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277. Dumas schätzt die alten griechischen Weisen mehr als die jüdischen Propheten. Zurechtweisung durch das Jesuskind

Am 10. August 1844

[277.1] Joseph aber, da er sah, wie sich der Dumas gar sehr bemühte, das zu erfahren, woher das Kindlein solche wunderbare Eigenschaft habe, sagte zu ihm:

[277.2] „Bruder! Ich weiß ja noch gar wohl, dass du die Weisheit der Griechen studiertest und hast da des weisen Sokrates Sätze mir gar oft vorgesagt.

[277.3] Und da hieß es: Der Mensch brauche nichts zu lernen, sondern nur sein Geist werde erweckt auf dem Wege der Erinnerung!

[277.4] Und der Mensch hat dann alles, was er brauche für die ganze Ewigkeit!

[277.5] Siehe, das hast du mir als ein weiser Lehrer der Jugend gar oft gesagt!

[277.6] Nun siehe, wenn solcher dein Grundsatz sicher richtig ist, was braucht es dann mehr?!

[277.7] Hier siehst du ja demnach nichts als eine lebendige Bestätigung deines sokratischen Satzes.

[277.8] In diesem meinem Kind ist des Geist sehr früh durch einen eigenen Vorgang in dessen Natur geweckt worden, und so hat dieser Kindmensch auch nun schon für die Ewigkeit zur Genüge,

[277.9] und wir brauchen Ihm daher nichts mehr zu geben, als was Er hat aus Sich!

[277.10] Findest du das nicht also richtig, als wie richtig da eins und eins zwei sind?“

[277.11] Hier griff sich der Dumas auf die Stirne und sprach mit einem gewissen Pathos:

[277.12] „Ja, also ist es! – denn also war ich es, der da von solcher Weisheit den jüdischen Dummköpfen etwas zum Riechen gebracht hat!

[277.13] Dich aber meine ich nicht etwa auch darunter; denn du bist ja eben fast der einzige, mit dem ich wohlverstandenermaßen habe über den göttlichen Sokrates, Aristoteles, Plato und dergleichen mehr reden können.

[277.14] Wir haben zwar wohl auch sehr große Männer, als da sind die Propheten und die ersten großen Könige dieses Volkes;

[277.15] aber fürs Praktische sind sie nicht also gut zu gebrauchen wie die alten Weisen der Griechen.

[277.16] Denn unsere Propheten führen stets eine Sprache, die sie selbst vielleicht so wenig als wir nun verstanden haben.

[277.17] Aber ganz was anderes dagegen sind die alten Griechen;

[277.18] diese reden doch klar und deutlich, was sie wollen, und sind daher auch für praktische Menschen von größtem Nutzen.

[277.19] Das rührt aber auch sicher daher, weil sie gleich mir Lehrer des Volkes waren!?“

[277.20] Joseph lächelte hier bei dieser Gelegenheit; denn er ersah noch ganz unverändert seinen alten Verehrer der Griechen, aber dabei auch den alten Eigenlober.

[277.21] Er gab ihm daher recht, um sein Kind nicht zu verdächtigen.

[277.22] Aber das Kindlein Selbst lief zum Dumas hin und sagte zu ihm:

[277.23] „Aber Freund! – du bist noch sehr dunstig und dumm, so du die jüdischen Weisen den Philosophen der Griechen nachsetzest;

[277.24] denn die ersten redeten aus Gott, – diese aber reden aus der Welt!

[277.25] Und da du noch voll des Weltgeistes bist und leer am Geiste Gottes, so verstehst du auch das Weltliche besser als das Göttliche!“

[277.26] Das gab dem Dumas einen gewaltigen Rippenstoß. Er musste einen gelehrten Gähner machen und sagte zum Joseph nichts, als im Latein: „Dixit – puer ille! Ego autem intellego eius ironiam quam acerbam. Dixi!“ [Der Junge hat gesprochen! Aber ich bemerke seine bittere Ironie. Ich habe gesprochen!] – Darauf entfernte er sich und ließ den Joseph sitzen; dieser aber zog auch weiter.

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