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214. Joseph sucht das Jesuskind und findet Es auf einem Hügel. „Das wahre Gebet ist die Liebe zu Mir!“

Am 23. Mai 1844

[214.1] Da aber dem Joseph darauf bange ward, so berief er sobald die vier älteren Söhne und sagte zu ihnen:

[214.2] „Geht und helft mir suchen das Kindlein und den Jakob! Denn ich habe mich versündigt am Kind, und es ist mir gewaltig bange ums Herz!“

[214.3] Und die vier Söhne gingen eilends aus nach allen Seiten und suchten das Kindlein bei einer Stunde lang, fanden Es aber nirgends und kamen unverrichteter Dinge nach Hause.

[214.4] Als der Joseph aber sah, dass die vier Söhne allein nach Hause kamen, da ward es ihm gar sehr bange ums Herz, dass er darob hinausging recht weit von der Villa und weinte dort recht bitterlich über sein vermeintes Vergehen gegen das Kind.

[214.5] Als er aber also weinte, da vernahm er eine Stimme, die zu ihm sprach:

[214.6] „Joseph! – du Gerechter, weine nicht, und lasse dich nicht beunruhigen von den Menschen in deinem Gemüt!

[214.7] Denn Ich, den du nun ängstlich und voll bangen Gemütes suchst, bin dir näher, als du glaubst.

[214.8] Gehe aber in der Richtung deines Angesichts vorwärts, und deine Augen werden Den erschauen, der nun zu dir redet und den du suchst!“

[214.9] Auf diese wunderbaren Worte erhob sich Joseph getröstet und ging eiligst vorwärts nach der Richtung seines Angesichts, bei einer halben Stunde Feldweges.

[214.10] Und da er also ging, kam er an einen bedeutenden Hügel, der eine Höhe von hundertsiebzig Klaftern hatte.

[214.11] Da dachte er und sprach bei sich: „Soll ich auch auf diesen Hügel steigen bei dieser starken Hitze?“

[214.12] Und die Stimme sprach wieder: „Ja, auch auf diesen Hügel musst du gehen; denn auf der Höhe erst sollen deine Augen den Herrn schauen, den du nicht gesehen hast, da Er bei dir zu Tische saß!“

[214.13] Da der Joseph solches vernommen hatte, da achtete er der großen Hitze nicht und ging eilig den Hügel hinauf.

[214.14] Und als er nahe an den Scheitel kam, da fand er diesen in dichte Nebel verhüllt und wunderte sich sehr, dass ein so kleiner Berg in dieser Jahreszeit Nebel hatte; denn es war die Zeit um die Ostern.

[214.15] Als er sich aber da also wunderte, siehe, da kamen bald der Jakob und das Kindlein aus den Nebeln zum Vorschein, und das Kindlein sprach:

[214.16] „Joseph! – scheue dich nicht, und komme mit heiterem Gemüt mit Mir auf den Scheitel dieses Hügels,

[214.17] und überzeuge dich daselbst, dass nun die Zeit noch nicht da ist, in der der Herr fasten solle darum, da Er nicht gebetet hatte!

[214.18] Es wird wohl eine Zeit kommen, in der der Herr fasten wird, aber jetzt ist sie noch nicht da. Und so folge Mir!“

[214.19] Und der Joseph folgte dem Kindlein und kam bald auf die Höhe.

[214.20] Als er auf der Höhe sich befand, da wichen die Nebel, und auf einem fein polierten Querbalken aus Zedernholz befand sich ein gebratenes Lamm, ein Pokal voll köstlichen Weines und ein Laib feinsten Weizenbrotes.

[214.21] Hier staunte Joseph über die Maßen und sprach: „Aber woher habt ihr denn das alles genommen? Haben das euch die Engel gebracht, oder hast Du, o Herr, es geschaffen?!“

[214.22] Und das Kindlein schaute zur Sonne und sprach: „Joseph, siehe, auch diese Leuchte der Erde speist an Meinem Tisch!

[214.23] Und Ich sage dir, sie braucht in einer Stunde mehr, als wie groß diese Erde ist, die dich trägt; und siehe, sie hat noch nie Hunger und Durst gelitten! Und solche Kostgänger habe Ich zahllos viele und noch endlos größere!

[214.24] Meinst du wohl, dass Ich dann fasten werde, wenn du Mich vom Tisch schaffst, so Ich Mich Selbst nicht anbeten will zur Unzeit?

[214.25] O siehe, das hat der Herr nicht vonnöten! Komme aber nun du an Meinen Tisch und speise mit Mir; aber diesmal ohne dein angewohntes Gebet!

[214.26] Denn das wahre Gebet ist die Liebe zu Mir; hast du diese, dann kannst du deinen Lippen allzeit die Mühe ersparen!“ – Und der Joseph ging hinzu und aß und trank am wahren Tisch des Herrn und fand die Speise gar himmlisch wohlschmeckend.

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