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77. Posaunenstoß der zwei weißen Männer und Zusammensturz des Klosters. Die Herz-Jesu-Damen als Riesenfrösche. Aufklärende Rede an die geängstigten Eltern

[77.1] Bischof Martin wendet seine Augen wieder in das Hinterhaupt der Herz-Jesu-Dame und spricht nach kurzer Beschauung desselben: „Ja, ja, so ist es schon recht; die zwei weißen Männer ziehen in Gesellschaft der Alten nun wirklich dem Kloster zu! Je näher sie demselben kommen, desto fleißiger blitzt es aus den vielen Fenstern; aber die Blitze reichen nicht gar zu weit. Auch lässt sich ein innerer Donner vernehmen, aber wohl sehr schwach.

[77.2] Die Gesellschaft ist nun schon ganz nahe an der Gartenmauer, und einer von den zwei weißen Männern geht sogleich an die Tür und öffnet diese mit Blitzesschnelle. Nun dringen sie alle in den Garten und im selben in des Klosters Nähe.

[77.3] Allda angelangt stellen sich die zwei weißgekleideten Männer vor die Schar der Alten. Ein jeder aus ihnen zieht nun eine lange Posaune unter dem Kleid hervor. Beide setzen nun diese Musikwerkzeuge an den Mund und stoßen gar mächtig in dieselben. Oh sapperment, das ist ein kräftiger, majestätvollster Ton!

[77.4] Aber was sehe ich nun? Da sieh, da sieh! Das Klostergebäude stürzt nun zusammen gleich den Mauern Jerichos. Und unsere Damen kriechen nun laut klagend und fluchend aus dem Schutt hervor wie Würmer aus einem Sumpf, und haben eine Gestalt wie die Riesenfrösche des Hinterägyptens auf der Erde. Nur die Köpfe sehen mehr den Köpfen der Riesenschlangen gleich als denen der Frösche. Auch bemerke ich nun, dass sie an ihren Steißen Skorpionsschwänze haben. O du verzweifelte Geschichte, das Ding sieht nun äußerst bedenklich aus!

[77.5] Den Alten sträubt sich ob dieses Anblicks das Haar zu Berge, und diese ganz sonderbaren Frösche fangen auch ganz entsetzlich, statt weiter zu fluchen, zu quaken an. Aber ihr Gequake ist nun ohne Sinn und, wie es scheint, von gar keiner Wirkung. Denn die zwei Männer bedräuen diese Frösche und treiben sie nun vor sich hin, und die Alten folgen ganz erstaunt den zweien. Ihr Zug geht gen Abend!

[77.6] An der Stelle des Klosters aber ist nun eine abscheuliche Pfütze zu sehen. Sapperment, sapperment, Bruder, das sieht nun sehr düster aus! Nein, ich werde nun schon selbst ängstlicher und ängstlicher! Merkwürdig aber ist hier auch diese Erscheinlichkeit, dass ich diese gen Abend eilenden Frösche, wie auch ihre sie treibende Nachfolge stets gleich groß und gut sehe, obschon sie nun dem Raum nach sehr weit von uns entfernt sind.“

[77.7] Spricht Borem: „Räumliche Entfernungen beirren nimmer des Geistes Sehe; denn jeder Geist ist über Zeit und Raum erhaben. Aber die verschiedenen Arten der Gemütszustände sind wahre Geistesentfernungen und beirren die Sehe des Geistes oder blenden sie oft ganz und gar.

[77.8] Wären bei dieser Fröscheflucht die weißgekleideten Männer nicht dabei, so würdest du sie nimmer erschauen; denn der Gemütszustand dieser Frösche ist zu sehr verschieden von dem unsrigen. Aber da diese zwei mit uns vollends verwandten Gemütes sind, so können sie räumlich noch so weit von uns entfernt sein, so werden wir sie aber dennoch stets gleich sehen.

[77.9] Wir können zwar wohl auch die Hölle in der vollsten Nähe beschauen. Aber das geschieht nicht durch die Gemütsassoziation, sondern durch eine eigene wunderbare Vermittlung des Herrn, die du erst später wirst kennenlernen.

[77.10] Nun weißt du davon, d. h. von dieser dir mit Recht merkwürdig vorkommenden Erscheinung auch den Grund, den dir aber erst die Folge vollends klarmachen wird. Beobachte nun weiter die Szene, die nun vor dir ist; du wirst von ihr sehr viel lernen!“

[77.11] Bischof Martin strengt nun wieder seine Sehe an und ersieht die Frösche schon tief im dunklen Abend das Ufer eines mächtigen Meeres erreichen und zugleich haltmachen. An diesem Ufer fangen sie gar erbärmlichst an zu quaken und sträuben sich, ins Wasser zu gehen. Die zwei Männer aber nötigen sie auch nicht, sondern lassen ihnen die freie Wahl.

[77.12] Bischof Martin, solches schauend, spricht: „Da sieh nun ein Mensch diese grauslichen Frösche an! In ihr Element wollen sie denn doch nicht, obschon sie für selbes wie geschaffen zu sein scheinen. Davon scheint, wie ich nun so in mir zu ahnen beginne, das der Grund zu sein: In ihnen muss denn doch noch etwas Besseres verborgen sein, das da nicht diesem Element angehört, und das wird sie wahrscheinlich noch am trockenen Land erhalten!?“

[77.13] Spricht Borem: „Wird schon so sein! Aber beobachte nun nur weiter; denn nun wird sich bald die Entwicklung dieses ersten Aktes zeigen!“

[77.14] Bischof Martin schaut nun gar sehr aufmerksam auf die Szene hin und spricht nach einer Weile: „Ah, ah, da sieh einmal hin, ah, das ist ja über alle Maßen merkwürdig! Nun blähen sich die Frösche am Ufer des Meeres auf, dass es wahrlich grauenhaftigst anzusehen ist. Wie die größten Elefanten stehen sie nun da vor den zwei Männern und vor der stets ängstlicher werdenden Schar der Alten. Noch immer schwellen sie auf, als so sie mit einem Gebläse aufgetrieben würden. O Tausend, o Tausend! Nun sind sie schon so voluminös, dass man sie geradeweg für kleine Berge halten könnte!

[77.15] Sie machen nun Miene, die zwei Männer samt den Alten angreifen zu wollen. Aber die zwei Männer weichen keinen Schritt zurück, obschon die Alten lieber davonfliegen als -gehen möchten.

[77.16] Aber horch nun, die zwei Männer gebieten nun Ruhe, und einer aus ihnen spricht zu den Alten: ‚Fürchtet euch nicht vor diesen Aufgeblähten! Nur die sündige Haut ist es, vor der ihr euch entsetzt; aber das Inwendige ist schwächer denn das Wesen einer Milbe! Wir könnten sie wohl mit einem Hauch verwehen, die ihr ehe noch als Seligste förmlich angebetet habt. Aber wir sind so unbarmherzig nicht, wie sie als vermeintliche Gottesbräute gegen uns und euch es waren, obschon wir die vollkommensten Protestanten sind und tatkräftigst gegen alles auf das Feurigste protestieren, was irgend nur im Geringsten nicht des Herrn ist!

[77.17] Wollt ihr aber noch handgreiflicher wissen, wer da diese aufgeblähten Frösche sind, da wisset: Das sind eure Töchter, die eure große Dummheit samt einem großen Vermögen in das Kloster dieser Herz-Jesu-Damen getrieben und gewisserart förmlich verdammt hat! Wie gefallen sie euch nun in diesem Himmelsgewand?‘

[77.18] Die Alten schlagen nun die Hände über dem Kopf zusammen, reißen sich die Haare aus und schreien: ‚Aber um Gottes willen! Jesus, Maria und Joseph! Steh uns bei! Wie ist denn das möglich!? Sie sollen ja gar so ein reines Leben geführt haben! Sie haben ja doch nichts getan, als was sie vom Beichtvater aus zu tun bemüßigt waren, und was ihnen ihre strenge Regel vorschrieb! Und nun müssen wir sie in diesem erschrecklichsten Zustand hier antreffen! O Jesus, Jesus, Jesus, Maria und Joseph! Was ist nun hier aus ihnen geworden?!‘

[77.19] Spricht wieder einer der zwei Männer: ‚Seid nun ruhig und ängstigt euch dieser wenig Werten wegen nicht! Denn wir sind darum vom Herrn abgesandt, um in Seinem allerheiligsten Namen das zu suchen und wiederzubringen, was da immer in den Verlust geraten ist, und werden sonach auch diese Frösche wieder zurechtbringen. Damit aber auch ihr von eurer Torheit geheilt werden mögt, so müsst ihr bei diesem Werk zugegen sein und euch in aller Geduld in alles fügen, was da immer über euch kommen mag. Erweckt aber vor allem eure Liebe zum einigen Gott und Herrn Vater Jesus, so wird der von euch allen zu wandelnde Weg ein leichter sein!‘

[77.20] Nun fangen die Alten an zu weinen über das Unglück ihrer seligst vermeinten Töchter; diese aber blähen sich nun noch ärger auf.“

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