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23. Das größte Landtier, das Mud

[23.1] Auch bei den Landtieren wollen wir ihrer gattungsmäßigen und artenweisen Vielheit wegen nur diejenigen betrachten, welche in diesem Planeten vorkommen.

[23.2] Mud, so heißt das größte lebende Landtier dieses Planeten; findet sich aber jedoch nur in wenigen Saturnusweltteilen vor, und daselbst nicht häufig, so dass auf dem ganzen großen Planeten kaum zehntausend solcher Tiere zusammengenommen sich vorfinden dürften. Diejenigen Länder, wo dieses Tier zu Hause ist, sind sehr wenig bevölkert. Denn wegen der Größe und starken Gefräßigkeit dieses Tieres haben nicht viele andere Wesen neben demselben Platz. Und um dieselben mit diesem Riesentier zu kämpfen – dazu besitzt kein Saturnusbewohner den Mut. Daher überlassen die Saturnusbewohner dasjenige Land, welches von solchen Tieren bewohnt wird, auch ohne weiteres Bedenken ganz denselben, und nennen es daher ein unbewohnbares Mudland. Auf den Hauptkontinenten kommt es zwar nicht vor; aber es gibt noch neben diesen Hauptkontinentländern sowohl südlich als nördlich andere große Eilande, und diese Länder sind auch zumeist allerlei Gattungen solcher und anderer Tiere überlassen. Jedoch keines wird von den Saturnusbewohnern so sorgfältig vermieden als eben ein solches Mudland.

[23.3] Wie sieht denn aber demnach dieses Tier aus? Gibt es etwas Ähnliches auf dieser Erde? Ja, es gibt auch hier ein ähnliches Tier; jedoch auf der Erde bildet dieses Tier eine sehr untergeordnete Rolle, während es in diesem Planeten den ersten und fürchterlichsten Rang in jeder Hinsicht einnimmt, sowohl was dessen Riesengröße wie auch seine Wildheit und Gefräßigkeit betrifft.

[23.4] Welchem Tier auf eurer Erde sieht denn demnach dieses Tier ähnlich? Einem euch sehr wohlbekannten, nämlich einem Schwein. Aber was dessen Größe betrifft, so wäre euer Erdschwein kaum groß genug dazu, um ein Schmarotzertier auf dieses Saturnusschweines Leib zu machen. Ja selbst die großen Saturnusmenschen kommen sich selbst beim Anblick dieses Riesentieres wie kleinwinzige Zwerglein vor. Ich sage euch, wenn dieses Tier auf der Erde hinter einer hohen Alpe stünde, so müsstet ihr wie zum Beispiele von der euch schon bekannten Choralpe, eure Blicke noch ziemlich aufwärts tragen, um den Scheitel des Rückens dieses Tieres zu erschauen.

[23.5] Dieses ungeheuer große Tier, d. h. für eure Begriffe, ist ebenso gefräßig wie euer kleines Schwein und hält durchaus nichts auf Leckereien, sondern was ihm zunächst unterkommt, sei es Gras oder auch so manche Bäume oder Tiere anderer Art oder auch Menschen wie auch Wassertiere, verzehrt es sogleich mit einem und demselben Appetit.

[23.6] Weil aber dieses Tier mit seiner Größe auch eine verhältnismäßige Kraft besitzt, so ist es auch vergeblich, sich mit demselben in irgendeinen Kampf einzulassen. Es haben schon wirklich einmal einige kühne Saturnusbewohner einen Versuch gemacht, mittels sehr langer, scharfer Spitzen, die sie auf über hundert Klafter langen Stangen befestigt haben, eines oder des anderen solcher Tiere Meister zu werden, und strengten dabei ihre volle Willenskraft an; sind aber dabei ganz übel zugerichtet worden. Das Tier wurde zwar auf manchen Stellen verwundet, da aber diese Verwundung ihm nicht das Leben nehmen konnte, so wurde das Tier durch den Schmerz der Wunden wild und wütend und stürzte sobald in einen sehr breiten Fluss, um daselbst seine Wunden zu kühlen. Als daselbst dessen Schmerz etwas gelindert wurde, so stand das Tier sobald wieder auf in dem Fluss, schöpfte aus diesem in seinen weiten Rachen eine übergroße Menge Wasser und mitunter auch ganz riesig große Steine aus dem Grund des Flusses und überspie sobald mit diesem Inhalt seines großen Rachens seine schon siegesfrohen Verfolger, dass diese durch solche wiederholten Manöver so übel zugerichtet wurden, dass davon nur wenige wieder in ihre Heimat zurückgelangen konnten. Einige Getötete aber wurden vom Tier, welches dann bald wieder ans Land stieg, auch sogleich mit wenig Bissen beim letzten Beinchen, wie ihr zu sagen pflegt, aufgezehrt.

[23.7] Damit ihr euch aber einen kleinen Begriff machen könnt, wie viel ein solcher Rachen fasst, so sage Ich euch: Wenn es daselbst Nüsse gäbe, die noch etwas größer wären als euer Schloßberg, so wäre eine solche Nuss eben für einen Zahn dieses Tieres nicht zu groß, um mit derselben mit einem Druck fertig zu werden. Wenn dieses Tier demnach einen vollen Rachen Wasser und Steine nimmt und speit dieselben aufs Land, wahrlich, so es solches täte auf der Erde in eures Vaterlandes oberem Teil, so würde ein solcher einmaliger Ausspeier für den unteren Teil eures Vaterlandes eine solche Überschwemmung verursachen, die sogar ihre Wellen über die höchsten Türme eurer Stadt treiben würde.

[23.8] Wenn ihr das also ein wenig beachtet, so wird euch die Antwort auf die Frage, ob die Saturnusbewohner einen solchen Kampf wiederholen, von selbst in der allergediegensten Verneinung kund werden. Ja, aus diesem Grund sind von den Saturnusbewohnern seit allen Zeiten der Zeiten nur drei solche allzeit verunglückte Versuche gemacht worden. Für jetzt aber ist ihnen alle Unternehmungslust vergangen. Und ihre Weisen sagen auch:

[23.9] „Der Mensch kann mit seiner Kraft sehr viel vermögen, allein die Monde, den großen lichten Kreis, die Ströme, die Stürme des Meeres, den großen Fisch und das Mud kann der Mensch mit seiner Kraft nicht bändigen. Darum wolle er seine Kraft da anwenden, wozu sie gemessen ist. Anderes aber soll der Mensch nicht versuchen mit seiner gemessenen Kraft.“

[23.10] Und noch eine andere Lehre der Weisen dieses Planeten lautet also: „Hört, ihr Menschen! Der Große Geist hat uns gegeben zu bewohnen eine große Welt, und wir kennen nicht, wo sie anfängt und wo sie endet. In dem Land aber, wo wir geboren sind, kennen wir die Dinge, wie sie sind im Wasser, am Land und in der Luft, und wir wissen und haben es allzeit erfahren, dass sie unserer Kraft nach Maß und Verhältnis zu Diensten stehen; wir wissen aber, dass das Mud derselben gespottet hat mit großer Leichtigkeit, da wir dasselbe uns untertänig machen wollten. Also ist es ja so hell und klar wie die Sonne, die uns scheint den Tag hindurch, dass der Große Geist außer uns noch andere Kräfte gesetzt hat, die unserer Kraft nicht dienen sollen. Und wir sollen sie uns nicht zinsbar machen. Daher bleiben wir in den angewiesenen Grenzen unserer Kraft und lassen andere große Kräfte walten daselbst, allwo sie der Große Geist hingesetzt hat. Ferne sei daher von uns, wissen zu wollen, was der lichte große Kreis über uns ist und was die Monde sind. Und ein Mudland bleibe von uns aus für alle Zeiten der Zeiten unbetreten.“

[23.11] Wenn ihr diesen Weisheitsspruch ein wenig beachtet, so wird es euch sicher noch einleuchtender werden, welch eine Bewandtnis es da mit der riesigen Größe und der großen Kraft dieses Tieres hat. Es wäre unnötig, euch weiter die Gestalt dieses Tieres zu beschreiben, sondern eines jedweden eigener Phantasie und Einbildung sei es überlassen, sich dieses besagte Tier, so gut es nur immer geht, vorzustellen.

[23.12] Wird dieses Tier von den Saturnusbewohnern zu öfteren Malen gesehen? O nein, solches geschieht äußerst selten, und wann es geschieht, so geschieht es nur so, dass es von den Saturnusbewohnern entweder bei der Gelegenheit einer weiten Schifffahrt oder von irgendeinem, solchem Mudland nicht gar zu ferne gelegenen Vorgebirge eines Hauptkontinentlandes aus gesehen wird. Denn gar zu sehr einem Ufer eines solchen Mudlandes zu nahe zu kommen, ist eben nicht sehr ratsam, denn dieses Tier, wenn es eben nicht zu ferne von seinem Land etwas auf dem Wasserspiegel schwimmend ersieht, macht sobald einige Riesenschritte in das Meer hinein, und wenn dasselbe eben nicht gar zu tief ist, so gelingt es ihm auch, mit wenigen Schritten so etwas auf dem Meere Schwimmendes einzuholen und es zu begrüßen.

[23.13] Etwas für den Saturnusbewohner ganz eigentümlich Abschreckendes und Schauerliches ist das Gegrunze dieses Tieres; davon könnt ihr euch wahrlich keinen Begriff machen. Ich kann euch davon nur so viel sagen, dass, so sich dieses Tier z. B. im tiefen Ungarland befinden würde, richtete da seinen Rachen gegen euer Land herauf und möchte also einige Male grunzen, so würde durch ein solches Grunzen die Erde bis zu euch und noch ziemlich weiter in eine solche Mitbebung versetzt werden, dass nicht nur kein Gebäude eurer Stadt vor lauter Erdbeben stehen bleiben möchte, sondern es würden auch einige benachbarte Alpen ihre nur einigermaßen lockeren Felsenspitzen einbüßen. Aus dieser kleinen Schilderung kann euch schon ein wenig klar sein, warum die Saturnusbewohner eben nicht die größten Freunde dieses sehr stark rührenden Gesanges vonseiten des besagten Tieres sind.

[23.14] Übrigens hat dieses Tier trotz seiner immensen Größe sehr scharfe Sinne; vorzugsweise aber ist der Geruchs- und Gehörsinn dieses Tieres scharf, daher es auch schon von weiter Ferne empfindet, ob sich auf dem Wasserspiegel etwas für seinen Rachen Taugliches nähert. Im Übrigen aber ist es bei weitem nicht so unreinlich wie das Erdschwein. Besonders was das Unrat-von-sich-Lassen betrifft, da übertrifft es an Reinlichkeit fast jedes euch bekannte Tier auf der Erde. Denn bevor es seinen Unrat von sich lässt, wühlt es in das Erdreich ein sehr tiefes Loch oder, nach euren Begriffen, ungefähr einen Krater im Umfang von einer kleinen halben Stunde und nicht selten mehrere hundert Klafter tief. Ist nun ein solches Loch gegraben, da kehrt es seinen After an dieses Loch, lässt da seinen Unrat hinein, welcher aber nicht vom angenehmsten Geruch ist, und scharrt dann über denselben sogleich wieder die vorher aufgegrabene Erde. Dadurch reinigt fürs Erste dieses Tier sein ihm eigentümliches Land und düngt es auch ganz zweckmäßig für einen folgenden Graswuchs, welcher gewöhnlich in diesen Mudländern bei weitem mehr sagen will als die dichtesten Urwälder auf eurer Erde.

[23.15] Nun bleibt uns nur noch eine kleine Frage übrig, nämlich: Wozu ist ein so kolossales Tier auf diesem oder auch auf einem anderen Planeten wohl nütze? Die Antwort auf diese Frage werdet ihr schon bei der Erklärung des großen Fisches finden. Wie jener da bildet einen allgemeinen Übergang des Wassergetiers zum Luftgetier, also bildet auch dieses Tier einen ähnlichen allgemeinen Übergang aus allen Tier- und Pflanzenstufen in eine edlere, dem Menschen näherstehende Tiergattung. Nun wisst ihr alles, was dieses Tier betrifft. Nächstens aber wollen wir erst in kürzerem Durchflug unsere Betrachtungen über die Landtiere weiter ausdehnen.

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