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128. Auf der lichtquellenden Sonne. Martin als Reiseführer. Der Herr als der Letzte

[128.1] Der Martin dankt Mir für diesen Auftrag aus vollstem Herzen, und bewegt sich dann zur Tür, und öffnet sie mit der größten Leichtigkeit, obschon sie in ihrer Erscheinlichkeit eine Höhe von zwölf Manneslängen und eine Breite von sechs solchen Längen hat.

[128.2] Als die Tür nun offensteht, da geschieht aus mehreren tausend Kehlen ein Schrei voll entzückenden Entsetzens und alles fährt mit den Händen vor die Augen, da das Licht in einer äußerst intensiven Fülle all diesen Gästen entgegenkommt. Niemand getraut sich, auch nur einen Schritt entweder vorwärts noch rückwärts zu machen. Denn die meisten sind der Meinung, dass in diesem ungeheuer mächtigen Licht ganz ungezweifelt die eigentliche Gottheit wohne in aller Urfülle Ihrer Macht, Kraft und Weisheit.

[128.3] Selbst der Martin stutzt diesmal, denn auch ihm kommt dieser Lichtglanz nun bei weitem heftiger vor als er ihm vorkam die beiden früheren Male. Aber das geniert ihn wenig, daher ergreift er sogleich das Wort und spricht:

[128.4] [Martin:] „Brüder und Schwestern, fürchtet euch nicht vor dem, das uns nur über die Maßen zu beseligen vom Herrn also bestimmt; sondern kommt alle heraus zu mir, denn dies Licht ist ein fester Boden und man kann wandeln darauf wie auf Erz!“

[128.5] Borem und Chorel führen nun ihre Weiber hinaus, die sehr furchtsam sind, aber am Ende, durch ihre große Neugierde ihre Furcht besiegend, dennoch hinaus über die Türschwelle ihre Füße zu setzen anfangen. Den Weibern folgen die Mönche und die anderen Gäste, als da sind die Eltern der Mönchinnen und auch so manche Mönche. An diese schließen sich endlich erst die Chinesen und folgen ihnen überaus sorgfältigen Schrittes.

[128.6] Als nun alle draußen sind, da folge ihnen auch Ich mit der Chanchah und Gella, die sich vor diesem grellsten Licht anfänglich auch sehr scheuen. Aber an Meiner Seite gibt sich ihre Furcht, und sie betreten ganz behaglich diese neuen Lichtgefilde.

[128.7] Nun befindet sich alles auf dem leuchtenden Boden der Sonne, nicht etwa bloß nur geistig, sondern auch körperhaft genommen. Denn alle Geister aus Meinem obersten Himmel sehen auch jeden naturmäßigen Körper, wie er beschaffen ist, aus- und inwendig. Da sie bei Mir sind, so sehen sie auch durch Mich alles, was da ist in der Geisterwelt und was da ist in der Körperwelt, so wie Ich es sehe.

[128.8] Im Anfang sehen sie wohl eben nicht am besten, weil ihre Augen von einem zu grellen Licht zu sehr geblendet werden. Aber nach und nach wird es sich schon geben, wie es sich auch nun schon zu zeigen beginnt. Denn einige der Gäste fangen schon an, am Boden verschiedene Gegenstände auszunehmen und auch verschiedene Farben zu unterscheiden.

[128.9] Die Weiber entdecken sogar einige wunderherrlichste Blumen und möchten sich sogar einige abpflücken. Aber der Borem und der Chorel widerraten ihnen das zu tun, weil das in der Sonne als ein schlimmes Zeichen angesehen wird, so zu einer unrechten Zeit an einem Gewächs etwas beschädigt würde; denn da muss alles in der strengsten Ordnung geschehen.

[128.10] Nachdem diese große Gesellschaft unter der Anführung des Martin sich schon eine geraume Strecke auf dem Sonnenboden fortbewegt hat und es nun dem Martin schon selbst ein wenig zu bangen anfängt, so macht er eine kleine Rast, begibt sich zu Mir und spricht:

[128.11] [Martin:] „O Herr, o Vater, nach meinem Gefühl haben wir uns von meinem Haus nun wohl schon nach irdischem Maß sicher über 1.000 Meilen Weges entfernt und haben außer einigen Blumenstauden noch nichts zu Gesicht bekommen. Wie weit und wie lange werden wir wohl noch zu wandeln haben, bis wir irgendein bestimmtes Ziel werden erreicht haben?

[128.12] Ich muss es offen gestehen, auf dieser gar zu lichten Welt möchte ich aber nicht gerne gar zu lange zubringen, so man auf ihr nichts als Licht und einige Blumenstauden zu Gesicht bekommt! Es ist nur gut, dass diese Lichtglut nicht brennt und unsere geistigen Augen nicht mehr gleich den fleischlichen entzündbar sind, sonst wäre es geschehen um sie! Ich gehe wohl voran; aber was nützt mein Vorangehen, so ich nicht weiß wohin? Daher gehe, o Herr, lieber Du voran, da werden wir alle sicher am ehesten zu einem rechten Ziel gelangen!“

[128.13] Rede Ich: „Mein Sohn Martin, gehe du nur also vorwärts auf dem Boden des Lichtes, geduldig und unverdrossen; es wird das Ziel dieser unserer Wallfahrt schon kommen! Weißt du denn nicht, dass die Sonne Millionen Mal größer ist denn die Erde? So aber schon eine große Geduld und sehr viel Selbstverleugnung dazu gehört, auf der Erde große Reisen zu machen, so gehört hier auf der Sonne, deren Boden ein gar weitgedehnter ist, doch sicher noch bei weitem sehr viel mehr Geduld dazu, solche Gefilde zwecklich zu bereisen. Daher gehe du nur wieder als Führer voran; wir alle werden dir schon gleichen Schrittes folgen!

[128.14] Ich kann hier aber aus dem Grund nicht vorangehen, um fürs Erste aus euch allen niemanden in seiner Freiheit zu beirren. Und fürs Zweite, so Ich voranginge und es kämen uns die Bewohner dieser Lichtwelt entgegen, da würden sie Mein Wesen mit ihrem sehr hellen Geist nur zu bald erkennen, aber dabei auch zugleich verschmachten vor zu großer Hochachtung vor Mir! Gehe Ich aber ganz zuletzt hinter euch her, so macht das nichts. Denn bei diesen Sonnenbewohnern ist das Erste allzeit das Vorzüglichste. Was aber zuhinterst sich befindet, das beachten sie wenig oder auch gar nicht! Und siehe, so bin Ich zuhinterst am besten platziert!

[128.15] Wir befinden uns nun aber noch auf einem überaus hohen Gebirge. Werden wir nun aber bald hinab in ein Tal kommen, dann wird das Licht schon milder werden, und du wirst Massen von Menschen erschauen und vollauf zu tun bekommen, so wie alle, die hier mit uns wandeln. Daraus wirst du dann erst den wahren Zweck dieser unserer Reise erschauen. Nun aber gehe nur wieder auf deinen Posten und verrichte deinen Führerdienst!“

[128.16] Martin dankt Mir für diesen Auftrag, und geht sogleich wieder vor die Gesellschaft, und gibt ihr ein Zeichen ihm zu folgen. Und alles erhebt sich und folgt ihm.

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