[122.1] Spricht die Chanchah: „O Lama, o Lama! Wo ist das Herz, das Dich erkennt und kann dann noch Maß nehmen in seiner Liebesglut zu Dir, o Du Heiligster von Ewigkeit?! Siehe, so ich so viel Herzen hätte, als es da gibt der Sterne am Himmel, des Sandes im Meere und des Grases auf dem Erdboden, und wäre jedes Herz eine Sonne voll der höchsten Glut zu Dir, so wäre aller dieser zahllosen Herzen Liebesglut zu Dir, o Du mein heiligster Lama, dennoch nur wie ein kühlster Tautropfen gegen ein siedend Meer! Denn Du kannst ewig nimmer zu viel geliebt werden, da Du doch die endlos allerhöchste und mächtigste Liebe Selbst es bist!
[122.2] Ich weiß es wohl, dass Du, o Lama, ein Vater, ja sogar ein Bruder Deinen Geschöpfen bist, weil Du es sein willst. Aber welches Herz kann Dich bloß nur als Vater und Bruder denken und sich dabei nicht stets erinnern, dass der Vater, der Bruder, auch der – ach, der ewig heiligste, große, allmächtige Lama (Gott) ist?! Daher muss ich Dich ja lieben, weil ich nicht anders kann, als Dich nur ganz allein endlos ewig über alles lieben! Und keine Weisheit kann die Liebe meines Herzens mäßigen!
[122.3] Oh, so ich tausend Leben hätte und [es] sagte mir die Weisheit: ,Siehe, Chanchah, alle diese tausend Leben wirst du verlieren, so du deine Liebe zum Lama nicht weise mäßigst!‘ – da würde mein Herz der Weisheit erwidern: ,Oh, welche Seligkeit kann der gleichen, tausend Leben in der Liebe zu Dir, o Lama, zu verlieren!‘, was aber sicher unmöglich ist. Denn wie soll der je das Leben verlieren können, der Dich als das allerhöchste Leben alles Lebens über alles liebt?!
[122.4] Daher werde ich Dich nur noch stets mehr lieben, und keine Weisheit wird mein Herz in der Liebe zu Dir, o Du mein Lama, je zu mäßigen imstande sein! Nur so Du, o Heiligster, es verwehren und zunichte machen willst, dann freilich wird die arme Chanchah Dich nicht mehr lieben können. Aber, o Lama, o Vater! Gelt’ das wirst Du – der Chanchah ja doch nicht – nicht tun?“
[122.5] Rede Ich: „O du, Meine allerliebste Tochter! Wahrlich, Ich sage es Dir: Wer Mich wie du liebt, der ist eins mit Mir und hat nicht ein Leben, sondern zahllose Leben in sich! Wie soll der vergehen können? Liebe du daher Mich nur zu aus allen deinen Kräften und fürchte nichts; denn deine Liebe zu Mir wird dir auch Weisheit geben, und diese wird auch mehr erweitern dein Herz, auf dass du Mich nur stets mächtiger wirst lieben können. Nun aber komme an Meine Brust und mache deiner Liebe Luft!“
[122.6] Mit diesen Worten schreit die Chanchah vor Entzücken auf und wirft sich Mir wie nahe bewusstlos an die Brust.
[122.7] Die Gella weint mit vor Freude, dass die Chanchah Mich erkannt hat und sagt bei sich schluchzend: „O du Glücklichste! Wie endlos selig muss es sein, an dieser Brust die endlosesten Ströme der ewigen Gottesliebe einzuatmen! Ach, welch eine Luft muss da wehen, am Urborne, aus dem alle ewig zahllosen Wesen, Engel, Sonnen, Welten, Menschen, Tiere und Pflanzen ihr Dasein, ihr Leben, ihr Alles schöpfen!? O Lust, voll der allerhöchsten Lust, Freude und Seligkeit!
[122.8] O Chanchah, Chanchah! Wie endlos groß muss die Wonne, in der du im endlosesten Vollmaße schwelgst, sein? Welcher Engel wohl hat einen Maßstab, sie zu bemessen?
[122.9] Aber was denkst denn du, mein Herz, bist ja auch in der größten sichtbaren Nähe Dessen, der heilig ist, überheilig! Darum sei still, sei ruhig, mein Herz; der Herr gibt ja einem jeden nach dem gerechtesten Maße Seiner Liebe und Weisheit! Daher denke nicht über das höchste Seligkeitsmaß, das nun dieser edlen Chinesin zuteilwird, sondern denke, wie endlos glücklich du selbst nun bist!“
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