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172. „Der ist ein Sünder, der keine Liebe hat!“

Am 22. März 1844

[172.1] Jonatha aber, nachdem er sich vom Staunen über diese Rede des Kindleins ein wenig erholt hatte, sprach zum Joseph:

[172.2] „Bruder! Fürwahr, so fest ich es mir auch vorgenommen habe, heute und morgen bei dir zu bleiben, so aber werde ich doch kaum diesem Vorhaben getreu verbleiben!

[172.3] Denn sieh, mir kommt nun hier alles zu heilig vor! Wie in einer Einöde scheine ich hier zu sein, in der einem Wanderer alles, was er ansieht, zuruft: ‚Hier ist kein Platz für dich, sondern nur für Geister!‘

[172.4] Auch kommt es mir vor wie auf einem überhohen Berg, an dessen Spitze wohl der Zauber der weiten Aussicht anfangs die Sinne besticht;

[172.5] aber gar bald spricht zu ihm die kalte reinste Luft:

[172.6] ‚Du träges und unreines Menschenlasttier, ziehe bald zurück in deine stinkende Heimat!

[172.7] Denn hier, wo sich des reinsten Äthers reinste Geister wiegen, ist keines Bleibens für eine unreine Seele!‘

[172.8] Wie rein war der große Prophet Moses; und dennoch sprach der Herr zu ihm, als er Ihn zu sehen verlangte:

[172.9] ‚Mich, deinen Gott, kannst du nicht sehen und leben zugleich!‘

[172.10] Hier ist derselbe Herr in der Fülle Seiner Heiligkeit, – Er ist hier, der Verkündigte durch aller Propheten Mund!

[172.11] Wie solle es mir möglich sein, noch länger Seine sichtbare Gegenwart zu ertragen hier, der ich doch ein alter Sünder bin am ganzen Gesetz Mosis?!“

[172.12] Joseph aber sprach: „Lieber Freund und Bruder, du weißt ja, was das Hauptgesetz ist; warum willst du denn lieber nach Hause ziehen, als dieses Gesetz lebendig beobachten?!

[172.13] Liebe den Herrn aus allen deinen Kräften, und gedenke nicht beständig deiner Sünden, so wirst du dem Herrn sicher angenehmer sein als durch deine beständigen Ausrufungen!

[172.14] Warte, bis dich das Kindlein verabschieden wird! Wenn das geschehen wird, da glaube, dass du Seiner unwürdig bist;

[172.15] solange aber das nicht der Fall sein wird, da bleibe, – denn mehr zu Hause als hier wirst du wohl ewig nirgends sein!“

[172.16] Hier kam das Kindlein hinzu und sprach: „Joseph! – du hast schon recht, dass du den Jonatha ein wenig geputzt hast; warum ist er also eigensinnig und will nicht hierbleiben, da Ich ihn doch so lieb habe?!“

[172.17] Darauf wandte Sich das Kindlein an den Jonatha und sprach:

[172.18] „Jonatha! – willst denn du im Ernst nicht hier verbleiben? Was Übles wohl geschieht dir hier, dass du nicht bleiben willst?“

[172.19] Und Jonatha sprach: „Mein Gott und mein Herr! Siehe, ich bin ja ein grober Sünder am Gesetz!“

[172.20] Das Kindlein aber sprach: „Was sprichst du von Sünden? Ich erkenne keine an dir!

[172.21] Weißt du, wer ein Sünder ist? Ich sage dir: Der ist ein Sünder, der keine Liebe hat!

[172.22] Du aber hast Liebe, und so bist du kein Sünder vor Mir; denn Ich habe sie, die Sünde, dir vergeben, darum Ich über Moses bin ein Herr von Ewigkeit!“

[172.23] Hier weinte Jonatha und fasste neuen Entschluss zu bleiben und nahte sich dem Kindlein und herzte und koste Es.

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