(Am 2. Oktober 1848)
[197.1] Der Satan merkt es, dass die Gesellschaft nicht fortziehen will, gewisserart auf sein Geheiß. Daher wird er stutzig und in seinem Innern grimmglühend, welcher Zustand ihm auch äußerlich ein sehr abschreckendes Aussehen verleiht.
[197.2] Martin merkt das und spricht zum Johannes und auch zu den anderen Begleitern: „Freunde, wie ich’s merke, so sieht es mit dem verlorenen Sohn nun eben nicht am besten aus! Ein furchtbarer heimlicher Zorn blitzt aus seinen Augen, und seine in tausend finstere Falten gefurchte Stirn und seine ebenso entstellt gefurchten Mundwinkel deuten auf eine furchtbare Rache hin, die er zu nehmen willens ist!
[197.3] Ich meine, du, Bruder Johannes, bist ihm denn doch vielleicht ein wenig zu hart an den Leib gegangen? Ich muss dir sagen, dass ich bei seinem Anblick, trotz der mir innewohnenden Kraft des Herrn, in eine nicht unbedeutende Furcht gerate. Nicht aber, dass er uns etwas anhaben könnte, sondern wegen der sichern und gänzlichen Vergeblichkeit aller dieser unserer Bemühungen. Dort schaue die Gesichter des Uhron und Shonel nur an; diese beiden vergehen nahezu schon vor Angst! Um des Herrn willen, was wird da nun herauskommen?“
[197.4] Spricht Johannes: „Wahrlich, die Sache sieht allerdings sehr übel aus. Aber ich sage dir, nur keine Furcht vor ihm! Denn auch eine Furcht vor ihm ist eine Art Hingebung unserer Macht unter seine Kraft, und das wäre auch eine Art Triumph auf seiner Seite über uns, was wir ja nie zugeben dürfen! Denn täten wir das, da würden wir von seiner bösen Polarität so sehr angezogen sein, dass es uns dann eine sehr große Mühe kosten würde, uns von ihm loszuschälen.
[197.5] Siehe, er ist mit dir wohl sehr human umgegangen und hat dir bedeutende Verheißungen gemacht. Aber das tat er nicht etwa, um sie deiner Artigkeit wegen zu halten und zu erfüllen, sondern bloß nur, um dadurch dich als einen unerfahrenen Neuling in diesem Reich in seine Schlingen zu fangen!
[197.6] Kennst du dich nun aus? Da ich aber solch seinen feinen Plan durchschaute und vereitelte, so ist er nun des höchsten Grimmes heimlich und würde uns alle nun zermalmen vor Wut, so er sich unserer Macht gewachsen fühlte. Aber da er wohl nur zu gut einsieht, wie himmelweit alle seine Macht hinter der unsrigen steht und wie ohnmächtig er gegen uns ist, so wird er darum nun über die Maßen zornig, grimmig und wütend in seinem Inneren!
[197.7] Allein, wir dürfen uns nicht im Geringsten etwas daraus machen, da wird er bald wieder ein ganz anderes Gesicht uns zeigen!“
[197.8] Der Satan stößt hier mit seinem Fuß so gewaltig in den Boden, dass derselbe weit und breit erbebt, und spricht dann gewaltigst zum Johannes: „Elender, bist du noch nicht zur Genüge gesättigt an meinem Elend? Oh, wenn ich nunmehr nichts bin und in der großen Schöpfung keinen Wert mehr habe, so zerstöre mich ganz mit deiner Macht über mich, wenn du dich getraust! Sehe aber dann zu, ob du mit meiner Vernichtung nicht auch dich vernichtet haben wirst!
[197.9] Aber ich sehe nur zu gut, wie dir an meiner Erhaltung wegen der deinen alles gelegen ist, darum du dann auch eine feigste Memme bist, und hast die scheußlichste Furcht vor mir, weil dir meine Arbeit sicher nicht so schmecken möchte als die der weichen Himmel! Du fürchtest meinen Triumph über dich und sprichst, man solle vor mir keine Furcht haben!
[197.10] O du dummer Kopf, welche Furcht ist denn ärger: die leere vor mir oder die vor meinem Sieg über dich? Siehst du denn nicht ein, dass solch eine Furcht ein für mich größter Triumph ist? Rede, ist es nicht so?“
[197.11] Spricht Johannes: „O himmelweit und tausendmal nein! Denn ganz was anderes ist eine Furcht vor einem Benehmen, durch das man dir bei deiner allerschroffsten Verkehrtheit ähnlich werden könnte, und ganz etwas anderes eine läppische Furcht vor deiner individuellen Wesenheit. Die erste könnte einem reinsten Geist sehr schädlich werden, während die zweite bei einem starken Geist aus dem Herrn heraus ohnehin unmöglich ist und den schwächeren Geistern darum nicht schaden kann, weil sie immer mächtigste Schutzgeister um sich haben!
[197.12] Daher warnte ich den Martin auch hauptsächlich nur vor allen solchen Eingehungen in deinen Willen, die dir dann offenbar einen Triumph über uns einräumten, der sogar auch mir gefährlich werden könnte; und nicht so sehr vor Furcht vor dir selbst, der du gegen uns keine Macht hast außer die der Lüge und Überredungskunst!
[197.13] Dass du aber der dummststolzen Meinung bist, dass ich darum eine Furcht vor dir hätte und mich nicht getraute, dich zu vernichten, weil ich fürchtete, durch deine Vernichtung mich selbst zu vernichten, o Satan, da bist du in einer sehr großen Irre! Denn meine Erhaltung und die Erhaltung unser aller hängt ebenso wenig von der deinigen ab als die des Herrn Selbst, da wir nunmehr alle ewig im Herrn leben und der Herr durch endlose Vaterliebe in uns!
[197.14] Daraus aber kannst du als ein ewiger Lügner wohl erkennen, dass ich dich gar wohl gänzlich vernichten könnte, ohne meiner Existenz dadurch auch nur um ein kleinstes Härchen Abbruch zu tun. Dass ich aber solches nicht tue, daran ist nicht etwa meine Liebe zu dir oder meine Furcht vor dir, sondern lediglich des Herrn endlose Liebe und Geduld, die auch in meinem Herzen wohnt, schuld!
[197.15] Wahrlich, so es lediglich auf mich ankäme, da hätte die ganze Unendlichkeit schon längst die vollkommenste Ruhe vor dir; denn ich, Johannes, hätte dir schon lange den Garaus gemacht! Ich meine, du wirst diese meine sehr offene Rede ganz wohl verstanden haben!?“
[197.16] Spricht Satan: „Ja, wohl habe ich sie verstanden! Aber leider auch wieder die allzeit gleich wiederkehrende, mich über alles empörende Erfahrung gemacht, dass gerade ihr sogenannten reinen Himmelsgeister die allerunreinsten und Gottes unwürdigsten Begriffe und Vorstellungen von Gott habt!“
[197.17] Spricht Johannes: „Wieso? Rede! Das scheint ein neuer, von dir bisher noch nie vorgebrachter Fangkniff zu sein. Wir wollen ihn hören!“
[197.18] Spricht Satan weiter: „Du fragst: ‚Wieso?‘ Gelt, das klingt deinem sogenannten himmlisch-reinsten Ohr sonderbar und neu? Warte nur ein wenig, es soll dir sogleich ein Licht aufgehen, über das du dich ewig wundern sollst! Willst du aber das Licht haben, so habe die Gefälligkeit, mir die Fragen kurz zu beantworten, die ich nun dir geben werde.
[197.19] Ich gebe dir aber zuvor die heiligste Versicherung, dass ich für ewig mich allem dem frei unterwerfen will, was du nur immer von mir verlangen wirst, so du mich einer Unwahrheit wirst zeihen können. Wirst du aber das nicht imstande sein, so bleibe ich, was ich bin. Du aber kannst samt diesem deinem Anhang, von mir ganz unberührt, unbeschädigt und unbeirrt heimziehen und dir dann in deiner himmlischen Heimat reinere und würdigere Begriffe von Gott sammeln!“
[197.20] Spricht Johannes: „So frage denn; aber mit deinen alten, mir nur schon zu sehr bekannten Fragen komme mir nicht, denn da würden wir bald ausgeredet haben!“
[197.21] Spricht Satan: „Nun wohl, denn es gilt hier Sein oder Nichtsein. Ich werde sehen, wie weite Sprünge du mit deiner Weisheit vor mir machen wirst! – Frage: Ist Gott allgegenwärtig oder nicht?“
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