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25. Der Blaue Bär Ihur. Dessen Aussehen, Charakter und Nahrung. Seine Nützlichkeit als Urbarmacher wilder Gegenden

[25.1] Nachdem wir sonach diese zwei Riesentiere dieses großen Planeten haben kennengelernt, so wollen wir zu noch einigen anderen Tieren uns wenden, welche, wenn auch nicht mehr so großartig, dessen ungeachtet aber dennoch von bedeutender Denkwürdigkeit sind.

[25.2] Auf der Stufe dieser Tiere nimmt der sogenannte Ihur oder nach eurer Sprache der Blaue Bär den ersten Rang ein. Dieses Tier, wenn es vollkommen ausgewachsen ist, ist nahe so groß wie ein Saturnusmensch, d. h. wenn er [(der Bär)] sich, was er meistens zu tun pflegt, auf seine Hinterbeine stellt und gleich einem Menschen aufrecht einhergeht. Der Name dieses Tieres besagt schon, wie es gefärbt ist, nämlich ganz durchaus hellblau.

[25.3] Wie sieht er denn sonst aus? Bis auf den Kopf so ziemlich ähnlich einem Goldbären bei euch. Der Kopf ist bei diesem Tier ganz anders gestaltet.

[25.4] Wie sieht er demnach denn beim Kopf aus? Das wird wieder ein wenig schwer halten, euch davon eine rechte bildliche Vorstellung zu geben, weil ihr diejenigen Tiere der Erde nicht kennt, die einen ähnlichen Kopf haben wie nämlich unser Saturnusbär. Dessen ungeachtet aber wollen wir dennoch eine Form entwerfen, in welcher ihr den Kopf dieses Tieres beschauen sollt.

[25.5] Denkt euch einen ziemlich runden, bei anderthalb Klafter im Durchmesser habenden Knaul, von dem zu beiden Seiten ziemlich in der Mitte dieses Knauls zwei sehr lange Ohrlöffel hintanstehen, von denen ein jeder eine Länge von dritthalb und eine Breite von einer guten Klafter misst. Dann denkt euch ferner am obersten Teil dieses Knauls zwei ungefähr eine halbe Klafter voneinander entfernte, bei drei Klafter lange, gewundene, wie mattpoliertes Gold aussehende Hörner; ungefähr 5/6 Klafter unter den Hörnern zwei verhältnismäßig große, ganz nach menschlicher Art gebildete Augen. Unter diesen aber denkt euch ein verhältnismäßig großes Löwengebiss oder, wie ihr sagt, eine Löwenschnauze. Und denkt euch ferner noch, dass dieser Kopf mittels eines verhältnismäßig dicken, langen und starken Halses mit dem übrigen Leib verbunden ist.

[25.6] Denkt euch dann schließlich noch hinzu, dass hinter den Hörnern zu beiden Seiten des Halses zwei bis drei Klafter lange, mehr dunkelblaue Mähnen hinabfallen, so habt ihr die ganze Gestalt dieses Tieres. Der Schweif desselben aber hat ein wenig längeres und dunkleres Haar.

[25.7] Wenn ihr nun das alles zusammennehmt und euch noch dazu die Vorstellung macht, dass dieses Tier von den Hörnern angefangen bis zum Schluss der Hinterbeine nicht selten einige fünfzig Klafter eures Maßes lang ist; wenn es aber auf allen Vieren steht, bis zum obersten Rückenscheitel nahe zwanzig Klafter misst und ein jeder seiner Füße für sich bei sechs Klaftern und ihre Dicke ein Zehneimerfass übertrifft, so habt ihr das Tier ganz vollkommen vor euch. Was die Tatzen dieses Tieres betrifft, so seht nur die eines schon bekannten Bären bei euch, so habt ihr die gleiche Form bis auf die Größe und Farbe, welche natürlich mit der übrigen Größe und Farbe des Tieres im genauen Verhältnis steht.

[25.8] Näher wird es hoffentlich nicht nötig sein, dieses Tier darzustellen. Und so wollen wir sogleich den Charakter und die Lebensweise und dessen Tauglichkeit noch ein wenig durchgehen.

[25.9] Dieses Tier ist gewöhnlich gutmütiger Art; nur muss es nicht gereizt und verfolgt werden. Wenn es aber gereizt wird, dann lässt es sobald seinen gutmütigen Charakter fahren und wird sehr grausam und wütend, in welchem Zustand dann nichts von ihm geschont wird. Was ihm da unterkommt, wird sogleich angefallen und weidlich zugrunde gerichtet. Denn dieses Tier hat, obschon es eben nicht größer ist als ein Mensch, aber dennoch eine Kraft für zehn Menschen in seinem festen Körper; aus welchem Grund es einem mutwilligen Saturnusbewohner allzeit ganz übel ergeht, wenn er allein mit einem solchen Tier, so es sich in einem gereizten Zustand befindet, in einen Konflikt gerät.

[25.10] Da die Saturnusbewohner das Tier bei aller seiner Gutmütigkeit dennoch scheuen, so suchen sie dasselbe durch allerlei Mittel auch gar emsig zu verscheuchen und zu vertreiben aus den von Menschen bewohnten Gegenden. Aus diesem Grund kommt dieses Tier auch äußerst selten vor das Angesicht unserer Saturnusmenschen.

[25.11] Wovon nährt sich dieses Tier? Es nährt sich von Gras, Wurzeln und jungen Ästen der Bäume und der Gesträuche. Fleisch verzehrt es nicht, auch nicht einmal im äußersten Notfall. Wenn es aber gereizt ist, da zerreißt es Menschen und Tiere, lässt aber dann die so zugrunde Gerichteten unversehrt [unverzehrt] liegen und begibt sich sobald zu [von] seinem Kampfplatz.

[25.12] Das Merkwürdigste dieses Tieres ist, dass es eine ganz eigentümliche Furcht vor seinem eigenen Zorn hat, aus welchem Grund es dann auch so viel nur immer möglich, durch seinen eigenen Instinkt geleitet, jede Gelegenheit sorgfältig vermeidet, bei welcher es in einen gereizten Zustand geraten könnte. Ein solcher Instinkt wäre auch so manchen Menschen auf eurer Erde nicht überflüssig; besonders für jene ehrsüchtigen Stänker und kriegslustigen Patrone, welche nur jede Gelegenheit aufsuchen, bei der es etwas zu kämpfen gäbe. Jedoch wollen wir uns nicht länger hier verweilen, sondern noch einen Blick auf unser Tier werfen und sehen, wozu es denn taugt.

[25.13] Dieses Tier kann mit allem Recht der Urbarmacher wilder Gegenden genannt werden; denn es lockert in kurzer Zeit mit seinen außerordentlich starken Krallen eine weite Strecke des Saturnuserdreichs so gut auf, dass sie, die Saturnusmenschen nämlich, solches mit allen ihren guten Werkzeugen kaum zu bewirken imstande sind. Was tut das Tier aber hernach, wenn es das Erdreich so aufgelockert hat? Da geht es auf fruchtbare Stellen und sucht dort allerlei ihm genießbare Wurzelgewächse und legt dieselben in diese aufgelockerten Furchen. Geschieht solches von dem Tier auch nicht in der Absicht, als wolle es einen Acker bestellen, sondern nur, um sich einen Nahrungsvorrat zu sammeln, so bleiben aber fürs Erste dennoch oft die so hineingelegten Wurzeln liegen und treiben dann aus und wachsen sehr üppig fort. Und so wird dadurch fast allzeit ein ganz wüster, unfruchtbarer Ort fruchtbar gemacht, und das umso mehr, weil dieses Tier, wenn es diese seine Vorratskammer gehörig angefüllt hat, nicht leichtlich eher eine solche Stelle verlässt als bis es gewahrt, dass sein Vorrat nahe aufgezehrt sein dürfte.

[25.14] Weil es aber immer auf dieser Stelle, solange noch da etwas Genießbares vorhanden ist, herumwandelt, so lässt es sich auch kreuz und quer auf einer solchen Stelle auf mehrere Jahre andauernd gefallen.

[25.15] Wenn dann Menschen bei ihren häufigen Fortwanderungen in so manchen großen Kontinentländern unseres großen Planeten auf solche Stellen treffen, so wissen sie alsbald, dass sie sich in der Nachbarschaft eines solchen Tieres befinden, bei welcher Gelegenheit sie dann längere Zeit abwarten und sehen, ob ein solcher Einwohner etwa nicht mehr einen Gebrauch von seinem Acker macht. Entdecken sie nach längerer Zeit nichts, so gilt das für einen bleibenden Beweis, dass ein solches Tier diese Stelle verlassen hat; und sobald auch wird dann eine solche Stelle in Besitz genommen.

[25.16] Geschieht es dann und wann aber dennoch, dass ein solches Tier von irgendwoher einen solchen Platz der Wurzeln wegen aufsucht, so müssen dann die Saturnusbewohner entweder ruhig zusehen, wie dieser Ackersmann ihren Grund von neuem auffurcht und bei solcher Gelegenheit nicht selten ihre eigenen Anpflanzungen verdirbt – oder sie müssen diesen ungebetenen Gast mit Gewalt angreifen, bei welcher Gelegenheit es dann immer zu einem bedenklichen Gefecht kommt. Denn das Tier will hier auch seine angewohnten Vorrechte geltend machen und sich nicht gerne abweisen lassen. Und den Menschen kommt es ebenfalls nicht gar zu leicht vor, ein neues fruchtbares Land so bald wieder räumen zu müssen.

[25.17] Ist aber ein solches Tier dennoch besiegt worden, so sind die Einwohner vor jedem künftigen Besitz seitens desselben sicher. Können sie auch das Tier nicht völlig töten, so bringen sie es aber durch ihre Neckereien bei diesem Tier dennoch dahin, dass es sich merkt, wo es gereizt worden ist. Da aber dieses Tier in seinem ruhigen Zustand seinen eigenen Zorn fürchtet, so kehrt es zu dieser Stelle nicht wieder zurück, da es gereizt wurde.

[25.18] Das ist alles, was bei diesem Tier als denkwürdig zu beachten ist, und so wollen wir wieder auf ein anderes übergehen.

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