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102. Über die Ehe und den Ehebruch

Am 27. Dezember 1843

[102.1] Nach der Erholung sprach der Cyrenius wieder zur Tullia: „Tullia! Möchtest du mir denn nicht die Hand reichen und werden mein rechtmäßiges Weib, so ich dich dazu aus dem tiefsten Grunde meines Herzens erbitten würde?“

[102.2] Und die Tullia sprach: „Was möchtest du mir wohl tun, so ich dir solches verweigern würde?“

[102.3] Und der Cyrenius sprach etwas erregt, aber immer aus dem besten Herzen:

[102.4] „Dann würde ich es Dem aufopfern, den du auf deinen Armen hältst, und würde sodann traurig ziehen von dannen!“

[102.5] Und die Tullia fragte den Cyrenius weiter, sagend nämlich: „Was würdest du denn dann tun, so ich Den, der nun auf meinen Armen ruht, um einen Rat fragen würde, was ich tun soll,

[102.6] und Er widerriete mir, anzunehmen deinen Antrag, und hieße mich treu verbleiben dem Haus, das mich so überaus freundlichst aufgenommen hatte!?“

[102.7] Und der Cyrenius stutzte bei dieser Frage ein wenig, sprach aber dennoch etwas verlegen:

[102.8] „Ja dann, du meine herrlichste Tullia, dann müsste ich freilich ohne Widerrede sobald abstehen von meinem Verlangen!

[102.9] Denn gegen den Willen Dessen, dem alle Elemente gehorchen, kann sich der sterbliche Mensch ewig nimmer auflehnen!

[102.10] O frage das Kindlein aber ja sogleich, auf dass ich ja ehestens erfahre, wie ich daran bin!“

[102.11] Das Kindlein aber richtete Sich sogleich auf und sprach: „Ich bin nicht ein Herr dessen, was der Welt ist; daher seid ihr von Mir aus in allem Weltlichen frei.

[102.12] Habt ihr aber wahre Liebe in euren Herzen zueinander gefasst, da sollt ihr dieselbe nicht brechen!

[102.13] Denn es gibt bei Mir kein anderes Gesetz für die Ehe, als welches da mit glühender Schrift geschrieben steht in euren Herzen!

[102.14] Habt ihr euch aber schon beim ersten Anblick laut dieses lebendigen Gesetzes erkannt und verbunden, da sollt ihr euch auch nicht mehr trennen, so ihr nicht sündigen wollt vor Mir!

[102.15] Ich halte aber kein weltlich Eheband für gültig, sondern allein das des Herzens.

[102.16] Wer dieses bricht, der ist ein wahrhaftiger Ehebrecher vor Mir!

[102.17] Du, Mein Cyrenius, hast zu dieser Tochter dein Herz gar mächtig gefasst; daher sollst du es nicht mehr abwenden von ihr!

[102.18] Und du, Tochter, aber warst beim ersten Anblick brennend schon in deinem Herzen zum Cyrenius, darum bist du schon sein Weib vor Mir und brauchst nicht erst eines zu werden!

[102.19] Denn bei Mir gilt nicht äußerer Rat oder Widerrat, sondern allein der Rat eurer Herzen ist bei Mir gültig.

[102.20] Bleibt sonach diesem für ewig getreu, wollt ihr nicht zu wahrhaftigen Ehebrechern werden vor Mir!

[102.21] Verflucht aber sei ein Widerräter aus weltlichen Gründen in der Sache der Liebe, die von Mir ist!

[102.22] Was ist denn mehr, – die lebendige Liebe, die aus Mir ist, oder der weltliche Grund, der aus der Hölle ist?!

[102.23] Wehe aber auch der Liebe, deren Grund die Welt ist; sie sei verflucht!“

[102.24] Diese Worte des Kindleins machten, dass sich alle entsetzten, und niemand getraute sich weiter etwas zu reden in der Sache der Ehe.

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