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32. Gottesdienst und Eheschließung auf dem ersten Nebengürtelpaar

(Am 20. September 1842 von 4 1/4 bis 6 1/2 Uhr abends.)

[32.1] Was die Religion betrifft, so gibt es in diesen beiden Gürteln durchgehends keinen zeremoniellen oder gewisserart äußerlich sichtbaren Religionskultus; denn davon sind die Bewohner dieser Gürtel die abgesagtesten Feinde, weil sich nach ihren höchst ordnungsmäßig abgewogenen Grundsätzen etwas äußerlich Materielles ebenso wenig mit einem allerpurst Geistigen verbinden ließe, als die Zahl zwei mit der Zahl sieben.

[32.2] Aus diesem Grunde dann wird niemand etwas erblicken, was ihm äußerlich hin genommen irgendeinen Anstoß auf etwas Höheres geben könnte. Aus diesem Grunde auch gibt es bei ihnen keine sogenannte Feier- oder Sabbatzeit.

[32.3] Und aus ebendemselben Grunde haben diese Bewohner auch durchaus weder eine noch die andere Art von Zeitmessungen und bestimmen daher nie einen Zeitraum. Denn sie sagen: Die Zeitbestimmung liegt in den Händen des höchsten Geistes, der Mensch aber soll nicht messen, wozu ihm Gott, der Allerhöchste, keinen Maßstab gegeben hat. Und sie sagen ferner: Unsere Welt hat der große Weltenbaumeister ausgedehnt vor uns und hat durch die Flächen jedermann einen Wink gegeben, dass er dieselben messen soll. Aber für die Dauer hat Er nirgends einen Maßstab gesetzt; daher soll der Mensch auch nicht dieselbe eigenmächtig zerschneiden. Er hat uns zwar einen Maßstab gegeben, dieser Maßstab ist jedem das eigene Leben. Weiter hat Er noch einen großen Maßstab gezogen über das weite Himmelsgezelt; nach diesem Maßstab bewegen sich ferne Welten, und unsere eigene Welt richtet sich in ihrem Lauf selbst nach diesem großen Maßstab. Aber uns hat Er weder für den einen noch für den anderen Maßstab einen Zirkel in die Hand gegeben, dass wir denselben einteilen und bemessen könnten.

[32.4] Aus diesem Grunde kümmern sich dann die Bewohner dieses Gürtels gar nicht um die Zeit. Bei manchen geht solches so weit, dass sie nicht einmal wissen, welches ihrer erwachsenen Kinder das ältere ist. Das Alter bestimmen sie dort bloß nach der Reife des Geistes, hier und da wohl auch nach dem Gewicht des Leibes.

[32.5] Dass dann aus diesem Grunde von einem sogenannten Sabbat keine Rede ist, werdet ihr aus dem bereits Angeführten leicht entnehmen können.

[32.6] Worin besteht denn hernach die Religion, wenn wir dem Außen nach nirgends etwas erblicken, was uns an dieselbe gemahnen sollte? Bei diesen Bewohnern ist alles, was sie tun, von ihren Grundsätzen aus betrachtet, ein Gottesdienst. Zu diesem Gottesdienst haben und lehren ihre Weisen allen Menschen dieser Gürtel folgenden Grundsatz: Wir sind nicht durch uns selbst geworden, sondern die Kraft der allerhöchsten Weisheit Gottes hat uns also gestaltet und auf diesen Boden gestellt. Ebendiese Kraft erhält und leitet uns beständig, und wir sind fortwährend in ihrer allerhöchst weisesten Hand. Wenn uns aber diese Kraft also gestaltet hat, uns nun beständig erhält und führt, und ist allzeit unser wohl bedacht, – wie und wann sollten wir denn ein Werk verrichten, ohne dass wir bei jeder unserer Wendungen daran erinnert werden, dass wir sie nur zum Dienste Desjenigen verrichten müssen und auch allzeit verrichten wollen, der uns mit jeder möglichen Tatkraft fortwährend versieht.

[32.7] Daher soll nie jemand daran gedenken, als täte er etwas für sich, sondern was er tut, das tue er für Den, der ihn mit Tatkräften versehen hat und fortwährend versieht. Die Weisheit und getreue Handlung darnach ist der wahre Gottesdienst. Daher soll jeder dasjenige unverzüglich tun, was er in der Ordnung seiner Weisheit als vollkommen der Ordnung gemäß erkannt hat. Und so wollen wir allzeit Dem dienen, in dessen allerhöchster Weisheit die Absicht zugrunde gelegen ist, dass Er für uns solche Zwecke gestellt hat, durch welche wir nach der erkannten Ordnung ebendieser Seiner höchst vollkommenen Absicht entsprechen sollen.

[32.8] Daher sollen wir Gott mit jedem Hauch aus unserer Lunge dienen. Und jeder unserer Schritte soll wohl abgemessen und wohl abgewogen sein. Denn aus allem erkennen wir, dass Gott in Sich Selbst die allervollkommenste Ordnung ist.

[32.9] Wer demnach in all seinem Wirken dieser Ordnung entspricht, der dient Gott, wer aber diese Ordnung leichtfertig übertritt und nicht vor Augen hat das Maß seiner Schritte und das Maß seiner Hände, der ist gleich einer unsinnigen Frucht, welche ihre Wurzelfasern möchte in die Luft stoßen, die Äste aber ins Erdreich schlagen. Es werden wohl mit der Zeit auch die Äste im Erdreiche Wurzel treiben; aber die in die Luft gekehrten Wurzeln werden sich dennoch nicht in die Äste verwandeln und irgendeine dienliche Frucht bringen.

[32.10] Wie aber jemand, da er noch ein Kind ist, nur kleine Schritte macht und kann mit seinen Füßen noch kein Maß treffen, indem diese noch kein Maßverhältnis an und für sich haben und für eine gerechte Bewegung zu schwach sind; – wann aber das Kind die Vollreife erlangt hat und ist männlich geworden in allem, sodann auch haben seine Füße das rechte Maß überkommen, mit welchem er die großen Flächen übermessen kann. Also muss auch ein jeder Mensch mit seiner eigenen Schwäche anfangen und muss sich selbst mehr und mehr zu bemessen imstande sein. Hat er sein eigenes Maß vollends gefunden, so wird er dann auch mit diesem richtig gefundenen Maß das göttliche Maß bemessen können.

[32.11] Das Maß aber ist die Ordnung; bevor jemand nicht seine eigene Ordnung erkannt hat, kann er auch nicht die allerhöchste Ordnung Gottes erkennen. Erkennt er aber diese nicht, so ist all sein Tun eitel; denn wie könnte da eine Handlung einen Wert haben, wenn sie von jemand verrichtet würde, der da nicht wüsste, was er täte?

[32.12] Daher solle niemand etwas tun, wofür er kein Maß hat. Hat er aber das geistige Maß, so tue er darnach; denn das richtige Maß ist die Ordnung Gottes, nach der ein jeder zu handeln berufen ist.

[32.13] Seht, das ist der eigentliche Hauptgrundsatz bezüglich der Religion dieser Gürtelbewohner. Sie sind demnach beständige Diener Gottes, und die ganze Lebensdauer ist für sie sonach ein ununterbrochener Sabbat.

[32.14] Aus diesem Grunde ist auch ihre ganze Haushaltung und ihre Bewegung also abgemessen. Weil sie Gott als die höchste Ordnung erkennen, so wollen sie derselben auch mit gar nichts zuwiderkommen.

[32.15] Nur einen einzigen Akt könnten wir gewisserart als eine religiöse Zeremonie betrachten, und das ist der Akt der ehelichen Verbindung zwischen zwei Gatten. Wenn sich nämlich zwei Gatten verbinden wollen, so geschieht dieses auf folgende Art: Zuerst sucht der Mann sich ein äußerlich wohlgestaltetes Wesen; und hat er irgendein solches gefunden, so begibt er sich sogleich zu den Eltern eines solchen weiblichen Wesens und sagt zum Vater, der zu dem Behuf aus dem Haus dem Bewerber unter das Angesicht zu treten aufgefordert wird: „Ich habe das Angesicht deiner Tochter angesehen; es hat mir wohlgefallen. So du es willst, da lass mich prüfen die Ordnung ihres Herzens.“

[32.16] Und der Vater nähert sich dann dem Bewerber: „Zeige mir das Maß deines Fußes und das Maß deiner Hand, und ich will dich dann führen in mein Haus und will dich sehen lassen das ganze Maß meiner Tochter.“ Hier streckt dann allzeit der Bewerber seine Hände aus und ebenso auch, wie weit es nur immer tunlich ist, seine Füße. Der Vater misst dann die Hände und die Füße; und hat er das Maß für gut befunden, so führt er mit wohlgemessenen Schritten den Bewerber in seine Wohnung und lässt ihn erkennen das Maß seiner Tochter.

[32.17] Entspricht nun dieses Maß dem Maß des Bewerbers, so gibt der Vater seine Tochter ohne den allergeringsten weiteren Anstand dem Bewerber. Hat aber das Maß nicht übereingestimmt, sodann tritt der Bewerber selbst sogleich zurück; denn das Maß der Tochter war gegen das seinige von einem ungeraden Verhältnis.

[32.18] Wenn aber der Bewerber bei guten Maßverhältnissen die Braut genommen hat, so führt er sie sogleich außer den euch schon bekannten Kreis der strengen Ordnung und erwartet allda das ganze, bald nachfolgende Völklein eines solchen Hauses.

[32.19] Wenn dieses auch außer den strengen Kreis gekommen ist, sodann lassen sich bald alle zur Erde nieder und loben den großen Gott, dass Er den Bräutigam eine wohlgeordnete Braut hat finden lassen. Nach solchem Lob erheben sich wieder alle, und der Vater legt dem neuen Brautpaar seine Hände auf und spricht zu ihm: „Die Ordnung Gottes hat euch zusammengeführt; in dieser Ordnung verbleibt auch fürder allzeit und ewig! Und so euch Gottes Weisheit Nachkommen verschaffen wird, da leitet sie in dieselbe Ordnung, durch welche ihr selbst zu einer Ordnung geworden seid.“

[32.20] Darauf begibt sich der Vater mit seinem Völklein wieder in seine Wohnung; und der Bräutigam führt seine Braut in die Wohnung seiner Eltern. Wenn er bis zum Ordnungskreis gekommen ist, begeben sich sobald dessen Eltern und Geschwister mit offenen Armen zu ihm hin und führen das Brautpaar in die Wohnung.

[32.21] Auch hier legt der Vater dem Brautpaar seine Hände auf und spricht dieselben Worte über dasselbe, welche zuvor der Vater der Braut gesprochen hat. Sodann wird Gott wieder ein Lob dargebracht, und wird sodann ein wohlgeordnetes Mahl eingenommen.

[32.22] Nach dem Mahl aber begibt sich der Bräutigam mit seiner Braut in Begleitung seiner Eltern, wenn sie noch leben, sonst aber auch mit einem Bruder und einer Schwester, in ein Kollegium, das nämlich dasjenige ist, zu dessen Gebiet ein solcher Landbewohner gehört. Alldort bekommt dieses neue Brautpaar von dem obersten Weisen einen neuen Namen und ihm wird auch angezeigt, allwo es sich ein neues Besitztum errichten mag.

[32.23] Das Brautpaar aber verbleibt dann so lange, sich geistig und äußerlich vergnügend, in einem solchen Kollegium, bis durch die weisen Bauleute eines solchen Kollegiums ein Wohnhaus samt Besitztum vollendet ist. Sodann wird das Brautpaar mit allerlei Fruchtreisern versehen und begibt sich dann unter der Begleitung verschiedener Weiser in die neue Wohnung, und wird sodann vom Kollegium so lange mit Nahrung versehen, bis die eigene Anpflanzung hinreichende Früchte abwirft, wozu gewöhnlich nach eurer Zeitrechnung etwa ein Zeitraum von höchstens einem Jahr erfordert wird.

[32.24] Die beiden Eltern oder auch Geschwister aber kehren sobald wieder in ihre Heimat zurück, als der oberste Weise das Brautpaar übernommen hat. In den Wohnungen besuchen sich dann weder Kinder und Eltern noch andere Nachbarsleute; wohl aber zu öfteren Malen entweder in den Kollegien oder auf den freien Räumen vor den Wohnhäusern und sind da allzeit fröhlicher Dinge, wenn sie sich wiedersehen.

[32.25] Seht, diese Zeremonie kann in gewisser Hinsicht einzig und allein ein äußerer, sichtbarer Religionskultus genannt werden, und das darum, weil da eine Handlung geschieht, die vorerst ein äußeres Maß zum Grunde hat; denn bei einer jeden anderen Handlung müssen zuerst die inneren Gedanken und Gefühle geprüft werden, bevor erst zu einer äußeren Handlung geschritten wird, welche aber dennoch an und für sich zumeist so beschaffen ist, dass sie vielmehr von einer inneren, geistigen Tätigkeit abhängt, als von der Tätigkeit der Hände.

[32.26] Ihr möchtet wohl auch hier von der Zeugung der Kinder und vom endlichen Sterben der Menschen noch etwas vernehmen; doch für diesen Doppelakt verweise Ich euch auf den Mittelgürtel der Sonne. In dem gleichen die beiden Nebengürtel völlig diesem und die beiden Nebengürtel sich auch vollkommen. Und so wüssten wir demnach auch alles Denkwürdige, was diese beiden Gürtel betrifft, und wollen uns daher fürs nächste Mal sogleich zu den beiden Nachbargürteln wenden. Und somit gut für heute!

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