[1.114.1] Und nachdem den beiden der Henoch noch obendrauf ganz besondere Aufmerksamkeit empfahl für jegliches Wort aus dem Munde Asmahaels, entfernte er sich wieder und ging hin zum Vater Jared und harrte dort bis zum Zeichen des Aufbruchs zur Weiterreise gen Mitternacht, welches aber jedoch noch nicht gar zu bald gegeben wurde; denn der Tag war heiß, und den alten Vätern schmeckte zu sehr die kühlende Ruhe unter den breiten und dichten Bahahania- (auch wohl Bahania-)blättern.
[1.114.2] Die beiden aber hatten unter sich doch keine Ruhe, – und ganz besonders war der Lamech ein Ruhestörer, der alsbald wieder zu reden begann, sagend nämlich:
[1.114.3] „Höre du, Vater Mathusalah, was war denn nun wieder das?! Was hat denn nun der Vater Henoch, den wir doch um keine Erklärung gebeten haben, mit dieser seiner Rede sagen wollen?
[1.114.4] Es geht nun alles so gespannt her; jedes Wort ist eine Predigt, und es redet der Vater mit dem Sohn, als wäre der Sohn seiner Rede nicht wert, und der Sohn scheint des Vaters Wort oft ganz zu überhören oder doch wenigstens nicht zu verstehen. Siehe, bei uns zweien ist’s jetzt schon der Fall: Der Vater Henoch hat gesprochen und wenigstens ich habe ganz entsetzlich wenig davon verstanden, außer dass wir uns recht fest an den Asmahael halten sollen, und dass uns morgen alles klar wird.
[1.114.5] Was er aber da vom Stein geredet hatte und vom Leben und vom Rat und Urteil, das alles, lieber Vater, ist für mich so gut, als hätte ich nichts vernommen.
[1.114.6] Hast du, lieber Vater, aber etwas verstanden, so teile es mir mit; jedoch, sollte es dir etwa gehen wie mir, da bleibt uns freilich wohl nichts anderes übrig, als schön ruhig dem Beispiel der Großväter zu folgen und im Namen des großen Gottes ganz geduldig zu harren bis zum morgigen Tag, allda sich dann wohl zeigen wird, was alles für Lichtfrüchte für uns zum Vorschein kommen werden. Also, so du etwas weißt, lieber Vater! Amen.“
[1.114.7] Und der Mathusalah erwiderte dem Sohn: „Mein geliebter Sohn, der dir auf jegliche deiner Fragen eine Antwort geben müsste, der müsste dazu mit zehn Zungen und ebenso viel Lungen versehen sein; denn dein Leben ist nichts als eine große, langgedehnte Frage, – und auf der Erde wächst nun noch kein Baum, der da groß und stark genug wäre, dass auf ihm zur Reife gelangen möchte eine solche Frucht, die für deine Frage eine hinreichend große Antwort enthielte!
[1.114.8] Was soll ich reden? Hast du denn nicht vernommen fürs Erste das Wort Asmahaels selbst und hernach an meiner statt das des Vaters Henoch?
[1.114.9] Denke nur im Stillen bei dir darüber nach, und so es des großen Herrn Wille ist, wird es dir schon nach und nach heller und stets heller darüber werden! Was ist alle unsere Hilfe, was unser Licht, wenn alles dieses nicht von oben gegeben wird?
[1.114.10] Es ist aber alle Menschenhilfe zu nichts nütze, und der Menschen Licht ist nichts denn die allerbarste Finsternis. Wenn sich daher Menschen helfen, da beschädigt einer den anderen nur; und wenn einer den anderen erleuchten will, da verfinstert er den anderen nur!
[1.114.11] Siehe, daher reinige nur im Stillen emsig das heilige Liebeflämmchen in deinem Herzen, sodann wirst du bald aller fremden Erleuchtung leicht rathalten können; denn ein göttlich Fünkchen ist mehr wert als ein ganzer Himmel voll Sonnen, Monde und Sterne von schönster, hellster Art!
[1.114.12] Daher sei ruhig und stille nun und geduldig bis auf den vielverheißenden Morgen! Amen; höre, amen.“
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