[190.1] Martin schaut sich nun nach allen Seiten um, sieht kein Haus mehr, den Herrn nicht, niemanden außer seine obbenannten Begleiter. Alles ringsum ist wüst und zerstört. Rauch und ungeheure Feuersäulen entsteigen mit der größten Heftigkeit dem zerstörten Sonnenboden. Hie und da klaffen erdweite Krater voll donnernder Glut, aus der von Zeit zu Zeit erdgroße Glühmassen in den weiten Weltenraum hinausgeschleudert werden. Hie und da stürzen viele wieder zurück unter dem furchtbarsten Gekrache, und treiben Wasser in die großen glutvollen Krater, wodurch da wieder die mächtigsten neuen Dampfexplosionen bewerkstelligt werden, und das mit einer Kraft, die eine Welt wie diese Erde auf Millionen Meilen hinauszutreiben vermögen!
[190.2] Als nun Martin sieht, wie diese Sonnen-Feuer-Krater-Macht mit weltgroßen Massen spielt, wie auf der Erde der Wind mit den Schneeflocken, da spricht er ganz erstaunt: „Brüder, das ist mehr, als was ein armseliger Menschengeist zu fassen und zu würdigen vermag! Das ist ja doch eine Kraftäußerung, von der die ganze Erde, so sie denken könnte wie ein Mensch, aber im Verhältnis zu ihrer physischen Größe auch so groß, sich nicht den leisesten Begriff zu machen imstande wäre! Sagt es mir doch! Ist das alles Wirkung und Werk des Satans, des Erzbösewichtes?!“
[190.3] Spricht Petrus: „Allerdings! Denn wir helfen ihm sicher nicht, und andere unseresgleichen auch nicht. Und so können wir da nichts anderes denken und annehmen, als dass das seine alleinige Wirkung ist!“
[190.4] Spricht Martin: „Wo aber befindet er sich, auf dass wir hingehen möchten und ihm den Garaus gäben?!“
[190.5] Spricht Petrus: „O Bruder, das hat es hier nicht not. Er wird dir sogleich von selbst die Ehre und das besondere Vergnügen machen! Siehe, über jenen großen Krater erhebt er sich schon so glühend wie ein flüssig Erz, das einem Schmelzofen sprühend entströmt! Mache dich nur gefasst auf seinen Empfang; aber lasse ihn dir ja nicht zu nahe kommen, sonst könnte es dir wohl ein wenig zu warm werden!“
[190.6] Spricht Martin: „Gut, gut, Bruder, er wird mir nicht gar zu weit gehen!“
[190.7] Hier richtet Martin sogleich machtvolle Gerichtsworte an den Satan, sagend: „Die Macht des Herrn in mir halte zur Gewinnung des ewigen Friedens aller geschaffenen Wesen dich grade auf jenem Glutmeer gebannt, auf ewig gebannt! Und damit du desto weniger Aussicht haben sollst zur Erweckung böser Pläne, so sollen dich auch noch obendarauf einige weltengroße Berge hermetisch dicht und diamantenfest zudecken! Also geschehe es im Namen des Herrn!“
[190.8] Als Martin diese Worte noch kaum ausgesprochen, da geschieht es auch nach seinen Worten. Aber es dauert nicht lange, so fragt Martin den Johannes: „Bruder, du hast die Offenbarung und hast sie zu deiner Zeit geschrieben aus dem Geist des Herrn für die Welt. Sage mir nun, ist das recht oder nicht, was ich nun mit dem Bösewicht getan habe?“
[190.9] Spricht Johannes: „Frage dein Gemüt und daraus die Ordnung Gottes! Ich sage dir, auch du bist so alt als dieser von dir nun Gebannte und warst, bis dich der Herr nicht ergriff, auch eitel böse. Sage, so dir darum der Herr getan hätte, wie du nun diesem mit dir zugleich geschaffenen bösen Geist, wärest du damit wohl zufrieden?“
[190.10] Spricht Martin: „O Bruder, das wäre wohl das Allerentsetzlichste, was mir je begegnen könnte! O sage mir, fühlt er nun in diesem seinem Zustand auch Schmerzen?“
[190.11] Spricht Johannes: „Ich sage dir: die entsetzlichsten, die namenlosesten! Ist dir aber dabei leichter, so dieser gar so unaussprechlich nun gequält wird?“
[190.12] Spricht Martin: „O Brüder, nein, nein, Schmerzen soll er keine leiden, sondern bloß untätig sollte er sein; daher hinweg mit dieser Decke und hinweg mit der Glut!“
[190.13] Sogleich geschieht es, was Martin gebietend ausspricht, und der Satan erhebt sich schmerzvoll auf der noch dampfenden Schlacke des ehemaligen Glutkraters und weint gar erbärmlichst.
[190.14] Als Martin solches sieht, da sagt er: „Brüder, trotz seiner uralten Bosheit dauert er mich nun über die Maßen, der arme Teufel! Wie wäre es denn, so wir ihn zu uns beriefen und möchten ihm Wege vorschlagen, die er wandeln solle, auf dass es dann besser würde mit ihm? Denn an der Intelligenz fehlt es ihm sicher nicht, wohl aber am Willen. Und da meine ich, dieser solle mit Hilfe seiner eigenen Intelligenz denn doch auch einmal zu beugen sein! Was meint ihr lieben Brüder in dieser Sache?“
[190.15] Spricht Johannes: „Du hast nun ganz recht; denn das ist auch des Herrn unveränderlicher Wille! Aber du wirst dich selbst überzeugen, dass ihm auf keinem anderen Wege beizukommen ist als auf dem des langen, fortdauernden Gerichtes – das nämlich in der äußeren materiellen Schöpfung besteht, weil er dadurch stets schwächer und ohnmächtiger wird, und sich solcher Schwäche und Ohnmacht bewusst, doch in gar vieles fügen muss, in das er sich in seiner freien, ungerichteten Vollkraft ewig nie fügen würde.
[190.16] Aber alles dessen ungeachtet kannst du mit ihm ja den Versuch machen, um dich selbst zu überzeugen, wie seine Intelligenz und wie sein Wille beschaffen sind. Berufe ihn daher hierher und er wird sogleich da sein!“
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