(Am 13. August 1842 von 3 bis 5 3/4 Uhr nachmittags.)
[6.1] Nachdem wir nun haben kennengelernt, woher die Sonnen ihr Licht bekommen und wie sie dann dasselbe wieder weiterspenden, da dürfte denn so mancher Grübler darauf kommen und sagen: Ich habe meinesteils gegen diese Lichthypothese der Sonne gerade nichts. Sie ist annehmbar und lässt sich hören; aber es muss nur gezeigt werden, woher denn die besagte Hauptzentralsonne ihr eigentümliches Flammenlicht hat. Was ist überhaupt das Leuchten dieser angeblichen Flammen? Wodurch werden diese Flammen bewirkt? Was ist denn da der ewige Brennstoff, der von so intensiv heftig leuchtenden Flammen nimmerdar aufgezehrt werden kann?
[6.2] Seht, das sind so recht tüchtige Fragen. Aber es steckt eine noch tüchtigere im Hintergrund, und diese wäre folgende, wo da jemand sagen könnte: Obschon die ganze Sache einen sehr wahrscheinlichen Stich hat, so bleibt es aber dessen ungeachtet äußerst problematisch, ob da wirklich eine solche Hülsenglobe anzunehmen ist und ob in derselben wirklich eine solche ungeheure Zentralsonne brennt. Wenn fürs Erste solches erwiesen werden kann, so wollen wir Naturkundige und Astronomen die Sache wohl annehmen; aber solange ein solcher Beweis nicht hergestellt werden kann, können wir diese ganze Erleuchtungshypothese als nichts anderes betrachten als einen recht wohlgelungenen und artigen Sukzess dichterischer Phantasie.
[6.3] Seht, da habt ihr bei dieser Gelegenheit so nahe ganz buchstäblich die Einwendungen, welche uns auf dem natürlichen Weg begegnen können. Damit aber eben solche kritische Grübler nicht erst an den Verfasser sich allenfalls wenden möchten, um sich bei ihm ihre verlangten Beweise zu erbitten, sondern dass sie eben dasselbe, was sie hierin zu beanstanden glaubten, auch schon hier als erwiesen dargetan finden sollen, so wollen wir allem dem alsogleich auf eine sehr sinnige Weise entgegentreten.
[6.4] Was die Hülsenglobe betrifft, so hat diese zahllose Entsprechungen in jedem kleinsten Geschöpf, wie in einem Planeten, in einer Sonne und kurz in allem, was ihr nur immer ansehen wollt. Wo ist ein Ding, dessen unendlich viele Teile, aus denen es besteht, von außen herum nicht von irgendeiner Schale, Rinde oder Haut umgeben wären?
[6.5] Betrachtet das Auge eines Menschen oder eines Tieres! Es entspricht vollkommen einer Hülsenglobe, da ebenfalls in dessen Mitte die Kristallpupille sich befindet, die fürs Erste besonders bei vielen Tieren ein eigenes Licht hat und das Licht von anderen Gegenständen ebenso aufnimmt wie nahe eine Sonne, welcher Art sie auch immer sein möchte, indem sie sich befindet innerhalb der Hülse. Betrachtet dann von innen die Wände des Auges, wie sie alsogleich alle Strahlen, die sie durch die Kristalllinse von außen her aufgenommen haben, mit dem eigenen Licht ebendieser Kristalllinse unterstützt, alsogleich wieder in jede denkbare Ferne hinauswerfen. Denn solches müsst ihr wissen, dass ihr nicht die Gegenstände selbst seht, sondern deren entsprechende Abbilder nur dadurch, dass diese von der rückwärtigen schwarzen Spiegelhaut durch die Kristalllinse aufgenommen und alsogleich nach der Aufnahme wieder vollkommen erleuchtet außer euch geworfen werden; allda ihr dann erst die Gegenstände an der Stelle erblickt, wo sich die Gegenstände an und für sich außer euch in der Natürlichkeit befinden. Denn möchtet ihr die Gegenstände selbst schauen, so könntet ihr dieselben nicht anders als in ihrer wirklich natürlichen Größe erblicken, wo ihr dann freilich an der Stelle, da ihr jetzt eine Staubmilbe seht, sodann einen Elefanten, das heißt ein elefantengroßes Tier erschauen würdet und mit dem geistigen Auge sogar ein planetengroßes Wesen.
[6.6] Dass ihr aber alle die Dinge eben durch die hülsenglobenartige Beschaffenheit des Auges nur im höchst verkleinerten Maßstab erblickt, beweist ja schon das auf das Allergenügendste, dass sich alle die Gegenstände, und mögen sie noch so klein sein, unter den Gläsern eines Mikroskops ins Außerordentliche vergrößern lassen, welche Vergrößerung an und für sich nichts anderes ist als eine progressive Annäherung des geschauten Gegenstandes oder vielmehr dessen Lichtbildes zur wirklichen Größe des Gegenstandes selbst.
[6.7] Wenn es nicht also wäre, so würden sich auf einem solchen vergrößerten Gegenstand auch unmöglich mehrere, ja oft zahllose, vollkommen regelmäßig ausgebildete Teile desselben überraschend entdecken lassen, welche das Auge, wie es ist, nimmerdar entdecken kann. Fragt euch aber selbst, ob solche Entdeckung (Wie könnten z. B. ganze Heere der Infusions- und anderer Tierchen in einem kaum einen Stecknadelkopf großen Wassertröpfchen entdeckt werden, wenn sie nicht da wären?) nicht dartut, dass das freie Auge die Gegenstände unmöglich selbst anschaut, sondern nur ihre äußerst verkleinerten Abbilder auf die vorbesagte Art?
[6.8] Wer da nur ein wenig wahrhaft geweckteren Geistes ist, der muss ja hier nahe auf den ersten Blick zwischen dem Auge, einem Planeten, einer Sonne und sonach auch einer Hülsenglobe die Ähnlichkeit entdecken.
[6.9] Also ist auch der ganze Mensch entsprechend ähnlich allem dem. Was ist sein Herz in naturmäßiger Hinsicht? Ist es nicht eine Zentralsonne des ganzen Leibes? Und alle die zahllosen Nerven und Fasern – Nebensonnen usw.? Die äußere Haut als die Hülse aber umspannt den ganzen lebendigen Organismus. Könnte aber ein Mensch bestehen ohne diese äußere Umfassung, welche da ist eine gute und wohltaugliche Schutzwehr für den ganzen lebensfähigen inneren Organismus des Leibes eines Menschen wie auch jeden Tieres? Also hätten wir wieder ein entsprechendes Bild einer Hülsenglobe.
[6.10] Betrachtet ferner das Ei eines Vogels. Was ist es? Ein Abbild in weitester Bedeutung einer ganzen Hülsenglobe, einer Zentralsonne für sich, wie einer Nebensonne, eines Planeten, und so auch eines jeden anderen für sich bestehenden ganzen Gegenstandes. Desgleichen könnt ihr selbst einen Planeten betrachten, und wenn ihr nur ein wenig nachdenken wollt, so werdet ihr doch sogleich finden müssen, dass ohne eine äußere Umfassung am Ende der ganze Planet gar nicht existierbar zu denken ist. Denn rechnet nur ein Äußeres um das andere hinweg, so werdet ihr dadurch doch am Ende genötigt sein, den letzten Punkt eines Planeten hinwegzuschaffen, indem auch dieser selbst, solange er da ist, zu seiner Existenz eine äußere Umfassung haben muss, durch welche noch seine Teile eingeschlossen zusammengehalten werben.
[6.11] Kurz und gut, überall, wo sich irgendein Leben äußert, muss zu ebendieser Lebensäußerung ein tauglicher Organismus vorhanden sein, dessen Teile also gestellt sind, dass da in höchster Ordnung eines in das andere greift, und also auch ein organischer Teil den anderen treibt, zieht und erweckt; also wie bei einer Uhr, da ein Rad in das andere Rad greift, es zieht, treibt und erweckt.
[6.12] Würden die Räder einer Uhr wohl auch an und für sich das bewirken, was sie eben bewirken, wenn ihre Spindeln fürs Erste nicht eine feste Ober- und Unterlage hätten, gleichsam eine Umfassung, innerhalb welcher sie zur Bewegung geordnet gestellt oder gesteckt werden? Wenn aber dieses alles schon da ist, was geht dann noch ab, damit sich die Räder ordentlich bewegen? Eine Zentralsonne geht da noch ab, und diese ist in der Uhr die Feder. Also könnte die Uhr nicht bestehen, wenn fürs Erste alle die Räder keine Umfassung und dann keine innere Triebkraft hätten.
[6.13] Also verhält es sich auch mit dem Organismus der unbedeutendsten Pflanze, die da fürs Erste eine äußere Umfassung haben muss, innerhalb welcher erst ein tauglicher Organismus gestellt werden kann, und zwar wieder wirksam aus dem Zentrum der Pflanze, wo da die belebende Kraft, wie das Licht der Zentralsonne, durch den ganzen Organismus belebend durchwirkt bis zur äußeren Umfassung, allda sich diese nach außen wirkende Kraft wieder selbst gefangen nimmt und gegen das Zentrum zurückkehrt. Könnte dieses wohl bewirkt werden ohne die äußere Umfassung? Sicher nicht. Denn ohne ein Gefäß lässt sich auch nicht ein Tropfen Wasser ins Haus bringen, geschweige erst ein organisches Leben erhalten.
[6.14] Also muss auch der Organismus eines Tieres wie eines Menschen mit einer äußeren Hülse umfasst sein, innerhalb welcher erst dann der Organismus geordnet und vom Zentralpunkt aus dann auch belebt werden kann.
[6.15] Dasselbe ist der Fall mit einem Planeten, ohne welche Einrichtung fürs Erste kein Planet denkbar wäre, noch weniger aber also beeigenschaftet, dass er fähig wäre, einem vielfach gestalteten Leben den Unterhalt zu verschaffen. Noch mehr wäre dies der Fall bei einer Sonne, welche schon ein Zentralpunkt eines ganzen Planetarorganismus ist und daher ebenso eine mehrfache Umfassung haben muss wie das Herz selbst im Menschenleib, weil ihr Organismus für die größere Wirkung viel mannigfaltiger und vollkommener sein muss als der eines anderen Planeten. Und so hat denn auch sogar jedes Planetensystem, mit seiner Sonne in der Mitte, eine eigene ätherische Umfassung, innerhalb welcher sich das ganze Planetensystem bewegt, lebt, und sich gegenseitig zieht, treibt und erweckt.
[6.16] Noch mehr ist dieses der Fall bei einer nächsten Zentralsonne, um welche sich schon manchmal mehrere Millionen kleinerer Sonnen mit ihren Planeten bewegen und daher schon einen viel großartigeren und mannigfaltiger wirkenden Organismus darstellen, als der da ist einer kleineren Sonne mit ihren Planeten. Seht, auch alle diese Millionen Sonnen haben für sich eine ätherische Umfassung, aus welchem Grunde solche fern abstehende Sonnengebiete auch als ziemlich scharf abgegrenzte Nebelflecke zu erschauen sind, welches wohl nicht möglich wäre, wenn ein solches Sonnengebiet gewisserart nicht mit einer ätherischen Haut umgeben wäre; was ebendem zu vergleichen ist, wie da auch im menschlichen oder tierischen Leib ein jeder einzelne Nerv mit einem eigenen Häutchen umgeben ist, ohne welches er weder bestehen noch lebendig wirken könnte.
[6.17] Ihr wisst, dass solche einzelne Sonnengebiete wieder einen Zentralkörper haben, um welchen sie sich bewegen und lebendig wirken durch die Kraft dieses Zentralkörpers. Also haben auch wieder im weiteren Sinne solche Sonnengebiete selbst eine weitere äußere Hülse oder abgeschlossene ätherische Haut. Einen solchen Sonnengebietleib, das heißt, wo mehrere, ja sehr viele solche Sonnengebiete um einen noch größeren Zentralkörper ein gewisses Sonnen-All ausmachen, umgibt abermals eine noch größere ätherische Haut. Und endlich solche großen Sonnenleiber drehen sich in solch großer Anzahl um einen gemeinsamen größten Zentralpunkt, nämlich um die wirklich selbstleuchtende Zentralsonne, und sind samt und sämtlich unter einer allgemeinen, überaus weitgedehnten Umfassung oder Haut lebendig wirkend rege. Und das ist ebendann eine Hülsenglobe oder ein vollkommener, für sich bestehender Sonnenleib.
[6.18] Was würde mit diesem Leib wohl geschehen, wenn man ihm diese allernotwendigste, äußere, ätherische Wasserhaut wegnehmen möchte? Es würde mit ihm nichts anderes geschehen und somit auch am Ende mit jedem einzelnen Teil dieses großen Sonnenleibes, als was da geschehen möchte fürs Erste mit einem Auge, wenn man ihm die äußere Hornhaut wegnähme, oder einem Ei die Schale, einer Pflanze alle äußere Rinde, einem tierischen Leib die Haut, oder endlich einem Planeten die äußere Kruste. Dasselbe auch, wie gesagt, würde mit einem ganzen Sonnenleib der Fall sein, dass er dadurch zum Teil zerrinnen, zum Teil verdorren, und zum Teil sich ins Unendliche zerstreuen und am Ende ganz verlöschen und vergehen möchte. Also hätten wir nun den Beweis geführt, dass da eine solche Hülsenglobe als ein vollkommener Sonnenleib notwendig da sein und somit auch haben muss eine innere Triebfeder, ein Herz oder eine allgemeine Zentralsonne. Und unsere krittelnden Naturforscher sollen nun noch einen Versuch machen, ob sie diese Theorie auch als eine Hypothese gelungen poetischer Art darzustellen vermögen.
[6.19] Somit bleibt uns nur noch das Leuchten und flammende Brennen der Zentralsonne zu beweisen übrig. Haben wir das, so können wir uns dann ganz ruhig und wohlgemut auf den Gefilden und um die Vulkane unserer Sonne herum lagern und allda ruhig beschauen alle die Herrlichkeiten und Wunder derselben.
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