrieben zu geben, vom hl. Petro, wie du ihn nennst, aber in dieser Hinsicht nichts zu erwähnen, da er doch zur Gründung der Kirche von Christo aus persönlich berufen ward.

[1.68.10] Paulus ward nur berufen als ein Apostel für die Heiden; von Petro steht nirgends etwas geschrieben, dass ihn der Herr ebenfalls für die Heiden berufen habe. Zudem wusste Petrus die Vortrefflichkeit des Apostels Paulus und sah es nirgends für notwendig an, allda einen Nachapostel zu machen, wo der Paulus irgendeine christliche Gemeinde gestiftet hat. Man weiß wohl aus der Schrift, und zwar vom Paulus selbst, dass er den Petrus einmal zurechtgewiesen habe; aber [von] einen umgekehrten Fall weiß man durchaus nirgends.

[1.68.11] Da aber Petrus, als das erste sichtbare Oberhaupt der Kirche, schon vom Paulus eines Irrtums überwiesen und darob zur Rede gestellt ward, dass ihm der hl. Geist nicht den erforderlichen Dienst geleistet habe, besser gesagt aber, dass er sich wider den hl. Geist ein wenig vergessen hatte, – so könnte man denn doch ja auch annehmen, dass dergleichen gar gewaltig abweichende geschichtliche Datas entweder ganz eigenmächtig aus der Luft gegriffen worden sind, oder man müsste auch hier den hl. Geist einer Untreue beschuldigen.

[1.68.12] Ich weiß aber, dass Christus, der Herr, allen Aposteln eine gleiche Macht gegeben hat, ja selbst, als Er nach Seiner Auferstehung, nach Angabe Johannis, Petrus Ihm folgen hieß, da folgte Ihm auch sogar der Jünger Johannes. Und als sich Petrus darüber aufhielt, da verwies es ihm der Herr und sprach: „Was geht das dich an, so Ich will, dass er bleibe?“ – Welches ebenso viel sagen will, als dass er Mir, dir gleich, folge. Warum denn? Weil der Herr dadurch bestimmt hat anzeigen wollen, dass dieser Jünger in der Verfassung dem Herrn gleich dem Petro unwandelbar und beständig folgen solle. Also sollte er bleiben fortwährend trotz der Einwendung Petri in solcher dem Herrn folgenden Verfassung.

[1.68.13] Ferner weiß ich auch, dass der Herr einmal zufolge der angebrachten Beschwerde Seiner Apostel einen gewissen unberufenen Ketzer Johannes verteidigt hat, und brachte dadurch die Gemüter Seiner eifersüchtigen Apostel wieder zur Ruhe. Ferner wissen wir mit keiner Silbe etwas davon, dass Christus noch irgend ein Apostel irgendeine Tempelerbauung anbefohlen hätte; und von einer nachträglichen Verordnung von Seiten des hl. Geistes wissen wir auch nichts.

[1.68.14] Christus hat wohl gesagt: „Predigt dieses Mein Evangelium allerorts“; aber dass Er auch gesagt hätte: Errichtet Mir Bethäuser, davon steht nirgends auch nur die allerleiseste Erwähnung. Wohl aber wissen wir, dass Er zu dem Weib am Jakobsbrunnen gesprochen hat:

[1.68.15] „Es kommt eine Zeit, und sie ist schon da, wo die wahren Anbeter Gott im Geiste und in der Wahrheit anbeten werden und wird dazu nicht benötigt sein der Tempel zu Jerusalem noch der Berg Garizim, sondern solches wird man allerorts tun können, im Geiste und in der Wahrheit.“

[1.68.16] Wir wissen auch, dass der Herr den Betenden anbefohlen hat, sich ganz allein in ihr Kämmerlein zu begeben; den Aposteln aber sagte Er nicht: Sperrt euch in die Klöster ein, sondern: „Geht hinaus in alle Welt und predigt das Evangelium aller Kreatur!“

[1.68.17] Wenn du aber deine kirchliche Gewaltmanifestation durch den hl. Geist autorisieren willst, so strafst du Christus ja als einen offenbaren Lügner oder als einen unvollkommenen Lehrer, der während Seines Lehramtes nicht wusste, was alles für Seine Lehre notwendig ist, und hat es somit erst gewisserart, verdächtigerweise zufolge lauter widersprechender historischer Daten, nachträglich ausbessern müssen. Er hat nicht eingesehen, dass zur Ausbreitung Seiner Lehre Klöster und Kirchen notwendig sein werden; Er hat nicht eingesehen, dass Petrus in Rom wird müssen Seine Kirche gründen, und da mit der Zeit ein ungeheures Bethaus und ein noch ungeheureres Wohnhaus für Seine Nachfolger wird erbauen lassen.

[1.68.18] So kann auch Christus nicht eingesehen haben, dass mit der Zeit Seiner Kirche große Rangordnungen unter seiner Priesterschaft zur Ausbreitung Seiner Lehre notwendig sein werden, denn hätte Er solches während Seines Lehramtes eingesehen, wie hätte Er da wohl bei der Gelegenheit den Aposteln, als sie Ihn um die Primität fragten, eine der gegenwärtigen kirchlichen Ordnung schnurgerade zuwiderlaufende Antwort geben können, da Er sagte: „Nur Einer unter euch ist der Meister. Dieser bin Ich; ihr aber seid alle Brüder untereinander!“

[1.68.19] Seine Unwissenheit geht demnach aber noch weiter. Wer weiß solches nicht, dass Er sagte: „Niemand ist gut, denn Gott allein! Ihr sollt niemanden Vater nennen; denn nur Einer im Himmel ist euer Vater. Also ist auch niemand heilig, denn Gott allein.“ – Nun aber ist jeder Apostel heilig, und der Nachfolger Petri ist sogar ein heiliger Vater!

[1.68.20] Wenn du, mein lieber Freund, solches recht bedenkst, so musst du bei der allgemeinen Billigung deiner kirchlichen Ordnung Christus ja doch notwendig solcher dir kundgegebenen Schwächen beschuldigen und, wenn du an Seine Gottheit glaubst, auch sagen: Gott sieht auch, wie ein schwacher Mensch, erst nach und nach ein, was das Bessere ist, und ist auch genötigt, Seinen Geschöpfen nachzugeben, auf die Gefahr Seiner ewigen Wahrheit und unendlichen Weisheit.

[1.68.21] Wir wissen wohl, dass der Herr die jüdische Kirche durch Moses und durch die Propheten als eine vorbildende und in allen Teilen auf den Herrn Bezug habende gegründet hat. Solches aber tat Er buchstäblich durch Moses kund. Dass aber der Herr bei Seinem Erscheinen in der allerhöchsten Person Christi abermals eine zeremonielle und bildliche Kirche gegründet habe, davon tat Er nie eine allerleiseste Erwähnung, sondern stellte als die Grundfeste Seiner Lehre nichts als die alleinige Nächstenliebe auf, und dieser als unentbehrlichen Vorgrund die Liebe zu Gott, indem Er doch ausdrücklich sagte: „Liebt euch untereinander, wie Ich euch geliebt habe und noch liebe, so wird man daraus erkennen, dass ihr wahrhaftig Meine Jünger seid.“

[1.68.22] Also sagte Er auch, dass Seine Apostel und Jünger niemanden verdammen sollten und niemanden richten, auf dass sie nicht verdammt und gerichtet würden. Ja, der Herr sagte sogar von Sich Selbst aus, dass Er nicht gekommen sei, um die Welt zu richten, sondern selig zu machen und zu suchen, das da verloren ist.

[1.68.23] Wie habt ihr denn demnach dieser ausdrücklichen Lehre Christi schnurgerade entgegen euch zu Richtern aufwerfen können, und habt euch sogar das zeitliche und ewige Verdammungs- und Todesurteil zugeeignet?

[1.68.24] Könnte etwa auf euch in dieser Hinsicht nicht derjenige Text Christi in Anwendung gebracht werden, wo Er, in Sich erregt, spricht zu denjenigen, die da zu Ihm sagen möchten: Wir haben in Deinem Namen gepredigt, geweissagt und Teufel ausgetrieben:

[1.68.25] „Weicht von Mir, ihr Täter des Übels, Ich habe euch nie gekannt; denn ihr seid es, die da allzeit widerstreben dem heiligen Geist!“

[1.68.26] Ich sage dir demnach, beurteile diese meine Worte genau in dir und gebe mir darüber Antwort. Siehe aber zu, dass du mir mit keiner exorzistischen Ausflucht mehr kommst, sonst werde ich dir die Macht eines anderen Exorzismus zeigen, welche dir deine blinden Augen öffnen wird und du erschauen wirst den Abgrund, der deiner harrt, wenn du in deiner Torheit noch fernerhin hartnäckig verharrst.

[1.68.27] Siehe, der Herr hat Sich euer erbarmt und mich zu eurer Rettung hierher gesandt. Wollt ihr mich hören, so sollt ihr gerettet sein; wo aber nicht, so habe ich auch die Macht, euch jählings dahin zu werfen, da für euch der rechte Platz vom Herrn aus bestimmt ist.

[1.68.28] Seht, der Mönch fängt an, ganz gewaltig zu stutzen und weiß sich nun nicht mehr zu raten und zu helfen. Daher kehrt er um und zieht sich erschrocken zu seiner Gesellschaft zurück. Ziehen daher auch wir ihm nach, auf dass ihr dort selbst seht, wie sich dergleichen Irrtümer in der geistigen Welt arten.

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