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159. Die Nachtruhe. Eudokias Verwunderung und Sehnsucht nach Gabriel

Am 6. März 1844

[159.1] Als die Jünglinge verschwunden waren, da fragte die Eudokia die Maria, wer denn so ganz eigentlich diese Jünglinge waren.

[159.2] Denn die Eudokia war noch eine Heidin und wusste nichts von den außerordentlichen Geheimnissen des Himmels.

[159.3] Dass aber bei dieser Gelegenheit auch die Heiden die Engel sahen, rührte daher, weil für die Zeit hindurch ihr inneres Auge erschlossen gehalten ward;

[159.4] und das Verschwinden der Engel war sonach nichts anderes als das Sich-wieder-Schließen der geistigen inneren Sehe, –

[159.5] aus dem Grunde es auch nach dem Verschwinden der Engel der Eudokia vorkam, als wäre sie aus einem tiefen Traum erwacht.

[159.6] Sie empfand sich nun wieder ganz naturmäßig, und alles, was sie den ganzen Tag hindurch gesehen, gehört und getan hatte, kam ihr wie ein sehr lebhafter Traum vor.

[159.7] Darum denn auch ist die obige Frage von Seiten der Eudokia an die Maria verzeihlich;

[159.8] denn sie war nun wieder ganz im Außenzustand, und dieser war heidnisch.

[159.9] Und die Maria aber antwortete und sprach: „Eudokia, wir werden noch länger beisammenbleiben, und dir wird alles klar werden, was dir jetzt noch dunkel ist!

[159.10] Für heute aber wollen wir uns zur Ruhe begeben; denn ich bin sehr müde!“

[159.11] Die Eudokia begnügte sich wohl äußerlich mit dieser Vertröstung; aber in ihrem Herzen stieg die Begierde.

[159.12] Joseph aber sagte: „Meine Kinder! Es ist Nacht geworden; schließt die Tore und begebt euch zur Ruhe!

[159.13] Denn morgen ist ja ohnehin noch der Sabbater (Nachsabbat), an dem wir nicht arbeiten; da werden wir uns über so manches noch besprechen können!

[159.14] Für heute aber lobet den Herrn und tut, wie ich es euch anbefohlen habe!

[159.15] Du, Jakob, aber bereite die Wiege und bringe das Kindlein zur Ruhe, und stelle die Wiege ans Lager der Mutter!

[159.16] Und du, Eudokia, begebe dich auch in dein Schlafgemach und stärke deine Glieder mit einem süßen Schlaf im Namen des Herrn!“

[159.17] Und die Eudokia ging sogleich in ihr bestimmtes Gemach, legte sich auf ihr Lager, aber ferne blieb der Schlaf;

[159.18] denn zu erregt war ihr feurig Gemüt ob dem Verschwinden der Jünglinge.

[159.19] Denn sie hatte sich in den Gabriel verliebt und wusste sich nun nicht zu raten und zu helfen, da der Gegenstand ihres Herzens so plötzlich vor ihren Augen verschwand.

[159.20] Da aber alles ruhte und schlief, da erhob sich die Eudokia und öffnete ein Fenster und blickte hinaus.

[159.21] Da stand plötzlich der Gabriel vor ihr und sprach: „Du musst dein Herz zur Ruhe bringen!

[159.22] Denn siehe, ich bin nicht ein Mensch gleich dir, sondern ich bin nur ein Geist und bin ein Bote Gottes!

[159.23] Das Kindlein aber bete an; denn dieses ist der Herr, der wird beruhigen dein Herz!“ – Darauf verschwand der Engel wieder, und die Eudokia bekam Ruhe.

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