Am 2. Mai 1844
[198.1] Als unsere Spielgesellschaft in das Haus kam, wurde sie kaum bemerkt; denn alles war noch vollauf mit der wiedererwachten Tullia beschäftigt.
[198.2] Einige trösteten sie, andere wieder machten sich so um sie her und beobachteten sie und besorgten einen abermaligen Rückfall in ihren Tod.
[198.3] Selbst Maria und die Eudokia waren mit ihr beschäftigt und brachten ihr allerlei Stärkungen und Erfrischungen.
[198.4] Und die Söhne Josephs samt dem Jakob waren mit der Bereitung des Abendmahles beschäftigt.
[198.5] Nur der Joseph und der Jonatha saßen im Nebenzimmer auf einer Strohbank und besprachen sich über so manches aus der Vorzeit;
[198.6] und sie auch waren die einzigen, die die Eintretenden bemerkten, standen darum auf und gingen dem Cyrenius und dem Kindlein entgegen und empfingen sie natürlich auf das Allerfreundlichste.
[198.7] Das Kindlein lief aber sogleich zum Joseph und sagte zu ihm:
[198.8] „Wie lange werden die Toren die wiedererwachte Tullia noch trösten, laben und stärken?
[198.9] Sie lebt ja schon lange gut genug und wird nicht wieder sterben vor ihrer rechten Zeit; was wollen dann die Toren?!“
[198.10] Und der Joseph sprach: „Was kümmert uns das? Lassen wir ihnen ihre Freude; denn wir verlieren ja nichts dadurch!“
[198.11] Und das Kindlein sagte darauf: „Das ist wohl offenbar wahr, und Ich will Mich darob auch wenig kümmern;
[198.12] aber das, meine Ich, solle doch auch richtig sein: Wenn schon die Erweckte eine so große Bewunderung verdient, da solle doch der Erwecker nicht gar zu sehr im Hintergrund stehenbleiben!?“
[198.13] Und der Joseph sprach: „Da hast Du, mein Söhnchen, wohl ganz recht; aber was lässt sich hier machen?
[198.14] Solle ich Dich als den unfehlbaren Erwecker aufführen, so hieße das, Dich vor der Zeit an die, die Dich noch lange nicht kennen, verraten – und das wäre unklug!
[198.15] Hauchtest Du ihnen aber eine solche Erkenntnis wunderbar in ihr Gemüt, da wären sie gerichtet!
[198.16] Daher lassen wir sie, wie sie sind; wir aber bleiben hier im Geheimen beisammen im Geiste und in der Wahrheit!
[198.17] Wenn sie sich bis zum Überdruss aber an der Römerin werden satt getröstet und angegafft haben, dann werden sie etwa wohl kommen und werden mit uns Gemeinschaft machen!“
[198.18] Und das Kindlein sprach: „Seht auch hier wieder ein Bild der Zukunft!
[198.19] Also werden sich auch dereinst die, welche unter unserem Dach sein werden, mit der toten Römerin abgeben um der weltlichen Dinge wegen,
[198.20] und Maria wird unter den Römern und mit der Römerin viel zu tun haben!
[198.21] Aber dennoch werden die in unserem Haus nicht unsere Genossen, sondern vielmehr sein, was sie nun sind, nämlich Heiden, und werden Meiner nicht achten, sondern allein der Maria!
[198.22] Und Meine eigentliche Gesellschaft wird verborgen und klein bleiben zu allen Zeiten auf der Welt!
[198.23] Tullia war eine blinde Bettlerin und ward sehend durch Mein lebendiges Wasser
[198.24] und ward dann ein erstes Weib des großen Reiches der Heiden.
[198.25] Da sie aber eifersüchtig ward, da auch fand sie den Tod.
[198.26] Wieder ward sie erweckt, dass sie lebe; sie lebt, aber noch mag sie Meiner nicht gewahr werden.
[198.27] Werde Ich sie wohl durch ein Gericht auf Mich müssen aufmerksam machen?
[198.28] Ich aber will noch warten einige Zeit und sehen, ob sich die Römerin nicht erheben wird und kommen zu Mir, ihrem Erwecker! Joseph, verstehst du dies Bild?!“
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