Am 29. November 1843
[80.1] In der Villa wieder angelangt, begab sich Joseph sogleich zu seinen Söhnen, welche soeben mit der Bereitung eines Mittagsmahles beschäftigt waren, und sprach zu ihnen:
[80.2] „Gut, gut, meine Söhne, ihr seid meinem Wunsch zuvorgekommen; aber wir haben heute um drei Gäste mehr, nämlich die drei Priester, die heute früh sind zum Tode ausgesetzt worden!
[80.3] Diese wollen wir ganz besonders gut bewirten, damit sie unsere Freunde werden in der Anerkennung unseres Vaters im Himmel,
[80.4] der uns zu Seinen Kindern erwählt hat durch den Bund, den Er mit unseren Vätern gemacht hatte!
[80.5] Du, Jakob, aber gehe sogleich hinaus, der sehr müde gewordenen Mutter entgegen, und nehme ihr unser aller allerliebstes Kindlein ab,
[80.6] und bringe Es sogleich zur Ruhe; denn Es ist auch schon sichtbar müde und sehnt Sich nach der Wiege!“
[80.7] Und sogleich lief der Jakob hinaus und zu der Maria, die soeben aus der Sänfte stieg, und nahm ihr sogleich mit großer Liebe und Freude das Kindlein von den Armen.
[80.8] Das Kindlein aber erwies dem Jakob eben auch dieselbe große Freude; denn Es hüpfte auf seinen Armen und lächelte und kneipte und zupfte ihn, wo Es ihn mit Seinen Händchen nur erwischen konnte.
[80.9] Die drei Priester aber, die vor diesem Kind den allerungeheuersten Respekt hatten, verwunderten sich in aller Freude ihres Gemütes, da sie an diesem Kind auch etwas echt Kindliches entdeckten.
[80.10] Einer aus ihnen aber ging hin zum Jakob und fragte ihn in gut hebräischer Sprache:
[80.11] „Sage mir, ist dieses Wunderkind aller Kinder stets so munter, ja man möchte sagen – sogar ein wenig neckend schlimm, wie Kinder gewöhnlicher Art manchmal freilich erst in zwei oder drei Jahren es sind?“
[80.12] Das Kindlein aber antwortete sogleich Selbst an der Stelle des Jakobs:
[80.13] „Ja, ja, Mein Freund! Die Ich liebe, die necke Ich auch und kneipe und zupfe sie; aber das geschieht nur jenen, die Mich so wie Mein Jakob lieben – und Ich sie auch so liebe wie diesen Meinen lieben Jakob!
[80.14] Aber Ich tue ihnen darum doch nicht Leids an! Nicht wahr, du Mein lieber Jakob, es tut dir nicht weh, so Ich dich zupfe und kneipe?“
[80.15] Und der Jakob, wie gewöhnlich gleich zu Tränen gerührt, sprach: „O Du mein göttlich allerliebstes Brüderchen, wie könntest Du mir wehe tun?!“
[80.16] Und das Kindlein erwiderte darauf dem Jakob: „Jakob, Mein Bruder, du hast Mich wahrlich lieb!
[80.17] Ich aber habe auch dich so lieb, dass du es in Ewigkeit nie genug wirst begreifen können, wie lieb Ich dich habe!
[80.18] Siehe, du Mein lieber Bruder Jakob, die Himmel sind weit und endlos groß; zahllose glänzende Lichtwelten fassen sie, wie die Erde einen Tautropfen!
[80.19] Und die Welten sind Träger von zahllosen glücklichsten Wesen deiner Art; aber glücklicher ist unter ihnen keines als du, nun Mein liebster Bruder! Jetzt verstehst du Mich noch nicht; aber du wirst Mich schon noch recht gut verstehen mit der Zeit. Schlafen aber mag Ich jetzt nicht, wenn die Menschen um Mich wachen! Aber bei dir will Ich bleiben!“
[80.20] Diese Rede brach unserem Jakob von neuem wieder sein Herz, dass er darob weinte vor Liebfreude; der fragende Priester aber sank beinahe in den Boden vor lauter Ehrfurcht und Höchstachtung dieses Kindes!
Kein Kommentar bisher