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21. Ein Tempel dritter Art. Das Geheimnis der Menschwerdung Gottes und des Kreuzes. Einweihung zum Oberpriesterstand

(Am 3. September 1842 von 3 bis 5 Uhr nachmittags.)

[21.1] Nachdem wir die zweite Art der Tempel auch haben kennengelernt, so wollen wir uns denn auf eine bedeutende Höhe erheben, welche nicht selten eine Gegend von mehreren tausend Quadratmeilen beherrscht, und wollen allda noch die dritte Art Tempel kennenlernen.

[21.2] Diese dritte Art der Tempel wird gewöhnlich auf dem höchsten Punkt einer Gegend errichtet und hat gewöhnlich von fünf bis sieben Tempel der zweiten Art unter sich. Wie ist denn dieser Tempel gestaltet und wie beschaffen?

[21.3] Was die Bauart dieses Tempels betrifft, so ist er kaum viermal so groß wie ein gewöhnliches Wohnhaus und ist bei weitem nicht so hoch, wie da sind die Tempel der ersten, wie auch der zweiten Art. Ja hier und da werden manche angetroffen, die nicht viel höher sind als ein gewöhnliches Wohnhaus.

[21.4] Dieser Tempel hat auch nicht die Form eines Schiffes, sondern ist allzeit vollkommen rund. Das Dach ist nicht spitzig, sondern mehr stumpf pyramidenartig. Dessen ungeachtet aber ist es dennoch von bedeutender Höhe. Um das Dach herum ist eine Zinne gezogen, welche mit einem guten Geländer versehen ist. Auf dieser Zinne wird herumgegangen und mittels der Posaunen so manches an die umliegenden Tempel der zweiten Art verkündet.

[21.5] Was das Innere des Tempels anbetrifft, so ist alles das so eingerichtet, wie in einem gewöhnlichen Wohnhaus; nur ist statt der in der Mitte eines Wohnhauses befindlichen Schneckenwendeltreppe hier ebenfalls eine glatte, weiße Säule gestellt, welche in fast gleicher Dicke und runder Form ganz zum höchsten Dachpunkt reicht und somit das Dach auch trägt. Diese Säule aber ist dann wohl umfangen mit einer Wendeltreppe, von welcher inwendig in gleicher Höhe mit der äußeren Dachzinne zwei sich durchkreuzende Gänge von ebender Säule durch eine Dachöffnung auf die äußere Zinne des Daches führen. Allda aber im Innern des Tempels, wo sich die vier Gänge, oder eigentlich die sich durchkreuzenden zwei Gänge, durch einen ziemlich geräumigen Rundgang um die Säule vereinigen, geht dann die Schneckenwendeltreppe um die Säule ganz bis unter die Dachung hinauf. Alles dieses hier ist ganz einfach und ohne alle Verzierung und hat nahe das Aussehen, als wenn solches alles von glatt gehobelten Brettern zusammengefügt wäre.

[21.6] Auf dem Quergang befinden sich keine Harfen mehr; sondern das ganze Musikwesen besteht hier in vier überaus starkschallenden Posaunen, deren Ton so stark ist, dass er zufolge der reinen Sonnenluft manchmal bei tausend Meilen weit vernommen werden kann.

[21.7] Der Fußboden in diesem Tempel ist wie von Bretterdielen. Und die Ruhebänke an den Säulen sehen also aus, wie bei euch die sogenannten hölzernen Kanapees, wie ihr sie da manchmal habt in euren Gärten. Nur die Säulen sehen weiß aus, aber dennoch ebenfalls so, als wenn sie von einer weißen Holzgattung verfertigt wären.

[21.8] Kurz gesagt, hier ist von aller äußeren Pracht durchaus nichts zu entdecken.

[21.9] Um den Tempel herum stehen manchmal etwa zwanzig bis dreißig kleine, hölzerne Hütten, die durchaus nicht auf Säulen ruhen, sondern eine fast ganz ähnliche Gestalt mit den Alpenhütten auf eurer Erde haben, nur sind die Dachungen höher gezogen. Eine solche Hütte steht allzeit knapp an dem Tempel, und das ist die Wohnung des obersten Priesters. Die anderen Hütten aber werden teils von seiner Familie und teils von den Amtsleuten und einigen wenigen Schülern bewohnt. Denn dieses Tempels Schule brauchen nur diejenigen durchmachen, welche sich mit der Zeit selbst für die obersten Lehrer und Amtsleute der unteren Tempel wie auch zum Dienst dieses obersten Tempels wollen weihen lassen.

[21.10] Was wird denn in diesem Tempel alles gelehrt? Seht, das ist ein Tempel der tiefsten Geheimnisse, in welche nur wenige eingeweiht werden. Diese Geheimnisse also werden hier gelehrt. Worin aber bestehen diese Geheimnisse? Diese Geheimnisse bestehen darin, dass die Menschen allda zur Kenntnis gelangen, wie Gott ist ein Mensch, und wie in diesem Menschen wohnt die allerhöchste Liebe, welche alles, was da ist, aus eigener Kraft erschaffen hat.

[21.11] Was wird hier noch gelehrt? Hier wird auch alles Allergeheimste und Allergrößte gelehrt, wie da Gott, als die reinste Liebe, auf einem Planeten, Erde genannt (in der Sonne hat aber dieser Planet den Namen Pjur), vollkommen ein Mensch schweren und sogar todfähigen Leibes geworden ist und lebte allda in der größten Dürftigkeit, obschon alle Himmel Sein Eigentum sind, und ließ Sich zum Zeichen Seiner unendlichen Liebe und unbegreiflichen Demut sogar an das Kreuz heften und töten!

[21.12] Und es wird ferner dazugesetzt, dass solches gerade zu der Zeit geschehen sei, in welcher, wie es alle Sonnenbewohner gar wohl wissen, es auf ihrer Welt vollkommen finster geworden war, welche Finsternis bei zwölf einfache, große Schwingungen angedauert hatte. Denn ihr müsst wissen, dass die Menschen in der Sonne hier und da ein hohes Alter erreichen, und so gibt es noch heutzutage, besonders im Oberpriesterstand mehrere, welche da Zeugen dieser Erscheinung in der Sonne waren.

[21.13] Merkwürdig für euch wäre allda ein auf einem Hügel gegenüber dem Tempel befindliches Kreuz. Allda sieht es geradeso aus, wie bei euch auf der Erde auf irgendeinem gutgestalteten Berg Kalvari. Dieser Berg Kalvari der Sonne aber ist dennoch also von einem Kranz hochgezogener Baumstämme umfangen, dass von selbem von außen her nirgends etwas zu erblicken ist, außer so jemand durch ein enges Pförtlein von dem obersten Priester allda eingeführt wird. Diese Einführung aber geschieht nur dann, so jemand zu einem Oberlehrer des zweiten Tempels geweiht wird.

[21.14] Diese Einführung ist aber nicht mit so geringen Schwierigkeiten verbunden, wie ihr es meint; sondern wer da eingeführt werden will, der muss zuvor große Proben seiner Treue ablegen. Wenn er aber schon durch das enge Pförtlein gekommen ist, so ist er noch bei weitem nicht an Ort und Stelle und sieht vom Berg Kalvari so viel wie nichts.

[21.15] Denn gleich hinter der hohen Baumwand, welche allda nicht selten eine Höhe von zweitausend Klaftern hat, ist ein den ganzen Berg Kalvari umflutender bei zweihundert Klafter breiter Deich gezogen, welcher von ungleicher Tiefe ist. Wer über diesen Deich kommen will, der muss die Wege gar wohl kennen, welche das Wasser allenthalben deckt. Denn unter dem Wasser sind die Wege so gezogen, dass es nur einen Hauptweg gibt, von welchem aber eine Menge Wege als irreleitende Stege führen. Wer alsdann den Zug des Hauptweges nicht kennt, der kommt auf einem solchen Irrweg wieder zurück, allda er seinen Fuß ins Wasser gesetzt hat. Daher muss ein jeder den Weg mit seinen Füßen wohl prüfen können, ob er ist ein sehr schmaler oder ein mehr breiter. Nur auf dem schmalsten kann man auf das jenseitige Ufer gelangen, auf jedem anderen aber gelangt man wieder ans vorige Ufer, nahe so, dass da jeder glaubt, er habe den rechten Weg gefunden; allein auf einmal biegen sie wieder um und führen einen in den verschiedenartigsten Krümmungen dennoch wieder zurück.

[21.16] Daher ist das Hinüberkommen über diesen Deich nicht so leicht, als jemand glauben möchte. Hat aber jemand diese Schwierigkeit glücklich besiegt, so wartet seiner eine noch größere. Nämlich etwa siebzig Klafter oberhalb des bedeutenden Rundteiches führt ein gewaltig verschlungener Weg durch ein sogenanntes Feuergebüsch. Dieses Feuergebüsch sieht alldort so aus wie bei euch auf der Erde ungefähr ein brennender Wald; nur steigt das Gebüsch viel höher über den Erdboden der Sonne als bei euch die allerhöchsten Bäume. Dieses Feuergebüsch hat ebenfalls wieder eine Breite von etwa zweihundert Klaftern und umzingelt den ganzen Hügel, welcher allda freilich eine noch bei weitem größere und weitgedehntere Umfassung hat als auf eurer Erde eine der größten Alpen.

[21.17] Hier ist es sehr schwer, auf den rechten Weg zu treffen. Wer auch da nicht den schmalsten trifft, der macht einen vergeblichen Versuch; denn er kommt nicht durch. Es treffen zwar wohl mehrere gar bald den schmalsten Pfad; aber da scheuen sie die sich öfter berührenden Flammen innerhalb dieses schmalen Pfades, und daher probieren sie einen anderen, allda weniger von den Flammen zu sehen ist. Solches aber ist eine vergebliche Mühe; denn wer da nicht einen kleinen Kampf mit den Flammen bestehen will, der kommt nicht an den Ort des größten Geheimnisses. Wer aber diesen Kampf nicht scheut, der gelangt auf dem kürzesten Weg wohlbehalten an Ort und Stelle und erschaut da im größten Liebelichte das Wunder der Kreuzigung!

[21.18] Seht, das ist auch zugleich die Einweihung zum Oberpriesterstand. Einzelne Andeutungen finden sich zwar überall selbst in den Wohnhäusern vor, die da Beziehung haben auf die große Menschwerdung. Allein ganz vollkommen kommt dieses Geheimnis nur hier zur Anschauung.

[21.19] Wie aber solches alles gestaltet ist, in welche Beziehungen es hier in der Sonne gestellt ist und welch ein Bewandtnis es mit diesem Sonnenberg Kalvari noch hat, solches werden wir in einer nächsten Mitteilung vernehmen. Daher gut für heute!

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