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51. Häusliche, staatliche und religiöse Verfassung auf dem sechsten Gürtelpaar. Zweck der gewaltigen Hauptstraßen und Beschreibung ihrer Wägen

(Am 18. Oktober 1842 von 3 3/4 bis 5 3/4 Uhr nachmittags.)

[51.1] Ihr werdet euch wohl vorstellen und bei euch selbst sagen: Wo es so große Häuser gibt, da wird es wohl auch überaus große häusliche Verfassungen geben müssen, damit ein solches Haus in der gerechten Ordnung erhalten werden möchte. – Allein bei all der Großartigkeit des Hauses ist aber dennoch dessen Verfassung so höchst einfach, als ihr sie euch nur immer vorstellen mögt. Und mit der häuslichen Verfassung ist auch zugleich die staatliche in eins zusammengeschmolzen.

[51.2] Das Einzige, was die häusliche Verfassung betrifft, ist besonders zu beachten: dass da jede Parteifamilie ihre Wohnung in steter, guter Ordnung und Reinheit zu erhalten hat; und ist allenfalls an dem großen Wohnhaus irgendein beträchtlicher Schaden geschehen, welches zwar überaus selten zu geschehen pflegt, so müssen dann alle Glieder und Bewohner des großen Hauses zusammengreifen und den Schaden wieder reparieren.

[51.3] Ferner gehört noch zur häuslichen Verfassung, dass die Bewohner des ersten Stockwerkes, oder vielmehr des ersten Randgebäudes, die weitesten Gründe, die des zweiten Stockwerkes die etwas näheren, die Bewohner des dritten Stockwerkes die noch näheren, und so fort die Bewohner der höheren Stockwerke die immer näheren Gründe zu benutzen haben.

[51.4] Ferner ist noch eine Hausregel, dass die Häuser bis zum sechsten Stockwerk keine Wasserleitungen haben dürfen, nachdem sie wegen der geringeren Höhe der Wohngebäude das nötige Wasser ohnehin leicht in ihre Wohngebäude bringen. Vom sechsten Stockwerkgebäude aber angefangen, muss jedes Wohnhaus mit Wasserleitungen versehen sein. Also dürfen auch auf den obersten Terrassen der fünf ersteren Gebäude keine Anpflanzungen geschehen; auf den hohen Terrassen der nächsten Gebäude aber können schon Gärten angelegt werden, auf denen genießbare Pflanzen und Wurzelfrüchte gezogen werden.

[51.5] So haben auch die Jüngeren immer die Verpflichtung, die höheren Etagen zu bewohnen, das heißt, eines und desselben Hauses. Die Stammväter aber wohnen allzeit in dem inwendigsten Gebäude, welches zugleich das höchste und prachtvollste ist.

[51.6] Diese Stammväter haben dann auch den inwendigen, großen Garten zu benutzen und bewohnen darum auch dieses höchste Gebäude, damit sie von der hohen Terrasse dieses Gebäudes alle anderen übersehen können. Wenn sie auch gerade nicht in eigener Person allzeit solches zu tun pflegen, so haben sie aber an ihrer statt stets einige Wächter auf der höchsten Terrasse aufgestellt, welche wechselweise das ganze Wohnhaus zu übersehen und dem Patriarchen sogleich Nachricht zu geben haben, wie sich nur immer irgendwo etwas zeigt, das da in einer kleinen Unordnung den Grund haben dürfte. Zu dergleichen Erscheinungen gehören irgendein ungewöhnlich emporsteigender Rauch oder auch eine Staubwolke. Im Übrigen aber hat ohne sie jeder Einwohner des Hauses die unausbleibliche Verpflichtung, was immer für ein Ereignis sogleich an das Patriarchat anzuzeigen.

[51.7] Dann ist ebenfalls eine staatlich-häusliche Verfassung, derzufolge alle Kinder des männlichen Geschlechts in den Tempel zum betreffenden Unterricht gebracht werden müssen; das weibliche Geschlecht nur wird daheim für die betreffende Hauswirtschaft erzogen.

[51.8] Wenn die Knaben aus den Tempelschulen wieder heimkehren, müssen sie vor den bestehenden Patriarchen Prüfungen ablegen über die Tauglichkeit, die sie sich in den Tempelschulen eigen gemacht haben. Werden sie für vollkommen befunden, so können sie alsbald ehelichen und eine Wohnung für sich beziehen, deren es natürlich in einem so großen Wohngebäude eine Menge zu solchen Zwecken in der Reserve gibt. Werden sie aber nicht vollkommen befunden, so müssen sie sich schon wieder gefallen lassen, noch einmal in dem Tempel den ziemlich gestrengen Lehrern einen eben nicht gar zu willkommenen Besuch zu machen. Denn dieser Besuch mundet weder den Lehrern noch den wiederkommenden Schülern, weil sich fürs Erste die Lehrer dadurch kritisiert erschauen, wenn irgend Patriarchen mit ihren Schülern nicht zufrieden sind. Und die Schüler werden dann aus dem Grunde eben auch nicht von den Lehrern auf die ausgezeichnetste Weise empfangen, und auch der nachträgliche Unterricht wird allzeit ums Bedeutende unbarmherziger erteilt als der erste. Da aber dann solche Schüler gewöhnlich ausgezeichneter fleißig sind als diejenigen, welche allenfalls nur das erste Mal in der Tempelschule sind, so geschieht es dann auch nicht selten, dass solche sehr geschickte Repetenten mit der Zeit selbst zu angehenden Tempellehrern werden und machen auf diese Weise sonach eben nicht gar zu schweren Herzens, wie ihr zu sagen pflegt, ein leichtes Kreuz über ihre Heimat. Denn die Tempelbewohner, besonders die Lehrer, stehen in einem überaus großen Ansehen, aus welchem Grunde einer auch lieber ein kleines Häuschen in dem uns schon bekannten Garten des Tempels bewohnt, als dass er da sei ein erster Patriarch in einem Wohnhaus.

[51.9] Das wären aber sonach auch im Wesentlichen alle häuslichen und staatlichen Regeln beisammen, das heißt, die da ein oder das andere Wohnhaus für sich beobachtet. Es gibt da nur noch nachbarliche Verhältnisse, vermöge welcher jeder Bewohner eines nachbarlichen Wohnhauses bei außerordentlichen Fällen die Unterstützung zweier nachbarlicher Wohnhäuser ansprechen kann und darf, welche ihm dann auch ohne Widerrede nach seinem Verlangen gewillfahrt werden muss. Sollte aber jedoch irgendwo ein ganz neues Wohnhaus errichtet werden, so darf solches niemals ohne den Tempelrat und ohne die Gutheißung des obersten Priesters geschehen. Das wäre hernach auch das äußere staatliche Verhältnis.

[51.10] Dass natürlich alle die Wohnhäuser in allgemeinen Sachen dem Tempel die pünktlichste Obedienz zu leisten haben, wird sich in dem materiellen Teil der Religion deutlich beurkunden.

[51.11] Da wir so mit diesen zwei ersten Verfassungen zu Ende sind, so können wir uns füglichermaßen zur Religion der Bewohner dieses Gürtels wenden. Damit wir aber diesen wichtigsten Zweig so vollkommen als möglich und dann auch so kurz als möglich beschauen mögen, wird es nötig sein, die Religion in zwei Teile, nämlich in den materiellen und in den geistigen, zu scheiden.

[51.12] Und wir wollen daher auch sogleich die erste Frage stellen: Worin besteht denn allhier der materielle oder, besser gesagt, der werktätige Teil der Religion der Bewohner dieses Gürtels? – Dieser besteht in nichts anderem, als dass da jedermann alles, was er nur immer tut, zur Ehre Gottes tun solle; und soll daher auch seine Handlung wohl prüfen, ob diese zur Ehre Gottes tauge. Kann eine solche Handlung, das heißt eigentlich die Vornahme zu einer bevorstehenden Handlung, von jemandem nicht vollkommen als Gottes würdig erkannt werden, so hat dann ein solcher die Verpflichtung, seine vorhabende Handlung entweder vor dem häuslichen Patriarchat kundzugeben und durchprüfen zu lassen, ob sie zur Ehre Gottes tauge oder nicht; wird sie hier als bezweifelt tauglich erklärt, so muss er solches ohne weiteres vor die Hohepriesterschaft des Tempels bringen. Hat diese die vorgenommene Handlung als zur Ehre Gottes für tauglich erkannt, so kann der Vorhaber seine Handlung ohne weiteres ins Werk setzen; wird sie aber da nicht für Gottes würdig erkannt, so muss der betreffende Anfrager fürs Erste sogleich von seinem Vorhaben abstehen und fürs Zweite für sein der Ehre Gottes unwürdiges Vorhaben eine Art Buße verrichten, welche darin besteht, dass er eine bestimmte Zeit lang in dem Tempel irgendeinen untergeordneten Dienst versehen muss, nach welcher abgelaufenen Dienstzeit er sich dann wieder in seine Heimat begeben kann.

[51.13] Das wäre somit eine Regel des materiellen Teils der Religion. Eine zweite Regel besteht darin, dass nämlich alle Bewohner eines Hauses im Verlauf von sieben oder auch zehn Sternlichtzeiten sich einmal zur Ehre Gottes in dem Tempel einfinden müssen, und allda die Lehren über Gott aus dem Munde der Hohepriester in den verschiedenen Gemächern des Tempels vernehmen.

[51.14] So hat auch jedermann die Verpflichtung, einmal in seinem ganzen Leben die höchste Spitze des Tempels zu ersteigen und allda seinen Dank für alles noch Künftige Gott vorzutragen.

[51.15] Also hat auch ein jeder Bewohner die Verpflichtung, nach abgelaufenen zehn Sternlichtzeiten, von denen eine gewöhnlich etwas über neunundzwanzig Tage eurer Zeitrechnung andauert, einen gewissen Teil von den Hauptfrüchten seiner drei Hauptbäume an den Tempel abzuliefern.

[51.16] Dann ferner, da die Hauptstraße ein Eigentum der Tempel ist, welche gewöhnlich allzeit in der Nähe dieser Hauptstraße erbaut sind, so muss ein jeder Hausinwohner allzeit bereit sein, mit all seinen Kräften, im Falle der Notwendigkeit, zur Erhaltung dieser Straße beizutragen.

[51.17] Es wird hier sicher jemand fragen: Zu welchem Zweck ist denn eigentlich diese Straße erbaut? – Der erste Hauptzweck ist, dass durch diese Straße die Verbindung und die Einheit aller Bewohner dieses Gürtels, und somit auch aller Tempel, zur Ehre Gottes bewerkstelligt wird. Ein zweiter Zweck dieser Straße aber ist, dass besonders diejenigen Menschen männlichen Geschlechts, welche Oberpriester werden wollen, Zeugnisse von allen bestehenden Tempeln haben müssen, dass sie zur Ehre Gottes diese ganze, bei zweimalhunderttausend Meilen eures Maßes lange Straße überwandert und dadurch die Bekanntschaft mit allen Tempeln gemacht haben. Das ist somit der zweite Zweck dieser Straße. Der dritte Zweck aber besteht auch darin, dass eben auf dieser Straße jedermann, der da Lust hat, sich viele Kenntnisse und Fertigkeiten zu sammeln, die schnellsten und zugleich bequemsten Reisen machen kann.

[51.18] Denn auch hier hat man eine Art Wägen, mit denen man überaus schnell über die überaus ebene Straße dahinfährt. Die Wägen werden aber nicht von Tieren, noch weniger von Menschen gezogen, sondern sie werden durch eine eigene Maschine in eine so schnelle Bewegung gebracht, dass, wenn sie so im schnellsten Zuge sind, sie eine abgeschossene Kanonenkugel nimmer einholen würde.

[51.19] Wer hat denn für diese Wägen zu sorgen? Fürs Erste die Baudirektionen des Tempels; fürs Zweite aber haben wir schon gehört, dass da an der Straße immerwährend kleine Wohnhäuser bestehen, deren Einwohner fortwährend die Straße zu überwachen haben; ein jeder Einwohner eines solchen Straßenhauses muss dann auch beständig mit einer bedeutenden Anzahl solcher Wägen versehen sein, welche immer in Bereitschaft sein müssen, um allfällige Reisende aufzunehmen und bis zur nächsten Station weiterzubefördern. Solches gehört eben auch, als vom Tempel Ausgehendes, in den materiellen Teil der Religion. Nächstens die Fortsetzung.

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