[171.1] Rede Ich: „Gut, gut, lieber Martin! Das Predigtlied naht dem Ende, daher mache dich nun nur sehr gefasst! Denn Ich sage dir, es wird hier sehr hitzig zugehen, denn wir sind nicht sicher vor dem Besuch unseres Feindes!
[171.2] Daher, Ich sage dir, nehme dich zusammen und lasse dich nicht vom Zorn gefangen nehmen. Dem Zornigen darfst du nicht mit dem Gegenzorn begegnen, sondern mit sanftmütigem Ernst nur, dann wirst du über ihn den schlagendsten Sieg erbeuten! Denn der Zorn will wieder Zorn erwecken, um ihn dann durch seine vermeinte Übermacht zu töten. Findet aber der Zorn nichts, daran er sich vergreifen könnte, so kehrt er dann auf sich selbst zurück und zerfleischt sich selbst. Daher sei auf alles gefasst, und sei ernst und sanft, so wirst du siegen!“
[171.3] Spricht Martin: „O Herr, so etwa jener Feind kommen solle, mit dem ich schon einmal in meinem Haus zu tun die Ehre gehabt habe, da bitte ich Dich wohl um die Verleihung von etwas mehr Kraft; denn dieser Bestie möchte ich denn doch gerne so einen Merkstölpel für die ganze Ewigkeit beibringen als schuldigen Dank für das viele Gute, was er an mir getan hat!“
[171.4] Rede Ich: „Nicht so, Mein lieber Martin, denn du weißt es, dass Böses mit Bösem vergelten noch nie eine gesegnete Frucht getragen hat! Daher lasse du solche Gedanken also wieder von dir gehen, als wie sie zu dir gekommen sind, und handle, wie Ich dir ehedem geraten habe, so wirst du des entschiedensten Sieges sicher sein. Würdest du aber zerstörend auf den Feind einwirken, da würde er wohl fliehen. Aber nicht, um nicht wiederzukehren, sondern um neue Kräfte zu sammeln, um dir danach vermeintlich mehr schaden zu können.
[171.5] Ich sage dir: Zerstört wäre er bald, so er allein zerstört werden könnte. Aber da das nicht möglich ist zufolge der so gestellten Ordnung, so muss man ganz anders handeln und ihn ganz anders gefangen nehmen, um durch seine Erhaltung die ganze materielle Schöpfung nicht unbestehend zu machen. Ihn möglichst beschränken, das ist die Losung; aber ferne sei von jedem, ihn zu zerstören oder gar zu vernichten!
[171.6] Nun aber geht auch das Predigtlied zu Ende, daher mache dich gefasst. An Meinem Beistand wird es dir nicht fehlen, so du nach Meinem Rat handeln wirst!“
(Am 5. August 1848)
[171.7] Als Ich solches ausrede, verstummt auch die Musik, und Uhron der Weise tritt zum Martin hin und spricht: „Nun, Freund, wie ich’s vernommen habe, dass du das erste Wort an uns richten werdest, kannst du auch schon beginnen, denn es ist alles bereitet. Die Völker sind beisammen, die Fernsprecher auf ihren Plätzen. Alle Ohren und Augen sind auf dich gerichtet, und so – wenn es dir und vor allem dem Einen wohlgefällig wäre – könntest du wohl anfangen!“
[171.8] Spricht der Martin: „Ja, Freund, sogleich werde ich beginnen. Aber nur das sage mir zuvor, ob du alle Gäste, die nun in gedrängten Massen hier in diesem großen Haus versammelt sind, wohl so gut kennst, dass du mir kundgeben kannst, ob sich unter ihnen kein völlig fremder und dir auch völlig unbekannter Gast befindet?
[171.9] Ist durchaus kein Fremdling hier, so werde ich mit euch ganz gerade und ganz kurz reden. Ist aber irgendein Ungeladener hier, der sich herein nur etwa wie ein Räuber, Dieb und Mörder geschlichen hat, um hier während meiner Rede an euch alle die Gemüter aller dieser überaus vielen Zuhörer zu trüben und aufzuregen, so zeige mir ihn, auf dass ich ihn hierher vor mich stellen werde, vor euer aller Augen!“
[171.10] Der Weise durchsucht mit seinen Augen fleißig die Menge der Gäste, die in der schönsten Ordnung aufgestellt sind, entdeckt aber niemanden, der da fremd wäre, und spricht zum Martin: „Freund, so weit meine Augen reichen, entdecke ich durchaus nichts Fremdes. Aber ich will auch an die, welche draußen in großen Mengen stehen, ein Zeichen in dieser Beziehung ergehen lassen; und es wird sich sogleich zeigen, ob irgend jemand Fremder unter ihnen ist!“
[171.11] „Gut, gut“, spricht Martin, „tue das; ich will darum ein wenig innehalten noch.“
[171.12] Der Weise lässt schnell darob ein solches Fragezeichen hinaus in die Ferne ergehen. Und in kurzer Zeit kommt von allen Seiten die Antwort zurück und lautet also:
[171.13] [Die Menge:] „Nein, nein, nein! Niemand Fremder ist unter uns! Aber etwas anderes zeigt sich an der Fläche des nahen, großen Meeres; die Fläche wird sehr unruhig und schwankt gewaltig! Wir sind in banger Erwartung, dass da eine große Geschwulst aufgetrieben wird und wir alle werden die Flucht ergreifen müssen, bevor die erhabensten, heiligen Gäste ihre heiligen Worte an uns werden beendet haben!
[171.14] Während wir dir, Uhron, dieses künden, zeigt sich in nicht großer Ferne auch schon ein Flachbauch von einer ungeheuren Ausdehnung! Großer Gottgeist, wenn der zur Vollhöhe aufgetrieben wird, so wird er das Gewässer wohl bis über deine höchsten Wohnungen treiben! O bitte Ihn, den Allmächtigsten, der nun heilig, über alles heilig in deinem Urstammhaus Sich befinden soll sichtlich, Er möchte solche allerdrohendste Gefahr von uns allen abwenden und uns nicht so elend zugrunde gehen lassen!“
[171.15] Der Weise zeigt das dem Martin ganz verlegen an und bittet ihn, dass er doch den Herrn bitten möchte, dass solch eine Gefahr von ihnen gnädigst möchte abgewendet werden.
[171.16] Spricht der Martin: „Freund, sage und zeige nur schnell allen an, dass sie sich darob nicht im Geringsten fürchten sollen, und dass da niemandem auch nur ein Härchen gekrümmt werde! Denn solches tue jener ohnmächtige böse Geist, der sich die große Keckheit genommen, früher einmal als ein falscher Lichtengel ihnen allen neue Gottesgesetze vorzuschreiben, die aber nur seine eigenen waren und durch die er sie alle aus dem Grunde des Grundes gänzlich verderben wollte. Damit aber solch sein arger Plan für ewig als vollkommen vereitelt würde, sind wir nun da und wollen und werden sie alle erretten durch die Macht und Kraft Dessen, der nun unter uns weilt als ein ewiger, heiligster Vater unter Seinen Kindern! Das gebe sogleich allen kund!“
[171.17] Der Weise tut das sogleich und bekommt aber wieder in kurzer Zeit darauf die Antwort:
[171.18] [Die Menge:] „Dem höchsten Gottgeist alle Ehre und Anbetung! Das ist wohl ein höchster Trost! Aber dennoch steigt das Wasser in unglaublicher Raschheit und wird uns binnen zehn Pendelschlägen des großen Zeitmessers erreichen. Bittet, dass der Herr das ändere, sonst ist zur Flucht wohl die allerhöchste Zeit vor den Augen aller!“
[171.19] Der Weise zeigt solches abermals eiligst dem Martin an, und dieser spricht:
[171.20] [Bischof Martin:] „So zeige nur schnell allen an, dass sie trotz allen diesen Erscheinungen aber dennoch nicht die allergeringste Furcht haben sollen! Sie sollen ja nicht fliehen, und wenn schon das Wasser ihre Füße bespülen sollte. Denn der Herr wird dem Feind nur bis dahin durch die Finger sehen, ihn sodann aber mit aller seiner allerhöchsten Gerichtsstrenge ergreifen und wird ihn auf das Gewaltigste züchtigen vor ihren Augen!“
[171.21] Der Weise zeigt solches wieder schnell an, und es kommt die Antwort:
[171.22] [Die Menge:] „Auf das Wort des Heiligen wollen wir die Gefahr auch an unsere Füße kommen lassen und wollen dann frohlocken und den Gottgeist loben und preisen über alle Maßen, so Er uns solch eine unerhörte Gnade erzeigen wird! Aber das Wasser steigt fortwährend, und der unübersehbare große Bauch wächst mit bisher nie gesehener Raschheit. Das wird einen allergrässlichsten und verheerendsten Ausbruch abgeben, so ihm durch Gottes Allmacht kein Einhalt gemacht wird!“
[171.23] Der Weise berichtet solche Antwort schnell dem Martin, und dieser spricht in großer Erregung:
[171.24] [Bischof Martin:] „Höre, Freund, das ist ein elendster Wurm und hat vor Gott, seinem ewigen Herrn, keine Achtung, da er weiß, dass der Herr zu gut, ja zu unendlich gut ist! Aber obschon beim Herrn gewisserart alles den Charakter der Unendlichkeit annimmt, so wird sich aber der Satan hier sehr verrechnen. Denn diesmal wird dem Herrn Seine ohnehin schon nahe ewig dauernde Geduld sicher zu kurz werden und wird den ruchlosen ältesten Bösewicht gehörig zu knebeln wissen!“
[171.25] Rede Ich: „Martin, lasse dich nun nur nicht stören! Mit dem Wühler werde schon Ich gar bald zu rechnen anfangen. Du aber beginne nur deinen Vortrag, auf dass wir endlich einmal zu einem Ziel kommen! Lassen wir dem Satan seine Freude; Ich sage dir, sie wird sehr kurz sein. Und damit du desto ruhiger sein kannst, so sage Ich dir noch hinzu: Diesmal wird der Feind an Meiner Geduld sich sehr verrechnen und hat sich schon verrechnet!“
[171.26] Spricht Martin: „O Herr, Du bester, heiligster Vater! Nun ist von meinem armen Herzen eine Dreißigtausend-Zentner-Last hinweggewälzt! Oh, oh, Dir alle meine Liebe und tiefste Anbetung ewig!“
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