(Am 19. Januar 1843 von 4 1/2 – 7 1/4 Uhr abends.)
[1.39.1] Ihr sagt: Aber da geht es steil abwärts, und über so viele Klippen und steile Abhänge führt der Weg! – Ja, ja, meine Lieben! So kommt es aber auch nur euch vor; diejenigen, deren Gemüt für diesen Ort korrespondiert, haben allda eine breite und wohlbetretene Bahn. Gehen wir daher nur mutig drauflos; es wird nicht so lange währen, bis wir die erscheinliche Flammenebene werden erreicht haben.
[1.39.2] Nun seht hinab, wie sich die Flammen nach und nach zu verlieren anfangen, und ihr eine Menge gluterfüllter Stellen ohne Flammen darüber erschaut; aber ihr fragt: Werden wir da etwa müssen auf solcher Glut einhergehen? Ich sage euch: Kümmert euch alles dessen nicht, denn alles dieses sind nur Erscheinlichkeiten und besagen den Gemütszustand derer, die da unten wohnen. „Flamme“ bedeutet die Tätigkeit des Bösen; der über den Flammen emporsteigende „Qualm“ bezeichnet das Grundfalsche, und die „Glut“ bedeutet die völlige Eigenliebe und derzufolge den argen Eifer und den böse gewordenen Willen derjenigen, welche in solcher Eigenliebe sind. Doch wie dieses alles sonderheitlich an Ort und Stelle artet, werdet ihr sobald mit den eigenen Augen erschauen.
[1.39.3] Nun seht abermals hinab; was erblickt ihr jetzt? Ihr sagt: Die Flammen sind gänzlich vergangen und die Glut hat sich in Haufen gesammelt; zwischen den Haufen aber erschauen wir die allerdichteste Nacht. Ihr fragt noch einmal: Wo ist denn der Strom, den wir zuvor ganz glühend da hinabstürzen sahen? – Dieser Strom ist ebenfalls nur eine Erscheinlichkeit und bezeichnet den Zug des Falschen, wie sich dasselbe mündet in das Böse. So bezeichnet auch dieser Abgrund die Tiefe des Bösen, wie dieses ebenfalls schlaue und feindurchdachte Pläne fasst, um sein arges Vorhaben durchzusetzen.
[1.39.4] Da ihr nun solches wisst, so wollen wir nur mutig drauflosgehen, um sobald als möglich an unser Ziel und somit auch zu unserer Gesellschaft zu gelangen. Nur einige Schritte noch, und seht, wir sind schon in der Ebene und somit auch in der vollkommenen Tiefe. Ihr seht nun hier gar nichts, denn die Finsternis ist so groß, dass ihr mit dem Licht eurer Augen ewig nichts auszunehmen imstande wärt. Daher wird es hier nötig sein, dass wir uns so viel Licht schaffen, das uns genügt, um hier etwas auszunehmen, jedoch darf niemand von den hier Seienden von unserem Licht etwas verspüren, und ihr müsst euch da fest an mich halten und keiner Sphäre eines Geistes zu nahe treten, außer nur insoweit, als es euch durch mich gestattet wird.
[1.39.5] Und so denn seht, wir haben nun schon so viel Licht, als es not tut, um diesen Ort zu betrachten. Was bemerkt ihr hier? Ihr sagt aus einem kleinen Fieberzustande heraus: Um des allmächtigen, allbarmherzigen Gottes willen, was ist das doch für ein schauderhafter Ort! Nichts stellt sich unseren Blicken dar, als schwarzer Sand und schwarzes Steingeröll, welches alles den Boden dieser Gegend ausmacht; und zwischen dem Sand und diesem Steingeröll dampft es hie und da so heraus, wie wir öfter gesehen haben auf der Erde, da die Kohle gebrannt wird. Ferner fragt ihr und sagt: Wo sind denn hier Wesen zu sehen? Denn diese Gegend scheint ja wie gänzlich ausgestorben zu sein. – Ja, meine lieben Freunde, solches ist auch nur eine Erscheinlichkeit und bezeichnet den „Tod“! Doch sorgt euch nicht über die Wesenleere dieses Ortes; denn ihr werdet sobald derselben gar reichlichst innewerden.
[1.39.6] Seht, da unfern von uns ist etwas zu sehen, ungefähr so wie bei euch auf der Erde ein ziemlich großer Scheiterhaufenstoß. Diesem Stoß wollen wir uns nahen, und ihr werdet euch sobald überzeugen, was für ein Material das ist. Nun seht, wir sind dem Stoß gerechtermaßen nahe; betrachtet ihn nun ein wenig näher. Nun, was seht ihr? Ihr sagt schon wieder: Aber um des allmächtigen, gerechten Gottes willen! Was ist solches? Da sind ja lauter Menschen gleich den Pickelheringen übereinandergeschichtet und sind dazu noch mit überstarken Ketten an den Boden so befestigt, dass es wohl keinem möglich ist, sich in dieser Lage auch nur im Geringsten rühren zu können. Wenn das durchaus hier der Fall ist, da sieht es mit der sein sollenden, ewig fortzubestehenden Freiheit des Geistes ganz sonderbar schiefrig aus.
[1.39.7] Ja, ja, meine lieben Freunde, so sieht es auf den ersten Augenblick wohl aus, wenn wir die Sache von unserem himmlischen Licht aus betrachten. Darum aber ist es auch nur eine Erscheinlichkeit, die der Wahrheit der Sache entspricht. Im Grunde der Tiefe aber bedeutet eben diese Erscheinlichkeit, wie da eine Gesellschaft von ihrem eigenen Grundfalschen und daraus hervorgehenden Bösen gefangen ist. Gehen wir aber nur weiter und verlassen wir diesen Stoß! Seht, da vorne ist schon wieder ein noch größerer Haufen. Da wir uns schon wieder in seiner rechtmäßigen Nähe befinden, so sagt mir wieder, was ihr da seht. Ihr sagt: Lieber Freund, wir sehen hier nichts anderes als früher; nur ist der Haufen kegelförmig, und über diesen Kegel ist eine Menge Ketten geworfen, mit denen diese Wesen so stark zusammengedrückt sind. Nur können wir nirgends ein Gesicht entdecken, wie es etwa aussieht, weil diese Wesen mit ihren Gesichtern alle abwärts auf den Boden gerichtet sind. Ihr fragt: Lieber Freund, befindet sich etwa auch unser früheres Quartett in diesem Haufen? – Nein, meine lieben Freunde; wir werden zu demselben schon noch kommen. Da wir hier alles gesehen haben, so bewegen wir uns wieder etwas vorwärts.
[1.39.8] Seht, in nicht geringer Entfernung vor uns stellt sich ein förmlicher Berg dar; da wir schon wieder in der gerechten Nähe sind, so betrachtet ihn nur ein wenig. Was seht ihr? Ihr sagt schon wieder: Aber um des allmächtigen, gerechten Gottes willen, was ist denn das?! Das sind zwar ebenfalls lauter menschliche Wesen unter Ketten und eisernen Gittern geschichtet; und zwischen ihnen gibt es auch eine Menge Schlangen und Nattern, die da nach allen Seiten mit ihren abscheulichen Augen herausblicken und hurtig draufloszüngeln. Was besagt solches? – Das besagt eine Gesellschaft, die schon mehr und mehr aus ihrem Falschen in das Böse übergegangen ist. Gehen wir aber nur wieder von da weiterhin vor; und seht, nicht ferne vor uns ist ein ganzes Gebirge, welches ihr mit einem Blick nicht leichtlich überschauen werdet. Solches ist auch nicht not; denn eine Stelle spricht für das Ganze. Und seht, hier ist schon der Fuß eines Ausläufers von diesem Gebirge; betrachtet ihn näher und sagt mir, was ihr seht. Ihr sagt: Da sehen wir ja nichts denn fast lauter niedergeknebelte Ungetüme aller Art; nur hier und da sieht noch ein zerquetschtes Gerippe eines menschlichen Kadavers heraus. Was bedeutet denn solches? – Solches bedeutet die purste Eigenliebe und ist die Erscheinlichkeit weltlicher Macht, Größe und Reichtums, wenn solche Attribute auf der Welt zu eigennützigen, bösen Zwecken gebraucht wurden.
[1.39.9] Aber ihr fragt schon wieder und sagt: Aber lieber Freund, nachdem wir noch gar wohl wissen, dass wir uns in deiner Sphäre und im Grunde auf der geistigen Sonne befinden, allda wir nichts als nur Himmlisches wähnten; wie kommt es denn, dass wir auch die Hölle im vollkommensten Maße antreffen? – Ja, meine lieben Freunde, ist es euch denn nicht gleich bei dem Übergang in die geistige Sonne vom Herrn Selbst erklärt worden, dass das Geistige ist ein Inwendigstes, ein alles Durchdringendes und ein Allumfassendes? Wenn das Geistige also beschaffen ist, so durchdringt es ja alle Planeten und die ganze Sphäre, so weit das Licht der naturmäßigen Sonne dringt; und rein geistig genommen aber noch ums Endlosfache weiter; und sonach befindet ihr euch nun nicht in der Sphäre der eigentlichen Sonne, sondern in der sonderheitlichen Sphäre eures Planeten. Wie aber von der eigentlichen Sonne aus alle Planeten ihr Licht und ihre Wärme empfangen und ihre Wirkung alle diese Planeten durchdringt, so ist es auch der Fall mit der geistigen Sonne, da wir auf den Schwingen ihrer geistigen Strahlen auch das Geistige ihrer Planeten durchblicken. Da wir nun solches näher kennen, so wird es euch hoffentlich doch auch klar sein, dass man auf diesem geistigen Weg auch das geistige Wesen der Hölle, euren Planeten betreffend, ganz klar durchschauen kann.
[1.39.10] Ihr müsst euch überhaupt den Himmel und die Hölle nicht materiell räumlich voneinander entfernt denken, sondern nur zuständlich. Denn räumlich können Himmel und Hölle ganz fest nebeneinander sich also befinden, wie da ein himmlisch guter Mensch neben einem höllisch bösen einhergehen kann, und kann mit selbem sogar auf einer Bank sitzen. Der eine hat in sich den vollkommenen Himmel und der andere die vollkommene Hölle. Zum Beweis dessen könnte ich euch augenblicklich in meiner eigenen Sphäre zeigen, dass sich hier ebenso gut der Himmel wie die nun von euch geschaute Hölle befinden kann; denn ihr schaut ja alles dieses ohnehin nur in meiner Sphäre, und ihr braucht nichts als nur einen Schritt aus dieser meiner Sphäre zu tun, und ihr werdet euch wieder auf demselben Punkt befinden, von dem ihr ursprünglich in meine Sphäre getreten seid. Da ihr nun solches wisst, so können wir uns schon wieder von diesem Gebirge weiterwenden und dieses alles auch von einem anderen Licht aus betrachten.
[1.39.11] Gebet nun Acht, das Licht ist verändert. Wie seht ihr jetzt diesen Berg? Ihr verwundert euch, dass ihr nun statt des Berges auf einmal ganz frei herumwandelnde Gruppen erschaut und sogar allerlei Wohnungen, teils wie schmutzige Kneipen, teils wie alte, schwarze Ritterburgen; und seht sogar alles in einem rötlichen Zwielicht.
[1.39.12] Aber da seht, unfern vor uns steht eine wie an einem Felsengebirge angebaute alte ritterliche Burg; dahin wollen wir uns denn auch begeben. Seht, wir sind schon da; die Pforte ist offen. Wir sind hier unsichtbar, somit begeben wir uns auch in diese Burg und wollen da sehen, wie es zugeht. Nun seht, da ist schon der erste Saal. Seine Wände sind behangen mit allerlei Mord- und Marterwerkzeugen. Und seht, dort im Hintergrund sitzt der vermeintliche Burgherr auf einem Thron und berät sich mit seinen Spießgesellen, wie sie es anstellen sollen, um sich der Güter und Schätze eines nachbarlichen ähnlichen Burgeigentümers zu bemächtigen. Hört, wie er ihnen aufträgt, dass sie die beabsichtigte Burg ganz in aller Stille überfallen, dann schonungslos alles, was da lebt, rein niedermetzeln und sodann nach den Schätzen greifen sollen. Sollte sich aber jemand ihnen wie unbesiegbar widersetzen, so sollen sie ihn wieder hierherbringen also, wie sie es schon zu öfteren Malen gemacht haben, allda sich dann ein solcher Gefangener wird die allerpeinlichsten Martern gefallen lassen müssen. Nun, der Rat ist beschlossen und beendet; alles ergreift die Waffen und rennt hinaus. Da wir hier nichts mehr zu machen haben, so rennen wir ihnen auch nach.
[1.39.13] Seht, dort nicht ferne vor uns ist schon die beabsichtigte Burg. Sie wird umringt, und nun seht, das fürchterliche Gemetzel beginnt, die argen Wesen kämpfen wütend gegeneinander. Und seht, wie da die Bewohner dieser zweiten Burg in Stücke zerhauen werden. Und seht ferner, da bringen die Spießgesellen unseres vorigen Burginhabers ja soeben geknebelt unser bekanntes Quartett daher. Schließen wir uns an und behorchen jetzt ein wenig des Zuges Zwiegespräch. Hört, der Mann spricht zum Weib: O du elende Schlange, jetzt erkenne ich dich; meine bittere Ahnung hat mir heimlich immer zugeflüstert, was für eines elenden Geistes Kind du bist! Sieh, das ist jetzt die hohe Schule und dein erbärmliches Licht, von dem du mir listigerweise als ein geistig erfahrenes Wesen vorgeheuchelt und vorgelogen hast. Und dieser nun mit uns geknebelte Bösewicht von einem Professor dieser hohen Schule ist nun auch mit uns in dieser schauerlichen Gefangenschaft, der sicher das schrecklichste Los bevorsteht!
[1.39.14] Das Weib spricht: Wie kannst du denn so von mir denken? Wer kann für ein unvorhergesehenes Unglück? Ich habe es mit dir ja doch nur gut gemeint. – Der Mann spricht: Schweige nun, du elende Schlange. Dir allein hab ich es zu verdanken, dass ich mich jetzt in der offenbaren Hölle befinde. Zwischen mir und dir sei auf ewig jeglicher Bund gebrochen. Und Du, mein Jesus, auf den ich mich immer berufen habe, helfe mir aus dieser meiner schrecklichen Gefangenschaft; ich will ja lieber nach Deinem allerheiligsten Willen viele tausend Jahre auf demjenigen finsteren Ort herumwandeln und dort abbüßen alle meine Gebrechen, als hier nur einen Augenblick länger noch in diesem Schreckensort verbleiben, der so ganz und gar von aller Deiner Gnade und Erbarmung für ewig ausgeschlossen zu sein scheint! O Jesus, helfe mir! O Jesus, rette mich!
[1.39.15] Nun seht, diesem Zug entgegen eilen soeben zwei Vermummte; seht, jetzt sind sie schon daran. Sie enthüllen sich, und wie ihr seht, so sind es zwei strafende Engel des Herrn. Ein jeder hat ein flammendes Schwert in der Hand; der eine macht einen Zug über die besiegte Burg und die zerfleischten und zerhauenen Wesen ergreifen sich wieder zu ganzen Gestalten und wehklagen über die erlittene Unbild. Und der andere Engel zieht sein Schwert über die frühere berüchtigte Burg, und die ganze Burg steht, wie ihr seht, in Flammen, und brennende und heulende Gestalten stürzen sich allenthalben aus den Öffnungen, Fenstern und Türen heraus und fluchen diesen rächenden zwei Engeln.
[1.39.16] Wieder seht, ein Engel haut mit seinem flammenden Schwert mitten in unser Quartett hinein. Die Ketten sind gelöst; der Mann fällt vor diesen zweien auf sein Angesicht nieder und bittet sie um gnädige Rettung. Und seht, der eine Engel ergreift ihn und zieht ihn mit sich. Das Weib aber ergreift ihn auch und schreit um Gnade und Erbarmen zu ihrem Mann, dass er sie ja nicht verlassen soll. Seht, wie lange sie sich samt dem Mann von dem Engelsgeist fortschleppen lässt! Jetzt seht, die beiden Engel erheben sich aufwärts, und der eine trägt den Mann. Das Weib aber lässt sich mittragen und lässt den Mann nicht aus. Jetzt erst, schon in großer Höhe, macht der andere Engel mit seinem Schwert einen Streifhieb, und löst damit mühevoll das Weib von dem Mann. Sie stürzt nun jählings heulend in ihr Element zurück, und der Mann wird an die Grenze des Kinderreichs geführt, da es aber noch sehr mager und dunkel aussieht.
[1.39.17] Nun habt ihr gesehen, und das zwar noch die beste Art einer solchen Löse. Es gibt aber deren noch eine zahllose Menge von viel schrecklicherer und hartnäckigerer Art, deren Anblick, selbst durch das Wort gegeben, ihr schwerlich ertragen würdet. Daher wollen wir uns wieder in unsere vorige Gegend zurück begeben und von dieser dann übergehen in die Gegend des Mittags. Und somit gut für heute!
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