[92.1] Als nun nach einer kleinen Weile die hundert gesättigt und gestärkt sind, sage Ich zu ihnen: „Meine lieben Freunde, erhebt euch nun und entkleidet euch, und geht dann in dies Bad, was da zwischen dieser Säule und zwischen jener lichten, aber dennoch vollends undurchsichtigen Schutzwand sich befindet! In diesem Bad werdet ihr euren Aussatz verlieren und werdet ganz rein wieder hervorgehen. Also sei es!“
[92.2] Die hundert entkleiden sich nun schnell und steigen in das Bad. Und sobald sie samt und sämtlich sich im Bad befinden, siehe, da werden sie auch alsobald rein, und ihre frühere hässliche braune Farbe umwandelt sich in ein liebliches Weiß, und die Formen ihrer Glieder werden dabei auch stets voller, runder und weicher.
[92.3] Da diese Gäste aber solche Veränderung an sich gewahren, werden sie überfroh und fangen an, uns drei über die Maßen zu loben, sagend: „Wer ihr drei im Grunde auch sein mögt, ob im Dienste Dalai-Lamas oder ob im Dienste des Ormuz – das wir nicht zu beurteilen imstande sind – aber gewiss und was wahr ist, so habt ihr uns vollkommen Gutes erwiesen. Euer Herr vergelte es euch ewig!
[92.4] Wie sehr elend waren wir, und eine undenklich lange Zeit hat dieses unser großes Elend angedauert. Den ganzen Erdkreis suchten wir klein ab, und seht, wir fanden niemanden, der unser Elend nur um ein Allergeringstes gemildert hätte! Nach einem wohl sicher mehr als 10.000-jährigen Suchen fanden wir in der Nähe dieses Gartenpalastes diesen Freund und baten ihn, dass er uns helfen möchte, so es irgend in seiner Macht stünde. Und er sprach:
[92.5] ‚Ja, ich kann euch helfen und will euch auch helfen! Folgt mir in diesen Garten, und ich werde da den Herrn des Hauses rufen, und dieser wird es mit großer Freude tun, was ich ihm um euretwillen gebieten werde!‘
[92.6] Was er sagte, das tat er auch pünktlich, und wir alle sind nun tatsächlich Zeugen alles dessen, was er an uns getan hat. Daher gebührt vor allem auch nur ihm das Hauptlob. Euch beiden anderen aber gebührt auch das beste Nachlob, indem ihr bereitwilligst das getan habt, was dieser erste Hauptfreund unseretwillen von euch verlangte. Und so sei du unser erster Freund hochgelobt und über die Maßen gepriesen, der du so Übergutes an uns getan hast! Ihr beiden aber seid auch hochgelobt, indem ihr bereitwilligst das tatet, was dieser erste Freund unsertwegen von euch verlangte!
[92.7] Nun aber, liebe Freunde, seht ihr es selbst, dass wir vollends nackt sind. Da ihr schon so viel an uns getan habt, so tut auch noch eines: Gebt uns nur eine nötigste Umhüllung zur Deckung unserer Scham, und wir sind dann so glücklich, als nur irgend in der ganzen Unendlichkeit ein Wesen glücklich sein kann!“
[92.8] Sage Ich zum Martin und Borem: „Brüder, eröffnet dort jene goldene Kiste, dort werden sich schon Kleider in gerechter Menge finden lassen, durch die diese unsere Schützlinge für diesen ersten Augenblick hinreichend gut und zweckmäßig werden bekleidet werden können. Mit der Weile aber werden sie dann nach dem Grad der Vollendung ihres Geistes schon ohnehin das Gewand des Gottesreiches überkommen. Also sei es!“
[92.9] Bischof Martin und Borem springen nun sogleich an die goldene Kiste und ziehen dort hundert Stück blaue Röcke mit vielen Falten zum einen Teil und mit weniger Falten zum anderen Teile heraus, und geben die mehr faltigen Röcke den Männern, die weniger faltigen den Weibern. In einem Nu kleiden sich alle damit und haben wieder eine noch größere Freude, als sie sehen, dass ihnen diese Kleider überaus gut stehen.
[92.10] Alle loben nun Mich und sagen: „O Freund, du bist gut, ja gar übergut bist du, und bist dabei sehr weise und mächtig nach dem Maß deiner Weisheit! Wir hörten auf der Welt wohl, dass der große Lama auch sehr gut und weise sein soll, wenn er nicht den Ormuz zu Gesicht bekommt, dessen Anblick ihn so erbittern soll, dass er dann 1.000 Jahre nichts als Zorn speie über die Welt, in der der Ormuz wohne. Er verdecke sich aber nachher noch 1.000 Jahre sein Gesicht, um nur seinen Erzfeind nicht zu sehen. Dadurch aber übersähe er dann auch die Menschen und kümmere sich volle 2.000 Jahre nicht um sie.
[92.11] Wenn die Sache mit dem Lama sich im Ernst so verhält, da sagen wir, dass du um vieles weiser, mächtiger und somit auch besser bist als der ganze Lama, der einen so dummen Abscheu vor dem bösen Ormuz hat! So ist es; wir sagen es hier alle zum Trutze des Lama und zum Zeugnis der Wahrheit!
[92.12] Wir haben aber alle auf der Welt durch einige Boten von einer anderen Welt wohl vernommen von einem gewissen Jesus. Dieser soll der eigentliche, leibhaftige Lama Selbst gewesen sein. Diesen hat der Ormuz aber erwürgt, weil er die Menschen wider ihn gehetzt habe. So ihr von dieser Geschichte auch etwas wisst, da erzählt uns was davon; wir alle möchten darin wohl sehr gerne ins Reine kommen!
[92.13] Auf der Welt hat uns das ums Leben gebracht. Hier aber, glauben wir, gibt es keinen Tod mehr! Daher wäre es hier vielleicht doch ratsamer, über diesen Jesuslama Näheres zu erfragen? Daher, vorausgesetzt, dass an der Sache, die uns das irdische Leben kostete, etwas ist – sagt uns gütigst etwas davon, so euch diese Sache bekannt ist!
[92.14] Seht, es ging die Sache mit uns allen schon recht gut; wir haben schon gewisse Gebete erlernt, die recht gut waren. Aber da geschah es, dass ein solcher Bote zu weit ging, und seine Geliebte verriet ihn und uns alle und noch eine Menge, und wir alle mussten es mit unserem Leben büßen, weil wir haben von unserem Lama abfallen wollen, und einen anderen annehmen.
[92.15] Wahrscheinlich aber hat uns diesen Streich nur der böse Ormuz gespielt? Und das berechtigt uns zu hoffen, dass der Lama es uns nicht gar so groß anrechnen wird, besonders so hinter diesem gewissen Jesus wirklich der Lama Selbst gesteckt ist?“
[92.16] Rede Ich: „Meine lieben Freunde, geduldet euch nur eine kleine Weile und ihr werdet dann hier alles tatsächlich erfahren, was ihr erfahren möchtet! Kommt nun aber mit uns nur weiter vorwärts, und ihr werdet daselbst eine große Gesellschaft antreffen, auch jene Boten, die solche Lehre zu euch brachten, wie auch jene Maid eures Landes, die euch verraten hat samt jenem Boten, der sich zu weit gewagt hatte. Aber so ihr mit ihnen zusammenkommen werdet, da müsst ihr keinen Zorn äußern, noch haben, sondern sollt ihnen vergeben alles, was sie an euch taten; alsdann werdet ihr den Jesuslama sogleich erkennen. Also kommt nun hinter dieser Schutzwand hervor und folgt uns guten Herzens und Willens! Also sei es!“
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