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139. Die reine Liebe Lamechs zu Emanuel

Am 3. November 1841

[1.139.1] Nach dieser Erklärung Emanuels dankten, von der höchsten Liebe ergriffen, alle die Kinder samt dem überzerknirschten Adam dem Abba im Emanuel, und alle richteten ihre Blicke auf den Emanuel nun und konnten sich an Ihm nicht satt sehen, obschon Er Seine vorige Asmahaelsgestalt nicht um ein Haar geändert hatte. Und ein jeder sagte bei sich selbst in größter Freude, selbst Henoch nicht ausgenommen: „Da ist also nun Der, über den so oft schon geredet wurde, dass Er ist Gott der Ewige, der unendlich Mächtige, der Schöpfer Himmels und der Erde und aller Dinge auf ihr, und dass Er allein der wahre Vater aller Menschen und voll der höchsten Liebe und Erbarmung zu ihnen und übervoll der höchsten, unendlichen Weisheit ist!

[1.139.2] Wenn Er nur wollte, vergingen da nicht augenblicklich wir und alle Dinge, als wenn sie nie gewesen wären?!

[1.139.3] Und dieser Gott, allmächtig, ist jetzt unter uns, der unendliche, der ewige Gott! Also wahrhaft nun Emanuel!“

[1.139.4] „Ja, ja,“ sagte laut der junge Lamech zum Mathusalah: „Er ist es ganz bestimmt; ich möchte grad vergehen vor Liebe! Wie doch so überaus unbegreiflich lieb, mild, sanft, gut und dabei doch so voll hohen Ernstes Er aussieht!

[1.139.5] O Vater! Wenn ich mich getraute, so möchte ich nur hinfallen zu Ihm und Ihn dann vor lauter Liebe so drücken an mich und Ihn aber auch nie mehr auslassen mein ganzes Leben lang, dass ich darob sterben könnte und möchte!

[1.139.6] Meinst du, Vater, so ich solches täte, wäre das eine Sünde oder doch wenigstens eine grobe Unart?

[1.139.7] Ach siehe, wie Er Sich nun bald mit dem einen, bald mit dem anderen so mächtig liebevoll bespricht! O wie unendlich lieb Er doch ist!

[1.139.8] Nein, Vater Mathusalah, jetzt halte ich es nicht mehr aus; ich muss, muss zu Ihm!

[1.139.9] Siehe, sogar die Steine, die wir jetzt hierhergebracht haben, hilft Er dem Henoch auf das Herrlichste ordnen.

[1.139.10] O Vater, sehe, sehe, Der, der einst Himmel und Erde und alle Dinge auf ihr durch Sein mächtiges Wort erschaffen hatte, Der – o welch ein Anblick! – Der hilft nun dem Henoch diesen kleinen Opferaltar erbauen!

[1.139.11] O Gott, mein Gott, mein lieber Vater, wie überaus gut bist Du; was für ein guter Vater bist Du!

[1.139.12] O wenn ich mich doch getraute! Aber Er kommt mir doch zu heilig vor! Ja, heilig ist Er, überheilig! Aber meine Liebe ist zu mächtig, als dass mich Seine Heiligkeit von Ihm nun mehr abhalten könnte!

[1.139.13] Wer weiß es, wie lange Er noch bei uns verweilen wird; darum nur mutig darauf los!“

[1.139.14] Bei diesen Worten wollte der Lamech auch davonspringen hin zum Emanuel; allein der Mathusalah hielt ihn, ihn beim Kleide fassend, zurück und sagte zu ihm in einer halblauten Sprache:

[1.139.15] „Was tust du, unbändiger Junge! Bedenke doch nur, wer der Emanuel ist! Mein Herz ist ja eben auch brennvoll von Liebe zu Ihm! Aber man muss Gott nicht so lieben, wie man seinesgleichen liebt, sondern mit der allerhöchsten Hochachtung, allein stille im Herzen anbetend, muss man Gott lieben, – aber nicht auf eine so unbändige Weise!

[1.139.16] Hast du denn nicht vorhin gehört, wie Er Selbst es gesagt hatte, dass Er auf nichts denn allein auf das Herz sehe und auf nichts anderes?! Daher tue das, was da recht ist nach Seinem eigenen Willen und vergesse nicht der hohen, heiligen Achtung, die wir alle nebst der höchsten, innersten Liebe Gott schuldig, ja ewig schuldig sind! Amen!“

[1.139.17] Und Lamech entgegnete dem Mathusalah: „Vater, du magst das Amen noch tausend Male hintereinander aussprechen, so nützt es zur Liebestillung in mir zum Emanuel für diesmal soviel wie gar nichts! Lamech, dein Sohn, ist dir noch nie ungehorsam gewesen, aber diesmal wird er den Gehorsam brechen und wird seine Liebe nimmer mäßigen, sondern tun nach seinem Herzen; denn wahrlich, tausend Väter wie du sind mir nun um einen Liebesblick Emanuels feil.

[1.139.18] Daher lasse mich tun, und halte mich nicht auf auf dem Weg zu meinem Gott und deinem Gott und zu meinem Vater und deinem Vater! Und nun sage ich Amen!“

[1.139.19] Und alsbald riss sich Lamech los und sprang mit großer Hast davon und hin zum Emanuel.

[1.139.20] Als er aber vollends an den Emanuel kam, da stellte sich Emanuel, als wenn Er den Lamech nicht bemerkte. Und den Lamech ergriff ein Bangen, von der höchsten Liebe untermengt, so dass er sich doch nicht getraute, den Emanuel anzurühren, und fing bei sich an zu denken, ob es etwa doch gefehlt war, dass er nicht gehorchte dem Vater Mathusalah.

[1.139.21] Doch aber wieder dachte er: „Die Liebe, die reine, unbestochene, ohne allen Eigennutz im Herzen zu Gott emporgewachsene und gewaltig erstarkte Liebe, ist sie nicht frei und höher und heiliger und mehr, viel mehr, als alle menschlichen Ansichten und danach gestellten Forderungen?

[1.139.22] Ja, sie muss mehr sein, ja unendlich mehr, weil der Gegenstand, den sie erfasst hat, auch unendlichmal mehr ist als alle Menschen und menschlichen Väter auf dieser ganzen Erde! Daher –“

[1.139.23] Bei diesen Worten sah Sich Emanuel um, und der Lamech verstummte, vor Liebe weinend.

[1.139.24] Emanuel aber fragte den Lamech mit der höchsten Sanftmut: „Mein geliebter Lamech, was fehlt dir, dass du nun dastehst und weinst?“

[1.139.25] Und der Lamech entgegnete überrascht: „O Emanuel Abba, wie magst Du mich fragen? Du, dem der verborgenste Gedanke schon um eine Ewigkeit früher bekannt ist, als er noch von jemand Erschaffenem gedacht wurde!

[1.139.26] O Emanuel Abba! Der Du die Not jedes Grases, jedes Sonnenstäubchens kennst, wirst ja auch die große, süße Not meines Herzens sicher nicht übersehen! O Emanuel Abba! Vergebe mir, wenn Dir etwa meine unbändige Liebe zu Dir missfallen sollte!“

[1.139.27] Und der Emanuel bemerkte darauf dem Lamech: „Mein geliebter Lamech, siehe, dein Vater aber ist traurig deines Ungehorsams willen! Sage Mir, ist es recht, den Vater zu kränken?“

[1.139.28] Und der Lamech entgegnete: „O Emanuel, ich möchte sagen: Fluch dem Kind, das da zuleide tut seinem Vater! Und wie Du es weißt, habe ich diesen Fluch niemals verdient; jedoch jetzt, da Du, unser wahrer, ewiger, heiliger Vater, unter uns bist, ließ sich mein Herz aus zu mächtiger freier Liebe zu Dir nicht mehr bändigen, und so wurde ich aus dieser mir über alles heiligen Liebe zu Dir, meinem Vater, zum ersten Mal ungehorsam, und das zwar in der sichersten Hoffnung, dass Du mir diesen Fehler ja nicht zu hoch anrechnen und ihn bei meinem Vater schon wieder gutmachen wirst.“

[1.139.29] Und der Emanuel sagte wieder zum Lamech: „Lamech! Was würdest denn du nun tun, wenn Ich dir diesen Fehler denn doch sehr hoch anrechnen möchte, also zwar, dass Ich dich darum von Mir und Meiner Liebe und Gnade weisen möchte?“

[1.139.30] Und der Lamech, darauf etwas traurig gemacht, erwiderte in einem wehmütigen Ton, sagend: „O Emanuel! Du allein nur siehst und kannst gerecht und richtig beurteilen, wie da beschaffen ist unser Herz! Ich kann gefehlt haben; allein ich bin blind und sehe den Fehler nicht, denn nur, dass ich aus Liebe zu Dir, wie ich’s nun überklar empfinde, nicht nur meinen irdischen Vater Mathusalah, sondern, wie gesagt, tausend Väter mit der ganzen Welt verlassen möchte!

[1.139.31] Du kannst mich auch strafen, so wird meine Liebe zu Dir doch in ihrer Stärke von mir aus nicht eher vergehen, als bis ich selbst vergehen werde vor Dir, Du heiliger Vater!

[1.139.32] O Emanuel, siehe, ich verlange ja nichts von Dir als nur, dass Du Dich von mir möchtest lieben lassen! Du hast den Henoch für seine Liebe unsterblich gemacht. Siehe, ich verlange solche Gnade nicht von Dir und bin derselben auch nicht wert; so lasse mich sterben, aber doch also, dass ich noch sterbend Dich lieben dürfte.

[1.139.33] O Emanuel, vergebe mir meine Worte, darum ich nichts dafürkann, dass mein noch lebendes Herz solches zu sagen meine Zunge nötigt! Dein heiliger Wille! Amen.“

[1.139.34] Hier bewegte Sich Emanuel, und Sein Antlitz wurde strahlend gleich der Sonne, dass alle darob zur Erde niederfielen; und also blickte Er auf zum Himmel und sagte:

[1.139.35] „O Liebe, du reine, heilige, ewige Liebe, du hast gesiegt und wirst Siegerin bleiben ewig! Du Himmel, du Sonne, du Erde, ihr werdet vergehen, und es wird von euch keine Spur mehr übrigbleiben, ja es wird vergehen alle Majestät, Pracht und Herrlichkeit; allein du, heilige Liebe, du wirst bestehen und nimmer vergehen!

[1.139.36] Stehe auf, Lamech! Du hast gesiegt; ja Ich sage dir, du hast einen großen Sieg erfochten! Siehe, Mich, deinen Gott und Vater, hast du überwunden! Jetzt erst hast du Mich, jetzt darfst und kannst du Mich lieben aus allen deinen Kräften; denn du hast mit deinem Vater und mit Mir um Mich gerungen und wolltest sterben und vergehen um Meine Liebe. Siehe, jetzt bin Ich dein Siegespfand; nun erfasse Mich nach deiner Lust!“

[1.139.37] Hier umklammerte Lamech Emanuels Füße und sprach: „O Emanuel Abba! Jetzt lasse mich sterben, denn meine Liebe ist belohnt; denn nichts denn das verlangte mein Herz. Dein heiliger Wille! Amen.“

[1.139.38] Und der Emanuel hob den Lamech empor und drückte ihn an das heilige Vaterherz, sagend: „Lamech, meinst du, du könntest sterben in solcher Liebe zu Mir? Wahrlich, Himmel und Erde werden vergehen, aber solche Liebe ewig nimmer; denn das ist das ewige, unvergängliche Leben, so jemand Mich liebt wie du!

[1.139.39] Dich aber segne Ich nun, auf dass der Henoch und alle sehen mögen, wie getreu Ich in allen Meinen Verheißungen bin.

[1.139.40] Einen Sohn werde Ich dir geben dereinst; dieser wird ein Retter des Volkes werden, und Tiere sollen verschont werden von Meinem Zorn, die er ansehen wird; und er wird Mir diesen Altar wieder errichten, den Mir jetzt der Henoch erbaut hat.

[1.139.41] Dafür, dass du aber nun für Mich aus Liebe sterben wolltest, siehe, solches werde Ich aus Liebe dereinst tun für dein Geschlecht und für alles Fleisch, damit sie alle gewonnen werden fürs ewige Leben!

[1.139.42] O du Mein Lamech du, du bleibst nun bei Mir und Ich bei dir ewig! Amen.“

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