(Am 16. November 1842 von 4 1/4 bis 6 3/4 Uhr abends.)
[70.1] Wir haben schon gestern vernommen, dass derjenige, der vom Zentrum aus bohrt, unmöglich je die Rinde des Baumes verfehlen kann – fürs Erste, weil die Rinde den ganzen Baum umgibt, und fürs Zweite, weil vom Zentrum aus bis zum dasselbe umgebenden Kreis allzeit ein gerader und sicherer Weg führt. Wer aber das Zentrum eines Kreises nicht hat, der wird dasselbe vom Kreis aus allergenaust wohl schwerlich finden, weil er vom Kreis aus das Zentrum wird suchen müssen.
[70.2] Es wird aber jemand sagen: Es ist alles gut und wahr; wenn man aber einen Baum erst über den Kern spalten muss, um dann vom Kern aus zu bohren, so ist das doch eine schwierige Arbeit. – Und Ich sage: Allerdings! Denn zur Erforschung der Wahrheit und allzeitigen Untrüglichkeit wird auch sicher mehr erfordert als zur Erfindung einer oder der anderen Lüge. Soll man aber darum sich scheuen, die reine Wahrheit zu suchen, weil zu ihr der Weg schwerer ist als zur Lüge? Ich meine, solches wird wohl niemand behaupten. Also ist es auch mit der Spaltung des Baumes. Es ist da leichter zu bohren von außen nach innen, und dann zu sagen: man hat das Zentrum getroffen, – als den Baum zu spalten und zu bohren vom Zentrum nach außen.
[70.3] Dessen ungeachtet aber erfordert die Wahrheit solches. Und man muss das Leben suchen, da es ist, und dann von selbem ausgehen, – nicht aber da es nicht ist, und somit als Toter vom Tode aus das Leben finden und ergründen wollen.
[70.4] Wer sonach den rechten Weg gehen will, der muss allzeit den solaren, aber nicht den antisolaren gehen. Und der Baum muss gespalten sein, damit des Lebens Zentrum an das Licht kommt.
[70.5] Dieses wäre alles gut, wird so mancher sagen; wie sollen wir aber den Baum spalten? Zuoberst sitzt die Krone, und zuunterst sind die Wurzeln! – Ich aber sage: Sägt die Krone ab, tut die Wurzeln hinweg, so bleibt euch der Stamm, und dieser kann mit leichter Mühe gespalten werden.
[70.6] Aber hier werdet ihr schon wieder sagen: Was will denn das bedeuten? Wir verstehen es nicht. – Was ist die Krone des Baumes? Das sind die weltlichen Wisstümlichkeiten, die im äußeren Verstand haften.
[70.7] Was werden etwa die Wurzeln sein? Ihr dürft nicht weit greifen, sondern bloß nur die Frage beantworten, zu welchem Zweck oder aus welchem Grund die Menschen ihren Verstand mit allerlei Weltkenntnissen bereichern; und die Wurzeln werden ganz sichtbar vor euch auftauchen. Solltet ihr etwa die schwere Antwort nicht finden, so kann Ich sie euch sagen, [nämlich] dass darunter alle die weltlichen Interessen und Vorteile verstanden werden. Diese weltlichen Interessen und Vorteile vereinigen sich zu einem Kern des Baumes, welcher da bezeichnet die Eigenliebe, die sich dann in den Ästen und Zweigen in allerlei nützliche Verstandeswissenschaften ausbreitet, damit sie durch dieselben stets mehr Nahrung für ihr eigenes Wesen finden möchte.
[70.8] Sonach wird jetzt etwa dieses Bild doch verständlich sein. Die Krone hinweg; die Wurzeln hinweg; den Stamm spalten, damit die Eigenliebe nach außen gekehrt und zur Liebe des Nächsten wird und zur Liebe zu Gott und also umgekehrt den Strahlen der ewigen Lebenssonne ausgesetzt wird. Seht, also nach außen gekehrt wird die Liebe ersichtlich und kann in sich selbst erforscht werden; und wo immer da ein Bohrer der inneren Weisheit angesetzt wird, wird er ausgehen vom erleuchteten Grund und wird die Rinde oder den äußeren Kreis allzeit in der geradesten Richtung treffen, ohne denselben mühsam zu suchen.
[70.9] Aber es werden einige sagen: Das Bild ist gut und lässt sich hören; aber bei solcher Operation ist der Baum ja hin. – Und Ich sage euch: Wenn dieser äußere Baum nicht hin wird, so wird der innere mit der Zeit samt dem äußeren zugrunde gehen. Geht aber der äußere des inneren wegen zugrunde, so wird der innere erhalten. Denn wer das Leben liebt, der wird es verlieren; wer es aber flieht, der wird es überkommen. Das heißt, mit anderen Worten gesagt: Wer das Weltleben liebt, der wird des Geistes Leben verlieren; wer aber des Geistes Leben liebt und verachtet das Leben der Welt, der wird auch das Leben des Geistes überkommen.
[70.10] Wer also das Leben des Geistes liebt und dasselbe überkommt, der hat ja sich selbst gespalten und hat sein innerstes Leben dem Licht aus Mir geöffnet. Und dieses Licht ist der wahre Weisheitsbohrer, welcher alles durchdringt, und das zwar von demjenigen Punkt, allda alle Dinge und Wesen in eins zusammenlaufen.
[70.11] Da wir nun solches wissen, so wissen wir auch schon beinahe alles, was da betrifft die Religion der Bewohner unseres siebten Sonnengürtels. Diese besteht dann lediglich in dem, alles von innen aus zu beschauen, und aus diesen inneren Beschauungen ein wahres, inneres, lebendiges Lob Mir darzubringen.
[70.12] Worin aber besteht dieses Lob? Dieses Lob besteht in der vollkommenen Einung durch das Zurückkehren alles äußeren Naturmäßigen in das einfach Geistige; – und möge die Äußerlichkeit noch so zerstreut sein als sie will, so muss sie sich endlich im Inneren doch als eine vollkommene, gleichlautende Einheit aussprechen lassen.
[70.13] Dieser Ausspruch lautet: Gott ist die Liebe! Alles was da ist, ist eine Ausstrahlung dieses ewigen Heiligtums. Und dieses Heiligtum findet Sich in Seiner endlosen Allheit in Sich Selbst endlos vollkommen also, wie es Sich findet in uns, Seiner Ebenmäßigkeit. In dieser Ebenmäßigkeit sind wir dann, zufolge des in uns aufgefundenen, einigen Heiligtums, selbst einig mit dem urewigen, in Sich Selbst allervollkommenst einigen Heiligtum, welches ist Gott, die alleinige Liebe. Also lieben wir Gott, so wir Seine Liebe haben; denn Gott lässt sich mit keiner Liebe lieben als allein mit der eigenen, einigen. Wer demnach Gott lieben will, damit er lebe ewig in Ihm, der muss die Liebe Gottes in sich haben als eine vollkommene Einigung mit Gott, welche da ist eine Rückbringung alles dessen in der geheiligten Einheit, was die ewige, einige Liebe zufolge Ihrer großen Erbarmung aus Sich in zahllosen Gnadenstrahlen gestreut hat.
[70.14] Seht, das ist der eigentliche Grundsatz der Religion dieses siebten Gürtels. Dieser Grundsatz aber ist demnach auch das Grundprinzip aller Handlungen der Menschen dieses Gürtels.
[70.15] Also stellt auch solchen Grundsatz ihr ganzes Wesen ersichtlich dar. Sie sind äußerlich nackt, weil sie das Äußere nicht achten. Aber desto bekleideter sind sie inwendig, weil ihnen alles an dem Geist gelegen ist. Sie sind großen Leibes, zum Zeugnis, dass sie alles Äußere umfassend nach innen führen, um es da zu einen. Sie sind von verschiedener Größe, damit sie diese äußeren Unterschiede im Geiste aufheben und einig machen. Also sind sie auch verschiedenfarbig, welches da entspricht der Teilung des Lichts oder dem Auswendigen der Dinge, damit alle diese Farben in ihrem Geist zu einem Licht vereinigt werden. Sie bewohnen die äußersten Gürtel der Sonne, zum Zeichen, dass da das Äußere zum Inwendigen geführt und da mit demselben eins werden soll. Also leben sie von allerlei Früchten, teils von solchen, die ihnen frei wachsende Bäume und Gesträuche abwerfen, teils von den Früchten, welche ihr Wille dem Boden entlockt, und teils von denjenigen Alimenten [Nahrungsmitteln], welche ihnen die Luft wie ein Wunder zuführt, zum Zeichen, dass alle ausgestreute Gnadenfülle aus der ewigen Liebe der Mensch in sich aufnehmen soll.
[70.16] Seht, also geht demnach auch ihr ganzes Streben dahin, dass sich in ihnen alles in der Liebe zu Gott vereinen soll. Das Größte dem Außen nach ist ihnen so gleich wie das Kleinste. Da sie wohl die Bewohner der ganzen Sonne aus ihrem Geist heraus kennen, so sagen sie: Die Bewohner des Mittelgürtels, als die von aller äußeren Pracht strotzenden, sind die kleinsten Menschen der Sonne. Würden sie nach dem äußeren Maßstab sprechen, so würden sie sicher noch kleinere finden, wie wir sie im Verfolg [dieser Schilderungen] gefunden haben. Allein da sie alle Dinge bloß von innen aus betrachten, so benennen sie dieselben auch also, wie sie dieselben in sich finden. Ich mache euch hier auf etwas aufmerksam, dass Ich im Verlauf [der Schilderung] des Mittelgürtels Selbst ausgesagt habe, als seien sie die kleinsten; allein solche Aussage verhält sich eben nach dieser gegenwärtigen Beleuchtung. Denn wo immer das Auswendige überaus prachtvoll und mannigfaltig ausgestattet ist, da ist das Inwendige am kleinsten. Wo aber das Äußere ohne allen Prunk dasteht, da ist das Innere desto größer.
[70.17] Hier im siebten Gürtel haben wir nirgends einen äußeren Prunk gesehen; dafür ist aber auch das Innere am größten. Wenn hier auch die äußere Form zur größten wird, so schadet das der Sache nichts; denn solche Größe ist dann nur eine Folge der wahrhaft inneren Übergröße und ist von dem ein Zeichen, davon wir schon gesprochen haben. Also wird auch manchmal das Maß eben des Mittelgürtels variiert angegeben; allein auch solches geschieht zufolge des allzeit mitbegriffenen Maßstabes der Menschen, die da bewohnen solchen Gürtel. Und so verhält sich noch so manches von innen aus betrachtet ganz anders, als es äußerlich ins Auge fällt.
[70.18] Da wir nun solches wieder erfahren haben, so können wir auch das Gegebene allzeit auf eine zweifache Art betrachten, nämlich von außen und von innen. Allda irgendeine Spalte im Außen ersichtlich ist, da denkt, dass auch diese Spalte im Zentrum in eins zusammenfließt. Und betrachten wir das Gegebene von innen aus, so werden wir ohnedies allzeit den geraden Weg treffen und werden zum Voraus erkennen, dass da die äußeren Auswüchse und Unebenheiten sich im Zentrum dennoch als eins finden müssen und können unmöglicherweise je demselben eine andere Richtung geben, wenn sie untereinander sich durch noch so große Klüfte, Sprünge, Erhöhungen und Vertiefungen unterscheiden sollten.
[70.19] Somit wären wir auch mit der Darstellung der Religion der Menschen dieses Gürtels zu Ende und wollen daher nächstens nur noch einiges von ihrer Zeugung, Geburt, Ehe und ihrem Absterben sprechen und sodann uns zur inneren Sonne begeben, welche wir so kurz als nur immer möglich im Allgemeinen durchgehen wollen. Und so lassen wir es für heute wieder gut sein!
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