(Am 17. Oktober 1842 nachmittags von 3 1/2 bis 5 1/2 Uhr.)
[50.1] Seht hier in einer Entfernung von etwa einer Meile außer dem Baumkreis ein staffelförmiges Gebäude, welches ungefähr aus siebzig Staffeln besteht, wovon jede eine Höhe von tausend Klaftern hat. In jeder Staffel erblickt ihr Stockwerke, welche mit Fenstern versehen sind, etwa nach der Art wie die gotischen Fenster bei euch auf der Erde; nur natürlich ein jedes Fenster um wenigstens das Fünfzigfache größer als bei euch. Alsdann lässt sich hier fragen, indem dieses Gebäude von aus- und inwendig also staffelförmig erbaut, und jede dieser Staffeln, sowohl nach außen wie nach innen, mit guten Geländern versehen ist, wozu wohl dieses Gebäude diene, welches, obschon es ein ziemlich innerer Teil des Tempels ist, aber dennoch immer einen Umfang von etlichen siebzig Meilen eures Maßes hat.
[50.2] Dieses Gebäude dient einerseits zur Bildung der höheren geistigen Erkenntnisse und ist zugleich die Wohnung der Diener des eigentlichen, inneren, größten Tempelheiligtums.
[50.3] Diese Diener werden in siebzig Klassen eingeteilt, und jegliche Klasse hat ihre eigene Beschäftigung in dem Tempel. Diejenige Klasse, welche die vier Etagen der ersten Staffel bewohnt, ist die niederste und gemeinste. Jede eine höhere Staffel bewohnende Klasse ist dann auch in ihrer Amtssphäre höherstehend und kommt immer seltener zur Tempelhandlung. Diejenige Klasse, welche die alleroberste, also die siebzigste Staffel bewohnt, kommt nur äußerst selten von ihrer Höhe herab zum Dienst des Tempels. Diese Staffel bewohnen demnach auch nur die obersten und tiefweisesten Priester eines solchen Tempels.
[50.4] Ihr werdet hier fragen: Aber wer bringt denn diesen Menschen die Nahrung auf solche schauerliche Höhe? – Seht, dafür ist schon gesorgt; denn eine jede solche, ebenfalls tausend Klafter breite Staffel ist zugleich ein vollkommener Garten, belegt mit guter, fruchtbarer Erde und bepflanzt mit allerlei mäßig großen Fruchtbäumen und anderen wohlgenießbaren Pflanzen und Wurzeln. Auch notwendige Tiere werden allda gehalten; denn sie haben in diesen Gärten hinreichendes Futter.
[50.5] Es fragt sich noch etwas: Woher kommt denn das Wasser? – Durch großartige und künstliche Wasserleitungen. Denn dazu werden die Röhren von dem über hundert Meilen hohen Ringgebirgswall bis zu einem solchen Tempelgebäude gezogen, durch welche dann das Wasser nicht selten gegen tausend Meilen weit eures Maßes geleitet wird. Auf diese Art und Weise ist dann auch dieses riesenhafte Staffelgebäude durch vielfache Wasserleitungen allenthalben reichlichst mit Wasser versorgt. Ja auf diesen Staffeln sind nicht selten also große Wasserbassins errichtet, dass auf ihnen die Bewohner mit zierlichen Kähnen weit und breit herumfahren können; und sogar auf dem Plateau der siebzigsten Staffel sind zwischen den Fruchtbäumen und Gärten eine Menge Springbrunnen angebracht, wo das Wasser aus ziemlich hohen Obelisksäulen emporschießt und dann als ein reichlicher Regen in ein bedeutend großes Wasserbassin herabfällt.
[50.6] Aber ihr werdet hier wieder sagen: Die Wohnungen aber werden feucht sein müssen, wenn das ganze Gebäude allenthalben also bewässert ist. – Sorgt euch nicht darum! Denn dieses Gebäude ist aus lauter massiven Quadersteinen so zusammengekittet, dass es als ein förmliches überaus festes Schöpfungswerk zu betrachten ist. Durch diese nicht selten bei hundert Klafter dicken Mauerwerke dringt kein Tropfen Wasser hindurch; und das durch dieses Gewässer ganz unmerklich angesogene Mauerwerk wird durch die tüchtige Wärme der Sonne stets sogleich wieder getrocknet, dass da in den Gemächern nicht die allerleiseste Spur von einer Feuchtigkeit zu gewahren ist.
[50.7] Auf dieses Gebäudes Staffeln kann man sowohl durch zahllose Stufen und Treppen, wie auch von außen auf gerade gelegten, überaus bequemen und breiten Staffeln gelangen. Ihr würdet zwar auf diesen Staffeln nicht gut vorwärts kommen, indem eine jede Staffel zwei Klafter hoch ist; aber für die sechzehn bis zwanzig Klafter hohen und großen Bewohner dieses Gürtels gehören dergleichen Staffeln zu den bequemsten, indem sie auch Staffeln haben, wovon jede Stufe vier bis fünf Klafter hoch ist.
[50.8] Neben einer jeden Stufenreihe, die nach außen hinauf bis zur höchsten Höhe führt und auf beiden Seiten mit tüchtigen Geländern versehen ist, führt auch besonders nach dem inneren Teil des Gebäudes hinein eine sogenannte Rutschbahn. Diese dient etwa nicht dazu, als sollten die Menschen auf derselben herabrutschen; sondern sie dient vielmehr dazu, wozu bei euch die sogenannten Ausgüsse dienen. Denn diese Bahn ist eine offene Halbröhre; und es kann in selbe von einer jeden Staffel alles Unbrauchbare wie auch aller Unrat hineingeworfen werden, wonach er dann nach diesem Schlauch hinabrutscht; und bleibt irgendetwas stecken oder hängen, so wird solches entweder durch einen nachgelassenen Wasserstrahl fortgeschwemmt, oder es kann auch über das Geländer der Stufen hinaus abgekehrt werden.
[50.9] Da wir dieses Gebäude links und rechts als ein Staffelwerk gesehen haben, so wird es von selbst einleuchtend sein, dass es ein gleiches Dreieck bilden würde, so wir es irgend mitten durchschneiden würden. Daraus geht aber hervor, dass es unten zu ebener Erde nahe ebenso breit sein muss, als es von der Erde bis zur höchsten Staffel hoch ist. Aus dem Grunde hat es dann ebenfalls auch einen Durchmesser von siebzigtausend Klaftern. Und die Eingangs- und Durchgangstore sind demnach auch nichts anderes als bei tausend Klafter hohe und bei hundert Klafter breite Tunnels, die in dem Innern sogar durch künstliche Leuchten erleuchtet werden müssen. Solches ist aber in diesem Gürtel, wie auch in anderen Gürteln, eben nicht so kostspielig, als ihr meint. Denn es gibt in der Sonne eine überaus große Menge weißer Steine, welche so stark von sich selbst leuchten, dass ihr das Licht eines solchen Steines so wenig ertragen würdet als das Licht der Sonne selbst am hellen Mittag. Aus diesem Stein werden große, etwa bei zwei Klafter im Durchmesser habende Kugeln gemeißelt und dann auch sowohl in solchen weiten Tunneln, wie auch in den inneren Gemächern dieses Gebäudes, in gerechten Entfernungen auf viereckige Postamente gestellt. Dadurch werden dann sowohl die Tunnel als die inneren Gemächer sogar noch um einige Grade stärker erleuchtet, als euer Erdkörper erleuchtet ist am hellen Mittag. Dieses Licht ist in der Sonne freilich ums Ziemliche schwächer als das äußere Naturlicht; aber dessen ungeachtet noch immer hinreichend stark, um alles recht deutlich auszunehmen und zu beschauen.
[50.10] Solcher Eingänge oder vielmehr Durchgänge gibt es bei tausend durch dieses riesenhafte Gebäude. Wenn ihr imstande seid, eure Phantasie ein wenig zu beleben, so wird euch das Großartige und Wunderbare dieses Gebäudes nicht entgehen. Geht mit den Füßen eurer Phantasie auch hinauf auf die siebzigste Staffelei dieses Gebäudes und blickt von dieser hohen Terrasse in die fernen Gegenden herum wie auch auf alle diese Gebäude, die wir bisher schon haben kennengelernt, so werdet ihr euch von der außerordentlichen Pracht und Größe eines solchen Gebäudes überzeugen.
[50.11] Kehrt euch aber auf ebendieser hohen Terrasse um, welche schon über siebzehn Meilen dem Erdboden entrückt ist, und blickt in den inneren Raum dieses Gebäudes, so werdet ihr nichts anderes als schon den eigentlichen Tempel in keiner weiten Ferne mehr erblicken.
[50.12] Seht, dieses Gebäude sieht keinem Gebäude gleich, sondern es ist vielmehr ein Berg von etwa einer Höhe von zwanzig Meilen eures Maßes; sein Umfang dürfte auch kaum mehr betragen. Und so sieht dieser eigentliche Tempel vielmehr noch einem keineswegs symmetrisch, sondern wie zufällig erbauten oder hingestellten riesenhaften gotischen Turm gleich, allda sich Spitzen über Spitzen und Zinnen über Zinnen erheben.
[50.13] Dieser Tempel ist von tausend und tausend hohen Gewölben durchbrochen, und allenthalben seht ihr sowohl von innen wie von außen Staffeln emporsteigen. Die höchsten Spitzen dieses Tempels verlieren sich schon dem Auge des Beschauers in den lichten Dunstkreis der Sonne mehr und mehr; nur hier und da erblickt ihr noch einzelne Spitzen gleich hellen Sternen herab in die Tiefe blitzeln.
[50.14] Dieses ganze Gebäude, wie ihr in eurer Phantasie es mit ansehen könnt, ist aus lauter, euch schon bekannten, weißen Glanzsteinen erbaut und ist dadurch von innen wie nach außen überall gleich hell. Wenn ihr mit euren Augen euch einem solchen Tempel nur auf hundert Meilen nahen würdet, so würde euch das gewaltige Leuchten desselben plötzlich erblinden machen; denn im Freien glänzt dieser Stein noch ums Tausendfache stärker, als das freie Licht der Sonne von eurer Erde betrachtet. Aber für die Augen der Bewohner dieses Gürtels hat ein solches Gestein nur ungefähr denselben Grad des Lichtes wie bei euch eine Schneefläche, wenn sie von der Sonne beschienen wird.
[50.15] Wie aber die Bewohner in einem solchen Tempel Gott verehren, davon wird erst bei Gelegenheit der Religion dieser Bewohner die Rede sein.
[50.16] So hätten wir denn nun gesehen, wie ein solcher Tempel bei den Bewohnern dieses Sonnengürtels aussieht, und welche Größe er hat, und können somit wohl den Vergleich machen, welche von den drei Gebäudegattungen die großartigste und riesenhafteste ist.
[50.17] Wenn ihr die Sache recht betrachtet, so müsst ihr offenbar sagen: Die große Straße bleibt noch immer der riesenhafteste Mittelpunkt baulicher Größe der Bewohner dieses Gürtels. – Was aber eigentlich die wunderbare, überaus mannigfaltige Baukunst betrifft, so steht ein solcher Tempel sicher im Vergleich mit der Straße höher und erscheint gewisserart als Kulminationspunkt der Baugröße der Bewohner dieses Gürtels.
[50.18] Dass ein solcher gesamter Tempel auch von mehreren Millionen Menschen bewohnt wird, braucht kaum noch hinzu erwähnt zu werden. Wie viele solcher Tempel möchten wohl in diesem Sonnengürtel vorkommen? Nicht eben gar so viele. Mehr als zehn dürftet ihr wohl schwerlich finden. Wie groß ist denn hernach der Bezirk eines solchen Tempels? Dem Raum nach dürfte er wohl größer sein als auf eurer Erde Europa, Asien und Afrika zusammengenommen.
[50.19] Wie viel Wohnhäuser dürften hernach auf einen solchen Bezirk kommen? Der Zahl nach eben auch nicht gar zu viele, und es dürfte die Zahl sich nur hier und da um zwei Einheiten über die Zahl zehn belaufen. Fragt ihr aber dabei um die Zahl der Menschen, so dürfte dieselbe wohl auch auf ziemlich viele Millionen zu stehen kommen. Denn solches wisst ihr schon, dass die Wohnhäuser überaus bevölkert sind, dass sogar in manchem Wohnhaus zwei bis drei Millionen Menschen leben. Rechnet ihr noch dazu die mehreren Millionen der Tempelbewohner, so dürfte euch der Bezirk in Hinsicht der Bewohner sicher großzähliger erscheinen, als die Zahl der Tempel und der Wohnhäuser.
[50.20] Alles andere Land, bis auf die tiefstgelegenen Ufergegenden des Meeres, wird zum Frucht- und Baumanbau verwendet. Talgegenden werden zumeist mit Wäldern bepflanzt, deren riesige Bäume dann zu dem verschiedenartigen Bau verwendet werden. Hochebenen und selbst die nicht gar zu steilen Hügelabhänge aber werden samt und sämtlich zur Fruchttragung sowohl von Seite der Bäume wie auch anderer Pflanzen verwendet.
[50.21] Wohnhäuser und Tempel aber werden allzeit auf solchen Stellen erbaut, die sonst weder für die eine noch die andere Fruchtgattung gut tragen; gewöhnlich werden dazu sehr steinige Landgebiete verwendet. An der Hauptstraße gibt es wohl auch Kleinhäuser, wovon eines nur von höchstens hundert Menschen bewohnt werden kann; daher sind diese Häuser auch stets nur in geringen Entfernungen voneinander errichtet. Die Entfernungen betragen nach Verschiedenheit des Terrains höchstens zehn, zwanzig bis dreißig Meilen. Die Bewohner dieser Häuser führen die Aufsicht über die Straße und müssen auch kleine Mängel derselben verbessern. Geschieht irgendwo ein größerer Schaden, so muss solches den Tempelbauleuten angezeigt werden.
[50.22] Das ist jetzt aber auch alles, was wir in äußerer, naturmäßiger Hinsicht auf diesem Gürtel als denkwürdig zu beachten haben. Und so wollen wir denn nächstens uns wieder zu den drei Verfassungen, nämlich der häuslichen, staatlichen und religiösen, wenden. Und somit gut für heute!
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