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272. Schwierige Mission der drei Theologen. Gleichnis vom Fernrohr. Missionsregeln. Der beste Weg.

[2.272.1] Nach diesen Meinen Worten entfernen sich nun die drei zweiten, zu ihrer großen Schar zurückkehrend, und beginnen dort sogleich mit entschiedenem Ernst, das ihnen gegebene Amt zu verwalten. Aber sie finden durchgängig eine sehr schlechte Aufnahme. Fast alles fängt an zurückzugehen und verwünscht die Apostel.

[2.272.2] Nur einige wenige sagen: „Ja, so wir das aus Seinem Mund vernähmen, dann ginge es mit unserer Glaubensänderung sicher besser vonstatten; aber so kommt die Sache uns eben doch sehr ketzerisch vor und wir finden es zu gewagt, uns euch sogleich anzuschließen. Es liegt in eurer Aussage zwar sehr viele Konsequenz; es kommt da wirklich an auf eins zwei und auf zwei drei und so fort. Das sehen wir recht gut ein, aber die Sache an und für sich ist zu wenig orthodox und zu undogmatisch und kann vor dem Forum des Papstes nicht auftreten und noch weniger angenommen werden.“

[2.272.3] Sagen die drei Gesandten: „Sind wir denn etwa noch auf der Erde, wo der Papst das sichtbare Oberhaupt der Kirche ist oder wenigstens sein will und von vielen blinden Narren dafür gehalten wird, zu denen weiland auch wir gehörten? Wir leben nun ja schon eine geraume Zeit in der Geisterwelt, und wir kennen kein Dogma, das an uns die Forderung stellte, den Papst auch nach dem Leibestod in der Geisterwelt als das Oberhaupt der Christenheit anzusehen. Es genügt, dass wir uns auf der Erde vom Papst haben breit- und blauschlagen lassen. Hier hat der Papst ein Ende, und wir gehören allein Gott, dem Herrn Jesu Christus an. Dem aber wird es etwa doch freistehen, für die Geister an Seiner irdischen Lehre so manches zu ändern und den einzelnen Lehren eine ganz andere Exegese zu geben, indem Geist und Materie denn doch sehr stark zweierlei sind. Oder meint ihr denn etwa doch im Ernst, dass Sich Christus der Herr auch hier in Seinem Reich den dummen und selbstsüchtigen Anordnungen eines Papstes unterziehen wird? Wahrlich, mit solch einer allerwahnsinnigsten Meinung wäret ihr doch auf dem allervermodertsten Holzweg!“

[2.272.4] Auf diese ganz energisch gehaltene Rede fangen mehrere hinter den Ohren sich sehr stark zu kratzen an und sagen: „Bei Gott, ihr redet keine leeren Worte! Da ist etwas daran! Aber habt eine kleine Geduld, wir wollen uns zuvor mit unseren Weibern und Freunden besprechen und beraten und sehen, was diese dazu sagen werden.“ – Sagen die drei: „Dann fahrt nur ab, denn so euch am Rat eurer Weiber und Freunde mehr gelegen ist, als an der Wahrheit Gottes, da seid ihr Gottes auch nicht wert und könnt daher euer künftiges Wohl auch bei euren Weibern und Freunden suchen; aber von Gott werdet ihr keines zu erhoffen haben.“

(Am 30. Okt. 1850)

[2.272.5] Sagen die sich Entschuldigenden: „Aber unsere Weiber – die wir freilich erst in der Geisterwelt uns genommen haben, weil uns auf der Welt der über alle menschliche Begriffe dumme Zölibat daran hinderte – und unsere sonstigen Freunde sind denn ja doch auch berufen, die Wahrheit zu vernehmen und so zur rechten Religion und zu einem lebendigen Glauben zu gelangen. Wir gehen daher ja gerade nicht deshalb allein hin, um uns mit ihnen zu besprechen und zu beraten, sondern um sie vielmehr für die Wahrheit mit zu gewinnen.“

[2.272.6] Sagen die drei Abgesandten: „Da muss zuvor die Wahrheit in euch sein und ihr müsst vollends ihr angehören! Ist aber die Wahrheit noch lange nicht in euch und könnt ihr derselben somit auch nicht angehören – wie wollt ihr dann eure ganz verkehrten Weiber und Freunde in die Wahrheit aus und in Gott führen und sie in ihr erhalten? Seht, alle Wahrheit gleicht einem Fernrohr mit einer tausendmaligen Vergrößerung. Sieht man am rechten Ort durch dasselbe nach den Sternen, so werden die Sterne groß und hell erscheinen, und auf einem Fleck, da man mit freiem Auge nur einen einzigen, kleinen Stern zu sehen wähnte, wird man einen sogenannten Nebelfleck in Millionen Sternlein aufgelöst erschauen. Sieht man aber durch dasselbe Fernrohr in verkehrter Art, d. h. technisch gesprochen, durch das Objektivglas, so entweichen alle Sterne in eine unermessliche Tiefe zurück und das Auge des Beschauers gewahrt dann sogar von den Sternen erster Größe nichts mehr. Ja, sogar die große Sonne, also verkehrt durch das Fernrohr gesehen, wird zu einem Schimmerpunkt in des Himmels Tiefe zurückgedrängt, dass dadurch ihr Licht und ihre Wärme tief unter alle Nullen zu stehen kommen wird.

[2.272.7] So ihr aber nun euren Weibern und Freunden wollt durch bei euch selbst noch sehr verkehrte Fernrohre die Himmelslichter der ewigen Wahrheit erschauen lassen, da fragt euch selbst, was eure Weiber und Freunde zu sehen bekommen werden?! Ihr seid also noch gleich den verkehrt gegen die Sterne des Himmels aufgestellten Fernrohre und niemand mag durch euch eine Wahrheit erschauen. Das große Licht der Sonne, das da gleichbedeutend ist mit dem ersten klaren Begriff von Gott, wird bei euch sogestaltig noch sehr in Frage gestellt, ob es wohl die Sonne und nicht den Mond darstelle. Wie soll es dann bei euch mit den zahllosen anderen Lichtern aussehen, von denen ihr doch unmöglich bei euren bisherigen ganz verkehrten Betrachtungen eine Spur haben könnt? Ihr wisst nun, wie ihr steht. Tut, was ihr wollt. Geht! Ob ihr aber wiederkehren werdet, das ziehen wir in einen sehr starken Zweifel; denn wir kennen die Macht eurer Weiber über euch!“

[2.272.8] Hier fangen die Entschuldiger noch mehr hinter den Ohren zu kratzen an, und einer aus ihnen sagt: „Freunde, die reden wie ein Buch Gottes! Nicht mit einer Silbe könnte ich ihnen eine Einwendung machen. Wie wäre es denn, so wir hier blieben und ließen die drei zu unseren Weibern und Freunden hinziehen?“ – Sagt ein anderer: „Da haben wir unsere Weiber ehedem zum letzten Mal gesehen und gesprochen.“ – Sagt der erste: „Und was liegt daran? Ein bisschen Hölle weniger um uns her kann uns doch nur eher nützen als schaden. Denn für das bisschen schmutzigen Vergnügens, was uns unsere Weiber gewähren, finden wir bald irgendeinen Ersatz. Ich bleibe einmal! Wer noch?“ – Sagt ein anderer: „Bruder! Wenn du bleibst, da bleibe auch ich! Und die anderen sollen machen, was sie wollen.“

[2.272.9] Sagen die drei: „So ist es recht! Niemanden einen Zwang in der Sache des Glaubens antun, den rechten Weg zeigen und die Gefahren des unrechten Weges auch! Dann sich aber um niemand mehr kümmern, sondern dafür lieber selbst am rechten Weg bleiben! Denn unseres Dafürhaltens ist es besser, selbst auf den Wegen des Lichtes und des Lebens zu wandeln – als Tausende auf den rechten Weg hinzudrängen, dabei aber selbst in den Pfützen und Morasten, wo man leicht versinken kann, herumzutaumeln und einen festen Grund dort zu suchen, wo es sicher keinen gibt. Wer etwas Schweres heben will, muss einen festen Boden zuallererst haben, sonst versinkt er samt der Last in den Boden. Hat er aber einen festen Boden gefunden, so darf er sich nicht über eine größere Last wagen, als nur über eine solche, für die seine Kräfte ausreichen; sonst wird die Last ein Meister seiner Kräfte und er wird ihr unterliegen. Und wer endlich jemanden, der blind ist, führen will, der muss sehen. Denn so ein Blinder den andern führt, da werden gar bald beide in der Grube sich befinden. Was man geben will, das muss man zuvor selbst haben, sonst wird das Geben eine leere Maulmacherei und eine der lächerlichsten Lügen. Oder kann ein Weib dem anderen Weib eine Frucht erwecken? Weiber können wohl auch miteinander gäulen und Onanie treiben, aber mit der Frucht wird es ewig einen allernichtigsten Faden haben. So ihr also beide bleibt, da tut ihr wohl! Aber bereden sollt ihr die anderen nicht, dass sie auch bleiben sollen.“

[2.272.10] Die zwei bleiben nun, und die anderen gehen ab, um ihren Weibern und Freunden das zu vermelden, was sie nun gehört haben. Aber sie kommen da sehr übel an. Denn fürs Erste werden sie wegen ihres längeren Ausbleibens sehr hart zur Rede gestellt und weidlichst beschimpft und verlacht. Und fürs Zweite werden sie mit geschickt gestellten Gegensätzen so bearbeitet, dass sie alles das, was sie von den dreien gehört hatten, alsbald selbst zu bezweifeln und zu belachen anfangen. Und so ist ihr zweiter Zustand ärger, als da war ihr erster.

[2.272.11] Zwei aber haben sie, das heißt die drei, dennoch zu ihren Jüngern gemacht. Und sie fangen nun zu beraten an, wie sie es anstellen sollen, um auf die große Masse günstig einzuwirken. Der eine meint, Wunderwerke würden hier vielleicht am wirksamsten sich erweisen. Ein zweiter meint, Wunderwerke wären allerdings von keiner geringen Bedeutung und Wirkung, aber es werde dazu fürs Erste die Fähigkeit in hohem Grad dazu erfordert, solche in der großartigsten Form verüben zu können, und fürs Zweite gehörte dazu wohl die gewissenhafteste Redlichkeit und ein göttlich allerbester Wille, das Volk der niederen Geisterwelt nicht nur blenden und dadurch gewinnen, sondern rein nur belehren zu wollen.

[2.272.12] [Der zweite:] „Das ist aber eben etwas, was nach meinem unmaßgeblichen Dafürhalten nur der Gottheit allein möglich ist und sonst keinem geschaffenen Geist, da ein jeder Geist beim Gelingen eines außerordentlichen Werkes sich für einen kleinen Gott zu halten anfängt oder wenigstens für erfüllt mit besonderen göttlichen Eigenschaften, und darin liegt eben der erste Keim des Hochmutes und des darauffolgenden Verderbens. Und dadurch wird dann ein Wunderwerk an der Stelle des Segens nur ein bares Gericht, und das zwar zunächst für den, der es verübt hat und darauf auch für jene, die durch so ein Wunderwerk sowohl in ihrem Erkennen wie in ihrem Wollen breitgeschlagen worden sind. Sage einer aus uns, ob die freie Erkenntnis und das freie Wollen durch ein Wunderwerk nicht einen bei Weitem größeren Schaden erleidet, als wie groß da ist der Nutzen, der für den Geist aus dem Wunderwerk hervorgeht!

[2.272.13] Und endlich geht noch ein Nachteil aus jedem nicht von Gott Selbst verrichteten Wunderwerk für den geschaffenen Geist hervor, und dieser besteht fürs Erste in einer unersättlichen Spektakelsucht in stets außerordentlicheren Formen und fürs Zweite die Gier, auch selbst Wunder wirken zu können, hinter welcher Gier aber schon wieder der verderbliche Hochmut weilt. Denn der einmal ein Wundertäter ist, der ist damit gar nicht zufrieden, dass er ein Wundertäter ist, sondern er will oder möchte wenigstens ein unübertrefflicher Wundertäter sein, und das ist schon ein Kitzel des Hochmutes und somit verderbenbringend und daher durchaus schlecht. Meine Freunde! So meine und erkenne ich es. Es steht euch aber frei, die Sache auch anders auszubeuten, so ihr das imstande seid.“

[2.272.14] Sagt ein dritter: „Bruder! Wir teilen da ganz vollkommen deine Ansicht. Es ist so, wie du nun geredet hast; aber es fragt sich hier nur: Wie werden wir dieser großen Masse von Millionen mit der reinen Lehre von Gott und daraus über ihre wahre Anwendung zu imponieren imstande sein? Wodurch werden wir sie bewegen, dass sie unseren Worten glaube und uns danach folge?“

[2.272.15] Sagt ein vierter: „Ich meine, wir bleiben ganz einfach nur bei der reinen Wahrheit in Wort und Tat. Wer sich danach richten will, der wird wohltun; wer sich aber danach nicht richten will oder das Wort gar nicht annimmt, der geht uns dann weiter auch in was immer gar nichts mehr an, und der Herr der Ewigkeit soll mit ihm dann tun, was Sein allmächtiger Wille für gut findet.“

[2.272.16] Sagt ein fünfter: „Uns aber ist der Lohn nur nach dem Maß des Werkes zugemessen. Wird unser Werk gering sein, so wird auch der Lohn sicher nicht um ein Haar größer und besser ausfallen.“ – Sagt der vierte: „Ei, hole der Kuckuck den Lohn! Ich will das Gute des Guten wegen tun und nie eines wie immer gearteten Lohnes wegen. Kommt irgendein Lohn am Ende heraus, so werde ich ihn ohne Taxierung, ob groß oder klein, dankbarst annehmen; aber als ein Motiv zu einer edlen Handlung soll und wird er mir nie dienen.“

[2.272.17] Sagen nun alle vier: „Das ist edel gedacht und sehr edel gesprochen. Bei dem soll es denn auch bei uns allen verbleiben für ewig. So wollen wir von nun an auch samt und sämtlich handeln.“ – Sagt der fünfte: „Aber wohl gemerkt, ohne uns darauf etwas einbilden zu wollen!“

[2.272.18] Sagen alle anderen vier: „Hole der Kuckuck alles, was nur immer Einbildung heißt! Wir tun, was da gut ist und recht, nur des Guten und des Rechten selbst willen, weil es also Gott Selbst so will. Alles andere geht uns nichts an.“

[2.272.19] Auf solche Äußerung kommen sogleich bei etliche und dreißig herbei und wollen erfahren, was denn für gar so Gutes und Rechtes diese fünf nun ihren Freunden auf eine gar so uneigennützige Weise erweisen wollen.

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