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102. Wenn sich Menschen größer vorkommen als Gott

[1.102.1] Kaum hatte Jared sein letztes Wörtlein ausgesprochen, so war Asmahael auch schon zwischen beide getreten; denn vorher unterhielt Er sich mit manchen Kindern des Abends, da Er sie über manches befragte und auch wieder belehrte.

[1.102.2] Die beiden waren nun anfangs ein wenig verblüfft, fassten sich jedoch bald, und der Henoch fragte den Asmahael: „Allergeliebtester Asmahael, was soll nun geschehen, sollen wir noch verweilen oder uns zur Weiterreise anschicken?“

[1.102.3] Asmahael aber sagte: „Darum kam Ich nicht zu euch, dass Ich dir nun diese deine Notfrage lösen soll, sondern darum kam Ich hierher, dieweil Ich unter euch beiden eine große Liebe zu Mir entdeckt habe!

[1.102.4] Jared, freue dich, dass Ich bei dir einziehe, und du, Henoch, auch, dass du Meine Liebe so hoch achtest! Denn da Ich einziehe, wird der Tod nie ein Erntefest halten; da ch aber nicht einziehe, wehe der Wohnung! Denn da wird des Jammers kein Ende werden, und der Tod wird hausen in all den Gemächern eines solchen Hauses, da Ich nicht einziehen möchte.

[1.102.5] Wahrlich, Ich sage dir, Jared, der Mich zum Gast hat, der hat alles; der Mich aber von sich gewiesen hat, der hat alles verloren.

[1.102.6] Wenn dir der am Morgen aus der Tiefe demütigst zu euch gekommene Mensch etwas sonderbar auch vorkommt und du dir sein Wesen auch nicht ganz klar zusammenreimen kannst, so denke, dass auch Gott Sich das nicht recht zusammenreimen kann und will, wie die Menschen als Seine Geschöpfe sich mögen größer dünken, denn Gott Selbst Sich von Ewigkeit her über und über lebendig empfindet!

[1.102.7] Siehe, die Menschen richten eins das andere, während Gott doch tagtäglich über alles Seine Sonne aufgehen und über die ganze Erde Seinen Regen fallen lässt!

[1.102.8] Die Menschen machen Unterschiede und halten nicht alle ihrer Weisheit würdig; Gott aber, der große Lehrer aller Sonnen, Geister, Erden und aller Menschen, verabscheut es nicht und hält es nicht unter Seiner Würde, dem Wurm im Staub und der Schmeißfliege wie allem anderen Getier, und möchte es noch so klein und unansehnlich sein, ein allerweisester Lehrer zu sein! Die Menschen halten ihre Wohnhütten für heilig und lassen ihre eigenen Kinder und Brüder auf ihre Angesichter vor denselben fallen, während Gott sogar das gemeinste Tier auf der Erde frei und ohne alles Aufs-Angesicht-Niederfallen herumwandeln lässt.

[1.102.9] Die Menschen fluchen denjenigen und strafen sie hart, die sich je gegen ihren Willen in etwas versündigt haben; Gott aber segnet sogar die Steine und hat die größte Erbarmung gegen jeden Irrenden und flucht nicht und ist von größter Geduld, Sanftmut und überaus zurückhaltend in Seinen Gerichten.

[1.102.10] Wenn Menschen sich zu Gott wenden, da tun sie, als wenn sie selbst Götter wären. Wehe dem, der sie da beirren möchte oder nicht die allerhöchste Achtung hätte vor ihnen, wenn sie Gottes sogenannte Dienste verrichten! Besonders wenn sie ihr Opfer verrichten, sind sie auch zugleich am allerbösesten, so zwar, dass, so da jemand käme und fiele nicht alsogleich auf sein Angesicht vor ihnen und dem Brandopfer nieder, er dann alsbald für alle Zeiten verbannt, wo nicht gar halb getötet werden möchte; verflucht würde er auf jeden Fall werden.

[1.102.11] So aber Gott zu den Menschen kommt, da kommt Er als ein Diener in aller demütigen Niedrigkeit und zeigt dann, dass Er an all solchen sogenannten Gottesdiensten kein Wohlgefallen hat!

[1.102.12] Siehe, wenn Menschen gewisser Art göttlich dienstliche Werke verrichten, da soll alles niederfallen und vor lauter Ehrfurcht zittern; aber wenn sie tagtäglich sehen, wie Gott vor ihnen und für sie die größten Wunderwerke verrichtet, da fällt vor dem wahren, großen Gottesdienst, den Gott Selbst verrichtet, kein Mensch auf sein Angesicht nieder, was Gott auch nicht verlangt und ewig nie verlangen wird!

[1.102.13] Siehe also, Jared, nicht allein dir kommt manches ungereimt vor, sondern auch für Gott gibt es eine Menge solcher Tatungereimtheiten von Seiten der Menschen. Daher kümmere dich nicht um Mich, sondern sei froh und guten Mutes; denn du hast das Leben bei dir aufgenommen! Amen.“

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